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Gesetz zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs (VAStrRefG)

Am 01.09.2009 wird nach vielen Jahren der Reformdiskussion das Gesetz zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs (VAStrRefG) in Kraft treten.

Die Regelungen sind als Gesetz vom 03.04.2009 im Bundesgesetzblatt I 2009, S. 700ff. verkündet worden. Kernstück des Versorgungsausgleichsgesetzes (VersAusglG) ist dessen Art. 1.

Durch die Strukturreform werden das materielle Recht und das Verfahrensrecht des Versorgungsausgleichs neu geregelt, wobei sich am Grundsatz der Teilung der in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechte nichts ändert.

Zum neuen Recht hier ein kurzer Überblick:

Das Gesetz sieht ab dem 01.09.2009 die reale Teilung (auch) von betrieblichen Versorgungsanrechten vor. Die Realteilung ist zwar auch schon unter der bisher geltenden Rechtslage möglich, sie ist aber von den Versorgungsträgern überwiegend nicht genutzt worden. Künftig wird diese Art und Weise der Teilung von Anrechten jedoch verpflichtend gelten. Zentrales Anliegen des Gesetzgebers ist es, den Grundsatz der Halbteilung der in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechte effektiver als bisher zu realisieren. Der ausgleichsberechtigten Person steht künftig der „Ausgleichswert“ zu. Dieser Begriff ist als „die Hälfte des Wertes des jeweiligen Ehezeitanteils“ eines Anrechts gesetzlich definiert. Die Teilung erfolgt unabhängig vom Durchführungsweg, der Finanzierungsform (arbeitgeber- oder arbeitnehmerfinanzierte Altersversorgung) oder der Leistungsform (Rente oder Kapital). Erfasst werden unverfallbare Anwartschaften oder bereits laufende Leistungen. Zum Ehezeitende noch verfallbare Anwartschaften bleiben dem Ausgleich nach der Scheidung im Rahmen einer dann zu zahlenden schuldrechtlichen Ausgleichsrente vorbehalten.

Die neuen gesetzlichen Regelungen unterstellen die reale Teilung einer Rangfolge: Die in erster Linie vorgesehene interne Teilung eines Versorgungsanrechts hat zur Folge, dass der geschiedene Ehegatte (die ausgleichsberechtigte Person) als neuer Versorgungsberechtigter in das Versorgungswerk aufgenommen wird. Der ausgleichsberechtigte Ehegatte erhält eigene Anrechte in Höhe des Ausgleichswerts. Der Versorgungsträger ist zukünftig bereits während der Erstentscheidung über den Versorgungsausgleich materiell-rechtlich an diesem Verfahren beteiligt.

Ausnahmsweise wird alternativ zur internen Teilung die Möglichkeit der externen Teilung eingeführt. Sie ist, wenn sich der Versorgungsträger der ausgleichspflichtigen Person und der ausgleichsberechtigte Ehegatte insoweit nicht einigen, einseitig durch den Versorgungsträger grundsätzlich nur bei verhältnismäßig geringen Ausgleichswerten zulässig (2009: höchstens 50,40 € als Rentenbetrag und höchstens 6.048 € als Kapitalwert). Bei der unmittelbaren Versorgungszusage und der Unterstützungskassenzusage hat der Gesetzgeber allerdings einen deutlich höheren Grenzwert zugelassen. Der Grund hierfür ist, dass der Versorgungsträger bei einer internen Teilung bei diesen Durchführungswegen künftig durch die obligatorische Aufnahme des ausgleichsberechtigten Ehegatten in das Versorgungswerk mit einem wesentlich höheren administrativem Aufwand als bisher konfrontiert wird. Daher ist hier die einseitige Wahl der externen Teilung durch den Versorgungsträger möglich, wenn der Ausgleichswert als Kapitalwert die jährliche Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung (§§ 159, 160 SGB VI) nicht übersteigt. Im Jahr 2009 beträgt dieser Wert 64.800 €. Die Wahl der externen Teilung hat zur Folge, dass der Versorgungsträger einen Geldbetrag in Höhe des Ausgleichswerts an ein externes Versorgungswerk auskehren muss.

