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BVerwG - Entscheidung vom 11.10.2016

1 WDS-VR 3.16

Normen:
WBO § 20 Abs. 1
VwGO § 65 Abs. 2
WBO § 20 Abs. 1
VwGO § 65 Abs. 2
WBO § 20 Abs. 1

BVerwG, Beschluss vom 11.10.2016 - Aktenzeichen 1 WDS-VR 3.16

DRsp Nr. 2016/17955

Anspruch auf Erstattung der im Verfahren vor dem Wehrdienstgericht erwachsenen notwendigen Aufwendungen in einem Konkurrentenstreit um die Besetzung eines militärischen Dienstpostens

In einem Konkurrentenstreit um die Besetzung eines militärischen Dienstpostens hat der Beigeladene (der für den Dienstposten ausgewählte Bewerber), der einen erfolgreichen eigenen Antrag gestellt hat, einen Anspruch auf Erstattung der ihm im Verfahren vor dem Wehrdienstgericht (ggf. einschließlich der im vorgerichtlichen Verfahren) erwachsenen notwendigen Aufwendungen. Der Erstattungsanspruch richtet sich nicht gegen den Antragsteller, sondern gegen den Bund als Träger des Rechtsschutzsystems der Wehrbeschwerdeordnung.

Tenor

Der Antrag, das Bundesministerium der Verteidigung im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, bis zu einer Entscheidung des Senats über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 6. April 2016 gegen die Auswahlentscheidung des Präsidenten des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr vom 29. Juli 2015 (BVerwG 1 WB 15.16) die Versetzung des Beigeladenen auf den Dienstposten des Kommandeurs ... rückgängig zu machen und den Beigeladenen auch nicht mit der kommissarischen Aufgabenwahrnehmung zu betrauen, wird abgelehnt.

Die dem Beigeladenen im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht erwachsenen notwendigen Aufwendungen werden dem Bund auferlegt.

Normenkette:

WBO § 20 Abs. 1 ;

Gründe

I

Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz in einem Konkurrentenstreit um die Besetzung eines nach Besoldungsgruppe A 16 bewerteten Kommandeurs-Dienstpostens.

...

Am 29. Juli 2015 entschied der Präsident des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr (im Folgenden: Bundesamt für das Personalmanagement), den nach Besoldungsgruppe A 16 bewerteten Dienstposten des Kommandeurs ... zum 1. Januar 2016 mit dem Beigeladenen zu besetzen. Der Auswahlentscheidung des Präsidenten liegt eine von ihm gebilligte Entscheidungsvorlage der Abteilung ... des Bundesamts für das Personalmanagement vom 23. Juli 2015 zugrunde. Dieser Vorlage beigefügt ist ein Planungsbogen für das Auswahlverfahren, der sich in eine Dienstpostenbeschreibung, eine mit einer Auswahlempfehlung schließende Kandidatenvorstellung sowie ein Protokoll mit der Auflistung der Stellungnahmen der beteiligten Stellen gliedert. Außerdem liegen Personalbögen der beiden in die engere Wahl gezogenen Kandidaten, des Beigeladenen und eines weiteren Stabsoffiziers im Dienstgrad Oberst, bei. Unter Nr. 1 des Planungsbogens befindet sich in der Rubrik "Organisationsgrundentscheidung" die Eintragung "Querversetzung". In der Kandidatenvorstellung werden unter Nr. 2.1 die beiden in die engere Wahl gezogenen Bewerber tabellarisch miteinander verglichen. Unter Nr. 2.2 finden sich unter der Überschrift "Für die Besetzung des Dienstpostens wurden mitbetrachtet" Ausführungen zu weiteren Stabsoffizieren im Dienstgrad Oberstleutnant und Oberst. Zum Antragsteller heißt es dort:

"Zur Verfügung steht weiterhin aufgrund einer Initiativbewerbung:

Oberstleutnant ...

- ...

- ...

- Offizier erfüllt die wesentlichen Bedarfsträgerforderungen, lässt sich aber im Leistungsbild gegenüber den vorgeschlagenen Kandidaten abgrenzen."

Mit Schreiben vom 27. November 2015 erhob der Antragsteller Beschwerde, in der er sich auf einen per E-Mail geführten Schriftwechsel mit dem Referatsleiter ... des Bundesamts für das Personalmanagement bezog, dessen abschließende E-Mail vom 9. November 2015 er als offiziellen Bescheid werte. In der Sache beanstandete der Antragsteller unter anderem Verfahren und Ergebnis der Auswahl für den Dienstposten des Kommandeurs ...

