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Abtrennung von Folgesachen aus dem Scheidungsverbund

Urteilsbesprechung: Anträgen auf Abtrennung von Verfahren betreffend die elterliche Sorge, das Umgangsrecht oder die Herausgabe des Kindes aus dem Scheidungsverbund ist grundsätzlich zu entsprechen, anderen Abtrennungsanträgen nur ausnahmsweise.

Das bedeutet die Entscheidung für Ihr Mandat

Einen Antrag auf Abtrennung der Folgesache Sorgerecht zu stellen und in seinem Kielwasser auch gleich einen Antrag bezüglich der Folgesache(n) Unterhalt verfängt nicht. Zwar ist die Folgesache Sorgerecht abzutrennen, nicht aber ebenso die weitere Folgesache Unterhalt. Dafür gilt vielmehr weiterhin ein strengerer Maßstab.

Die Entscheidungen

BGH, Urt. v. 01.10.2008 — XIII ZR 172/06, DRsp Nr. 2008/20042
Redaktioneller Leitsatz:
Dem gemäß §  623 Abs.  2 Satz 2  ZPO gestellten Antrag eines Ehegatten auf Abtrennung einer Sorgerechtsfolgesache ist grundsätzlich zu entsprechen. Bei Unterhaltsfolgesachen (§  623 Abs.  2 Satz 3  ZPO) ist einem Abtrennungsantrag dagegen nur dann stattzugeben, wenn ein sachlicher Zusammenhang zwischen elterlicher Sorge und Kindesunterhalt bzw. Betreuungsunterhalt besteht, der eine Vorabentscheidung über den Unterhalt erfordert. Ohne einen solchen Zusammenhang ist der den Unterhalt betreffende Abtrennungsantrag von dem Zweck des §  623 Abs.  2 Satz 3  ZPO nicht gedeckt und läuft dem Schutzzweck des Scheidungsverbundes und §  628 Satz 1 Nr. 4  ZPO zuwider.

BGH, Beschl. v. 01.10.2008 — XII ZB 90/08, DRsp Nr. 2008/19641
Redaktioneller Leitsatz:
a) § 623 Abs. 2 Satz 3 ZPO (Abtrennung einer Unterhaltsfolgesache) ist zur Vermeidung eines Widerspruchs zu § 628 Satz 1 Nr. 4 ZPO einschränkend auszulegen.
b) Das Familiengericht hat eine nach § 623 Abs. 2 Satz 3 ZPO beantragte Abtrennung abzulehnen, wenn diese unter den Umständen des Falles nur dazu dienen kann, eine Vorabentscheidung über die Scheidung zu ermöglichen.

Darum geht es

Oft liegen die Voraussetzungen für die Scheidung vor und dennoch müssen die Parteien lange warten, bis sie geschieden werden. Das ist der Fall, wenn Folgesachen im Scheidungsverbund anhängig sind. Der Versuch, eine Abtrennung von Folgesachen aus dem Scheidungsverbund zu erwirken, scheitert meist.

Nach § 623 Abs. 2 Satz 2 ZPO sind Folgesachen, die die elterliche Sorge, das Umgangsrecht oder die Herausgabe eines Kindes betreffen, auf Antrag abzutrennen.

Folgesachen, die den Versorgungsausgleich oder güterrechtliche Ansprüche zum Inhalt haben, können abgetrennt werden, wenn vor Auflösung der Ehe keine Entscheidung dazu möglich ist, § 628 Satz 1 Nr. 1 ZPO. Die Folgesache Versorgungsausgleich kann zudem abgetrennt werden, wenn ein Rechtsstreit über den Bestand oder die Höhe einer auszugleichenden Versorgung vor einem anderen Gericht anhängig ist, § 628 Satz 1 Nr. 2 ZPO. Wurde die Folgesache elterliche Sorge oder Umgangsrecht ausgesetzt, so kann ebenfalls unabhängig vom weiteren Gang des ausgesetzten Verfahrens geschieden werden, § 628 Nr. 3 ZPO.

Ansonsten kann die Scheidung vor Entscheidung über eine Folgesache nur erfolgen, wenn sich dadurch eine so außergewöhnliche Verzögerung ergeben würde, dass dies auch unter Berücksichtigung der Folgesache eine unzumutbare Härte darstellen würde, § 628 Nr. 4 ZPO. Dies wird in der Praxis nur selten angenommen.

Fraglich war, wie in diesem System § 623 Abs. 2 Satz 3 ZPO zu behandeln ist. Danach kann mit einem Antrag auf Abtrennung in der Folgesache Sorgerecht der Antrag auf Abtrennung einer Folgesache Nachscheidungs- oder Kindesunterhalt verbunden werden. Es stellte sich die Frage, ob einem Abtrennungsantrag in einer Unterhaltssache unproblematisch zu entsprechen sei, wenn gleichzeitig auch ein Antrag auf Abtrennung der Folgesache Sorgerecht gestellt wird.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Der BGH lehnt es ab, über eine Ankoppelung eines Antrags auf Abtrennung der Folgesache Unterhalt an einen Antrag auf Abtrennung der Folgesache elterliche Sorge § 628 Satz 1 Nr. 4 ZPO gewissermaßen zu umgehen, um so erleichtert eine Unterhaltssache abgetrennt zu bekommen.

Nur wenn ein sachlicher Zusammenhang zwischen elterlicher Sorge und Unterhalt bestehe, der eine Vorabentscheidung (auch) über den Unterhalt erfordere, könne dem Antrag entsprochen werden. Ohne einen solchen Zusammenhang ist ein die Unterhaltsfolgesachen betreffender Abtrennungsantrag von dem Zweck des §  623  Abs.  2  Satz 3  ZPO  erkennbar nicht gedeckt und läuft dem Schutzzweck des Scheidungsverbunds und der seiner Wahrung dienenden Bestimmung des §  628  Satz 1 Nr. 4  ZPO  zuwider (so auch OLG Karlsruhe, Beschl. v. 01.03.2005  —2 WF 7/05, DRsp Nr. 2005/6096 = FamRZ 2005, 1495, 1496; Büttner NJW 1999, 2315, 2325 f.; Klinkhammer FamRZ 2003, 583, 584; Klein FuR 2004, 295, 296). Habe der Abtrennungsantrag dagegen das Ziel, eine Vorabentscheidung über die Scheidung herbeizuführen, so sei er abzulehnen.

Gerade betreffend die Folgesache Unterhalt, so der BGH weiter, führe dies dazu, dass eine Abtrennung praktisch nicht zu begründen sei. Eine Vorabentscheidung über den Kindesunterhalt sei schon dadurch zu erzielen, dass dieser unabhängig vom Bestand der Ehe geltend gemacht werden kann. Wer eine baldige Entscheidung zum Kindesunterhalt benötigt, der macht ihn außerhalb des Verbunds geltend, weil er nur dann auch bereits für die Zeit vor Scheidung zugesprochen werden kann. Beim Ehegattenunterhalt ist die Situation noch klarer, da Trennungsunterhalt ohnehin nicht im Scheidungsverbund geltend gemacht werden kann und keine Folgesache ist. Situationen, in denen der Nachscheidungsunterhalt vor Scheidung der Ehe zugesprochen werden soll, sind wohl nicht denkbar.