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Unterhalt: Ehebedingter Nachteil bei der Altersversorgung?

Wann ist beim nachehelichen Unterhalt ein ehebedingter Nachteil zu berücksichtigen? Der BGH hat entschieden, dass ein ehebedingter Nachteil nicht durch geringere Rentenanwartschaften begründet wird, wenn für diese Zeit ein Versorgungsausgleich stattgefunden hat. Entsprechendes gilt, wenn für den Zeitraum Altersvorsorgeunterhalt zugesprochen wird oder erlangt werden kann.

Sachverhalt

Die Ehefrau wendet sich gegen die Befristung ihres nachehelichen Elementarunterhalts. Ihre Rechtsbeschwerde greift insbesondere die Annahme des OLG an, wonach sie hinsichtlich des Bezugs ihrer Altersrente keine ehebedingten Nachteile erlitten habe.

Wesentliche Aussagen der Entscheidung

Nach § 1578 b Abs. 2 Satz 1 BGB ist ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Dies ist der Fall, wenn ein ehebedingter Nachteil eingetreten ist.

Ehebedingte Nachteile können nicht mit während der Ehe verursachten geringeren Rentenanwartschaften begründet werden, wenn für diese Zeit ein Versorgungsausgleich stattgefunden hat.

Ein ehebedingter Nachteil, der darin besteht, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte auch nachehelich geringere Versorgungsanrechte erwirbt, als dies bei hinweggedachter Ehe der Fall wäre, ist grundsätzlich als ausgeglichen anzusehen, wenn er für diese Zeit Altersvorsorgeunterhalt zugesprochen erhält oder jedenfalls erlangen kann. Da die Ehefrau einen titulierten Anspruch auf Altersvorsorgeunterhalt hat, kann sie folglich die ehebedingt geringeren Rentenanwartschaften ohne Weiteres ausgleichen (vgl. BGH, Beschl. v. 14.05.2014 – XII ZB 301/12, FamRZ 2014, 1276 Rn. 47).

Zudem verneint der BGH einen zu berücksichtigenden nicht anderweitig kompensierten ehebedingten Nachteil der Ehefrau. Zwar hat sie im Versorgungsausgleich insgesamt geringere Anrechte erlangt. Ihre Teilhabe am Vermögensaufbau des Ehemannes beschränkt sich aber nicht auf die ihr im Versorgungsausgleich übertragenen Versorgungsanrechte. Ihr kommt über den Zugewinnausgleich hinaus weiteres Vermögen des Ehemannes zugute.

Dieser ehebedingte Vorteil ist geeignet, einen etwaigen ehebedingten Nachteil zu kompensieren. Denn auch das aufgrund der Ehe erlangte Vermögen kann ehebedingte Versorgungsnachteile kompensieren; das gilt nur dann nicht, wenn der mit den Versorgungsnachteilen belastete Ehegatte auch ohne die Ehe ein vergleichbares Privatvermögen hätte aufbauen können (vgl. BGH, Beschl. v. 29.01.2014 – XII ZB 303/13,  FamRZ 2014, 629 Rn. 31).

Folgerungen aus der Entscheidung

Bei der Frage von Versorgungsnachteilen im Rahmen des § 1578b Abs. 2 BGB ist zu differenzieren:

Versorgungsnachteile, die im Zeitraum zwischen Heirat und Zustellung des Scheidungsantrages eingetreten sind, werden grundsätzlich durch den Versorgungsausgleich ausgeglichen. Der ausgleichsberechtigte Ehegatte wird lediglich zur Hälfte an den Anwartschaften des ausgleichspflichtigen Ehegatten beteiligt – damit also auf dessen Einkommensniveau gesetzt. Es findet aber kein Vorteilsausgleich statt. Ausnahmen von diesem Grundsatz greifen, wenn der Versorgungsausgleich noch nicht zu einer Halbteilung der in der Ehe erworbenen Versorgungsanrechte geführt hat.

Wenn dagegen der Nachteil erst nach der der Zustellung des Scheidungsantrages entsteht, weil der Ehegatte ehebedingt auch dann noch ein geringeres Einkommen erzielt, kann dies nicht mehr durch den Versorgungsausgleich ausgeglichen werden. Jedoch wird dieser Nachteil durch geleisteten Altersvorsorgeunterhalt ausgeglichen.

Dies gilt nach der Rechtsprechung des BGH auch dann, wenn Altersvorsorgeunterhalt hätte erlangt werden können. Abgestellt wird damit schon auf die Möglichkeit der Geltendmachung von Altersvorsorgeunterhalt. Wer diese Möglichkeit nicht nutzt, kann sich daher nicht auf einen ehebedingten Nachteil berufen.

Der Anwalt der Unterhaltsberechtigten macht sich regresspflichtig, wenn diese durch ihn nicht auf die Möglichkeit der Geltendmachung von Altersvorsorgeunterhalt hingewiesen wird (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 9.6.2009 – I-24 U 133/08, FamRZ 2010, 73).

Praxishinweis

Bei der Bewertung eines relevanten Versorgungsnachteils kann durchaus auch auf eine Kompensation durch erlangtes Vermögen – hier aus dem Zugewinn – abgestellt werden, die einen eingetretenen Nachteil ausgleichen kann.

Bei diesen zulässigen Kompensationsüberlegungen ist aber zu bedenken, dass zwischen dem festgestellten Nachteil und den Auswirkungen des gegengerechneten Vorteils Zeitgleichheit bestehen muss. So kann der erst später eintretende Vorteil einer höheren Rente den aktuellen Nachteil eines geringeren Einkommens nicht ausgleichen. Dagegen kann der gegenwärtig erlangte Altersvorsorgeunterhalt, der in das Rentenkonto eingezahlt wird, den späteren Nachteil einer geringeren Altersrente kompensieren.

BGH, Beschl. v. 04.07.2018 – XII ZB 122/17