Mit Bescheid vom 7. März 2016, ausgehändigt am 10. März 2016, wies das Bundesministerium der Verteidigung - R II 2 - die Beschwerde zurück. Soweit es die Besetzung des hier strittigen Dienstpostens betrifft, wurde zur Begründung ausgeführt, dass die Auswahlentscheidung rechtmäßig sei und den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletze. Der Auswahl habe das Organisationsgrundmodell einer Querversetzung zugrunde gelegen. Der Antragsteller habe deshalb als Oberstleutnant keinen Anspruch darauf gehabt, in die engere Auswahl einbezogen zu werden.

Hiergegen hat der Antragsteller mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 6. April 2016 die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt; dieser vom Bundesministerium der Verteidigung - R II 2 - mit seiner Stellungnahme vom 22. April 2016 vorgelegte Antrag ist beim Senat unter dem Aktenzeichen BVerwG 1 WB 15.16 anhängig. Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 30. Mai 2016 hat der Antragsteller außerdem den hier gegenständlichen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt.

Zur Begründung trägt der Antragsteller unter Bezugnahme auf seine Ausführungen im Hauptsacheverfahren insbesondere vor:

Die angefochtene Auswahlentscheidung sei rechtswidrig. Der Beigeladene erfülle das Kriterium des Anforderungsprofils "Kompetenzbereich Ausbildungsmanagement" nicht. Er, der Antragsteller, erfülle hingegen dieses Kriterium und weise zahlreiche einschlägige Vorverwendungen auf. Bestritten werde ferner, dass eine gültige Organisationsgrundentscheidung "Querversetzung", die lediglich im Planungsbogen genannt sei, vorliege. Auch seien keine personalwirtschaftlichen Überlegungen erkennbar, die eine solche Organisationsgrundentscheidung rechtfertigten. Unabhängig davon sei er, der Antragsteller, ausweislich der Auswahldokumentation jedenfalls als Förderungsbewerber um den Dienstposten mitbetrachtet worden. Ihm stehe deshalb ein Bewerbungsverfahrensanspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG zu, so dass er in den Eignungs- und Leistungsvergleich hätte einbezogen werden müssen.

Der Antragsteller beantragt,

das Bundesministerium der Verteidigung im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, bis zu einer Entscheidung des Senats über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 6. April 2016 gegen die Verwendungs- und Versetzungsentscheidung hinsichtlich des A 16-Dienstpostens Kommandeur ... durch den Präsidenten des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr vom 27. (richtig: 29.) Juli 2015 diese vorläufig rückgängig zu machen, und dem Dienstherrn zu untersagen, den Beigeladenen mit der kommissarischen Aufgabenwahrnehmung zu betrauen.

Das Bundesministerium der Verteidigung und der Beigeladene beantragen,

den Antrag zurückzuweisen.

Das Bundesministerium der Verteidigung führt, ebenfalls unter Bezugnahme auf seine Stellungnahmen im Hauptsacheverfahren, aus, dass es dem Antragsteller an einem Anordnungsanspruch fehle. Bei dem gewählten Organisationsgrundmodell einer Querversetzung könne ein Anspruch auf leistungsgerechte Einbeziehung in das Auswahlverfahren nicht verletzt sein; ein Leistungsvergleich nach Art. 33 Abs. 2 GG sei für den Antragsteller nicht durchzuführen gewesen. Die Organisationsgrundentscheidung "Querversetzung" sei aus personalwirtschaftlichen Gründen erfolgt, um der Dotierungsebene A 16 keine weiteren Anwärter zuzuführen. Unschädlich sei dabei, dass im Vorfeld zunächst alle Kandidaten, einschließlich des Antragstellers, identifiziert worden seien, die das Anforderungsprofil und andere Eignungskriterien erfüllten, und erst danach über das anzuwendende Organisationsgrundmodell entschieden worden sei. Diese Vorgehensweise erkläre die Ausführungen unter Nr. 2.2 des Planungsbogens. Im Übrigen wäre der Antragsteller, auch wenn er in einen Eignungs- und Leistungsvergleich nach dem Grundsatz der Bestenauslese einbezogen worden wäre, nicht ausgewählt worden. Sein Leistungsbild sei mit Durchschnittswerten bei der Aufgabenerfüllung von "6,80" (2013), "6,70" (2011) und "5,86" (2009) in allen herangezogenen dienstlichen Beurteilungen deutlich schlechter als die entsprechenden Leistungswerte des Beigeladenen ("7,30" <2013>, "7,30" <2011> und "7,20" <2009>). Die Zuweisung des Kompetenzbereichs "Ausbildungsmanagement" sei ausweislich des Anforderungsprofils nicht zwingend.

