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BGH - Entscheidung vom 30.03.2006

III ZR 187/05

Normen:
BGB § 281

BGH, Beschluß vom 30.03.2006 - Aktenzeichen III ZR 187/05

DRsp Nr. 2006/11053

Voraussetzung eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses

Besteht Streit über Ungewissheit oder über den Bestand eines Schuldverhältnisses, so ist ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis gerade das Mittel, das Schuldverhältnis insgesamt oder teilweise endgültig festzulegen und Einwendungen gegen das Entstehen oder den Fortbestand des Schuldverhältnisses abzuschneiden. Zwar scheidet ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis aus, wenn beide Parteien ein Schuldverhältnis nicht für gegeben halten. Hiervon ist aber nicht auszugehen, wenn nur eine Partei das Entstehen des kausalen Schuldverhältnisses bestreitet.

Normenkette:

BGB § 281 ;

Gründe:

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO ) und eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Rechtsfortbildung oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich ist (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO ).

1. Entgegen der Ansicht der Beschwerde liegt insbesondere der letztgenannte Zulassungsgrund nicht vor. Zwar beanstandet die Klägerin mit Recht die Ausführungen auf Seite vier des Berufungsurteils, in denen die Vorinstanz für das deklaratorische Schuldanerkenntnis ein Rechtsverhältnis als Grundlage voraussetzt, das sie hier vermisst, weil die Beklagte Vereinbarungen der Parteien über die Leistungen der Klägerin bestreitet.

Diesen Erwägungen vermag der Senat nicht zu folgen. Richtig ist zwar, dass ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis ausscheidet, wenn beide Parteien ein Schuldverhältnis nicht für gegeben halten (Bamberger/Roth/Gehrlein, BGB , § 781 Rn. 9). Besteht aber Streit oder Ungewissheit über den Bestand des Schuldverhältnisses, ist ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis gerade das Mittel, das Schuldverhältnis insgesamt oder teilweise endgültig festzulegen (BGHZ 104, 18 , 24). Insbesondere auch Einwendungen gegen das Entstehen oder den Fortbestand des Schuldverhältnisses können durch das deklaratorische Schuldanerkenntnis abgeschnitten werden (BGH aaO.). Für den Ausschluss eines solchen Anerkenntnisses genügt es deshalb entgegen der vom Berufungsgericht geäußerten Rechtsauffassung nicht, wenn eine Partei das Entstehen des kausalen Schuldverhältnisses bestreitet.

Dies erfordert aber, ungeachtet dessen, dass es sich ohnehin nur um einen einfachen Rechtsfehler handeln dürfte, nicht die Zulassung der Revision. Die materiell-rechtlichen Erwägungen des Berufungsgerichts in einem Urteil, das die angefochtene Entscheidung wegen eines Verfahrensfehlers aufhebt, binden das erstinstanzliche Gericht nicht, auch soweit sie Grundlage für die Zurückverweisung sind (vgl. BGHZ 31, 358, 363 f.; 59, 82, 84; BGH, Urteil vom 24. Februar 1983 - IX ZR 35/82 - NJW 1984, 495). Schon aus diesem Grunde ist eine Korrektur durch das Revisionsgericht nicht notwendig.

Überdies ist die Entscheidung des Berufungsgerichts im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat mit Schreiben 14. April 2004 den Rücktritt vom Vertrag mit der Klägerin erklärt. Die hieraus möglicherweise folgende Einwendung gegenüber der Vergütungsforderung der Klägerin, dass sich die etwaigen Vertragsverhältnisse in Rückgewährschuldverhältnisse umgewandelt haben, ist durch das Anerkenntnis vom 19. März 2003 nicht ausgeschlossen. Erklärt der Schuldner, die Forderung bestehe zu Recht oder er erkenne sie an, so liegt darin regelmäßig ein bestätigendes Anerkenntnis, durch das nur solche Einwendungen ausgeschlossen werden, die dem Schuldner bekannt sind oder mit denen er rechnen muss (z.B.: BGH, Urteil vom 23. März 1983 - VIII ZR 335/81 - NJW 1983, 1903, 1904 m.w.N.). Da die Interessen des Gläubigers und des Schuldners typischerweise gegensätzlich sind, kann hingegen ein Verzicht auf erst künftig erkennbare Einwendungen nur angenommen werden, wenn dies, wie es hier nicht der Fall ist, in der Erklärung des Schuldners - auch für diesen unmissverständlich - klar und eindeutig zum Ausdruck kommt (BGH aaO. m.w.N.).

