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BGH - Entscheidung vom 12.12.2006

I ZB 83/06

Normen:
ZPO § 319 Abs. 1

Fundstellen:
InVo 2007, 342
NJW 2007, 518
NZM 2007, 164
ZMR 2007, 286

BGH, Beschluß vom 12.12.2006 - Aktenzeichen I ZB 83/06

DRsp Nr. 2007/16

Voraussetzungen der Berichtigung des Passivrubrums

1. Eine Berichtigung des Rubrums ist nur zulässig, wenn die Identität der Partei, im Verhältnis zu der das Prozessrechtsverhältnis begründet worden ist, gewahrt bleibt.2. Sie kommt nicht in Betracht, wenn sich das Urteil gegen einzelne Wohnungseigentümer in gesamthänderischer Verbundenheit und nicht gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft als solche richtet. Denn die Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft (vgl. BGHZ 163, 154 ) ist nicht umfassend auf die Teilbereiche des Rechtslebens beschränkt, bei denen die Wohnungseigentümer im Rahmen der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums als Gemeinschaft am Rechtsverkehr teilnehmen, wie dies insbesondere bei Rechtsgeschäften oder Rechtshandlungen im Außenverhältnis der Fall ist. Von der Rechtsfähigkeit ist gerade dann nicht auszugehen, wenn Ansprüche (hier: ein Störungsbeseitigungsanspruch) einzelner Miteigentümer gegen andere Wohnungseigentümer im Streit ist.

Normenkette:

ZPO § 319 Abs. 1 ;

Gründe:

I. Durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts Wuppertal vom 26. November 2002 wurden sämtliche Eigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft N. Straße 217 in W. (einschließlich der Schuldnerin zu 5) antragsgemäß als Gesamtschuldner verurteilt, geeignete bauliche Maßnahmen durchzuführen, die ein Abrutschen des Erdreichs vom Grundstück N. Straße 217 auf das Grundstück N. Straße 215 verhindern.

Die Gläubiger haben beantragt, sie gemäß § 887 ZPO zu ermächtigen, die Handlung auf Kosten der Schuldner vornehmen zu lassen. Dieser Antrag konnte nur den Schuldnern zu 3, 5, 6, 7 und 8 zugestellt werden. Der Schuldner zu 6 ist nach der Zustellung verstorben.

Die Schuldnerin zu 5 (im Folgenden: Schuldnerin) hat demgegenüber die Auffassung vertreten, der Vollstreckungstitel richte sich nur gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft N. Straße 217 als solche, da nur diese passivlegitimiert gewesen sei. Das Rubrum des Titels sei dementsprechend zu berichtigen.

Das Amtsgericht hat die Gläubiger im Hinblick auf die Schuldnerin sowie die Schuldner zu 3, 7 und 8 zur Ersatzvornahme ermächtigt und diese als Gesamtschuldner verpflichtet, voraussichtliche Kosten in Höhe von 6.144,52 EUR an die Gläubiger vorauszuzahlen.

Das Beschwerdegericht hat die sofortige Beschwerde der Schuldnerin zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung hat die Schuldnerin die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde eingelegt und begründet.

Mit Schriftsatz vom 7. Dezember 2006, eingegangen am 11. Dezember 2006, hat die Schuldnerin beantragt, die Vollziehung des Beschlusses des Amtsgerichts in Verbindung mit dem Beschluss des Beschwerdegerichts bis zur Entscheidung des Senats über die Rechtsbeschwerde auszusetzen und die Zwangsvollstreckung aus dem Beschluss einzustellen, weil am 13. Dezember 2006 Zwangsvollstreckungsmaßnahmen des Gerichtsvollziehers wegen des Kostenvorschusses drohten.

Die Gläubiger haben sich zu dem Antrag nicht geäußert.

II. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 575 Abs. 5 i.V. mit § 570 Abs. 3 ZPO ist unbegründet.

1. Die Aussetzung der Vollziehung einer erstinstanzlichen Entscheidung, die durch das Beschwerdegericht bestätigt worden ist, kommt regelmäßig nur dann in Betracht, wenn dem Rechtsbeschwerdeführer durch die (weitere) Vollziehung größere Nachteile drohen als den anderen Beteiligten im Fall der Aussetzung, die Rechtslage zumindest zweifelhaft ist und die Rechtsbeschwerde zulässig erscheint (vgl. BGH, Beschl. v. 21.3.2002 - IX ZB 48/02, NJW 2002, 1658 f.). Nach diesen Grundsätzen kommt die Aussetzung der Vollziehung des Beschlusses des Amtsgerichts nicht in Betracht, weil der Senat nach Abwägung der Erfolgsaussichten des Rechtsmittels und der drohenden Nachteile für die Gläubiger überwiegende Gründe für die Aussetzung der Vollziehung nicht feststellen kann.