Der Beigeladene schließt sich den Ausführungen des Bundesministeriums der Verteidigung an. Ergänzend trägt er insbesondere vor, dass seiner Auffassung nach die Beschwerde verspätet erhoben worden sei, weil der Antragsteller nicht erst durch die E-Mail vom 9. November 2015, sondern bereits Ende Juli 2015 durch den für ihn zuständigen Personalführer beim Bundesamt für das Personalmanagement darüber informiert worden sei, dass er für den Dienstposten nicht ausgewählt worden sei. Soweit es auf einen Vergleich der dienstlichen Beurteilungen ankomme, seien seine, des Beigeladenen, Durchschnittswerte der Aufgabenerfüllung nicht nur in allen drei herangezogenen Beurteilungen besser als diejenigen des Antragstellers, sondern jeweils auch in einer höherwertigen Verwendung (Oberst der Besoldungsgruppe A 16) erzielt worden.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministeriums der Verteidigung - R II 2 - Az.: 319/16 -, die auch die Unterlagen des Auswahlverfahrens enthält, die Gerichtsakte des Verfahrens BVerwG 1 WB 15.16 und die Personalgrundakte des Antragstellers, Hauptteile A bis D, haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

II

Der Antrag hat keinen Erfolg.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist im Wehrbeschwerdeverfahren gemäß § 23a Abs. 2 WBO i.V.m. § 123 VwGO grundsätzlich statthaft. Sachlich zuständig ist das Bundesverwaltungsgericht als Gericht der - bereits anhängigen (BVerwG 1 WB 15.16) - Hauptsache (§ 123 Abs. 2 Satz 1 VwGO , § 21 Abs. 1 Satz 1 WBO ).

1. Für die begehrte einstweilige Anordnung ist ein Anordnungsgrund gegeben (§ 123 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO ).

Zwar verfestigt sich eine einmal getroffene militärische Verwendungsentscheidung nicht dahin, dass der durch sie begünstigte Soldat eine rechtlich gesicherte Position erwirbt, auf dem ihm zugewiesenen Dienstposten verbleiben zu können; der Beigeladene müsste es vielmehr hinnehmen, von dem Dienstposten wegversetzt zu werden, wenn der Antragsteller bei der Stellenbesetzung ihm gegenüber rechtswidrig übergangen worden wäre (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 25. April 2007 - 1 WB 31.06 - BVerwGE 128, 329 Rn. 39 m.w.N.). Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 29. April 2010 - 1 WDS-VR 2.10 - Buchholz 310 § 123 VwGO Nr. 28 Rn. 20 f. und vom 19. Dezember 2011 - 1 WDS-VR 5.11 - BVerwGE 141, 271 Rn. 29 f.) kann sich in Konkurrentenstreitigkeiten um die Besetzung eines Dienstpostens ein Anordnungsgrund jedoch daraus ergeben, dass ein rechtswidrig ausgewählter Bewerber auf dem Dienstposten einen Erfahrungsvorsprung erlangt, der im Fall des Obsiegens des Antragstellers in der Hauptsache bei einer erneuten Auswahlentscheidung zu berücksichtigen wäre; dabei geht es um den materiellen Erfahrungsvorsprung, der sich - unabhängig von bestimmten Beurteilungszeiträumen oder Beurteilungsstichtagen - in dem Leistungsbild des ausgewählten Bewerbers niederschlägt und den der rechtswidrig übergangene Bewerber nicht mehr ausgleichen kann. Ein insoweit beurteilungsrelevanter Erfahrungsvorsprung und damit ein Anordnungsgrund ist dann anzunehmen, wenn zwischen dem Dienstantritt des ausgewählten Bewerbers auf dem strittigen Dienstposten und der (noch zu treffenden) gerichtlichen Entscheidung in der Hauptsache ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten liegt. Diese Voraussetzungen sind erfüllt.

