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BGH - Entscheidung vom 19.01.2006

IX ZB 143/05

Normen:
InsO § 13 § 14

BGH, Beschluß vom 19.01.2006 - Aktenzeichen IX ZB 143/05

DRsp Nr. 2006/2533

Rechtschutzbedürfnis für die Einleitung eines Insolvenzverfahrens

Die Annahme einer allgemeinen Subsidiarität des Insolvenzverfaherns gegenüber anderen Vollstreckungsmöglichkeiten ist mit §§ 13 , 14 InsO nicht vereinbar.

Normenkette:

InsO § 13 § 14 ;

Gründe:

I. Das zu 2 beteiligte Land (fortan: Finanzamt) beantragte am 16. März 2004 wegen rückständiger Steuern und steuerlicher Nebenleistungen in Höhe von insgesamt 24.204,49 EUR die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners. Die Steuerrückstände bezogen sich auf den Zeitraum ab dem Jahr 2001 und waren fällig und vollstreckbar. Dem Antrag waren Vollstreckungsversuche des Finanzamts vorausgegangen, die am 4. Februar 2004 zur Pfändung eines LKW-Aufliegers geführt haben. Dessen Wert sowie die Verwertungsmöglichkeiten sind streitig. Die titulierten Steuerforderungen beruhten auf Schätzungen des Finanzamtes. Nach Abgabe entsprechender Steuererklärungen durch den Schuldner hat das Finanzamt Abänderungsbescheide erlassen. Der Schuldner hat vorgetragen, dass die Rückstände gegenüber dem Finanzamt im März 2005 nur noch 8.758,56 EUR betrügen.

Das Insolvenzgericht hat dem Eröffnungsantrag stattgegeben. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde des Schuldners hat das Landgericht zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Schuldner mit seiner Rechtsbeschwerde.

II. Die nach § 7 InsO in Verbindung mit § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig. Weder stellt sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 4 InsO , § 574 Abs. 2 ZPO ).

1. Die Rechtsbeschwerde will als rechtsgrundsätzliche Frage geklärt wissen, ob der Gläubiger ein rechtliches Interesse im Sinne von § 14 Abs. 1 InsO auch an der Eröffnung eines wirtschaftlich sinnlosen Insolvenzverfahrens habe. Diese von der Rechtsbeschwerde formulierte Frage stellt sich im Streitfall nicht.

a) Das Beschwerdegericht hat festgestellt, dass das Finanzamt durch die ausgebrachte Pfändung nicht ausreichend abgesichert ist. Dies wird von der Rechtsbeschwerde nicht mit zulässigen Verfahrensrügen angegriffen. Sie geht vielmehr selbst davon aus, dass die Steuerforderungen einschließlich der Säumniszuschläge 10.770,17 EUR betragen und für den gepfändeten Sattelauflieger ein Betrag von nur 4.000 EUR erlöst werden könnte. Die vielfach vertretene Auffassung, an dem nach § 14 Abs. 1 InsO erforderlichen Interesse des antragstellenden Gläubigers fehle es, wenn er auf einem einfacheren, insolvenzfestem Weg Befriedigung erlangen könne (vgl. MünchKomm-InsO/Schmahl, § 14 Rn. 48), wird deshalb nicht entscheidungserheblich.

b) Die Rechtsbeschwerde bezweifelt des Weiteren, dass die erstrebte Insolvenzeröffnung geeignet sei, die Rechtsposition des Finanzamts zu verbessern. Sie leitet aus einer Aufzählung von Einzelumständen her, dass dem Verfahren die Masseunzulänglichkeit drohe, was den Insolvenzantrag geradezu als kontraproduktiv erscheinen lasse. Insoweit führt die Rechtsbeschwerde keinen der Zulassungsgründe ordnungsgemäß aus. Der Sachverständige geht in seinem am 27. Januar 2005 erstatteten Gutachten davon aus, dass freie Masse durch die Verwertung der Vermögensgegenstände des Schuldners geschaffen werden könne. Auch dies wird von der Rechtsbeschwerde nicht in Frage gestellt. Bei dieser Sachlage ist es nicht fernliegend, dass - falls überhaupt erforderlich - ein ausreichender Geldbetrag durch einen der Gläubiger vorgeschossen wird (§ 207 Abs. 1 Satz 2 InsO ) und der Insolvenzverwalter - entsprechend den Ausführungen in dem von ihm selbst erstatteten Gutachten - zur Verwertung der Vermögensgegenstände schreitet, wozu er sogar im Einstellungsverfahren befugt ist (vgl. § 207 Abs. 3 Satz 2 InsO ).

2. Die Rechtsbeschwerde bezweckt weiterhin die Klärung der rechtsgrundsätzlichen Frage, ob die Einzelzwangsvollstreckung den Vorrang vor einem Insolvenzverfahren genieße. Diese Rechtsfrage ist durch den Senatsbeschluss vom 5. Februar 2004 ( IX ZB 29/03, WM 2004, 1686 , 1688) geklärt. Danach ist die Annahme einer allgemeinen Subsidiarität des Insolvenzverfahrens gegenüber anderen Vollstreckungsmöglichkeiten mit §§ 13 , 14 InsO nicht vereinbar. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der antragstellende Gläubiger - wie hier - nicht der einzige Gläubiger des Schuldners ist (BGH, aaO. S. 1688).

III. Mangels hinreichender Erfolgsaussichten kommt die Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht in Betracht (§ 4 InsO in Verbindung mit § 114 Satz 1 ZPO ). Die von dem Schuldner hilfsweise herangezogene Vorschrift des § 4a InsO findet im Rechtsmittelverfahren keine Anwendung (vgl. BGH, Beschl. v. 24. Juli 2003 - IX ZB 539/02, WM 2003, 1871 , 1872, insoweit in BGHZ 156, 92 ff. nicht abgedruckt).

Da das Rechtsmittel des Schuldners keinen Erfolg hat, konnte seinem Antrag, dem Insolvenzverwalter Verwertungshandlungen bezüglich des Fuhrparks des Insolvenzschuldners bis zur Entscheidung über die Rechtsbeschwerde zu untersagen, nicht entsprochen werden.

Vorinstanz: LG Köln, vom 25.04.2005 - Vorinstanzaktenzeichen 1 T 69/05
Vorinstanz: AG Köln, vom 23.02.2005 - Vorinstanzaktenzeichen 75 IN 186/04