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Versorgungsausgleich: Vorabzug der Teilungskosten bei Bagatellgrenze i.S.v. § 18 VersAusglG

Bei der Prüfung, ob ein Anrecht nach § 18 Abs. 2 VersAusglG vom Ausgleich auszuschließen ist, ist der Ausgleichswert i.S.d. § 1 Abs. 2 Satz 2 VersAusglG auch zum Abgleich mit dem Grenzwert nach § 18 Abs. 3 VersAusglG zugrunde zu legen, ohne dass zuvor die Teilungskosten nach § 13 VersAusglG in Abzug gebracht werden.

Darum geht es

Innerhalb der 2012 beendeten Ehezeit des Versorgungsausgleichs hat der Antragsgegner im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung ein ausgleichspflichtiges Anrecht mit einem Kapitalwert in Höhe von 6.327,54 € erworben. Als Teilungskosten sind 3 % des Ehezeitanteils (189,82 €) geltend gemacht.

Bestimmung der Bagatellgrenze des § 18 VersAusglG

Ist die an den Ausgleichswert anknüpfende Grenze der Geringfügigkeit (§ 18 Abs. 3 VersAusglG) vor oder nach Abzug der Teilungskosten zu bestimmen? Anders ausgedrückt: Ist der Ausgleichswert i.S.d. § 1 Abs. 2 VersAusglG

  • die Hälfte des Ehezeitanteils oder
  • die Hälfte des Ehezeitanteils abzüglich der Hälfte der Teilungskosten gem. § 13 VersAusglG?

Entscheidung der Vorinstanz

Das AG hat den Ausgleich dieses Anrechts ausgeschlossen, da der auszugleichende Wert nach Abzug der Teilungskosten mit 3.068,86 € unter dem Grenzwert des § 18 Abs. 3 VersAusglG von 3.150 € (nämlich 120 % der Bezugsgröße des § 18 SGB IV von 2.625 € für 2012) liegt:

6.327,54 € Ehezeitanteil : 2 = 3.163,77 € − 94,91 € [1/2 der Teilungskosten von 189,92 €] = 3.068,86 €

Wesentliche Entscheidungsgründe

Das OLG legt – anders als das AG – den Ausgleichswert i.S.d. § 1 Abs. 2 Satz 2 VersAusglG zum Abgleich mit dem Grenzwert nach § 18 Abs. 3 VersAusglG zugrunde, ohne zuvor die Teilungskosten nach § 13 VersAusglG in Abzug zu bringen. Denn wenn das Gesetz in § 1 Abs. 2 Satz 2 VersAusglG eine Legaldefinition des Begriffs „Ausgleichswert“ vornimmt und diesen Begriff, den übrigen Regelungen vorangestellt, als die „Hälfte des Werts des jeweiligen Ehezeitanteils“ festlegt, muss dieser Begriffsinhalt notwendig auch für den identisch in § 18 Abs. 3 VersAusglG verwendeten Begriff gelten, was eindeutig einem Vorabzug der Teilungskosten nach § 13 VersAusglG entgegensteht.

Teilungskosten nur bei interner Teilung

Umgekehrt spricht eher gegen einen Abzug der Kosten, dass andernfalls der Versorgungsträger über die Teilungskosten die Geringfügigkeitsschwelle des § 18 Abs. 3 VersAusglG für einen Nichtausgleich verändern kann.

Bestimmung der Geringfügigkeitsgrenze

Damit wird die Geringfügigkeitsgrenze wie folgt berechnet: 6.327,54 € Ehezeitanteil : 2 = 3.163,77 €

Dieser Betrag liegt über dem Grenzwert des § 18 Abs. 3 VersAusglG von 3.150 €, und daher scheidet ein Ausschluss des Ausgleichs nach § 18 VersAusglG aus.

Folgerungen aus der Entscheidung

Bei der Bestimmung des Begriffs „Ausgleichswert“ geht die amtliche Begründung wohl von der Berücksichtigung der Teilungskosten aus (vgl. Götsche in Kaiser/Schnitzler/Friederici, BGB Familienrecht, 2. Auflage 2010, § 1 VersAusglG Rdnr. 25; vgl. auch die Formulierung bei Ruland, Versorgungsausgleich, 3. Auflage 2011, Rdnr. 344 und 439).

Gesetzessystematik des Ausgleichswerts

Übereinstimmung besteht auch darin, dass der Ausgleichswert nicht notwendig dem numerischen Wert des halben Ehezeitanteils entspricht (z.B. Brudermüller in Palandt, BGB, 72. Auflage 2013, § 5 VersAusglG Rdnr. 10). Systematisch gilt der Begriff „Ausgleichswert“ in § 1 Abs. 2 Satz 2 VersAusglG durch seine Voranstellung für die unterschiedlichen Ausgleichsformen des internen wie des externen Ausgleichs gleichermaßen. Systematisch folgen zuerst § 13 VersAusglG mit der Regelung der Teilungskosten und erst dann § 18 VersAusglG.

Konsequenz aus dieser Gesetzessystematik

Konsequenterweise müssten dann überall dort, wo der Ausgleichswert eine Rolle spielt (siehe dazu auch den Praxishinweis), die Teilungskosten abgezogen werden (so für § 18 VersAusglG AG Biedenkopf, Beschl. v. 06.12.2011 – 30 F 763/10 S, FamRZ 2012, 1387; Götsche in Kaiser/Schnitzler/Friederici, BGB Familienrecht, 2. Auflage 2010, § 18 VersAusglG Rdnr. 8). Das OLG vertritt mit gut vertretbarer Begründung die Gegenansicht (ebenso bereits Wick, FuR 2012, 230, 233). Wie der BGH entscheidet, bleibt abzuwarten.

Praxishinweis

Diese Frage sollte nur dann entschieden werden, wenn – wie hier – nur bei Abzug der Teilungskosten die Grenze des § 18 Abs. 3 VersAusglG unterschritten wird. In vielen Fällen wird die Wertgrenze aber auch bei Abzug der Teilungskosten nicht unterschritten – dann kann die Frage offenbleiben.

Die Frage stellt sich im Übrigen auch bei der Bestimmung der Wertgrenze für die einseitige Erklärung der externen Teilung durch den Versorgungsträger gem. § 14 Abs. 2 Nr. 2 VersAusglG. Diese Wertgrenze ist im Übrigen genau doppelt so hoch wie diejenige des § 18 Abs. 3 VersAusglG.

Vergleichbare Probleme können auch auftreten

  • bei der Bestimmung des Mindestwerts in den Anpassungsfällen der §§ 33 Abs. 2, 35 Abs. 2 VersAusglG und
  • in Änderungsverfahren bei der Bestimmung der Wesentlichkeitsgrenze gem. §§ 51 Abs. 2 VersAusglG, 225 Abs. 3 FamFG.

>> weiter zum Volltext: OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 14.01.2013 – 2 UF 333/12, DRsp-Nr. 2013/4217