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BVerwG - Entscheidung vom 21.09.2016

6 A 8.14

Normen:
BArchG § 4 Abs. 2
BArchG § 5 Abs. 8

BVerwG, Beschluss vom 21.09.2016 - Aktenzeichen 6 A 8.14

DRsp Nr. 2016/18471

Anspruch auf Auskunft über nachrichtendienstlichen Verbindungen und Pressesonderverbindungen des Bundesnachrichtendienstes in journalistischen Bereichen

1. Die Verweigerungsgründe des postmortalen Persönlichkeitsschutzes, des entgegenstehenden Staatswohls in Form des Quellenschutzes und des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung der Betroffenen und ihrer Angehörigen sind sowohl beim verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruch der Presse als auch beim archivrechtlichen Benutzungsanspruch zu prüfen. Aufgrund des verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruchs können Pressevertreter in geeigneter Form behördliche Auskünfte nur verlangen, soweit berechtigte schutzwürdige Interessen Privater oder öffentlicher Stellen an der Vertraulichkeit von Informationen nicht entgegenstehen. Der Anspruch auf Benutzung von Unterlagen nach § 5 Abs. 8 BArchG setzt ebenso voraus, dass in entsprechender Anwendung seines Absatzes 6 kein Grund zu der Annahme besteht, dass das Wohl der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährdet würde oder schutzwürdige Belange Dritter entgegenstehen.2. Das Vorliegen von Verweigerungsgründen des Bundesnachrichtendienstes ist entscheidungserheblich, weil dieser auch im Inland tätig werden kann, wenn dies der Erfüllung seiner Aufgabe dient, Erkenntnisse über das Ausland, die von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung für die Bundesrepublik sind, zu gewinnen.3. Zwar ist davon auszugehen, dass Behörden wie der Bundesnachrichtendienst bei der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben auf Angaben Dritter angewiesen sind und sie zum Schutz des Informanten grundsätzlich dessen Identität geheim halten dürfen. Entsprechendes gilt für Informationen, die ihnen von anderen Stellen vertraulich übermittelt wurden. Die Erfüllung der Aufgaben des Bundesnachrichtendienstes dient grundsätzlich gewichtigen öffentlichen Belangen, die ein Geheimhaltungsbedürfnis von Informanten - auch über deren Tod hinaus - rechtfertigen können. Ob aber die Erfüllung dieser öffentlichen Aufgaben durch die Preisgabe der Identität des Dritten ernstlich gefährdet oder erheblich erschwert würde, lässt sich bei lange zurückliegenden Vorgängen nicht losgelöst von den Umständen des Einzelfalles beantworten. Vielmehr bedarf es hierzu der Feststellung, dass auch in Ansehung der verstrichenen Zeit nach Abschluss des operativen Vorgangs eine Nennung des Informanten die öffentliche Aufgabe noch ernstlich gefährden oder erheblich erschweren würde.4. Unter dem Aspekt des Schutzes der Arbeitsweise ist ein Geheimhaltungsbedürfnis ebenfalls nur anzuerkennen, wenn die Namensnennung Rückschlüsse auf die (gegenwärtige) Organisation der Behörde, ihre Art und Weise der Informationsbeschaffung, aktuelle Informationsmethoden oder die praktizierte Zusammenarbeit mit anderen Stellen zulässt.

Tenor

Der Beklagten wird aufgegeben, dem Senat bis 7. November 2016 diejenigen Unterlagen vollständig und ungeschwärzt vorzulegen, aus denen sich

a)

die weitere nachrichtendienstliche Verbindung sowie die vier weiteren Pressesonderverbindungen, die der Bundesnachrichtendienst nach den Angaben im Schreiben vom 18. August 2014 im Bereich der Klägerin eingesetzt hat, sowie

b)

die hauptamtlichen Mitarbeiter der Beklagten, die Ansprechpartner der zwei nachrichtendienstlichen Verbindungen und fünf Pressesonderverbindungen des Bundesnachrichtendienstes im Bereich der Klägerin gewesen sind,

ergeben.

Normenkette:

BArchG § 4 Abs. 2; BArchG § 5 Abs. 8;

Gründe

I

Unter Benutzung seiner beruflichen E-Mail-Adresse bat Herr S., Chefreporter der zur Klägerin gehörenden ... Zeitung, mit E-Mail vom 28. Februar 2014 beim Bundesnachrichtendienst unter Berufung auf Art. 5 GG , das Landespressegesetz und das Bundesarchivgesetz um Auskunft zu Fragen, die verschiedene Sachbereiche betreffen. So begehrte er u.a. die Beantwortung der Frage, welche Quellen, nachrichtendienstliche Verbindungen und Sonderverbindungen der Bundesnachrichtendienst im Axel-Springer-Verlag, insbesondere in den Reihen der Journalisten, hatte und durch wen diese abgeschöpft oder beobachtet wurden.