Ein etwaiger wirksamer Rücktritt kann sich sowohl auf den "anerkannten" Teil der Klageforderung als auch auf den Rest auswirken. Ob der Rücktritt wirksam war und welche Auswirkungen er gegebenenfalls hat, ist deshalb eine Frage, die sich für die durch das Teilurteil entschiedenen Ansprüche ebenso stellen kann wie für die übrigen Forderungen, so dass die erstinstanzliche Entscheidung bereits aus diesem Grunde unzulässig war.

2. Weiterhin führt die Rüge der Beschwerde, das Berufungsgericht habe sich mit seinen Erwägungen zur Wirkung der Saldenbestätigung vom 19. März 2003 unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG über Vortrag der Klägerin hinweg gesetzt, nicht zur Revisionszulassung. Zwar trifft es zu, dass die Klägerin behauptet hat, der Vorstand der Beklagten habe den einschränkenden Zusatz auf der Bestätigung getilgt, nachdem sie, die Klägerin, erklärt habe, die Forderungen müssten und würden mit Nachdruck verfolgt werden, wenn die Schuld von der Beklagten nicht anerkannt werde. Weiter ist nicht erkennbar, ob sich das Berufungsgericht mit diesem für die Richtigkeit des Standpunkts der Klägerin sprechenden Vorbringen auseinander gesetzt hat.

Die gerügte Verletzung des Grundrechts auf Gewährung des rechtlichen Gehörs ist aber jedenfalls nicht entscheidungserheblich, da sie sich auf die Entscheidung nicht tragende Teile des Berufungsurteils bezieht, die an der Bindungswirkung nicht teilnehmen. Die beanstandeten Ausführungen sind, wie auch das Berufungsgericht durch die Einleitung von Nummer 2 der Urteilsgründe zu B klargestellt hat, lediglich Hinweise für das weitere Verfahren, an die das Gericht der ersten Instanz nicht gebunden ist (vgl. Zöller/Gummer/Heßler, ZPO , 25. Aufl., § 538 Rn. 60).

3. Gleiches gilt für die Beanstandung der Beschwerde, das Berufungsgericht sei mit seiner Annahme, die am 19. März 2003 abgegebene Erklärung der Beklagten sei nicht als deklaratorisches Schuldanerkenntnis zu verstehen, von dem fehlerhaften Rechtssatz ausgegangen, die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit einer über ein Rechtsgeschäft aufgenommenen Urkunde gelte nicht für solche Urkunden, die zunächst eine Einschränkung des rechtlichen Bindungswillens einer Partei ausgewiesen hätten und danach auf Wunsch der anderen Partei ohne diese Beschränkung erneut aufgenommen worden seien. Überdies ist darauf hinzuweisen, dass das Berufungsgericht den von der Nichtzulassungsbeschwerde unterstellten allgemeinen Rechtssatz nicht aufgestellt hat. Vielmehr beruhen die Ausführungen der Vorinstanz auf einer - wenngleich bedenklichen - Würdigung der besonderen Umstände des Einzelfalls.

4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbsatz ZPO ab.

Vorinstanz: OLG Frankfurt/Main, vom 07.07.2005 - Vorinstanzaktenzeichen 12 U 2/05
Vorinstanz: LG Darmstadt, vom 23.11.2004 - Vorinstanzaktenzeichen 18 O 786/03