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BAG - Entscheidung vom 27.07.2005

7 AZR 488/04

Normen:
BGB § 307 Abs. 3 S. 1 § 308 Nr. 3 § 310 Abs. 4 S. 2

Fundstellen:
AuR 2006, 35
BB 2006, 609
DB 2005, 2823
NZA 2006, 539

BAG, Urteil vom 27.07.2005 - Aktenzeichen 7 AZR 488/04

DRsp Nr. 2005/19621

Vorvertrag; Allgemeine Geschäftsbedingungen; Rücktrittsvorbehalt

»1. Ein Rücktrittsvorbehalt ist nach § 308 Nr. 3 BGB nur wirksam, wenn in dem Vorbehalt der Grund für die Lösung vom Vertrag mit hinreichender Deutlichkeit angegeben ist und ein sachlich gerechtfertigter Grund für seine Aufnahme in die Vereinbarung besteht. 2. Die einem Arbeitgeber vorbehaltene einseitige Lösungsmöglichkeit von einem Vorvertrag kann einen Rücktrittsvorbehalt iSd. § 308 Nr. 3 BGB darstellen. Bei einem Vorvertrag zu einem Arbeitsvertrag handelt es sich nicht um ein Dauerschuldverhältnis.«

Orientierungssätze: 1. Ein Rücktrittsvorbehalt ist nach § 308 Nr. 3 BGB nur wirksam, wenn in dem Vorbehalt der Grund für die Lösung vom Vertrag mit hinreichender Deutlichkeit angegeben ist und ein sachlich gerechtfertigter Grund für seine Aufnahme in die Vereinbarung besteht. 2. Die einem Arbeitgeber vorbehaltene einseitige Lösungsmöglichkeit von einem Vorvertrag kann einen Rücktrittsvorbehalt iSd. § 308 Nr. 3 BGB darstellen. Bei einem Vorvertrag zu einem Arbeitsvertrag handelt es sich nicht um ein Dauerschuldverhältnis. 3. Ein Vorvertrag unterliegt der AGB-Kontrolle (§§ 305 ff. BGB ), wenn seine Vertragsbedingungen nicht einzelvertraglich ausgehandelt, sondern vom Arbeitgeber gestellt und für eine Vielzahl von Vereinbarungen vorformuliert werden.

Normenkette:

BGB § 307 Abs. 3 S. 1 § 308 Nr. 3 § 310 Abs. 4 S. 2 ;

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Verpflichtung des beklagten Landes, dem Kläger den Abschluss eines Arbeitsvertrags anzubieten.

Der 1956 geborene Kläger studierte von Oktober 1978 bis September 1982 Physik und Sport für das Lehramt an der Gesamthochschule S, ohne allerdings das Studium mit einem förmlichen Abschluss zu beenden. Danach absolvierte er eine Ausbildung zum Kfz-Elektriker, die er im Juni 1984 erfolgreich abschloss. Bis Dezember 1986 war er als Kfz-Elektriker tätig. Von Januar 1987 bis März 2003 war der Kläger als technischer Angestellter beschäftigt, seit 1991 als Einkaufsleiter und seit 1994 als Prokurist. Der Kläger absolvierte während seiner Berufstätigkeit mehrere REFA-Lehrgänge und sonstige berufsbegleitende Fortbildungen.

Am 16. Februar 2003 bewarb sich der Kläger bei der Städtischen Hauptschule B als Lehrer für die Sekundarstufe I in den Fächern Physik und Technik. Nach dem Erlass des beklagten Landes vom 12. Dezember 2002 zur "Einstellung von Lehrerinnen und Lehrern zum 15.9.2003 und folgende Einstellungen im Schuljahr 2003/2004" war für den Seiteneinstieg von Bewerbern für Hauptschulen ohne einschlägige Lehramtsausbildung unter 2.3.2 Folgendes bestimmt:

"Daneben können Bewerberinnen und Bewerber eingestellt werden, die

- eine nicht als Befähigung für ein Lehramt gem. § 4 LABG anerkannte Lehrbefähigung in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Gemeinschaft erworben oder

- eine Erste Staatsprüfung für ein Lehramt erworben oder

- eine Hochschul- bzw. Fachhochschulabschlussprüfung in einem der ausgeschriebenen Fächer bzw. einem affinen Fach abgelegt oder

- eine anderweitige fachspezifische Ausbildung abgeschlossen haben."