Der Beigeladene wurde im Anschluss an die hier gegenständliche Auswahlentscheidung vom 29. Juli 2015 zum 1. Januar 2016 auf den strittigen Dienstposten versetzt. Unter dem Blickwinkel eines beurteilungsrelevanten Erfahrungsvorsprungs ist damit die Spanne von sechs Monaten überschritten.

2. Der Antragsteller hat jedoch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO ).

a) Es kann offen bleiben, ob der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bereits deshalb keinen Erfolg haben kann, weil der Antragsteller nicht fristgerecht Beschwerde eingelegt hat und die Auswahlentscheidung vom 29. Juli 2015 damit bestandskräftig geworden ist (vgl. zum gesamten Folgenden BVerwG, Beschlüsse vom 6. Oktober 2015 - 1 WDS-VR 1.15 - NVwZ-RR 2016, 60 Rn. 35 ff. sowie zuletzt vom 28. September 2016 - 1 WB 3.16 - Rn. 27 ff.).

Nach § 6 Abs. 1 WBO darf die Beschwerde frühestens nach Ablauf einer Nacht und muss innerhalb eines Monats eingelegt werden, nachdem der Beschwerdeführer von dem Beschwerdeanlass Kenntnis erhalten hat. Kenntnis vom Beschwerdeanlass hat ein Soldat, wenn ihm die Umstände bekannt sind, aus denen sich die von ihm empfundene Beeinträchtigung ergibt (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. Januar 2013 - 1 WB 5.12 - [...] Rn. 27, m.w.N.). Bei Konkurrentenstreitigkeiten - wie hier - bedeutet dies, dass der Soldat von der endgültig getroffenen Auswahlentscheidung zugunsten des Konkurrenten oder davon Kenntnis erhält, dass er selbst nicht auf dem angestrebten Dienstposten verwendet werden soll (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 13. August 2008 - 1 WB 45.07 - Buchholz 450.1 § 6 WBO Nr. 5 Rn. 21). Anders als § 17 Abs. 4 Satz 1 WBO , der den Beginn der gerichtlichen Antragsfrist an die Zustellung des zurückweisenden Beschwerdebescheids knüpft, setzt § 6 Abs. 1 WBO für den Beginn der Beschwerdefrist nur die tatsächliche, positive Kenntnis vom Beschwerdeanlass voraus. Etwas anderes gilt (nur) dann, wenn für eine truppendienstliche Maßnahme eine bestimmte Art der Bekanntgabe durch eine gesetzliche Regelung oder eine Verwaltungsvorschrift vorgeschrieben ist oder in ständiger Verwaltungspraxis durchgeführt wird; dann beginnt die Frist für die Einlegung des Rechtsbehelfs erst mit dieser förmlichen Bekanntgabe zu laufen (stRspr; vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 16. Juli 2013 - 1 WB 43.12 - Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 87 Rn. 30).

Für die Mitteilung einer Auswahlentscheidung über eine höherwertige militärische Verwendung ist weder eine besondere Form (schriftlich oder mündlich) noch eine bestimmte Stelle oder Person vorgeschrieben. Es gibt auch keine dahingehende ständige Verwaltungspraxis. Die Auswahlentscheidung konnte deshalb vorliegend durch den hierfür autorisierten Personalführer, und zwar nicht notwendigerweise schriftlich, sondern auch mündlich übermittelt werden. Für den Beginn der Beschwerdefrist maßgeblich ist damit möglicherweise nicht die vom Antragsteller als "offizieller Bescheid" gewertete E-Mail vom 9. November 2015, sondern - wie dies insbesondere der Beigeladene geltend macht - eine vom Antragsteller bereits zu einem früheren Zeitpunkt (fern-)mündlich durch seinen Personalführer erlangte positive Kenntnis davon, dass die Auswahl für den strittigen Dienstposten nicht zu seinen Gunsten ausgefallen ist.

