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Ausgleich steuerlicher Nachteile des Unterhaltsberechtigten

Entscheidungsbesprechung: Haben die Eheleute ein begrenztes Realsplitting vereinbart, ist der Unterhaltspflichtige zur Erstattung derjenigen Nachteile verpflichtet, die dem anderen Ehegatten aufgrund der Pflicht zur Versteuerung der Unterhaltsleistungen entstehen.

OLG Saarbrücken, Beschl. v. 11.03.2009 — 6 WF 19/09,  Deubner Link 2009/14267

Darum geht es:

Die Parteien sind geschiedene Eheleute. In einer Scheidungsvereinbarung verpflichtete sich der Antragsgegner 1996 zur Zahlung von nachehelichem Unterhalt. Zugleich verpflichtete sich die Antragstellerin zur Zustimmung zum begrenzten Realsplitting; im Gegenzug übernahm der Antragsgegner die Verpflichtung, sie im Innen- und Außenverhältnis von allen aus der Zustimmung zum begrenzten Realsplitting resultierenden Steuermehrbelastungen etc. freizustellen.

Die Antragstellerin war nach der Scheidung berufstätig. Sie gab entsprechende Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1996 bis 2003 ab, ohne jedoch die erhaltenen Unterhaltszahlungen zu berücksichtigen. Der Antragsgegner wiederum hat in diesen Jahren den Realsplittingvorteil jeweils geltend gemacht. Das Finanzamt hat die Einkommensteuer der Antragstellerin später unter Einbeziehung der Unterhaltszahlungen neu berechnet, neue Einkommenssteuerbescheide erlassen. und die Antragstellerin mit einer Steuernachzahlung von 30.209,76 € belastet, die sie vom Antragsgegner erstattet verlangt. Das Oberlandesgericht hat in vollem Umfang Prozesskostenhilfe bewilligt und weder den Hinweis des Antragsgegners auf Verjährung noch auf Verwirkung durchgreifen lassen.

Wesentliche Entscheidungsgründe:

Der geltend gemachte Zahlungsanspruch beruht auf der Verpflichtung des Antragsgegners, die Antragstellerin von den aus der Zustimmung zum begrenzten Realsplitting resultierenden Steuermehrbelastungen freizustellen. Damit ist er auch verpflichtet, steuerliche Nachteile dadurch auszugleichen, dass er entsprechend Zahlung an die Antragstellerin leistet, sofern diese zuvor insoweit vom Finanzamt in Anspruch genommen wurde und ihrerseits gezahlt hat.

Es ist auch keine Verjährung des Anspruchs eingetreten. Nach § 199 Abs. 1 Nr. 1, 2 BGB beginnt die regelmäßige dreijährige Verjährungsfrist (§ 195 BGB) mit den Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger hiervon und von der Person des Schuldners Kenntnis hatte bzw. haben musste. Danach kann die Verjährungsfrist frühestens am 01.01.2006 begonnen haben, weil die Antragstellerin erst mit Erlass der Steuerbescheide m Oktober 2005 sichere Kenntnis von den auf sie zukommenden steuerlichen Nachteilen auf Grund der Durchführung des Realsplittings hatte. Für die Jahre 1996 bis 2003 sind die entsprechenden Steuern erst zu diesem Zeitpunkt festgesetzt worden. Damit wurde die Verjährung vorliegend gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 14 BGB rechtzeitig gehemmt, ohne dass es darauf ankommt, dass unter Umständen die Verjährungsfrist für den hier in Rede stehenden Zahlungsanspruch sogar noch später zu laufen beginnt, weil er voraussetzt, dass die Klägerin ihrerseits zuvor ihre Steuerschuld gegenüber dem Finanzamt beglichen hat.

Die Forderung ist auch nicht verwirkt. Der hier geltend gemachte Ausgleichsanspruch eigener Art hat zwar auch unterhaltsrechtlichen Charakter, auf ihn ist aber § 1585b Abs. 3 BGB weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar. Zudem fehlt selbst wenn das für die Verwirkung erforderliche Zeitmoment vorliegen sollte, das Umstandmoment, weil sich der Unterhaltsschuldner von vornherein auf den späteren Ausgleich der steuerlichen Nachteile des Berechtigten einstellen muss. Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsgegner im Streitfall ausnahmsweise in einer Weise disponieren durfte und disponiert hat, die seine Inanspruchnahme erst zum hier in Rede stehenden Zeitpunkt als unbillig erscheinen lassen könnten, liegen nicht vor. Insbesondere konnte der Antragsgegner angesichts der Höhe des gezahlten Unterhalts nicht davon ausgehen, dass die Geltendmachung des Splittingvorteils steuerrechtlich keine Auswirkungen zu Lasten der Antragstellerin haben würde, zumal auch nicht ersichtlich ist, dass ihm deren Erwerbstätigkeit nicht bekannt war.

Auch der Einwand des Antragsgegners, die Antragstellerin würde für ihre Steuerhinterziehung gewissermaßen belohnt, wenn sie auch jetzt noch Rückgriff gegen ihn nehmen könnte, rechtfertigt den Verwirkungseinwand nicht. Dabei kann dahinstehen, ob und inwieweit das Verhalten der Antragstellerin steuerstrafrechtlich relevant ist, denn sie hat sich im Ergebnis hierdurch keinen Vorteil verschafft und insbesondere nicht zum Nachteil des Antragsgegners gehandelt, da dieser nur so gestellt wird, als hätte die Antragstellerin von vornherein ihre Einkünfte gegenüber dem Finanzamt ordnungsgemäß deklariert.

Weiterführende Informationen finden Sie unter rechtsportal.de:

Bibliothek, Prüfschemata, Zivilrechtlicher Ausgleich per Mausklick, „Bedeutung und Voraussetzungen des begrenzten »Realsplittings“, Deubner Link D5721_5793467_1

Bibliothek, Prüfschemata, Ziveilrechtlicher Ausgleich per Mausklick, „Ausgleichsansprüche bezüglich Steuern“, Deubner Link  D5721_5792816