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Entziehung des Sorgerechts wegen Gefährdung des Kindeswohls

Das OLG Brandenburg entschied vorliegend über den Antrag einer Mutter auf Rückübertragung des Sorgerechts für ihre drei Kinder, die zuletzt bei einer Pflegefamilie untergebracht waren.

Nach der Entscheidung reicht es für die Trennung der Kinder von den Eltern nicht bereits aus, dass die Eltern nicht in der Lage sind, eine bestmögliche Versorgung der Kinder sicherzustellen, da die sozioökonomischen Verhältnisse nun einmal zum Schicksal jedes Kindes dazu gehören. Handlungsbedarf besteht aber dann, wenn bei Nichteingreifen des Gerichts mit einiger Sicherheit ein Schaden beim Kind eintreten wird.

OLG Brandenburg - Beschluss vom 22.01.2008 (9 UF 105/07)

Darum geht es:

Mehrere Jahre lang hatten die jungen Eltern mit ihren drei Kindern in einer Wohnung im Haus der Eltern des Kindsvaters gelebt, wo sich die Großmutter in großem Umfang um die Kinder gekümmert hatte. In gleichem Umfang wie deren Betreuungsmöglichkeiten mit der Zeit nachließen, verwahrlosten die Kinder bis das Amtsgericht eine Pflegschaft durch das Jugendamt anordnete.

Mittlerweile hat sich die Wohnsituation der Mutter, die inzwischen einen vierten Sohn geboren hat, gebessert. Ein privater Betreuer unterstützt sie dabei und hilft ihr auch, das vorhandene Geld einzuteilen. Der Antrag der Mutter auf Rückübertragung des vollumfänglichen Sorgerechts wurde als unbegründet zurückgewiesen. Die teilweise Entziehung des Sorgerechts war gemäß § 1666 BGB geboten.

Wesentliche Entscheidungsgründe:

Gemäß § 1666a BGB sind Maßnahmen, mit denen die Trennung der Kinder von ihren Eltern und der Familie verbunden sind, nur zulässig, wenn die bestehende Gefahr für das Kindeswohl nicht auf anderem Wege beseitigt werden kann.

Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Kindesmutter, gemessen an den Fähigkeiten des Kindes in der Lage ist, für eine bestmögliche Versorgung zu sorgen, da die Eltern und deren sozioökonomische Verhältnisse grundsätzlich zum Schicksal und Lebensrisiko eines Kindes zählen. Maßstab für die zu treffende Entscheidung ist das Wohl der Kinder, also der umfassende Schutz des in der Entwicklung befindlichen jungen Menschen. Eine Gefährdung des Kindeswohls ist dann anzunehmen, wenn die begründete gegenwärtige Besorgnis besteht, dass bei Nichteingreifen des Gerichts das Kindeswohl beeinträchtigt würde. Erforderlich ist der Eintritt eines sich mit einiger Sicherheit abzeichnenden Schadens, eine nur zukünftig drohende Gefahr genügt nicht.

Auf der Grundlage des Sachverständigengutachtens und nach dem Eindruck des Senats geht dieser allerdings davon aus, dass die Kindesmutter nicht in der Lage ist, die betroffenen Kinder ohne Gefährdung des Kindeswohls zu versorgen.

Die Sachverständige hat festgestellt, dass die intelligenzgeminderte Kindesmutter nur eine eingeschränkte emotionale, kognitive und soziale Reife besitzt. Ihre Urteils- und Kritikfähigkeit sowie ihre emotionale Erlebnis- und Beziehungsfähigkeit gegenüber den betroffenen Kindern ist eingeschränkt. Sie wies eine massive Verhaltensstörung in Form ungehemmten Kaufverhaltens auf und war kaum in der Lage, den Alltag zu strukturieren. Außerdem hat sie die Bedürfnisse der Kinder nicht wahrgenommen. Ingesamt waren bei den Kindern erhebliche Entwicklungs- und Verhaltensstörungen Störungen eingetreten, die die Kindesmutter bis jetzt nicht wahrgenommen hat.

Dass die jetzige Wohnung der Kindesmutter mit Hilfe ihres privaten Betreuers ordentlich ist und das vorhandene Geld eingeteilt wird, zeigt zwar, dass die Beschwerdeführerin bereit ist, unter Anleitung zu lernen, wie sie ihr Leben strukturieren kann. Gleichwohl bestehen Bedenken, ob die Beschwerdeführerin trotz der Hilfen in der Lage wäre, einen deutlich vergrößerten Haushalt mit 4 Kindern und einem entsprechenden größeren Geldbedarf zu organisieren.
Nach alledem ist der Senat davon überzeugt, dass das Kindeswohl derzeit die teilweise Entziehung des Sorgerechts gebietet. Allerdings sollte der Umgangskontakt verstärkt und vertieft werden.

Weitere Informationen zu diesem Thema im Rechtsportal:

• Bibliothek, Prüfschemata, Familienrecht per Mausklick, "Maßnahmen bei Gefährdung (§§ 1666 ff. BGB)"