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BGH - Entscheidung vom 09.03.2006

BLw 30/05

Normen:
LwVG § 24 Abs. 2 Nr. 1

BGH, Beschluß vom 09.03.2006 - Aktenzeichen BLw 30/05

DRsp Nr. 2006/8520

Zulässigkeit einer Divergenzrechtsbeschwerde in Landwirtschaftssachen

Eine Divergenzrechtsbeschwerde nach § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG ist nur zulässig, wenn das Beschwerdegericht in einem seiner Entscheidung tragenden Grund einem abstrakten Rechtssatz gefolgt ist, der von einem in der Vergleichsentscheidung benannten Rechtssatz abweicht.

Normenkette:

LwVG § 24 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe:

I. Der Antragsteller macht aus abgetretenem Recht Ansprüche von G. E. (im Folgenden: Zedent) gegen die Antragsgegnerin auf Abfindung für Arbeit nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz geltend. Er hat im Wege eines Stufenantrags Auskunft u.a. durch Vorlage der Bilanz der LPG (P) A. und der Gesamtvermögens-Personifizierung verlangt. Diesen Antrag hat das Amtsgericht, Landwirtschaftsgericht, zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen diesen Beschluss hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Die Rechtsbeschwerde hat es nicht zugelassen.

II. Die Schreiben des Antragstellers an das Rechtsbeschwerdegericht vom 3. Dezember 2005, vom 24. Dezember 2005, vom 2. Januar 2006 und vom 9. Januar 2006 werden vom Senat allein als ein Prozesskostenhilfegesuch und nicht auch als eine wegen Nichtbeachtung des Gebots zur anwaltlichen Vertretung (§ 29 LwVG ) unzulässige Rechtsbeschwerde ausgelegt.

Der Antrag auf Prozesskostenhilfe ist mangels Erfolgsaussicht zurückzuweisen. Die beabsichtigte Rechtsbeschwerde wäre nicht statthaft. Das Beschwerdegericht hat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen, so dass sie nur unter den in § 24 Abs. 2 LwVG genannten Voraussetzungen zulässig wäre.

1. Die Rechtsbeschwerde ist nicht nach § 24 Abs. 2 Nr. 2 LwVG eröffnet, wie der Antragsteller rechtsirrig meint. Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde gegen den Beschluss des Landwirtschaftsgerichts nicht als unzulässig verworfen, sondern in der Sache entschieden.

2. Die Rechtsbeschwerde wäre auch nicht nach § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG als Abweichungsrechtsbeschwerde zulässig.

Eine Divergenz in den Entscheidungen, die die Zulässigkeit einer Rechtsbeschwerde nach § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG begründet, liegt nur dann vor, wenn das Beschwerdegericht in einem seine Entscheidung tragenden Grund einem abstrakten Rechtssatz gefolgt ist, der von einem in der Vergleichsentscheidung benannten Rechtssatz abweicht (Senat, BGHZ 89, 149 , 151). Daran fehlt es.

Das Beschwerdegericht hat die Abfindungsvereinbarung des Zedenten mit der Antragsgegnerin vom 9. März 1993 mit dem darin enthaltenen Verzicht auf weitergehende gesetzliche Ansprüche als wirksam angesehen. Es ist dabei keinem Rechtssatz gefolgt, mit dem es von einer der vielen von dem Antragsgegner benannten Vergleichsentscheidungen abgewichen wäre.

a) Soweit der Antragsteller rügt, dass das Beschwerdegericht zu Unrecht angenommen habe, dass der Zedent Mitglied der LPG (T) L. und nicht der LPG (P) A. gewesen sei, wird daraus eine Divergenz zu anderen Entscheidungen nicht ersichtlich. Maßgebend für den Übertritt eines Mitglieds von einer LPG in eine andere war die nach Nummer 16 Abs. 1 a der Musterstatuten mit dem Vorstand zu vereinbarende Aufnahme in die andere LPG (vgl. Senat, Beschl. v. 24. November 1993, BLw 64/93, WM 1994, 317 , 318). Ob dem von dem Beschwerdegericht dafür herangezogenen Indiz, den Eintragungen im Sozialversicherungsausweis, eine hinreichende Beweiskraft zukommt, kann dahinstehen. Selbst wenn das Beschwerdegericht angesichts der gegen einen solchen Wechsel der Mitgliedschaft sprechenden Eintragungen auf den Listen über die auf den Mitgliederversammlungen der LPGen am 28. November 1991 abstimmungsberechtigten Mitglieder seine Amtsermittlungspflicht verletzt hätte, begründete ein solcher Fehler bei der Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts keine Abweichungsrechtsbeschwerde.