Bezogen auf die E-Mail vom 9. November 2015 spricht viel dafür, dass die Beschwerde vom 27. November 2015 rechtzeitig erhoben wurde, weil der Personalstabsoffizier, der die Beschwerde am selben Tage abgezeichnet hat, für den Disziplinarvorgesetzten des Antragstellers (§ 5 Abs. 1 Satz 1 WBO ) empfangszuständig sein dürfte (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 15. Juli 2008 - 1 WB 1.08 - Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 73 Rn. 21 ff.). Ob und gegebenenfalls wann der Antragsteller zu einem früheren Zeitpunkt, insbesondere bereits vor dem 27. Oktober 2015, in dem beschriebenen Sinne Kenntnis vom Beschwerdeanlass hatte, lässt sich nach den vorliegenden Akten nicht gesichert beurteilen; diese Frage wird, sofern es darauf ankommt, im Hauptsacheverfahren zu klären sein.

b) Ein Anordnungsanspruch ist jedenfalls deshalb nicht gegeben, weil der Antragsteller nicht verlangen konnte, in einen Eignungs- und Leistungsvergleich zur Besetzung des nach Besoldungsgruppe A 16 bewerteten Dienstpostens des Kommandeurs ... einbezogen zu werden. Das Auswahlverfahren war durch die Organisationsgrundentscheidung "Querversetzung" wirksam auf Bewerber beschränkt, die - wie der Beigeladene, nicht aber der Antragsteller - bereits einen Dienstposten der Besoldungsebene A 16 innehatten.

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl.- auch zum Folgenden - BVerwG, Beschlüsse vom 25. März 2010 - 1 WB 37.09 - BVerwGE 136, 204 Rn. 22, 26 und vom 26. März 2015 - 1 WB 26.14 - [...] Rn. 26 f.) ist ein Eignungs- und Leistungsvergleich am Maßstab des Art. 33 Abs. 2 GG und des § 3 Abs. 1 SG dann vorzunehmen, wenn über die Bewerbung mehrerer Soldaten um eine für sie jeweils höherwertige Verwendung zu entscheiden ist ("Förderungsbewerber"); ein an diesem Maßstab orientierter Eignungs- und Leistungsvergleich ist hingegen nicht geboten, wenn der von einem Bewerber innegehabte und der von ihm angestrebte Dienstposten besoldungsmäßig gleich bewertet sind ("Versetzungsbewerber"). Die dem Bundesministerium der Verteidigung zustehende Organisations- und Personalhoheit berechtigt es und die in seinem Auftrag handelnden personalbearbeitenden Stellen, bei der Besetzung eines freien Dienstpostens vor der Auswahlentscheidung nach einem im Wesentlichen personalwirtschaftlich bestimmten Ermessen festzulegen, ob der Dienstposten im Wege einer förderlichen Besetzung (mit anschließender Beförderung oder Einweisung in die Planstelle einer höheren Besoldungsgruppe) oder mittels einer Versetzung ohne derartige Förderung besetzt werden soll. Welches Modell das Bundesministerium der Verteidigung oder die in seinem Auftrag handelnde personalbearbeitende Stelle der Entscheidung über die Besetzung eines freien Dienstpostens zugrunde legt, ist in einer Organisationsgrundentscheidung spätestens vor der Auswahlentscheidung festzulegen.

bb) Wie sich aus der Eintragung "Querversetzung" in der Rubrik "Organisationsgrundentscheidung" unter Nr. 1 des Planungsbogens ergibt, hat das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr (im Folgenden: Bundesamt für das Personalmanagement) entschieden, den Dienstposten des Kommandeurs ... mit einem Versetzungsbewerber zu besetzen. Diese Einschränkung des Kandidatenkreises auf Versetzungsbewerber - unter Ausschluss von Förderungsbewerbern - ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Sachwidrige Gesichtspunkte, mit denen das Bundesamt für das Personalmanagement die Grenzen seines grundsätzlich weiten organisatorischen Ermessensspielraums überschritten hätte, sind nicht erkennbar. Es ist insbesondere nichts dafür vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass der Dienstposten des Kommandeurs ... in einer Weise für eine Besetzung mit Förderungsbewerbern vorgeprägt wäre, dass ein Abweichen hiervon besonders begründungsbedürftig wäre. Keinen Bedenken begegnet auch die - unter Nr. 2.2 des Planungsbogens offengelegte - Vorgehensweise, im Vorfeld der Organisationsgrundentscheidung zunächst alle grundsätzlich in Betracht kommenden Offiziere mit Verbandsführervorschlag der Dotierungsebene A 16, darunter auch potentielle Förderungsbewerber, und deren jeweilige Verwendungsplanung zu sichten; es spricht nichts dagegen, vor der Organisationsgrundentscheidung zu prüfen und zu berücksichtigen, ob für das jeweilige Besetzungsmodell überhaupt grundsätzlich geeignete Kandidaten zur Verfügung stehen werden. In diesem Zusammenhang wäre eine Verletzung individueller Rechte des Antragstellers aus Art. 33 Abs. 2 GG und § 3 Abs. 1 SG allerdings dann in Erwägung zu ziehen, wenn es begründete Anhaltspunkte dafür gäbe, dass die Organisationsgrundentscheidung des Bundesamts für das Personalmanagement einer gezielten Ausgrenzung speziell des Antragstellers aus dem Bewerberkreis für den strittigen Dienstposten dienen sollte (zu dieser Einschränkung des personalwirtschaftlichen Ermessens des Dienstherrn: BVerwG, Beschluss vom 26. November 2013 - 1 WB 5.13 - [...] Rn. 23). Derartige Anhaltspunkte sind für den Senat jedoch nicht ersichtlich und vom Antragsteller auch nicht vorgetragen.