Auf den Versorgungsträger werden ab Inkrafttreten des Gesetzes erweiterte Auskunftspflichten zukommen: Er muss künftig den Ehezeitanteil des Versorgungsanrechts berechnen und dem Familiengericht einen Vorschlag für die Bestimmung des Ausgleichswerts unterbreiten. Bei Ausgleichswerten in Form eines Rentenbetrags wird zusätzlich ein korrespondierender Kapitalwert zu ermitteln sein. Zur Entlastung des Versorgungsträgers ist eine Beteiligung beider Ehegatten an den Kosten für die interne Teilung „jeweils zur Hälfte“ vorgesehen. Die Kostenbeteiligung darf sich nach der Gesetzesbegründung allerdings nicht auf die Ermittlung des Ehezeitanteils erstrecken. Die Familiengerichte werden die Angemessenheit des Kostenansatzes zu überprüfen haben.

In einigen Fällen wird zukünftig kein Versorgungsausgleich stattfinden. Bei einer Ehezeit von bis zu drei Jahren findet ein Versorgungsausgleich nur statt, wenn ein Ehegatte dies beantragt. Auch bei einer geringen Differenz der Ausgleichswerte von beiderseitigen Anrechten gleicher Art oder bei einzelnen Anrechten mit einem geringen Ausgleichswert „soll“ das Familiengericht von einem Ausgleich absehen. Dem Gericht bleibt hier allerdings auch die Möglichkeit, anders zu entscheiden, wenn dies der Einzelfall erfordert. Es ist ferner zu erwarten, dass die Eheleute häufiger als bisher von einer eigenständigen Regelung des Versorgungsausgleichs durch Vereinbarung Gebrauch machen werden. Die Möglichkeiten hierzu wurden erleichtert.

Es ist das Ziel des Gesetzgebers, so schnell wie möglich zu einer ausschließlichen Anwendung des neuen Versorgungsausgleichsrechts zu gelangen. Eine längerfristige parallele Anwendung von altem und neuem Recht soll vermieden werden. Als Grundsatz gilt, dass für alle ab dem 01.09.2009 eingeleiteten Verfahren über den Versorgungsausgleich neues Recht anzuwenden ist. Zu den hervorzuhebenden Regelungen des Übergangsrechts gehört aber daneben die Bestimmung, dass auch die vor dem 01.09.2009 eingeleiteten Verfahren, in denen bis zum 31.08.2010 noch keine Endentscheidung im ersten Rechtszug ergangen ist, ab dem 01.09.2010 nach neuem Recht zu entscheiden sind.

Hinweis:

Die Darstellung in diesem Beitrag kann eine individuelle Beratung nicht ersetzen.

Weiterführende Informationen zu diesem Thema im Internet:

Gesetz zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs, verkündet am 08.04.2009, BGBl. I 2009, S. 700 ff

Weiterführende Informationen in rechtsportal.de/familienrecht:

Bibliothek, Prüfschemata, Familienrecht per Mausklick, "FamFG: Übergangsrecht"

Anmerkung der Online-Redaktion:

Das neue Verfahrensrecht gilt nur für Verfahren, die am 01.09.2009 noch nicht eingeleitet waren und deren Einleitung auch noch nicht beantragt war (Neuverfahren). Dies bedeutet, dass für alle bereits anhängigen Verfahren weiterhin das alte Recht gilt, und zwar sowohl zum prozessualen, als auch zum materiellen Recht. Ab dem 01.09.2009 werden also Verfahren nach altem Recht und Verfahren nach neuem Recht parallel zu bearbeiten sein, so dass dann beide Rechtsordnungen beherrscht werden müssen.