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Besitzrecht eines Ehegatten an dem ihm zweitweise überlassenen Grundstück

Lässt ein Ehegatte den anderen für die Dauer des Getrenntlebens in seinem Haus wohnen, begründet diese bloße Nutzungsüberlassung kein durchsetzbares Besitzrecht.

Die bloße Nutzungsüberlassung einer im Alleineigentum eines Ehegatten stehenden Immobilie für die Dauer des Getrenntlebens an den anderen Ehegatten nach § 1361b Abs. 1 BGB gibt letzterem kein gegenüber Erwerbern der Immobilie durchsetzbares Recht zum Besitz, soweit nicht ausdrücklich zusätzlich zur Nutzungsüberlassung ein (zeitlich befristetes) Mietverhältnis begründet worden ist.

Darum geht es

Die Antragstellerin macht Vollstreckungsabwehransprüche gegen die Räumung und Herausgabe der von ihr bewohnten Immobilie geltend.
Die streitgegenständliche Immobilie stand zuvor im Eigentum des Ehemannes der Antragstellerin. Nach der Trennung erklärte sich der Ehemann in einem Vergleich damit einverstanden dass die Ehefrau das in seinem Alleineigentum stehende Haus für die Dauer des Getrenntlebens zur alleinigen Nutzung für sich und die beiden Kinder erhielt. Die Antragstellerin war damit einverstanden, dass das zum Verkauf stehende Haus durch Kaufinteressenten samstags von 10:00 bis 14:00 besichtigt werden konnte.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Die Antragstellerin kann aus der ihr vom Ehemann in dem Vergleich für die Dauer des Getrenntlebens zugestandenen alleinigen Nutzung kein Recht zum Besitz i.S.v. § 986 BGB herleiten.

Die Zuweisung von Wohnraum zur alleinigen Nutzung für die Dauer des Getrenntlebens begründet für sich allein kein Mietverhältnis oder ein Verhältnis, das über eine entsprechende Anwendung von § 566 BGB gegenüber einer Veräußerung der Immobilie durchgreifenden Schutz böte. Einem besonderen Schutzbedürfnis eines Ehegatten, dem für die Dauer des Getrenntlebens im Alleineigentum des anderen Ehegatten stehender Wohnraum zur Nutzung zugewiesen worden ist, vor den Folgen einer etwaigen Veräußerung kann nach - soweit ersichtlich - ganz einhelliger Auffassung in Rechtsprechung wie Schrifttum im Bedarfsfalle allein durch zusätzliche Schutzanordnungen Rechnung getragen werden. Erforderlich ist daher die gesonderte Begründung eines befristeten Mietverhältnisses, welches über § 566 BGB zumindest einen weitgehenden Schutz gegenüber Neuerwerbern begründet (vgl. etwa OLG Düsseldorf, Beschl. v. 02.07.1985 – 2 WF 82/85, FamRZ 1985, 1153 f.; Palandt-Brudermüller, BGB § 1361b Rdnr. 17; MüKo-WeberMonecke, BGB § 1361b Rndr. 16).

Eine derartige zusätzliche und über die bloße zeitlich beschränkte Nutzungsüberlassung hinausgehende Vereinbarung enthält auch die zwischen den Eheleuten im Rahmen ihres Vergleichs getroffene Vereinbarung nicht. Vielmehr ist dem Vergleich zu entnehmen, dass die Eheleute übereinstimmend von der bevorstehenden Veräußerung der Immobilie ausgegangen sind und die Ehefrau selbst die Verpflichtung zu einer entsprechenden aktiven Mitwirkung übernommen hat. Stand mithin der – auch seinerzeit anwaltlich vertretenen – Ehefrau die Erwartung einer alsbald möglichen Veräußerung der ihr zur Nutzung überlassenen Immobilie deutlich vor Augen, so hätte es für die Vereinbarung einer über die „normale“ Nutzungsüberlassung hinausgehenden „veräußerungsbeständigen“ Position in jedem Fall einer unzweideutigen Konkretisierung bedurft.

Die Antragstellerin kann sich gegenüber dem Räumungs- und Herausgabeanspruch auch nicht erfolgreich auf § 1365 BGB stützen. § 1365 BGB ist nur für rechtsgeschäftliche Handlungen, nicht jedoch für Maßnahmen in der Zwangsvollstreckung einschlägig (vgl. BGH, Beschl. v. 20.12.2005 – VII ZB 50/05, FamRZ 2006, 410 f.; Palandt-Brudermüller, BGB § 1365 Rdnr. 2).

OLG Celle, Beschl. v. 02.05.2011 – 10 WF 133/11