Der Antragsteller hat im Übrigen keinen Anspruch darauf, dass eine Organisationsgrundentscheidung getroffen wird, die seine Mitbetrachtung im Eignungs- und Leistungsvergleich eröffnet. Aus Art. 33 Abs. 2 GG und § 3 Abs. 1 SG folgt kein individueller Anspruch eines Soldaten auf eine Organisationsgrundentscheidung, neben ausschließlichen Versetzungsbewerbern auch Förderungsbewerber in die Auswahl für einen bestimmten Dienstposten einzubeziehen (vgl. im Einzelnen BVerwG, Beschluss vom 26. November 2013 - 1 WB 5.13 -[...] Rn. 25).

Der Antragsteller kann ferner nicht mit dem Einwand durchdringen, dass mit der Entscheidung für eine Dienstpostenbesetzung mit einem Versetzungsbewerber an anderer Stelle ein nach Besoldungsgruppe A 16 bewerteter Dienstposten frei werde. Es liegt im personalwirtschaftlichen Ermessen des Bundesamts für das Personalmanagement, an welcher Stelle es den Zugang für Förderungsbewerber auf die höherwertige Verwendungsebene öffnen will. Gegenstand der Auswahlentscheidung und deren gerichtlicher Überprüfung ist ausschließlich der hier strittige Dienstposten des Kommandeurs ...; "Besetzungsketten" müssen dabei nicht berücksichtigt werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. März 2010 - 1 WB 37.09 - BVerwGE 136, 204 Rn. 28).

Die Organisationsgrundentscheidung wurde schließlich auch vor der Auswahlentscheidung getroffen. Dies ergibt sich daraus, dass die Stellungnahmen der am Verfahren beteiligten Stellen (Nr. 3.1 des Planungsbogens) auf der Grundlage des Planungsbogens, der die Organisationsgrundentscheidung für das Versetzungsbewerbermodell und eine diesem Modell entsprechende Kandidatenvorstellung und Auswahlempfehlung (Nr. 2.1, 2.3 und 2.4 des Planungsbogens) enthält, am 23. März 2015 und 22. Juli 2015 und damit vor der Auswahlentscheidung vom 29. Juli 2015 erfolgten. Dahingestellt kann bleiben, ob aus der Zuständigkeit des Präsidenten des Bundesamts für das Personalmanagement für die Auswahlentscheidung folgt, dass er auch die Organisationsgrundentscheidung zu treffen hat und diese nicht dem die Entscheidung vorbereitenden Abteilungsleiter überlassen bleiben darf. Denn auch im ersteren Falle hätte der Präsident des Bundesamts für das Personalmanagement, indem er die Auswahl unter den Kandidaten auf der Basis des ihm vorgelegten Planungsbogens getroffen hat, zeitlich vorgängig die in dem Planungsbogen enthaltene und das Kandidatenfeld bestimmende Organisationsgrundentscheidung gebilligt (vgl. für einen ähnlich gelagerten Fall - Organisationsgrundentscheidung als Bestandteil des Protokolls einer Auswahlkonferenz - BVerwG, Beschluss vom 25. März 2010 - 1 WB 37.09 - BVerwGE 136, 204 Rn. 33).