Der Kläger wurde von der Auswahlkommission der Städtischen Hauptschule in B zu einem Vorstellungsgespräch am 17. März 2003 eingeladen. Die Auswahlkommission entschied sich unter mehreren Bewerbern für den Kläger. Noch am gleichen Tag wurde ihm vom Schulleiter ein unter dem Briefkopf der Bezirksregierung ausgefertigtes Schreiben vom März 2003 (Tagesdatum fehlt) ausgehändigt, das auszugsweise wie folgt lautete:

"...

Aufgrund des Ergebnisses des Auswahlverfahrens teile ich Ihnen mit, dass ich in Aussicht genommen habe, Sie zum 15.9.2003 in den öffentlichen Schuldienst des Landes NRW einzustellen.

Sie sollen als Lehrkraft in der

Sekundarstufe I (...)

an folgender Schule meines Aufsichtsbereiches eingesetzt werden:

Städtische Hauptschule B .

...

Ich bitte Sie, mir bis zum 20.03.2002 (= Ausschlusstermin, ...) unter Verwendung des beigefügten Vordrucks (Anlage 2) mitzuteilen, ob Sie mein Einstellungsangebot annehmen. (...).

Die Anlagen 1 + 2 sind Bestandteil dieses Angebots.

..."

Das als Anlage 1 bezeichnete Schriftstück lautet auszugsweise wie folgt:

"1. Einstellungskonditionen

Es ist vorgesehen, Sie auf der Grundlage Ihrer Eignung und Befähigung in ein Beamten-/oder Angestelltenverhältnis einzustellen.

Die Vergütung/Besoldung ergibt sich aus der Anlage I des Bundesbesoldungsgesetzes, den einschlägigen Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages ( BAT ) sowie den Bestimmungen der Runderlasse des Kultusministeriums vom 16. und 20.11.1981 (...).

Eine endgültige Entscheidung über eine Einstellung, sowie die Art des Beschäftigungsverhältnisses und die Einstufung in eine Besoldungs-/Vergütungsgruppe erfolgt jedoch erst nach einer abschließenden Prüfung Ihrer vorgelegten Qualifikationen und Nachweise.

2. Bedingungen

Dieses Angebot steht unter den Bedingungen:

- Der Zustimmung des zuständigen Personalrates,

- der Feststellung Ihrer gesundheitlichen Eignung,

- der Vorlage eines eintragungsfreien polizeilichen Führungszeugnisses; (...),

- ...,

- einer freien und besetzbaren Planstelle zum Einstellungszeitpunkt.

...

5. Weitere Unterlagen

Wenn Sie dieses Einstellungsangebot angenommen haben, ..."

Die Anlage 2 lautete auszugsweise wie folgt:

"ANNAHMEERKLÄRUNG

...

Hiermit nehme ich entsprechend den Bedingungen des Bezugsschreibens das Einstellungsangebot für die Städt. HS B ... an.

...

Ich erkläre, dass ich in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen lebe.

...

Ich verpflichte mich, den Dienst baldmöglichst auf Dauer anzutreten. Im Fall der Nichtaufnahme des Dienstes zum nächstmöglichen Termin verpflichte ich mich, eine Vertragsstrafe iHv. 2.500 (zweitausendfünfhundert) Euro zu zahlen."