Der Bundesnachrichtendienst wertete diese E-Mail als presserechtliches Auskunftsersuchen und lehnte mit Schreiben vom 18. August 2014 die Beantwortung der streitgegenständlichen Frage des Herrn S. zu den Quellen, nachrichtendienstlichen Verbindungen, Pressesonderverbindungen und Mitarbeitern des Bundesnachrichtendienstes mit Verweis auf das Persönlichkeitsrecht noch lebender Verbindungen bzw. auf das postmortale Persönlichkeitsrecht der verstorbenen Personen sowie auf Staatswohlgründe überwiegend ab. Er teilte lediglich mit, zu insgesamt sieben Journalisten der Klägerin Kontakt gehabt und die Zusammenarbeit wegen Unergiebigkeit eingestellt zu haben. Von vier Personen sei bekannt und bei einer davon auszugehen, dass sie bereits verstorben seien; bei zwei Personen sei nicht bekannt, ob sie noch lebten. In zwei Fällen habe es sich um nachrichtendienstliche Verbindungen, darunter Dr. ... M., und in fünf Fällen um Pressesonderverbindungen, darunter Dr. ... S., gehandelt. Die Namen dieser beiden Personen könne der Bundesnachrichtendienst offen legen, weil das Aufklärungsinteresse der Klägerin wegen der NS-Belastung der beiden Personen ausnahmsweise vorrangig sei. Die Nennung der fünf weiteren Kontaktpersonen sei aus den genannten Gründen abzulehnen.

Gegen die Ablehnung der weitergehenden Auskunftserteilung legte die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten mit Schreiben vom 9. Oktober 2014 vorsorglich Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, dass sie ihr Auskunftsbegehren als Betroffene auch auf § 4 Abs. 2 BArchG gestützt habe, das mit der Auskunftserteilung vom 18. August 2014 nicht beschieden worden sei. Über den Widerspruch ist bisher noch nicht entschieden worden.

Am 4. November 2014 hat die Klägerin Klage erhoben und ihren Auskunftsanspruch weiterverfolgt. Nach ihrer Auffassung könne sie ihr Auskunftsbegehren auf Ansprüche stützen, die ihr als Betroffene, als Presseorgan und als Nichtbetroffene nach dem Bundesarchivgesetz zustünden. Auf schutzwürdige entgegenstehende Interessen könne sich die Beklagte nicht berufen, da sie - die Klägerin - die Nennung von Namen bereits verstorbener Verbindungen begehre.

Die Beklagte hält die Klage mangels Antrags der Klägerin im Verwaltungsverfahren für unzulässig, hilfsweise für unbegründet. Die geltend gemachten Ansprüche lägen bereits tatbestandlich oder aber deshalb nicht vor, weil dem Auskunftsbegehren die geltend gemachten Verweigerungsgründe entgegengehalten werden könnten.

Während des Klageverfahrens hat die Klägerin bei der Beklagten mit Schreiben vom 6. April und 28. Mai 2015 unter Verweis auf den presserechtlichen Auskunftsanspruch erneut um Auskunft ersucht.

II

Der Beklagten ist die Vorlage der im Tenor des Beschlusses bezeichneten, beim Bundesnachrichtendienst geführten Unterlagen gemäß § 86 Abs. 1 und § 99 Abs. 1 VwGO aufzugeben. Der Senat benötigt die Unterlagen, um über das Auskunftsbegehren der Klägerin entscheiden zu können, soweit sie ihr Auskunftsbegehren auf presserechtliche und Jedermann nach § 5 Abs. 8 BArchG zustehende Ansprüche stützt. Insoweit erachtet der Senat die Klage als zulässig (1.) und das Vorliegen von Verweigerungsgründen als entscheidungserheblich (2.).

1. Die Klage ist nach Auffassung des Senats zulässig, soweit die Klägerin ihr Auskunftsersuchen auf presserechtliche Ansprüche und den Anspruch nach § 5 Abs. 8 BArchG stützt. Der Klage kann insbesondere kein fehlendes Rechtsschutzbedürfnis entgegengehalten werden, weil die Klägerin im Verwaltungsverfahren keinen Antrag gestellt habe. Denn die Klägerin kann sich insoweit den Antrag ihres Chefreporters, der den Antrag in seiner Eigenschaft als Journalist der Klägerin und als Nichtbetroffener nach dem Bundesarchivgesetz gestellt hat, zu Eigen machen.