cc) Der Antragsteller, ein Oberstleutnant (Besoldungsgruppe A 15), wurde weder in der Vergangenheit noch wird er aktuell als Einsatzführungsstabsoffizier bei der ... auf einem nach Besoldungsgruppe A 16 bewerteten Dienstposten verwendet. Er musste deshalb nicht in die auf Versetzungsbewerber beschränkte Auswahl zur Besetzung des nach Besoldungsgruppe A 16 bewerteten Dienstpostens des Kommandeurs ... einbezogen zu werden. Seine Bewerbung durfte vielmehr allein aufgrund der Organisationsgrundentscheidung "Querversetzung" abgelehnt werden; Auswahlerwägungen nach dem Leistungsprinzip (Art. 33 Abs. 2 GG , § 3 Abs. 1 SG ) waren hierzu nicht erforderlich (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. März 2015 - 1 WB 26.14 - [...] Rn. 30 m.w.N.).

3. Der Beigeladene hat mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 26. Juli 2016 einen eigenen Antrag gestellt, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückzuweisen. Die ihm im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht erwachsenen notwendigen Aufwendungen sind deshalb in entsprechender Anwendung von § 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 1 WBO dem Bund aufzuerlegen (vgl. zum Folgenden auch bereits BVerwG, Beschluss vom 13. April 2011 - 1 WB 21.10 - Rn. 62 ff.).

Der Senat hat im Grundsatzbeschluss vom 9. Februar 2011 (- 1 WB 59.10 -BVerwGE 139, 11, insb. Rn. 21) zur Anwendbarkeit von § 65 Abs. 2 VwGO im Wehrbeschwerdeverfahren ausgeführt, dass der beizuladende ausgewählte Bewerber wie der jeweilige Antragsteller Adressat der strittigen Auswahlentscheidung sei; beiden Soldaten gehe es um den Schutz ihrer Rechte; damit korrespondiere eine Beteiligtenstellung sowohl für den Antragsteller als auch für den Beizuladenden. Die Erweiterung des Kreises der Beteiligten durch die Beiladung erfolge allein auf der Seite der Rechtsschutz suchenden Soldaten. Damit stehe der Beigeladene im Hinblick auf den von ihm in Anspruch genommenen Rechtsschutz dem Antragsteller gleich.

Diese Konstellation rechtfertigt es, den Beigeladenen, wenn er - wie hier - einen eigenen Antrag gestellt hat, auch hinsichtlich der Erstattung seiner notwendigen Aufwendungen in derselben kostenrechtlichen Position zu sehen wie den Antragsteller, dem durch Art. III Nr. 13 des Gesetzes zur Neuordnung des Wehrdisziplinarrechts vom 21. August 1972 (BGBl I S. 1481) ein Kostenerstattungsanspruch gegen den Bund eingeräumt worden ist. Der Kostenerstattungsanspruch des mit seinem Antrag erfolgreichen Beigeladenen richtet sich - wie es auch bei einem entsprechenden Anspruch des Antragstellers der Fall wäre - gegen den "Bund". Dessen Kostenpflicht beruht nicht auf einem Unterliegen im Verfahren, sondern darauf, dass der Bund Träger des Rechtsschutzsystems der Wehrbeschwerdeordnung ist.

Eine Belastung des Antragstellers mit den notwendigen Aufwendungen, wie es der Beigeladene mit dem Schriftsatz vom 26. Juli 2016 ebenfalls beantragt hat, kommt in Ermangelung einer entsprechenden Kostenlastbestimmung dagegen nicht in Betracht. § 162 Abs. 3 VwGO ist im Wehrbeschwerdeverfahren nicht entsprechend anwendbar. Diese Norm über die Erstattungsfähigkeit setzt die Geltung des § 154 Abs. 1 VwGO im Wehrbeschwerdeverfahren voraus. Dem steht aber nicht nur die abschließende Regelung über eine nur ausnahmsweise zulässige Kostenbelastung des Antragstellers in § 20 Abs. 2 WBO entgegen, sondern auch der Umstand, dass § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO mit der Anknüpfung an die "unterliegende Partei" an ein kontradiktorisches Verfahren gebunden sind. Der entsprechenden Anwendung steht deshalb die nicht kontradiktorische Eigenart des Wehrbeschwerdeverfahrens entgegen (§ 23a Abs. 2 WBO ).