b) Soweit der Antragsteller meint, dass die Abfindungsvereinbarung wegen fehlerhafter Rückstellungen zu Lasten des abfindungsrelevanten Eigenkapitals gegen die guten Sitten verstoßen habe und deshalb nach § 138 Abs. 1 BGB unwirksam sei, liegt eine Divergenz zu entscheidungstragenden Grundsätzen in anderen Entscheidungen ebenfalls nicht vor.

aa) Das Beschwerdegericht hat keinen abweichenden Rechtssatz zu dem Grundsatz (BGHZ 146, 298, 301; Senat, Beschl. v. 5. November 2004, BLw 14/04, ZOV 2005, 30, 31) aufgestellt, dass es für die Feststellung einer verwerflichen Gesinnung genügt, wenn derjenige, dem objektiv ein Sittenverstoß zur Last fällt, sich der Kenntnis erheblicher Tatsachen bewusst oder grob fahrlässig verschließt. Dies lässt sich auch nicht dem Satz in der Beschwerdeentscheidung entnehmen, dass die Vereinbarung nicht etwa deshalb sittenwidrig sei, weil die Antragsgegnerin die LPG -Mitglieder wider besseres Wissen über die Höhe des zur Verfügung stehenden Eigenkapitals getäuscht hätte. Das Beschwerdegericht hat dazu festgestellt, dass die Antragsgegnerin im Jahre 1993, als sie die Abfindungsvereinbarung ihren Mitgliedern vorgelegt habe, keine Veranlassung für die Annahme gehabt habe, dass die zugrunde liegenden Annahmen unzutreffend gewesen seien.

bb) Das Beschwerdegericht hat auch keinen von der Entscheidung des Oberlandesgerichts Dresden vom 12. Februar 2002 (WXV 2023/01) abweichenden Rechtssatz formuliert. Das Oberlandesgericht Dresden hat ausgeführt, eine Abfindungsvereinbarung sei dann sittenwidrig, wenn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses dem Unternehmen die Unrichtigkeit der dem Mitglied mitgeteilten Berechnung seiner gesetzlichen Ansprüche auf Grund der bis dahin ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung bekannt gewesen sei. Das Beschwerdegericht hat eine solche Kenntnis der Antragsgegnerin in Bezug auf die bilanzierten Rückstellungen für den Zeitpunkt der Vereinbarung vom 9. März 1993 verneint. Die Vergleichsentscheidung und der angegriffene Beschluss stimmen damit in den sie tragenden rechtlichen Grundsätzen überein; die Unterschiedlichkeit der Ergebnisse beruht auf der Verschiedenheit der festgestellten Sachverhalte.

cc) Eine die Rechtsbeschwerde eröffnende Divergenz ergibt sich schließlich auch nicht aus dem Umstand, dass die Antragsgegnerin durch den Bericht über die Prüfung ihrer Geschäftsführung durch das Ministerium im Februar 2003 auf Bilanzierungsfehler hingewiesen worden war und nach den dortigen Feststellungen weitere 700.000 DM zur Befriedigung von Abfindungsansprüchen nach § 44 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 LwAnpG genutzt werden sollten.

Das Beschwerdegericht hat diesem Umstand angesichts der Unsicherheiten der Ermittlung der Abfindungsansprüche nicht entnommen, dass die Feststellungen in dem Bericht nach damaligem Kenntnisstand eine Erhöhung auch der Abfindungen für Arbeit über den geleisteten Betrag von 50 DM pro Jahr zur Folge haben mussten. Einen von anderen Entscheidungen abweichenden Obersatz hat es damit indes nicht aufgestellt. Die vom Antragsteller gerügte Unrichtigkeit der tatrichterlichen Würdigung des festgestellten Sachverhalts begründet auch hier keine Divergenzrechtsbeschwerde.

Vorinstanz: OLG Naumburg, vom 19.10.2005 - Vorinstanzaktenzeichen 2 Ww 9/05
Vorinstanz: AG Halle/Saalkreis - 121 Lw 42/01 - 16.6.2005,