2. Für das Auskunftsbegehren der Klägerin kommen der durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleistete verfassungsunmittelbare Auskunftsanspruch der Presse und der Anspruch auf Benutzung von Unterlagen gemäß § 5 Abs. 8 i.V.m. Abs. 1 bis 7 BArchG als Anspruchsgrundlagen in Betracht. Gegenüber diesen Anspruchsgrundlagen folgt aus dem ebenfalls von der Klägerin herangezogenen Art. 10 EMRK kein weitergehender Anspruch auf Zugang zu Unterlagen des Bundesnachrichtendienstes (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 16. März 2016 - 6 C 65.14 [ECLI:DE:BVerwG:2016:160316U6C65.14.0] - NVwZ 2016, 1020 Rn. 29 f.).

Die Prüfung der von der Beklagten geltend gemachten Verweigerungsgründe ist entscheidungserheblich (a) und bedingt die Vorlage der angeforderten Unterlagen (b).

a) Die von der Beklagten geltend gemachten Verweigerungsgründe des postmortalen Persönlichkeitsschutzes, des entgegenstehenden Staatswohls in Form des Quellenschutzes und des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung der Betroffenen und ihrer Angehörigen sind sowohl beim verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruch der Presse als auch beim archivrechtlichen Benutzungsanspruch zu prüfen. Aufgrund des verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruchs können Pressevertreter in geeigneter Form behördliche Auskünfte nur verlangen, soweit berechtigte schutzwürdige Interessen Privater oder öffentlicher Stellen an der Vertraulichkeit von Informationen nicht entgegenstehen (BVerwG, Urteile vom 25. März 2015 - 6 C 12.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:250315U6C12.14.0] - BVerwGE 151, 348 Rn. 24 und vom 16. März 2016 - 6 C 65.14 - NVwZ 2016, 1020 Rn. 16). Der Anspruch auf Benutzung von Unterlagen nach § 5 Abs. 8 BArchG setzt ebenso voraus, dass in entsprechender Anwendung seines Absatzes 6 - soweit hier von Bedeutung - kein Grund zu der Annahme besteht, dass das Wohl der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährdet würde (Nr. 1) oder schutzwürdige Belange Dritter entgegenstehen (Nr. 2).

Das Vorliegen von Verweigerungsgründen ist entscheidungserheblich, weil der Bundesnachrichtendienst auch im Inland tätig werden kann, wenn dies der Erfüllung seiner Aufgabe dient, Erkenntnisse über das Ausland, die von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung für die Bundesrepublik sind, zu gewinnen (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 2 BNDG). Dies war auch schon vor Inkrafttreten des Gesetzes über den Bundesnachrichtendienst (BNDG) vom 20. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2954) mit Wirkung vom 30. Dezember 1990 zulässig (vgl. zu den Aufgaben und Aktivitäten des BND vor 1990; Gusy; in: Schenke/Graulich/ Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, 2014, Vorbemerkungen Rn. 1 ff.). Das Vorliegen von Verweigerungsgründen ist daher entscheidungserheblich.

b) Der Senat kann über die Klage nicht ohne Einsicht in diejenigen Unterlagen entscheiden, die Aufschluss über die weitere nachrichtendienstliche Verbindung und die vier weiteren Pressesonderverbindungen sowie über die für sämtliche Verbindungen als Ansprechpartner tätigen hauptamtlichen Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes geben.

Die geltend gemachten Verweigerungsgründe lassen keine Entscheidung über die Klage ohne Einsichtnahme in die Unterlagen zu. Zwar kann sich die Beklagte vorliegend nicht mit Erfolg auf den postmortalen Persönlichkeitsschutz der hinter den Verbindungen stehenden Personen (aa) berufen. Mit Blick auf das informationelle Selbstbestimmungsrecht (bb) und das öffentliche Interesse an der Sicherstellung der Aufgabenerfüllung zum Wohl des Staates (cc) bedarf es jedoch einer Prüfung anhand der Unterlagen, um die Begründetheit der Klage beurteilen zu können.