Der Kläger hatte sich parallel zu der Bewerbung bei der Schule in B bei der D in Bu beworben. Dort fand am 18. März 2003 gegen 13.30 Uhr ein Vorstellungsgespräch statt. Gegen 15.30 Uhr erhielt der Kläger einen Anruf des Schulleiters in B, der ihm mitteilte, dass er die Stelle erhalte. Gegen 16.00 Uhr teilte ihm der Schulleiter der D mit, dass man ihn gerne eingestellt hätte, es jedoch Differenzen mit der Bezirksregierung Arnsberg gebe hinsichtlich der Qualifikation, so dass man leider absagen müsse. Der Kläger wandte sich daraufhin an den Schulleiter der Städtischen Hauptschule B und unterrichtete ihn über die bestehenden Probleme mit seiner Qualifikation. Dieser sicherte dem Kläger zu, sich kundig zu machen und bat ihn, sich am nächsten Tag in der Städtischen Hauptschule B einzufinden. Nach diesem Gespräch, dessen Inhalt zwischen den Parteien streitig ist, unterzeichnete der Kläger am 19. März 2003 die Anlage 2 des Einstellungsschreibens und übergab sie anschließend dem Schulleiter.

Mit Schreiben vom 31. März 2003 teilte die Bezirksregierung Arnsberg dem Kläger mit, dass sie das "Einstellungsangebot" zurückziehe, weil der Kläger mit dem nicht abgeschlossenen Studium und der Ausbildung zum Kfz-Elektriker nicht die Voraussetzungen für die Einstellung im Bereich der Sekundarstufe I erfülle.

Der Kläger hat am 9. April 2003 die vorliegende Klage beim Arbeitsgericht erhoben und zugleich im Wege der einstweiligen Verfügung vom beklagten Land verlangt, die Besetzung der ausgeschriebenen Stelle bei der Städtischen Hauptschule Bad Laasphe bis zur rechtskräftigen Entscheidung über seine Bewerbung zu unterlassen. Das Landesarbeitsgericht Hamm hat das beklagte Land insoweit antragsgemäß verurteilt.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen sei, da er ein entsprechendes Einstellungsangebot des beklagten Landes angenommen habe. Lediglich hilfsweise hat er die Verurteilung des beklagten Landes zur Abgabe eines Arbeitsvertragsangebots beantragt, da die Vereinbarung aus dem März 2003 zumindest einen Vorvertrag darstelle. Dazu hat er behauptet, dass ihm der Schulleiter der Städtischen Hauptschule in B am 19. März 2003 mitgeteilt habe, dass er der Bezirksregierung den Fall des Klägers geschildert und insbesondere auf das fehlende Diplom hingewiesen habe. Die Bezirksregierung habe dem Schulleiter zugesichert, dass es keine Probleme gebe.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht, wonach der Kläger als angestellte Lehrkraft im Hauptschulbereich des beklagten Landes ab dem 15. September 2003 beschäftigt wird,

2. das beklagte Land zu verurteilen, den Kläger als angestellte Lehrkraft im Hauptschulbereich zu beschäftigen,

3. hilfsweise das beklagte Land zu verurteilen, dem Kläger gegenüber folgende Willenserklärung abzugeben:

"Ich unterbreite dem Kläger ein Angebot auf Abschluss eines Arbeitsvertrages gemäß dem der Kläger als Lehrkraft in den Schuldienst des Landes Nordrhein-Westfalen mit Wirkung vom 15. September 2003 eingestellt wird und auf welchen der BAT und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge Anwendung finden."

Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt.

Das Arbeitsgericht hat die Hauptanträge abgewiesen und dem auf Abgabe eines Vertragsangebots gerichteten Hilfsantrag des Klägers entsprochen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des beklagten Landes die Klage insgesamt abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers, mit der er die Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Urteils verlangt. Das beklagte Land beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann die Klage nicht abgewiesen werden. Das Landesarbeitsgericht hat zwar zu Recht angenommen, dass die Parteien einen Vorvertrag über die Einstellung des Klägers in den Schuldienst abgeschlossen haben. Ob das Berufungsgericht die Klage unter Hinweis auf die dem beklagten Land vorbehaltene inhaltliche Überprüfung der Qualifikationen und Nachweise zu Recht abgewiesen hat, kann der Senat nicht beurteilen. Das Landesarbeitsgericht ist zu Unrecht ohne weiteres von der Rechtmäßigkeit des Nachprüfungsvorbehalts in Nr. 1 Abs. 3 der Anlage 1 zum Schreiben vom März 2003 ausgegangen. Es hat es ferner versäumt, die Voraussetzungen für die Ausübung des Vorbehaltsrechts festzustellen. Beide Umstände bedürfen der weiteren Sachverhaltsaufklärung und einer erstmaligen Würdigung durch das Berufungsgericht.

