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BGH - Entscheidung vom 09.02.2006

VII ZR 228/04

Normen:
BGB § 635 § 249 (a.F.)

Fundstellen:
BGHReport 2006, 769
BauR 2006, 828
MDR 2006, 926
NJW 2006, 3062
NJW-RR 2006, 890
NZBau 2006, 312
WM 2006, 1540
ZfBR 2006, 456

BGH, Urteil vom 09.02.2006 - Aktenzeichen VII ZR 228/04

DRsp Nr. 2006/7859

Rückabwicklung eines Grundstückskaufvertrages mit Bauverpflichtung; Berücksichtigung von Mieteinnahmen

»Macht der Erwerber eines Bauwerks Rückabwicklung des Vertrags im Wege des großen Schadensersatzes geltend, sind die durch die Vermietung erzielten Einnahmen als Nutzungsvorteil anzurechnen.«

Normenkette:

BGB § 635 § 249 (a.F.) ;

Tatbestand:

Der Kläger nimmt die beklagte Bank aus einer Bürgschaft nach § 7 Makler- und Bauträgerverordnung ( MaBV ) auf Rückgewähr einer Vorauszahlung in Anspruch. In der Revision ist die Höhe dieses Anspruches im Streit.

Der Kläger schloss mit L. im November 1996 einen notariellen Vertrag, in dem sich L. verpflichtete, ihm vier näher bezeichnete Grundstücke zu übereignen und auf ihnen vier Reihenhäuser zum Gesamtpreis von 1,05 Mio. DM zu errichten. Der Kläger zahlte den Erwerbspreis im Voraus. Als Sicherheit erhielt er von der Rechtsvorgängerin der Beklagten (künftig: Beklagte) eine selbstschuldnerische Bürgschaft "für die Ansprüche des Käufers gegen den Verkäufer auf Rückgewähr der vorgenannten Vermögenswerte" bis zu einem Höchstbetrag von 1,05 Mio. EUR.

Da die errichteten Häuser unstreitig zahlreiche Mängel aufwiesen, forderte der Kläger L. unter Fristsetzung auf, im Einzelnen aufgeführte Mängel zu beseitigen. Er erklärte, bei Nichteinhaltung der Frist weitere Nachbesserungsmaßnahmen ausdrücklich abzulehnen und die Rückzahlung des Kaufpreises und darüber hinaus großen Schadensersatz zu verlangen. L. beseitigte die Mängel nicht.

Der Kläger hat die Beklagte aus der Bürgschaft auf Zahlung von 536.856,48 EUR (= 1,05 Mio. DM) Zug um Zug gegen Aushändigung einer Löschungsbewilligung für die eingetragenen Auflassungsvormerkungen und Rückgabe der Bürgschaftsurkunde in Anspruch genommen. Die Beklagte hat verschiedene Gegenrechte geltend gemacht und u.a. gefordert, dass sich der Kläger die seit 1997 unstreitig erzielten Mieteinnahmen anrechnen lassen müsse.

Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 365.810,31 EUR Zug um Zug gegen näher bezeichnete Leistungen verurteilt. Dabei hat es die vom Kläger bis Januar 2003 erzielten Mieteinnahmen abzüglich eines geringfügigen Reparaturaufwandes vom Erwerbspreis abgezogen. Hiergegen haben beide Parteien Berufung eingelegt. Das Berufungsgericht hat beide Berufungen teilweise für begründet erachtet. Die Berufung der Beklagten hat insoweit Erfolg gehabt, als auch die weiteren Mieteinnahmen des Klägers bis einschließlich August 2004 vom Erwerbspreis abgezogen wurden. Die Berufung des Klägers hat lediglich in einem im Revisionsverfahren nicht mehr erheblichen Punkt Erfolg gehabt. Der Senat hat die Revision des Klägers insoweit zugelassen, als die Klage in Höhe der Summe der Mieteinnahmen abzüglich der Reparaturkosten (227.142,51 EUR) abgewiesen worden ist. In diesem Umfang verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat keinen Erfolg.

Auf das Schuldverhältnis sind die bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetze anwendbar (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB ).

I. Das Berufungsgericht führt aus, dem Kläger stehe der verbürgte Anspruch auf Rückzahlung seiner Vorauszahlung zwar dem Grunde nach, nicht aber in voller Höhe zu. Er müsse sich nach § 635 BGB im Rahmen des Vorteilsausgleichs die von ihm vereinnahmten Mieten bis August 2004 von insgesamt 227.142,51 EUR unter Berücksichtigung von 2.607,96 EUR für Reparaturkosten entgegenhalten lassen. Es bestehe ein innerer Zusammenhang zwischen dem letztlich gescheiterten und rückabzuwickelnden Grundstückserwerb und den Mieteinnahmen. Weitere Schadensersatzpositionen wie insbesondere Zinsbelastungen könne der Kläger von der Beklagten als Bürgin nicht verlangen; sie seien von Sinn und Zweck einer Rückgewährbürgschaft nach § 7 MaBV nicht umfasst.

II. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.

1. Das Berufungsgericht stellt rechtsfehlerfrei fest, dass dem Kläger gegen L. ein Schadensersatzanspruch nach § 635 BGB wegen vor Abnahme gerügter Mängel auf Rückzahlung des gezahlten Erwerbspreises zusteht, für den die Beklagte als Bürgin haftet. Die Bürgschaft nach § 7 MaBV sichert die Geldansprüche eines Erwerbers, die sich aus mangelhafter oder unterlassener Erfüllung des Vertrages ergeben können (st. Rechtsprechung; vgl. BGH, Urteile vom 18. Juni 2002 - XI ZR 359/01, BGHZ 151, 147 , 151 und vom 22. Oktober 2002 - XI ZR 393/01, BauR 2003, 243 = ZfBR 2003, 141 sowie Beschluss vom 2. Mai 2002 - VII ZR 178/01, BauR 2002, 1390 = ZfBR 2002, 671 = NZBau 2002, 499 ). Dazu gehört auch der Anspruch auf großen Schadensersatz wegen Nichterfüllung nach § 635 BGB .

2. Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, dass dem Kläger nicht der volle Erwerbspreis zusteht. Er muss sich im Wege des Vorteilsausgleichs anrechnen lassen, dass er die Reihenhäuser einige Jahre vermietet hat. Der Wert der Nutzung ist bei der Bemessung des großen Schadensersatzes, wie er hier vom Kläger geltend gemacht wird, anzurechnen (BGH, Urteil vom 6. Oktober 2005 - VII ZR 325/03, BauR 2006, 103 ; vgl. auch BGH, Urteil vom 10. Februar 1982 - VIII ZR 27/81, NJW 1982, 1279).

Die gegen diese Berechnung gerichteten Bedenken der Revision greifen nicht durch. Ihre Ausführungen, der Kläger als Auftraggeber müsse so gestellt werden, wie wenn L. als Auftragnehmer den Vertrag ordnungsgemäß erfüllt und der Kläger damit Anspruch darauf hätte, die erhaltenen Mieteinnahmen in jedem Fall zu behalten, treffen im Rahmen des großen Schadensersatzanspruches nicht zu. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aufgrund der Überlegungen der Revision zum Ersatz entgangenen Gewinns im Rahmen des großen Schadensersatzes.

3. Das Berufungsgericht hat zu Recht den Nutzungsvorteil nach der Höhe der vom Kläger erzielten Mieteinnahmen berechnet. Anders als bei der Eigennutzung einer Immobilie, deren Nutzungsvorteil bei einer Rückabwicklung des Vertrages in ein Verhältnis zum Wert der mit dem Erwerb getätigten Investition gesetzt und zeitanteilig linear ermittelt werden muss (BGH, Urteil vom 6. Oktober 2005 - VII ZR 325/03, aaO.), sind für die Schadensbemessung bei einer vermieteten Immobilie die tatsächlichen Mieteinnahmen abzüglich des Erhaltungsaufwandes maßgeblich. Der Kläger hat seine Investition ausschließlich als Kapitalanlage getätigt, so dass die daraus erzielten Vorteile anzurechnen sind (vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 1982 - VIII ZR 27/81, aaO.; Vogel, ZfIR 2006, 12). Die festgestellten Mängel haben rechnerisch auf die Höhe des dem Kläger anzurechnenden Nutzungsvorteils keinen Einfluss. Das Berufungsgericht hat nur die vom Kläger erzielten Mieteinnahmen und damit auch nur den von einzelnen Mietern wegen der Mängel gekürzten Mietzins berücksichtigt.

4. Mithin kann der Kläger nicht verlangen, bei seiner Schadensberechnung die trotz der mangelhaften Leistung des L. erzielten Mieteinnahmen endgültig behalten zu dürfen. Soweit der Kläger in der Berufungsinstanz für den Fall eines Abzugs der Mieteinnahmen andere Schadenspositionen, insbesondere Finanzierungskosten, geltend gemacht hat, ist deren Abweisung durch das Berufungsgericht nicht zum Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde und folglich der Revision geworden.

Vorinstanz: OLG Frankfurt/Main, vom 01.09.2004 - Vorinstanzaktenzeichen 23 U 215/03
Vorinstanz: LG Frankfurt/M. - 2/19 O 318/02 - 29.7.2003,
Fundstellen
BGHReport 2006, 769
BauR 2006, 828
MDR 2006, 926
NJW 2006, 3062
NJW-RR 2006, 890
NZBau 2006, 312
WM 2006, 1540
ZfBR 2006, 456