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Wegfall des Unterhaltsanspruchs aus früherer Ehe kein ehebedingter Nachteil

Der durch die Eheschließung bedingte Wegfall eines aus einer früheren Ehe herrührenden Unterhaltsanspruchs stellt keinen ehebedingten Nachteil i.S.d. § 1578b BGB dar.

Darum geht es

Die Parteien heirateten 1978, trennten sich 1983 und wurden 1987 rechtskräftig geschieden. 2003 vereinbarten sie einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 700 €. Die unterhaltsberechtigte Ehefrau war von 1955 bis 1977 in erster Ehe verheiratet gewesen. Gegen ihren ersten Ehemann macht sie keine Unterhaltsansprüche geltend.

Im vorliegenden Abänderungsverfahren hat das AG den Unterhalt für die Zeit von Juni 2010 an auf 500 € herabgesetzt und bis zum 30.06.2011 befristet. Auf die Berufung der Ehefrau hat das OLG das Urteil des AG abgeändert und die Klage abgewiesen. Dagegen wendet sich der Ehemann erfolgreich mit seiner vom OLG zugelassenen Revision.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Bei der gem. § 313 BGB i.V.m. § 1578b BGB vorzunehmenden Vertragsanpassung sind eine Herabsetzung und eine anschließend einsetzende Befristung geboten.

Der Wegfall des Anspruchs der Frau auf Ehegattenunterhalt gegen ihren früheren Ehemann wegen ihrer erneuten Heirat stellt - ungeachtet der fehlenden Feststellungen zur Werthaltigkeit des Anspruchs - keinen ehebedingten Nachteil dar. Ein solcher besteht nur dann, wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte nachehelich nicht die Einkünfte erzielt, die er ohne Ehe und Kinderbetreuung erzielen würde. Der Gesetzgeber wollte mit § 1578b BGB einen Ausgleich der Nachteile schaffen, die dem Unterhaltsberechtigten durch die Aufgabenverteilung in der Ehe, insbesondere die Kinderbetreuung, entstehen. Nachteile, die allein durch die Eheschließung entstanden sind, sind hingegen keine Nachteile, die der Unterhaltsberechtigte aufgrund der Rollenverteilung in der Ehe erlitten hat. Vielmehr tritt der Wegfall des Unterhaltsanspruchs aus erster Ehe als vom Gesetz zwingend vorgesehene Rechtsfolge ein.

Einer Begrenzung des Unterhalts stehen weder die nacheheliche Solidarität noch der Vertrauensschutz entgegen. Auch wenn keine ehebedingten Nachteile vorliegen, ist eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung nur bei Unbilligkeit eines fortdauernden Unterhaltsanspruchs nach den ehelichen Lebensverhältnissen begründet. Die Ehedauer gewinnt durch eine wirtschaftliche Verflechtung an Gewicht (Aufgabe einer eigenen Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung gemeinsamer Kinder oder der Haushaltsführung). Zudem kommt einem titulierten oder durch Vereinbarung festgelegten Unterhaltsanspruch ein größerer Vertrauensschutz zu als einem nicht vertraglich festgelegten oder durch Titulierung gesicherten.

BGH, Urt. v. 23.11.2011 - XII ZR 47/10, DRsp-Nr. 2011/21786