I. Die Klage ist zulässig.

1. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht ausgeführt, dass der Kläger unter den gegebenen Umständen vom beklagten Land die Abgabe eines Vertragsangebots verlangen kann und nicht auf Abgabe einer Annahmeerklärung klagen muss. Die Parteien stellen das nicht mehr in Abrede.

2. Der Zulässigkeit der Klage steht auch nicht entgegen, dass der Kläger die Verurteilung des beklagten Landes zur Abgabe eines Vertragsangebots für die Vergangenheit erstrebt. Bei dem rückwirkenden Abschluss des Arbeitsvertrags ist dem Arbeitnehmer die Arbeitsleistung für die Vergangenheit unmöglich. Deshalb bestand nach ständiger Rechtsprechung des Senats im Hinblick auf § 306 BGB in der bis 31. Dezember 2001 geltenden Fassung (aF) kein Anspruch auf Abschluss eines Arbeitsvertrags zu einem in der Vergangenheit liegenden Vertragsbeginn (vgl. etwa 28. Juni 2000 - 7 AZR 904/98 - BAGE 95, 171 = AP KSchG 1969 § 1 Wiedereinstellung Nr. 6 = EzA KSchG § 1 Wiedereinstellungsanspruch Nr. 5, zu I B der Gründe; 14. November 2001 - 7 AZR 568/00 - BAGE 99, 326 = AP MTA § 2 SR 2a Nr. 1, zu B II 2 a der Gründe). Dies gilt jedoch nicht für die ab 1. Januar 2002 bestehende Rechtslage. Eine § 306 BGB aF entsprechende Vorschrift gibt es nicht mehr. Nach § 311a BGB nF steht es der Wirksamkeit des Vertrags nicht entgegen, dass der Schuldner nach § 275 Abs. 1 - 3 BGB nicht zu leisten braucht und das Leistungshindernis schon bei Vertragsbeginn vorliegt. Damit ist auch der rückwirkende Abschluss eines Arbeitsvertrags rechtlich zulässig (BAG 27. April 2004 - 9 AZR 522/03 - AP TzBfG § 8 Nr. 12 = EzA TzBfG § 8 Nr. 10, zu A II 1 der Gründe).

II. Zwischen den Parteien ist ein Vorvertrag über die Einstellung des Klägers in den Schuldienst zustande gekommen. Von der hierdurch begründeten Verpflichtung kann sich das beklagte Land nur lösen, wenn der Vorbehalt über die abschließende Entscheidung wirksam vereinbart worden ist und der Kläger die Voraussetzungen für die Einstellung in den Schuldienst nicht erfüllt.

1. Die Parteien haben einen Vorvertrag über die Einstellung des Klägers als Lehrer geschlossen. Das hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt. Das beklagte Land hat seine abweichende Auffassung in der Revisionsinstanz im Ergebnis nicht mehr aufrechterhalten.

2. Das Landesarbeitsgericht hat jedoch übersehen, dass die vom beklagten Land im Zusammenhang mit der Annahmeerklärung des Klägers vorformulierten Schriftstücke nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach den §§ 305 - 310 BGB idF des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom 26. November 2001 zu beurteilen sind. Der Vorbehalt, dass über die Einstellung des Klägers erst nach Prüfung seiner Nachweise und Qualifikationen entschieden werden soll, stellt einen Rücktrittsvorbehalt iSd. § 308 Nr. 3 BGB zu Gunsten des beklagten Landes dar. Danach ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen insbesondere unwirksam die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, sich ohne sachlich gerechtfertigten und im Vertrag angegebenen Grund von seiner Leistungspflicht zu lösen; dies gilt nicht für Dauerschuldverhältnisse. Der Senat kann auf Grund der bisherigen Feststellungen der Vorinstanz nicht beurteilen, ob der Rücktrittsvorbehalt wirksam ist. Für die Frage, ob der Grund für die Lösung vom Vertrag mit hinreichender Deutlichkeit angegeben ist und ein sachlicher Grund für seine Aufnahme in die Vereinbarung besteht, bedarf es weiterer Feststellungen und tatrichterlicher Würdigung. Der Rechtsstreit war daher an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.