2. Die vom Beschwerdegericht gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zugelassene Rechtsbeschwerde ist zwar zulässig; sie hat aber nach derzeitigem Sachstand voraussichtlich keinen Erfolg.

a) Die Schuldnerin ist der Ansicht, dass die Zwangsvollstreckung gegen sie unzulässig sei, weil das rechtskräftig gewordene Urteil des Amtsgerichts Wuppertal vom 26. November 2002 in Wahrheit nicht gegen sie, sondern nur gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft N. Straße 217 ergangen sei; es müsse deshalb das Passivrubrum des Urteils berichtigt werden. Sie stützt sich dabei auf den Beschluss des V. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (BGHZ 163, 154 ), nach dem die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer rechtsfähig ist, soweit sie bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums am Rechtsverkehr teilnimmt. Diesem Vorbringen kann nach vorläufiger Prüfung nicht zugestimmt werden.

Nach § 319 Abs. 1 ZPO sind offenbare Unrichtigkeiten in einem Urteil jederzeit von dem Gericht auch von Amts wegen zu berichtigen. Eine offensichtliche Unrichtigkeit in diesem Sinne liegt jedoch nur vor, wenn sie sich aus dem Zusammenhang des Urteils selbst oder aus den Vorgängen bei seiner Verkündung ergibt und wenn sie ohne weiteres erkennbar ist (BGH, Beschl. v. 3.6.2003 - X ZB 47/02, BGH-Rep 2003, 1168, 1169 m.w.N.). Eine Rubrumsberichtigung ist nur zulässig, wenn die Identität der Partei, im Verhältnis zu der das Prozessrechtsverhältnis begründet worden ist, gewahrt bleibt (BGH BGH-Rep 2003, 1168, 1169 m.w.N.).

Eine derartige offenbare Unrichtigkeit des Rubrums des rechtskräftigen amtsgerichtlichen Urteils scheidet nach vorläufiger Beurteilung im Streitfall aus. Die Gläubiger haben ihre Klage gegen die Schuldner persönlich gerichtet. Das Amtsgericht hat die Schuldner antragsgemäß als Miteigentümer des Grundstücks N. Straße 217 verurteilt.

Unabhängig davon spricht gegen eine offenbare Unrichtigkeit des Rubrums, dass Ansprüche Dritter gegen die Wohnungseigentümer als solche in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit auch auf der Grundlage der Rechtsprechung des V. Zivilsenats nicht ausgeschlossen sind. Die Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft ist nicht umfassend, sondern auf die Teilbereiche des Rechtslebens beschränkt, bei denen die Wohnungseigentümer im Rahmen der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums als Gemeinschaft am Rechtsverkehr teilnehmen, wie dies insbesondere bei Rechtsgeschäften oder Rechtshandlungen im Außenverhältnis der Fall ist (BGHZ 163, 154 , 177 f.). Den Gläubigern ist hier ein gesetzlicher Störungsbeseitigungsanspruch gegen die Wohnungseigentümer als Miteigentümer zugesprochen worden. Der von der Miteigentümergemeinschaft gebildete teilrechtsfähige Verband ist nicht Miteigentümer des Grundstücks (vgl. BGH, Beschl. v. 30.3.2006 - V ZB 17/06, NJW 2006, 2187 Tz 12).

b) Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung kann auch deshalb keinen Erfolg haben, weil die Schuldnerin nicht dargelegt hat, dass ihr durch die Zwangsvollstreckung größere Nachteile drohen als den Gläubigern im Fall der Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Beschlusses und der Einstellung der Zwangsvollstreckung.

Vorinstanz: LG Wuppertal, vom 04.09.2006 - Vorinstanzaktenzeichen 6 T 516/06
Vorinstanz: AG Wuppertal, vom 07.08.2006 - Vorinstanzaktenzeichen 34 C 171/02
Fundstellen
InVo 2007, 342
NJW 2007, 518
NZM 2007, 164
ZMR 2007, 286