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Corona-Schutz an Schulen: Familiengerichte nicht zuständig

Familiengerichte sind nicht für die Überprüfung von Corona-Schutzmaßnahmen an Schulen zuständig. Die gerichtliche Kontrolle von behördlichen Maßnahmen an Schulen obliegt allein den Verwaltungsgerichten. Das hat das Thüringer OLG entschieden und einen Beschluss des Amtsgerichts Weimar aufgehoben, das verschiedene Corona-Schutzmaßnahmen (u.a. Maskenpflicht) an einer Schule untersagt hatte.

Darum geht es

Das Thüringer OLG hatte sich mit einer Beschwerde des Freistaats Thüringen gegen eine Entscheidung des Amtsgerichts Weimar (Beschl. v. 09.04.2021 – 9 F 148/21) zu befassen.

Die Eltern von zwei Kindern, die in Weimar zur Schule gehen, hatten beim Familiengericht Weimar angeregt, von Amts wegen zu deren Schutz ein Verfahren wegen Kindeswohlgefährdung einzuleiten.

Sie vertreten die Ansicht, das körperliche, seelische und geistige Wohl der Kinder und aller weiteren Kinder, die die gleichen Schulen wie ihre Söhne besuchen, sei aufgrund der Anordnungen zum Tragen eines Mund- und Nasenschutzes und zur Wahrung räumlicher Distanz gefährdet.

Deshalb haben sie eine Rechtmäßigkeitsüberprüfung der diesen Anordnungen zugrundeliegenden Vorschriften, insbesondere der Dritten Verordnung über außerordentliche Sondermaßnahmen zur Eindämmung einer sprunghaften Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2, gültig ab 15.12.2020, zuletzt geändert am 12.03.2021, angeregt.

In dem daraufhin eingeleiteten Eilverfahren hat das Familiengericht den Lehrern, den Schulleitungen sowie deren Vorgesetzten einstweilen untersagt, das Maskentragen, die Einhaltung von Mindestabständen und die Teilnahme an Schnelltests zur Feststellung des Virus SARS-CoV-2 anzuordnen oder vorzuschreiben.

Weiter gebot es den Leitungen und den Lehrern der von den beteiligten Kindern besuchten Schulen, den Präsenzunterricht aufrechtzuerhalten.

Das Familiengericht ist bei seiner Entscheidung von der eigenen Zuständigkeit ausgegangen und hat seine Anordnungen mit einer gegenwärtigen Kindeswohlgefährdung durch die von den Eltern kritisierten Maßnahmen und dem Unvermögen der Eltern, diese Gefahr von den Kindern abzuwenden, begründet.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Auf die sofortige Beschwerde des Freistaats Thüringen hat das Thüringer OLG den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Weimar aufgehoben, den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig erklärt und das Verfahren eingestellt.

Zur Begründung führt das Thüringer OLG aus, dass das Amtsgericht vor einer Sachentscheidung gehalten gewesen wäre, vorab über seine Zuständigkeit zu entscheiden.

Für das mit der Anregung der Eltern verfolgte Ziel, zum Schutz der Kinder schulinterne Maßnahmen, wie die Anordnung zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes und die Abstandsregeln, außer Kraft zu setzen und die Rechtmäßigkeit der diesen Anordnungen zugrundeliegenden Vorschriften zu überprüfen, fehle es an einer Regelungskompetenz des Familiengerichtes.

Im Rahmen des schulrechtlichen Sonderstatusverhältnisses seien die zuständigen Behörden an die das Kindeswohl schützenden Grundrechte gebunden. Die gerichtliche Kontrolle dieses Behördenhandelns – auch hinsichtlich von Gesundheitsschutzmaßnahmen in den jeweiligen Schulen – obliege allein den Verwaltungsgerichten.

Eine Befugnis des Familiengerichts zum Erlass von Anordnungen zur Durchsetzung des Kindeswohls gegenüber Behörden bzw. Beamten dieser Behörden folge insbesondere nicht aus § 1666 Abs. 4 BGB.

Behörden, Regierungen und sonstige Träger staatlicher Gewalt seien nämlich keine „Dritte“ im Sinne der Vorschrift, gegen die in Angelegenheiten der Personensorge Maßnahmen getroffen werden könnten.

Da eine Verweisung des von Amts wegen eingeleiteten Verfahrens an das Verwaltungsgericht nicht in Betracht kam, war die Entscheidung nach Ansicht des Thüringer Oberlandesgerichts aufzuheben und das Verfahren einzustellen.

Das OLG hat die Rechtsbeschwerde zum BGH wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

Thüringer OLG, Beschl. v. 14.05.2021 – 1 UF 136/21