a) Bei den vom beklagten Land im Zusammenhang mit der Annahmeerklärung vorformulierten Schriftstücken handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. §§ 305 ff. BGB . Nach § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Allgemeine Geschäftsbedingungen alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. So verhält es sich hier. Die Formulare wurden vom beklagten Land standardmäßig bei der Einstellung von Lehrkräften im Angestelltenverhältnis verwandt. Sie enthalten Vertragsbestimmungen, die nicht einzelvertraglich ausgehandelt, sondern vom beklagten Land gestellt und für eine Vielzahl von Vereinbarungen vorformuliert wurden (zum Begriff der Allgemeinen Geschäftsbedingungen vgl. BGH 3. Juli 1996 - VIII ZR 221/95 - BGHZ 133, 184 , zu II 1 a der Gründe, mwN aus der Rspr. des BGH; zum Begriff der Vielzahl vgl. BGH 21. März 2002 - VII ZR 493/00 - BGHZ 150, 226 , zu II 2 a der Gründe).

b) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ). Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB ). In Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist insbesondere unwirksam die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, sich ohne sachlich gerechtfertigten und im Vertrag angegebenen Grund von seiner Leistungspflicht zu lösen, § 308 Nr. 3 1. Halbs. BGB . Das gilt allerdings nicht für Dauerschuldverhältnisse, § 308 Nr. 3 2. Halbs. BGB .

c) Nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB gelten die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 BGB nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Der von den Parteien vereinbarte Rücktrittsvorbehalt stellt eine von Rechtsvorschriften abweichende Regelung gem. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB dar. Rechtsvorschriften iSd. genannten Vorschrift sind auch ungeschriebene, allgemein anerkannte Rechtsgrundsätze (BGH 10. Dezember 1992 - I ZR 186/90 - BGHZ 121, 13 mwN aus Rspr. und Schrifttum). Nach dem allgemeinen Grundsatz "pacta sunt servanda" (Verträge sind einzuhalten) sind der Vertrag und die sich aus ihm ergebenden Verpflichtungen für jede Seite bindend. Eine Abstandnahme vom Vertrag ist grundsätzlich nur unter den gesetzlichen Voraussetzungen möglich (zB § 323 Abs. 1 , § 324 , § 326 Abs. 5 BGB ). Zwar können die Parteien nach § 346 Abs. 1 BGB besondere, von den gesetzlichen Lösungsmöglichkeiten abweichende Rücktrittsgründe vereinbaren. Nach § 308 Nr. 3 BGB unterliegen die in AGB enthaltenen Befreiungsmöglichkeiten des Verwenders jedoch besonderen Anforderungen. Er soll sich nicht ohne Beachtung der in der Vorschrift genannten Voraussetzungen vom Vertrag lösen können, während sein Vertragspartner an die eingegangenen Verpflichtungen gebunden bleibt.

d) Die Parteien haben mit der drucktechnisch hervorgehobenen Erklärung in der Anlage 1 einen Rücktrittsvorbehalt iSd. § 308 Nr. 3 BGB vereinbart.

aa) Die Vorschrift ist weit auszulegen; von ihr werden alle Lösungsmöglichkeiten des Verwenders von den vertraglich vereinbarten Hauptleistungspflichten erfasst. § 308 Nr. 3 BGB ist anwendbar auf vereinbarte Gestaltungs-, Rücktritts- und andere Lösungsrechte unabhängig von ihrer Bezeichnung. Sie gilt auch für einen Anspruch auf Vertragsaufhebung und eine auflösende Bedingung, soweit der Bedingungseintritt von dem bloßen Willen zur Aufrechterhaltung oder von bestimmten Handlungen des Verwenders abhängig gemacht wird. Daneben werden auch sonstige auflösende Bedingungen erfasst, unabhängig davon, ob sie auf ein Verhalten des anderen Vertragsteils, ein Verhalten Dritter oder auf objektive Umstände Bezug nehmen (Wolf/Horn/Lindacher AGBG 4. Aufl. § 10 Nr. 3 Rn. 6).

