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Rechtsmittel in Beratungshilfesachen

Entscheidungsanmerkung zur (Un)Statthaftigkeit einer Beschwerde nach § 19 FGG gegen die Entscheidung des Amtsrichters über die Erinnerung in einer Beratungshilfeangelegenheit.

Über Angelegenheiten der Beratungshilfe entscheidet der Rechtspfleger des zuständigen Amtsgerichts. Weist dieser den Antrag auf Beratungshilfe zurück, ist die Erinnerung der statthafte Rechtsbehelf, § 6 Abs. 2 BerHG. Der Rechtspfleger kann der Erinnerung abhelfen, anderenfalls der zuständige Amtsrichter. Fraglich ist aber, ob und ggf. welcher Rechtsbehelf/welches Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Richters statthaft ist.

Die Entscheidung: LG Potsdam, Beschl. v. 12.01.2009 — 13 T 74/08, DRsp Nr. 2009/2744

Das LG Potsdam vertritt die Auffassung, gegen die Entscheidung des Amtsrichters in den Erinnerungsverfahren der Beratungshilfesachen sei die einfache Beschwerde nach § 19 FGG statthaft. Die Vorschrift des § 6 Abs. 2 BerHG stelle keine anderweitige Bestimmung gem. § 5 BerHG dar. § 6 Abs. 2 BerHG stelle auch keine abschließende Regelung über die Anfechtung der Entscheidungen in Beratungshilfeangelegenheiten dar, vielmehr sei die Vorschrift als Verweisungsnorm mit unselbständigem Charakter aufzufassen.

Anmerkung von Richter am OLG Frank Götsche, Brandenburg a.d. Havel:

In bemerkenswerter Weise widerspricht die Entscheidung dem eindeutigen Gesetzeswortlaut, dem gesetzgeberischen Willen und der absolut herrschenden Meinung.

In Verfahren der Beratungshilfe kommt eine Anwendung des § 19 FGG nur in Betracht, soweit das BerHG selbst keine eigene Regelung enthält, § 5 BerHG. Nach § 6 Abs. 2 BerHG ist gegen den Beschluss, durch den der Antrag auf Beratungshilfe zurückgewiesen wird, nur die Erinnerung statthaft. Die — in Gesetzesbestimmungen eher unübliche — Formulierung „nur“ deutet den abschließenden Charakter dieser Regelung an. Dies entspricht auch dem gesetzgeberischen Willen bei Schaffung des § 6 BerHG, wonach „der Richter am Amtsgericht abschließend über die Erinnerung entscheidet“ (vgl. nur Schoreit/Groß, BerH/PKH, 9. Aufl., § 6 BerHG Rdnr. 3; i.E. auch Bassenge/Roth, RPflG, 11. Aufl., § 24a Rdnr. 6). Eine Anwendung der Beschwerdemöglichkeiten des FGG ist damit ausgeschlossen. Dies entspricht seit Jahren der einhelligen — auch höchstrichterlichen — Rechtsprechung, wonach die Entscheidung des Amtsrichters nach § 6 Abs. 2 BerHG unanfechtbar ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 12.06.2007 — 1 BvR 1014/07, FamRZ 2007, 1963, 1964 = DRsp Nr. 2007/11990; BayObLG, Beschl. v. 27.06.2003 — 3Z BRH 2/03, DRsp Nr. 2003/10890; ferner Schoreit/Groß, a.a.O.; Lissner, Beratungshilfe — Ein Überblick, Rpfleger 2007, 448, 454). Die damit verbundene Beschränkung des Rechtswegs ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BVerfG, a.a.O.).

Praxishinweis:

An dieser h.M. sollte sich der Berater orientieren. Sein Mandant ist auch nach der h.M. nicht schutzlos. So kann Anhörungsrüge zum Amtsrichter nach § 29a FGG i.V.m. § 5 BerHG erhoben werden, § 6 Abs. 2 BerHG lässt diese Möglichkeit offen (BVerfG, Beschl. v. 12.06.2007 — 1 BvR 1014/07, FamRZ 2007, 1963, 1964 = DRsp Nr. 2007/11990). Zu beachten ist aber, dass die Erinnerung nach § 6 Abs. 2 BerHG bzw. die Anhörungsrüge für den Beteiligten erhoben werden muss. Der Rechtsanwalt persönlich kann dies nicht (AG Koblenz, FamRZ 2006, 1617).

Weiterführende Informationen zu diesem Thema in rechtsportal.de/familienrecht:

• Bibliothek, Handbücher, Praxishandbuch Familiensachen, Erläuterungen „Beratungshilfe/Verfahren“ (Schnellsuche: D5721_14049959_3)

• Bibliothek, Handbücher, Praxishandbuch Familiensachen, Erläuterungen „Beratungshilfe/Rechtsbehelfe“ (Schnellsuche: D5721_14049959_13)