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BGH - Entscheidung vom 20.11.2006

NotZ 31/06

Normen:
BNotO § 50 Abs. 1 Nr. 8, Abs. 3 S. 3

Fundstellen:
NJW 2007, 1289

BGH, Beschluß vom 20.11.2006 - Aktenzeichen NotZ 31/06

DRsp Nr. 2007/20

Amtsenthebung eines Notars wegen Gefährdung der Rechtsuchenden durch die Art der Wirtschaftsführung

Nach rechtskräftigem Abschluss des Vorschaltverfaherns gem. § 50 Abs. 3 S. 3 BNotO stehen die dort zu den Amtsenthebungsgründen getroffenen tatsächlichen Feststellungen im anschließenden Streit um die Rechtmäßigkeit der endgültigen Amtsenthebung des Notars nicht mehr zur Überprüfung an. Eine spätere Änderung der Sachlage ist nur beachtlich, wenn nach Abschluss des Vorschaltverfahrens, aber vor der Entscheidung der Justizverwaltung über die endgültige Amtsenthebung des Notars Entwicklungen eintreten, die eine abweichende Beurteilung der Amtsenthebungsgründe gebieten.

Normenkette:

BNotO § 50 Abs. 1 Nr. 8 , Abs. 3 S. 3 ;

Gründe:

I. Der 1953 geborene Antragsteller ist seit März 1986 bei dem Landgericht B. und seit März 1991 bei dem Kammergericht als Rechtsanwalt zugelassen. Im November 1993 wurde er zum Notar in B. bestellt.

Mit Bescheid vom 7. Dezember 2004 enthob ihn die Präsidentin des Kammergerichts vorläufig seines Amtes als Notar und kündigte zugleich an, ihn endgültig des Amtes zu entheben, weil seine wirtschaftlichen Verhältnisse und die Art seiner Wirtschaftsführung die Interessen der Rechtsuchenden gefährdeten (§ 50 Abs. 1 Nr. 8 BNotO ).

Durch rechtskräftigen Beschluss vom 19. Oktober 2005 stellte der Senat für Notarsachen bei dem Kammergericht fest, dass die Voraussetzungen für eine endgültige Amtsenthebung gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 8 BNotO vorliegen.

Mit Bescheid vom 24. Februar 2006 sprach die Präsidentin des Kammergerichts die endgültige Amtsenthebung aus.

Am 1. April 2006 wurde auf seinen Antrag das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Antragstellers eröffnet, ein Insolvenzverwalter bestimmt und Termin zur Wahl eines Gläubigerausschusses und Prüfungstermin auf den 29. Juni 2006 festgelegt.

Der Senat für Notarsachen bei dem Kammergericht hat den gegen die endgültige Amtsenthebung gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung mit Beschluss vom 12. Juli 2006 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers.

II. Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg.

Nach rechtskräftigem Abschluss des Vorschaltverfahrens gemäß § 50 Abs. 3 Satz 3 BNotO stehen die dort zu den Amtsenthebungsgründen getroffenen tatsächlichen Feststellungen im anschließenden Streit um die Rechtmäßigkeit der endgültigen Amtsenthebung des Notars nicht mehr zur Überprüfung an (Senat, BGHZ 44, 65, 72; 78, 229, 230 f.; 149, 230, 232). Eine spätere Änderung der Sachlage ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats nur beachtlich, wenn nach Abschluss des Vorschaltverfahrens, aber vor der Entscheidung der Justizverwaltung über die endgültige Amtsenthebung des Notars Entwicklungen eintreten, die eine abweichende Beurteilung der Amtsenthebungsgründe nach § 50 Abs. 1 Nr. 8 BNotO gebieten. Umstände, die sich erst nach dem Bescheid der Justizverwaltung über die Amtsenthebung des Notars ergeben, sind dagegen unbeachtlich (BGHZ 149, 230 , 233 ff.; Beschlüsse vom 22. März 2004 - NotZ 23/03 - ZNotP 2004, 324 , 325 = DNotZ 2004, 886 und 12. Juli 2004 - NotZ 29/03).