bb) Der in Anlage 1 zum Schreiben der Bezirksregierung vom März 2003 enthaltene Vorbehalt, wonach die endgültige Entscheidung über die Einstellung erst nach einer abschließenden Prüfung der Qualifikationen und Nachweise des Klägers erfolgen soll, stellt eine Lösungsmöglichkeit von der im Vorvertrag übernommenen Verpflichtung des beklagten Landes zum Abschluss eines Arbeitsvertrags dar. Es handelt sich um eine auflösende Bedingung in Bezug auf die vom beklagten Land eingegangene Hauptleistungspflicht. Seine Verpflichtung zu dem beabsichtigten Vertragsschluss sollte entfallen, wenn die Prüfung der vorgelegten Unterlagen ergeben sollte, dass der Kläger die Einstellungsvoraussetzungen nicht erfüllt.

e) § 308 Nr. 3 BGB findet trotz der in seinem 2. Halbsatz enthalten Einschränkung Anwendung, da es sich bei einem Vorvertrag nicht um ein Dauerschuldverhältnis handelt.

f) Weder die Vorinstanzen noch die Parteien haben das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen bedacht. Dementsprechend fehlen Feststellungen und Würdigung der Vorinstanzen, die dem Senat eine abschließende Entscheidung nach § 563 Abs. 3 ZPO ermöglichen könnten. Der Rechtsstreit war daher an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen, um den Parteien Gelegenheit zu weiterem Sachvortrag zu geben und dem Landesarbeitsgericht die notwendigen Feststellungen und eine abschließende Würdigung zu ermöglichen. Dabei wird das Landesarbeitsgericht Folgendes zu beachten haben:

aa) Die Wirksamkeit eines Lösungsrechts vom Vertrag richtet sich nach § 308 Nr. 3 BGB als der gegenüber § 307 BGB spezielleren Norm, wobei jedoch dessen Wertungen heranzuziehen sind. Nach § 308 Nr. 3 BGB muss in dem Vorbehalt der Grund für die Lösung vom Vertrag mit hinreichender Deutlichkeit angegeben sein und ein sachlich gerechtfertigter Grund für seine Aufnahme in die Vereinbarung bestehen. Außerdem sind nach § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB gegebenenfalls die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen.

bb) Die Befreiungs- bzw. Rücktrittsgründe müssen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen so angegeben sein, dass der Durchschnittsarbeitnehmer ohne Schwierigkeiten feststellen kann, wann sich die andere Seite vom Vertrag lösen darf (BGH 26. Januar 1983 - VIII ZR 342/81 - NJW 1983, 1320 , zu II 3 b der Gründe; Palandt/Heinrichs BGB 64. Aufl. § 308 Rn. 15; Löwe/Graf von Westphalen/Trinkner AGBG 2. Aufl. § 10 Nr. 3 Rn. 60; Wolf/Horn/Lindacher AGBG 4. Aufl. § 10 Nr. 3 Rn. 42). § 308 Nr. 3 BGB ist damit letztlich ein besonders geregelter Unterfall des Bestimmtheitsgrundsatzes, der im Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB ) seinen Ausdruck gefunden hat. Wird der Grund für die Lösungsmöglichkeit im Vertrag nicht oder nicht hinreichend konkret angegeben, ist die Klausel unwirksam und dem Verwender die Berufung auf die angegebene Lösungsmöglichkeit versagt. Einer wertenden Betrachtung bedarf es in diesem Fall nicht mehr. Unklarheiten und Zweifel bei der Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders, bei dem es liegt, für eine eindeutige Fassung der von ihm verwendeten Bestimmungen zu sorgen.

