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Vergleich im PKH-Prüfungsverfahren und kein Ende

Nachdem die h.M. in der OLG-Rechtsprechung nach und nach PKH bei Abschluss eines Vergleichs für das gesamte PKH-Verfahren bewilligt hatte (vgl. nur OLG Köln, FamRZ 2002, 760 m.w.N.), hat sich der BGH gegen diese Praxis entschieden (NJW 2004, 2595).

Auf diese Linie ist nun auch das OLG Frankfurt eingeschwenkt (Urt. v. 15.02.2007 6 WF - 254/06, DRsp 2007/12629).

Das ist zu bedauern: Ob diese Auffassung angesichts des Wortlauts der Richtlinie 2002/8/EG (Richtlinie zur Verbesserung des Zugangs zum Recht bei Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug durch Festlegung gemeinsamer Mindestvorschriften für die PKH in derartigen Streitsachen vom 27.01.2003) aufrechterhalten bleiben kann, erscheint zumindest fraglich.

Nach dem Wortlaut von Abs. 20 der Vorbemerkungen muss sich die Gewährung von PKH nämlich ausdrücklich auf das gesamte Verfahren erstrecken, und zwar sogar einschließlich der Kosten für die Vollstreckung eines Urteils. Da die Richtlinie eine angemessene und EU-weite PKH vor allem dadurch gewährleisten soll, dass sie gemeinsame Mindestvorschriften festlegt, (Kapitel I Art. I (1) der Richtlinie 2002/8/EG; Künzl/Koller a.a.O., Rn 781 ff.) dürfte die Auffassung des BGH mit höherrangigem (EU-) Recht unvereinbar sein.

Nachdem Wax (LKM 2004, 235, zitiert bei Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs: Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 4. Aufl., Rn 160) öffentlich zum Ungehorsam aufgerufen hat und empfiehlt, die Entscheidung des BGH schlicht nicht zu beachten, haben einige Oberlandesgerichte PKH trotz der BGH-Entscheidung für das gesamte Verfahren bewilligt, wenn

  • im PKH-Prüfungsverfahren bereits schwierige Rechts- oder Tatfragen abschließend beantwortet werden (OLG Bamberg, FamRZ 2005, 2001) oder
  • sich das Verfahren nach richterlichen Hinweisen insgesamt erledigt (OLG Braunschweig, FamRZ 2006, 961) oder
  • die PKH-Partei ausdrücklich zur Stellungnahme durch einen Rechtsanwalt aufgefordert wurde (KG, FamRZ 2006, 1284).

In der Tat: Jedenfalls dann, wenn der Rechtsstreit insgesamt durch einen Vergleich im PKH-Prüfungsverfahren erledigt wird, ist PKH für das gesamte Verfahren und nicht nur für den Vergleich zu bewilligen. Denn es ist nicht einzusehen, dass die Gerichte zwar entlastet werden, dies jedoch auf Kosten der PKH-Partei geschieht.

Will man letzteres vor dem Hintergrund der BGH-Entscheidung verhindern, zwingt dies stets zur Durchführung des vollständigen Gerichtsverfahrens, d.h. PKH-Bewilligung mit anschließendem 2. Termin zur Antragstellung in der Sache. Damit dürfte der BGH abgesehen von EU-rechtlichen Bedenken allen Instanzgerichten eher einen Bärendienst erwiesen haben.