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BGH - Entscheidung vom 16.02.2017

III ZR(Ü) 2/16

Normen:
GVG § 198

BGH, Beschluss vom 16.02.2017 - Aktenzeichen III ZR(Ü) 2/16

DRsp Nr. 2017/3520

Entschädigungsbegehren wegen überlanger Dauer zweier Gerichtsstandbestimmungsverfahren des Bundesgerichtshofs (BGH); Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe

Die Verfahrensdauer ist unangemessen, wenn sie eine Grenze überschreitet, die sich auch unter Berücksichtigung des den Gerichten zuzubilligenden weiten Gestaltungsspielraums als sachlich nicht mehr gerechtfertigt oder unverhältnismäßig darstellt. Ist im Verfahren eine zu treffende Gerichtsstandbestimmung vorrangig und verzögert der Kläger den Verfahrensgang durch eine Vielzahl von Anträgen, die er zudem mehrfach erweiterte, abänderte und modifizierte, verzögert hat. Unter Berücksichtigung solcher Umstände sowie einer angemessenen Bearbeitungszeit ist eine Verfahrensdauer von ca. 6 Monaten nicht zu beanstanden.

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Entschädigungsklage nach § 198 GVG wegen überlanger Dauer der Verfahren 2 ARs 84/16 und 2 ARs 211/16 des Bundesgerichtshofs wird abgelehnt.

Normenkette:

GVG § 198 ;

Gründe

I.

Der Kläger begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Entschädigungsklage nach § 198 GVG wegen überlanger Dauer zweier Gerichtsstandbestimmungsverfahren des Bundesgerichtshofs.

1. Der Kläger befindet sich seit dem 13. September 2011 in Strafhaft. Mit Schreiben vom 18. Dezember 2014 richtete er einen Antrag auf bedingte Entlassung an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts P. . Dieses beantragte mit Beschluss vom 15. März 2016, das zuständige Gericht zu bestimmen. Der Beschluss ging beim Bundesgerichtshof am 6. Juni 2016 ein. Mit Beschluss vom 14. Juni 2016 ( 2 ARs 211/16) wies der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs den Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts zurück und führte in den Gründen unter anderem aus, dass das Landgericht U. für die Entscheidung über die Aussetzung der Reststrafe zur Bewährung zuständig sei. Die Schlussverfügung datiert vom 6. Juli 2016. Die Hinausgabe des Beschlusses erfolgte am 5. August 2016. Die Anhörungsrüge des Klägers vom 8. August 2016 verwarf der 2. Strafsenat mit Beschluss vom 23. August 2016 als unzulässig.

2. Mit Schreiben vom 20. Februar 2016 und vom 7. März 2016 stellte der Kläger beim Bundesgerichtshof den Antrag, das für die Entscheidung über seine Anträge auf bedingte Entlassung zuständige Gericht zu bestimmen. Mit weiteren Anträgen vom 20. Februar 2016 beantragte er, das für seinen Antrag auf Übernahme der Strafvollstreckung zuständige Gericht zu bestimmen. Mit insgesamt vier, auf den 11. März 2016 datierten Schreiben wandte er sich ohne nähere Angabe von Gründen an die "Strafsenate" des Bundesgerichtshofs mit der Bitte, "den zuständigen Rechtspfleger" und in einer Reihe verschiedener, bei mehreren Landgerichten anhängiger Verfahren "das örtlich und sachlich zuständige Gericht" zu bestimmen. Mit Anträgen vom 13. und vom 27. März 2016 verlangte er unter Angabe der Aktenzeichen von mehr als 50 bei mehreren Oberlandesgerichten anhängigen Verfahren ohne nähere Mitteilung des Verfahrensgegenstands und des konkreten Verfahrensstands sowie ohne Angabe etwa bereits ergangener gerichtlicher Entscheidungen, jeweils "die aufschiebende Wirkung seiner Beschwerden" anzuordnen sowie "gemäß §§ 13a, 14, 19 StPO " den jeweils zuständigen Richter zu bestimmen. Nachdem dem Kläger mit Verfügung vom 27. April 2016 rechtliches Gehör gewährt worden war, nahm er unter dem Datum des 5. Mai 2016 Stellung und reichte zugleich einen weiteren Antrag auf Gerichtsstandbestimmung ein. Mit Beschluss vom 27. September 2016 ( 2 ARs 84/16) wies der 2. Strafsenat die Anträge des Klägers zurück.

II.

Die für eine Entschädigungsklage nach § 198 GVG beantragte Prozesskostenhilfe ist nicht zu bewilligen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO ). Die Verfahren 2 ARs 84/16 und 2 ARs 211/16 sind in angemessener Zeit zum Abschluss gebracht worden.

Die Verfahrensdauer ist unangemessen im Sinne des § 198 Abs. 1 GVG , wenn sie eine Grenze überschreitet, die sich auch unter Berücksichtigung des den Gerichten zuzubilligenden weiten Gestaltungsspielraums als sachlich nicht mehr gerechtfertigt oder unverhältnismäßig darstellt (st. Rspr.; vgl. nur Senatsurteile vom 14. November 2013 - III ZR 376/12, BGHZ 199, 87 Rn. 28 ff; vom 5. Dezember 2013 - III ZR 73/13, BGHZ 199, 190 Rn. 36 ff; vom 23. Januar 2014 - III ZR 37/13, BGHZ 200, 20 Rn. 35 ff und vom 13. März 2014 - III ZR 91/13 NJW 2014, 1816 Rn. 31 ff). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.

Das Verfahren 2 ARs 211/16 weist eine Gesamtverfahrensdauer von rund drei Monaten auf und ist ersichtlich nicht überlang. Das Verfahren 2 ARs 84/16 ist dadurch gekennzeichnet, dass die in dem Verfahren 2 ARs 211/16 zu treffende Gerichtsstandbestimmung vorrangig war und der Kläger den Verfahrensgang durch eine Vielzahl von Anträgen, die er zudem mehrfach erweiterte, abänderte und modifizierte, verzögert hat. Unter Berücksichtigung dieser Umstände sowie einer angemessenen Vorbereitungs- und Bearbeitungszeit ist die Verfahrensdauer nicht zu beanstanden.