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BGH - Entscheidung vom 09.03.2006

3 StR 451/05

Normen:
StGB § 249 Abs. 1

Fundstellen:
NStZ 2006, 343

BGH, Urteil vom 09.03.2006 - Aktenzeichen 3 StR 451/05

DRsp Nr. 2006/7899

Psychische Folgen bei den Tatopfern als Strafzumessungsgrund

Psychische Folgen auf die Tatopfer (hier: Banküberfall) sind im Rahmen der Strafzumessung zu berücksichtigen.

Normenkette:

StGB § 249 Abs. 1 ;

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten A. wegen schwerer räuberischer Erpressung, wegen schweren Raubes in fünf Fällen, wegen schweren Raubes in Tateinheit mit schwerer räuberischer Erpressung in drei Fällen und wegen schwerer räuberischer Erpressung in zwei tateinheitlichen Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf das Strafmaß beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft; sie hat im Wesentlichen Erfolg.

Die Strafzumessung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Angesichts einer Serie von zehn Raubtaten, die in schneller Abfolge, meist nach drei bis vier Tagen, begangen wurden und bei denen zwei maskierte und bewaffnete Täter zusammenwirkten, liegt die Annahme minder schwerer Fälle bei dem mehrfach vorbestraften Angeklagten in einem solchen Maße fern, dass nur bei Vorliegen ganz erheblicher Strafmilderungsgründe ein beträchtliches Überwiegen der mildernden Faktoren hätte festgestellt werden können (vgl. zu den Anforderungen an die vorzunehmende Gesamtwürdigung Tröndle/Fischer, StGB 53. Aufl. § 46 Rdn. 85 m. w. N.).

Strafmilderungsgründe von überdurchschnittlichem Gewicht sind für den Angeklagten A. den Urteilsgründen jedoch nicht zu entnehmen. Sein Geständnis erfolgte erst in der Hauptverhandlung, nachdem sein Mittäter bereits unmittelbar nach der Festnahme ein "vollumfängliches" Geständnis abgegeben hatte. Dass der Angeklagte A. durch den Mitangeklagten M. "als treibende Kraft in den Gesamtkomplex verstrickt" worden ist, belegen die Feststellungen nicht. Danach hat dieser seine Beteiligung nur angeregt, wobei die Schilderung der Einzeltaten zeigt, dass der Angeklagte bereitwillig unter Entfaltung eigener Initiativen mitwirkte.

Andererseits befasst sich die Würdigung der Strafkammer rechtsfehlerhaft nicht mit den Folgen der Taten für die überfallenen Opfer. Da die Angeklagten nicht nur Angestellte, sondern auch Kunden in den überfallenen Geschäften bedroht, ausgeraubt und teilweise gezwungen hatten, sich auf den Boden zu legen, liegt es nahe, dass etliche von ihnen nicht unerhebliche psychische Folgen erlitten haben. Dazu schweigen die Urteilsgründe. In diesem Zusammenhang wäre zudem zu berücksichtigen gewesen, dass es im Fall 10 zu einer - wenn auch fahrlässigen - Schussabgabe gekommen ist und dass im Fall 9 der Überfall zur Nachtzeit in einem Wohnhaus, also einem besonders schutzbedürftigem Bereich, erfolgte. Dabei wurden die beiden weiblichen Tatopfer nach der Tat eingesperrt zurückgelassen. Die Urteilsgründe verhalten sich auch hier nicht dazu, wie lange die Freiheitsberaubung angedauert hat und welche Folgen für diese Frauen eingetreten sind.

Der Senat hat die Feststellungen zum Strafausspruch aufrechterhalten, da diese rechtsfehlerfrei getroffen worden sind. Dies hindert ergänzende Feststellungen, die mit den bisherigen nicht in Widerspruch stehen, nicht. Dabei wird der neue Tatrichter Gelegenheit haben, sich mit den - insbesondere psychischen - Tatfolgen für die Opfer zu befassen. Dem steht die Rechtskraft des Schuldspruchs nicht entgegen (BGHR StPO § 353 Abs. 2 Teilrechtskraft 19).

Vorinstanz: LG Duisburg, vom 20.06.2005
Fundstellen
NStZ 2006, 343