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BGH - Entscheidung vom 22.08.2006

1 StR 382/06

Normen:
StPO § 26 Abs. 3 § 27

Fundstellen:
NStZ 2007, 51

BGH, Beschluß vom 22.08.2006 - Aktenzeichen 1 StR 382/06

DRsp Nr. 2006/24455

Gerichtskundigkeit von Tatsachen zum Ablehnungsgesuch

1. Eine förmliche Beweisaufnahme über das Ablehnungsvorbringen findet nicht statt.2. Haben sich die Tatsachen vor dem selben Gericht ereignet, so kann dieses auf Grund eigener Wahrnehmungen ohne Weiteres die Entscheidung treffen.

Normenkette:

StPO § 26 Abs. 3 § 27 ;

Gründe:

Zur Rüge der Nichtgewährung rechtlichen Gehörs im Ablehnungsverfahren gemäß § 27 StPO bemerkt der Senat ergänzend:

Der Angeklagte hatte den Vorsitzenden der Strafkammer wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Die das Ablehnungsgesuch zurückweisende Beschlusskammer legte ihrer Entscheidung Tatsachen über den Geschehensablauf in der Hauptverhandlung zu Grunde, die nicht Gegenstand der dienstlichen Äußerung des abgelehnten Richters waren, die ihr jedoch von dem an der Entscheidung beteiligten Richter am Landgericht H. als dessen eigene Wahrnehmungen als Berichterstatter vermittelt worden waren. Die Revision beanstandet, dass ihr keine Gelegenheit gegeben wurde, zu diesen Tatsachen Stellung zu nehmen.

Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt schon im Ansatz nicht vor. Die Revision verkennt, dass das Gesetz lediglich die Herbeiführung einer dienstlichen Äußerung des abgelehnten Richters vorsieht (§ 26 Abs. 3 StPO ), die zur Gewährung des rechtlichen Gehörs dem Antragsteller mitzuteilen ist (BGHSt 23, 200 , 203). Eine förmliche Beweisaufnahme über das Ablehnungsvorbringen findet hingegen nicht statt. Es ist vielmehr dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts überlassen, mit welchen Mitteln es sich Kenntnis von dem Bestehen oder Nichtbestehen der maßgeblichen Tatsachen verschaffen will (vgl. BGHSt 21, 334 , 347). Haben sich die Tatsachen vor dem selben Gericht ereignet, so kann dieses auf Grund eigener Wahrnehmungen ohne Weiteres die Entscheidung treffen (Senat bei Holtz MDR 1972, 17). So war es im vorliegenden Fall, da Richter am Landgericht H. als Mitglied der Strafkammer den fraglichen Vorgang miterlebt hatte.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Vorinstanz: LG Stuttgart, vom 07.04.2006
Fundstellen
NStZ 2007, 51