Das Landesarbeitsgericht hat daher unter Berücksichtigung des zu erwartenden Parteivorbringens zu würdigen, ob die Erklärung mit der notwendigen Eindeutigkeit erkennen lässt, auf welche Punkte sich die "abschließende Prüfung" beziehen sollte. Dabei kann zu berücksichtigen sein, dass die bisher mit der Bestimmung befassten Gerichte zu unterschiedlichen Ergebnissen gekommen sind.

cc) Darüber hinaus muss für einen vereinbarten Rücktrittsvorbehalt ein sachlich gerechtfertigter Grund bestehen. § 308 Nr. 3 BGB setzt eine Abwägung der beiderseitigen Interessen der Vertragsteile voraus, ob der vorformulierte Rücktrittsgrund durch ein überwiegendes oder zumindest anerkennenswertes Interesse auf Seiten des Verwenders gerechtfertigt ist. An der sachlichen Rechtfertigung einer in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen Lösungsmöglichkeit fehlt es, wenn sie sich auch auf Umstände erstreckt, deren Vorliegen der Verwender bei gebotener Sorgfalt schon vor dem Vertragsschluss hätte erkennen und deshalb den Abschluss hätte ablehnen können. In diesem Fall ist das Interesse des Verwenders an einer Lösung von dem abgeschlossenen Vertrag nicht schutzwürdig (BGH 10. Dezember 1986 - VIII ZR 349/85 - BGHZ 99, 182 , zu II 2 d der Gründe).

(1) Das Landesarbeitsgericht hat in diesem Zusammenhang zunächst zu beurteilen, ob es das schulscharfe Einstellungsverfahren erfordert, dass sich das beklagte Land eine generelle und zeitlich unbegrenzte Überprüfungsmöglichkeit für die gewählten Bewerber vorbehält. So wird ein Vorbehalt möglicherweise nicht erforderlich sein, wenn das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen der Einstellungsvoraussetzungen der gewählten Bewerber auch von den Auswahlkommissionen beurteilt werden kann. Bei den Bewerbern mit einer anderweitigen fachspezifischen Ausbildung kann wegen der fehlenden ministeriellen Vorgaben eine einheitliche Entscheidung durch die Bezirksregierungen geboten sein. In diesen Fällen könnte es aber vertretbar sein, dass das beklagte Land auf die weitreichende Bindung der Bewerber bis zum Abschluss der Prüfung durch die Bezirksregierungen verzichtet.

(2) Daneben ist auch die streitig gebliebene Behauptung des Klägers über das Gespräch des Schulleiters der Städtischen Hauptschule B mit der Bezirksregierung Arnsberg von Bedeutung. Hatte die Bezirksregierung Arnsberg vor der Annahme des Vorvertrags durch den Kläger bereits die Möglichkeit, dessen Qualifikationen zu prüfen, könnte der formularmäßige Vorbehalt für eine weitere Nachprüfung nicht zu rechtfertigen sein. Den Inhalt des zwischen dem Schulleiter und der Bezirksregierung geführten Gesprächs und die weiteren in diesem Zusammenhang streitig gebliebenen Behauptungen hat das Landesarbeitsgericht daher aufzuklären und zu würdigen.

dd) Hält das Landesarbeitsgericht den Vorbehalt nach § 308 Nr. 3 BGB für unwirksam, wird es unter Berücksichtigung des zu erwartenden Parteivorbringens darüber zu befinden haben, ob Besonderheiten des Arbeitsrechts einer Anwendbarkeit der Vorschrift entgegenstehen.

g) Ist der Vorbehalt nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts wirksam vereinbart worden, hat es schließlich darüber zu befinden, ob der Kläger die im Erlass vom 15. September 2003 genannten Einstellungsvoraussetzungen erfüllt oder nicht. Nach dem Vorbehalt durfte sich das beklagte Land von seinen Verpflichtungen aus dem Vorvertrag nur lösen, wenn der Kläger die im Erlass unter Nr. 2.3.2 genannten Anforderungen nicht erfüllt. Dazu hat das Landesarbeitsgericht bislang keine Feststellungen getroffen.

Vorinstanz: LAG Hamm, vom 29.07.2004 - Vorinstanzaktenzeichen 11 Sa 39/04
Vorinstanz: ArbG Arnsberg, vom 18.11.2003 - Vorinstanzaktenzeichen 1 Ca 511/03
Fundstellen
AuR 2006, 35
BB 2006, 609
DB 2005, 2823
NZA 2006, 539