aa) Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg auf das postmortale Persönlichkeitsrecht der verstorbenen Personen berufen, zu denen sie nachrichtendienstliche Verbindungen und Pressesonderverbindungen unterhalten hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts endet die in Art. 1 Abs. 1 GG aller staatlichen Gewalt auferlegte Verpflichtung, dem Einzelnen Schutz gegen Angriffe auf seine Menschenwürde zu gewähren, nicht mit dem Tod. Ein Verstorbener wird allerdings nicht durch das Grundrecht der freien Entfaltung der Persönlichkeit aus Art. 2 Abs. 1 GG geschützt, weil Träger dieses Grundrechts nur lebende Personen sind. In der Folge sind die Schutzwirkungen des verfassungsrechtlichen postmortalen Persönlichkeitsrechts nicht identisch mit denen, die sich aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG für den Schutz lebender Personen ergeben. Der postmortale Persönlichkeitsschutz erfasst daher zum einen postmortal den allgemeinen Achtungsanspruch, der dem Menschen kraft seines Personseins zusteht und den Verstorbenen insbesondere davor bewahrt, herabgewürdigt oder erniedrigt zu werden (vgl. nur BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 5. April 2001 - 1 BvR 932/94 - NJW 2001, 2957 ). Zum anderen erstreckt sich der postmortale Persönlichkeitsschutz auf den sittlichen, personalen und sozialen Geltungswert, den die Person durch ihre eigene Lebensleistung erworben hat, und schützt vor einer "Verfälschung" des Lebensbildes (vgl. im Einzelnen BVerfG, Beschluss vom 24. Februar 1971 - 1 BvR 435/68 - BVerfGE 30, 173 <196>). Beide Ausprägungen des postmortalen Persönlichkeitsschutzes werden nicht durch die Offenlegung wahrer Tatsachen berührt, da hiermit weder eine herabwürdigende oder erniedrigende oder vergleichbare Behandlung noch eine Verfälschung des Lebensbildes verbunden ist.

bb) In dem Schreiben des Bundesnachrichtendienstes vom 18. August 2014 ist offen geblieben, ob die weiteren Personen zu denen der Bundesnachrichtendienst nachrichtendienstliche Verbindungen und die weiteren Pressesonderverbindungen unterhalten hat, noch leben oder bereits verstorben sind. Die nur durch die Unterlagen zu erlangende Kenntnis hierüber ist mit Blick auf die Geltendmachung des informationellen Selbstbestimmungsrechts als Verweigerungsgrund einerseits und die Beschränkung des klägerischen Auskunftsbegehrens auf bereits verstorbene Verbindungen andererseits entscheidungserheblich.

cc) Auch die Prüfung des öffentlichen Interesses an der Sicherstellung der Aufgabenerfüllung zum Wohl des Staates als Verweigerungsgrund erfordert vorliegend die Einsichtnahme in die im Tenor angeforderten Unterlagen.

(1) Die Beklagte beruft sich unter dem Gesichtspunkt des Quellenschutzes auf die Sicherstellung der Aufgabenerfüllung zum Wohl des Staates als Verweigerungsgrund und macht diesen sowohl für die nachrichtendienstlichen Verbindungen als auch die Pressesonderverbindungen geltend. Insoweit ist anhand der Unterlagen zu klären, ob und in welchem Umfang die weitere nachrichtendienstliche Verbindung und die weiteren Pressesonderverbindungen für den Bundesnachrichtendienst tätig geworden sind. Denn nach Auffassung des Senats kann sich die Beklagte hinsichtlich dieser Verbindungen nur dann auf den Quellenschutz berufen, wenn eine Person zur Aufgabenerledigung im Bereich der Informationsgewinnung eingesetzt worden ist. Hierzu bedarf es entsprechender Feststellungen des Senats, die nur anhand der angeforderten Unterlagen getroffen werden können. Nach den Angaben der Beklagten in der mündlichen Verhandlung hat sie die Qualifizierung der Verbindungen als nachrichtendienstliche oder als Pressesonderverbindung danach vorgenommen, ob diese für die Informationsgewinnung gezielt oder nicht gezielt eingesetzt worden seien. Dabei seien die Grenzen in diesem Bereich fließend gewesen, sodass zunächst als Pressesonderverbindungen eingesetzte Personen zu nachrichtendienstlichen Verbindungen werden konnten. Eine klare Abgrenzung dieser Gruppen habe es aber nicht gegeben, sodass es an einer einheitlichen Handhabung gefehlt habe. Damals seien jedenfalls beide Gruppen wie Quellen behandelt worden. Angesichts dessen hat der Senat zu prüfen, ob und gegebenenfalls unter welchen Umständen die betroffenen Personen von dem Bundesnachrichtendienst gezielt zur Informationsgewinnung eingesetzt worden sind.

