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Beschwer bei Stattgabe eines Scheidungsantrags vor Entscheidung über eine Folgesache

Wird einem Scheidungsantrag verfahrensfehlerhaft vor der Entscheidung über eine Folgesache stattgegeben, schafft dies eine selbstständige Beschwer, die mit einer Beschwerde gegen den Scheidungsbeschluss gerügt werden kann.

Darum geht es

Im Juli 2010 schlossen die Ehegatten eine notarielle Scheidungsfolgenvereinbarung, in der sie jedoch nicht den Versorgungsausgleich oder den nachehelichen Unterhalt regelten. Das AG hat den Scheidungstermin auf den 09.06.2011 bestimmt. Die Ladung ist der Ehefrau am 11.05.2011 zugestellt worden.

Die anwaltlich nicht vertretene Ehefrau hat der Scheidung zugestimmt und sodann geltend gemacht, dass ihr nachehelicher Unterhalt noch zu klären sei. Eine aus diesem Grund von ihr gewünschte „Verschiebung“ der Scheidung hat das AG abgelehnt und die Ehe geschieden.

Dagegen hat die Ehefrau, anwaltlich nun vertreten, Beschwerde eingelegt, die Zustimmung zur Scheidung widerrufen und beantragt, den Scheidungsausspruch aufzuheben und die Sache zur Neuentscheidung an das Familiengericht zurückzuverweisen. Das OLG hat die Beschwerde als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, hat in der Sache aber keinen Erfolg.

Anders als das OLG hält der BGH die Voraussetzungen für die Beschwerde nach § 117 Abs. 1 Satz 1 FamFG für gegeben. Danach hat der Beschwerdeführer einen bestimmten Sachantrag zu stellen und zu begründen. Denn das Gericht überprüft nicht vollständig die Entscheidung von Amts wegen. Ein hinreichend bestimmter Antrag ist aber bereits gestellt, wenn der Beschwerdeführer deutlich macht, dass die bisherigen Sachanträge wiederholt werden, und – wie hier – geltend, dass über die Scheidung nur entschieden werden darf, wenn zugleich eine Folgesache geregelt wird.

Nach § 137 Abs. 2 Satz 1 FamFG ist über eine Folgesache zusammen mit der Scheidung zu entscheiden, wenn sie spätestens zwei Wochen vor der mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug von einem Ehegatten anhängig gemacht wurde. Die Ehefrau wäre auch in der Lage gewesen, einen Folgeantrag zu stellen, nachdem ihr die Ladung zum Scheidungstermin zugestellt worden war. Ihr oblag es außerdem selbst, für ihre anwaltliche Vertretung zu sorgen.

Dass die Ehegatten zuvor eine Scheidungsfolgenvereinbarung geschlossen hatten, in der der nacheheliche Unterhalt ausdrücklich offengeblieben war, ändert nichts an der Beurteilung der Sach- und Rechtslage.

Der Widerruf der Zustimmung zur Scheidung kam zu spät, als dass er eine Rechtswirkung entfalten könnte. Die Zustimmung zur Scheidung kann nur bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung widerrufen werden, § 134 Abs. 2 Satz 1 FamFG. Ein danach erklärter Widerruf kann zwar auch noch relevant sein, aber nur dann, wenn er das Ziel verfolgt, die Ehe aufrechtzuerhalten. Dies ist hier erklärtermaßen aber gerade nicht der Fall.

Folgerungen aus der Entscheidung

Wird einem Scheidungsantrag stattgegeben, ohne dass über einen Folgeantrag entschieden wurde, ist Beschwerde gegen den Scheidungsbeschluss einzulegen, um dessen Aufhebung und die Zurückverweisung der Sache zur Neuentscheidung an das Familiengericht zu erreichen – nun unter Einbeziehung der Folgesache.

Als Beschwer ist es ausreichend, wie der BGH ausdrücklich geklärt hat, geltend zu machen, dass die Scheidung erst erfolgen soll, wenn zugleich über die Folgesache entschieden wird.

Praxishinweis

Wer nicht oder nicht rechtzeitig einen Folgeantrag stellt und im Scheidungstermin der Scheidung zustimmt, kann später nicht geltend machen, dass für ihn die Scheidung erst infrage komme, wenn auch die Folgesachen geklärt sind. Die Zweiwochenfrist des § 137 Abs. 2 Satz 1 FamFG hat spätestens mit dieser Entscheidung einen festen Platz in der Praxis erhalten und ist vom Anwalt sorgfältig zu beachten.

Weiter zum Volltext: BGH, Beschl. v. 04.09.2013 – XII ZB 87/12, DRsp-Nr. 2013/21931