Inwieweit an diesen Grundsätzen noch festgehalten werden kann angesichts der im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 31. August 2005 (NJW 2005, 3057 ) im Falle einer von der Gläubigersammlung geforderten Erstellung eines Insolvenzplanes unter "vorläufiger Fortführung des Notariats" geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken, ob generell Veränderungen der Sach- und Rechtslage nach der auf endgültige Amtsenthebung lautenden Verwaltungsentscheidung unberücksichtigt gelassen werden dürfen (vgl. Schlick, ZNotP 2006, 362, 372), bedarf - wie bereits die Vorinstanz zutreffend angenommen hat - auch hier keiner Erörterung. Denn es bestehen nach wie vor keinerlei Anhaltspunkte, die auf eine beachtliche Änderung der Verhältnisse zugunsten des Antragstellers hindeuten könnten. Der Senat kann dessen Vorbringen nicht entnehmen, dass seit der Entscheidung über die endgültige Amtsenthebung Umstände eingetreten wären, die eine abweichende Würdigung der im Vorschaltverfahren festgestellten Amtsenthebungsgründe erforderten.

Gegen die vom Senat für Notarsachen beim Kammergericht beanstandungsfrei festgestellte desolate Vermögenslage sowie ungeordneten Wirtschaftsverhältnisse aufgrund einer Vielzahl von Gläubigern, zahlreicher Zwangsvollstreckungsmaßnahmen und eines fortbestehenden hohen Bestandes von Verbindlichkeiten in einer Größenordnung, die die Schuldenlast bei Abschluss des Vorschaltverfahrens in Höhe von 1,7 Mio. EUR noch erheblich übersteigt, hat der Antragsteller auch im Beschwerdeverfahren nichts Substantielles vorzubringen vermocht. Mit dem Hinweis auf die erfolgte Eröffnung des Insolvenzverfahrens allein ist eine entscheidende Verbesserung seiner finanziellen Situation, die die festgestellten Voraussetzungen für eine endgültige Amtsenthebung nach § 50 Abs. 1 Nr. 8 BNotO in Frage stellen könnten, nicht dargetan. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat insgesamt auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug.

Diese tragen auch mit Blick auf die vom Bundesverfassungsgericht im Zusammenhang mit einem Insolvenzverfahren erkannte Möglichkeit einer günstigeren Prognose für die Vermögensentwicklung aufgrund der im damaligen Verfahren vom Oberlandesgericht herausgestellten Besonderheiten des konkreten Falles. Hier hat der Antragsteller in der mündlichen Verhandlung vor dem Kammergericht am 12. Juli 2006 lediglich erklärt, in etwa zwei bis drei Wochen werde der Insolvenzverwalter die angemeldeten Forderungen überprüft haben, und er werde dann in der Lage sein, eine konkrete Aufstellung über die Verbindlichkeiten und das vorhandene Vermögen vorzulegen; darüber hinaus werde er in den nächsten Wochen mit dem Insolvenzverwalter einen Insolvenzplan erarbeiten. Letzteres Vorbringen hat er im Schriftsatz vom 2. Oktober 2006 und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat lediglich wiederholt. Mit der bloßen Hoffnung auf einen Insolvenzplan zeichnet sich aber nicht einmal die Möglichkeit etwas konkreter ab, dass sich in absehbarer Zeit seine Vermögenssituation verbessern und die damit verbundene Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden verringern könnte, geschweige denn, dass er in einem überschaubaren Zeitrahmen schuldenfrei sein werde.

An dem seit dem Vorschaltverfahren bestehenden Amtsenthebungsgrund des § 50 Abs. 1 Nr. 8 BNotO hat daher auch das im April 2006 eingeleitete Insolvenzverfahren nichts zu ändern vermocht. Weitere Umstände, die eine dem Antragsteller günstigere Beurteilung erlauben könnten, sind weder dargetan noch sonst ersichtlich.

Vorinstanz: KG, vom 12.07.2006 - Vorinstanzaktenzeichen Not 1/06
Fundstellen
NJW 2007, 1289