(2) Soweit nach den vorstehenden Ausführungen der Verweigerungsgrund des Quellenschutzes in Betracht kommt, reicht die bloße Geltendmachung dieses Grundes nach Auffassung des Senats jedenfalls dann nicht aus, wenn es sich bei den Verbindungen um Informanten handelt, die bei lange zurückliegenden, abgeschlossenen Vorgängen eingesetzt worden sind, sodass eine aktuelle Beeinträchtigung der Aufgabenerfüllung der Beklagten nicht gleichsam von selbst auf der Hand liegt.

Zwar ist davon auszugehen, dass Behörden wie der Bundesnachrichtendienst bei der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben auf Angaben Dritter angewiesen sind und sie zum Schutz des Informanten grundsätzlich dessen Identität geheim halten dürfen. Entsprechendes gilt für Informationen, die ihnen von anderen Stellen vertraulich übermittelt wurden. Dem Wohl des Bundes würden Nachteile bereitet, wenn diese Daten unter Missachtung einer zugesagten oder vorausgesetzten Vertraulichkeit an Dritte bekanntgegeben würden (BVerwG, Beschluss vom 7. August 2013 - 20 F 9.12 - [...] Rn. 15 m.w.N.). Die Erfüllung der Aufgaben des Bundesnachrichtendienstes dient grundsätzlich gewichtigen öffentlichen Belangen, die ein Geheimhaltungsbedürfnis von Informanten - auch über deren Tod hinaus - rechtfertigen können. Ob indes die Erfüllung dieser öffentlichen Aufgaben durch die Preisgabe der Identität des Dritten ernstlich gefährdet oder erheblich erschwert würde, lässt sich bei lange zurückliegenden Vorgängen - hier mehrere Jahrzehnte - nicht losgelöst von den Umständen des Einzelfalles beantworten. Vielmehr bedarf es hierzu der Feststellung, dass auch in Ansehung der verstrichenen Zeit nach Abschluss des operativen Vorgangs eine Nennung des Informanten die öffentliche Aufgabe noch ernstlich gefährden oder erheblich erschweren würde.

(3) Unter dem Aspekt des Schutzes der Arbeitsweise ist ein Geheimhaltungsbedürfnis ebenfalls nur anzuerkennen, wenn die Namensnennung Rückschlüsse auf die (gegenwärtige) Organisation der Behörde, ihre Art und Weise der Informationsbeschaffung, aktuelle Informationsmethoden oder die praktizierte Zusammenarbeit mit anderen Stellen, mithin auf die gegenwärtige Arbeitsweise oder gegenwärtige Aufklärungsarbeit des Bundesnachrichtendienstes zulässt. Dies kann im vorliegenden Fall, der den ca. 50 Jahre zurückliegenden Kontakt des Bundesnachrichtendienstes zu Journalisten der Klägerin betrifft, nur anhand der angeforderten Unterlagen überprüft werden.

(4) Schließlich ist auch für die begehrte Nennung der hauptamtlichen Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes, die Ansprechpartner der im Bereich der Klägerin eingesetzten Verbindungen gewesen sind, von entscheidungserheblicher Bedeutung, ob sich aus ihrer Offenlegung vor allem im Rahmen einer umfangreichen Zusammenschau Rückschlüsse auf die gegenwärtige Organisation der Sicherheitsbehörden, die Art und Weise ihrer Informationsbeschaffung, aktuelle Ermittlungsmethoden oder die praktizierten Methoden ihrer Zusammenarbeit mit anderen Stellen ableiten lassen (vgl. zu § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO ; BVerwG, Beschlüsse vom 4. März 2010 - 20 F 3.09 - [...] Rn. 6, vom 19. April 2010 - 20 F 13.09 - BVerwGE 136, 345 Rn. 19 und vom 10. Januar 2012 - 20 F 1.11 - AfP 2012, 298 Rn. 28). Zu solchen Rückschlüssen grundsätzlich geeignet sind unter anderem namentliche Hinweise auf Bearbeiter (BVerwG, Beschluss vom 23. März 2009 - 20 F 11.08 - [...] Rn. 9). Diese Prüfung ist konkret anhand der angeforderten Unterlagen vorzunehmen. Denn der Schutz nachrichtendienstlicher Belange besteht nicht um ihrer selbst willen, sondern wird nur mit Blick auf die künftige Arbeit der Sicherheitsbehörden gewährt. Bei seit langem abgeschlossenen Vorgängen muss daher erkennbar sein, dass ihre vollständige Offenlegung auch heute noch Rückschlüsse auf die gegenwärtige Arbeitsweise oder die gegenwärtige Aufklärungsarbeit des Bundesnachrichtendienstes zulässt (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 10. Januar 2012 - 20 F 1.11 - AfP 2012, 298 Rn. 29 f.).