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BGH - Entscheidung vom 28.06.2016

X ZR 50/14

Normen:
PatG § 81 Abs. 1 S. 2
ZPO § 263
ZPO § 265 Abs. 2
ZPO § 269 Abs. 1

BGH, Urteil vom 28.06.2016 - Aktenzeichen X ZR 50/14

DRsp Nr. 2016/15259

Streitpatent betreffend die Verwendung von Xanthophyllen als einer Gruppe von Carotinoiden, insbesondere von Astaxanthin, zur Herstellung eines Medikaments; Bereitstellung eines Medikaments zur Verbesserung der physischen Leistungsfähigkeit der Muskeln von Menschen oder Säugetieren; Behandlung eines im Patentnichtigkeitsverfahren gewillkürten Beklagtenwechsels in erster Instanz aufgrund Erklärung des Klägers wie eine Klageänderung; Beruhen des Patentanspruchs auf erfinderischer Tätigkeit

Tenor

Die Berufung gegen das am 17. Dezember 2013 verkündete Urteil des 3. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts wird zurückgewiesen.

Der Beklagten werden - unter Aufhebung des angefochtenen Urteils im Kostenpunkt - die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin auferlegt.

Normenkette:

PatG § 81 Abs. 1 S. 2; ZPO § 263 ; ZPO § 265 Abs. 2 ; ZPO § 269 Abs. 1 ;

Tatbestand

Die Nichtigkeitsklage betrifft das am 26. August 1998 unter Inanspruchnahme einer Unionspriorität vom 4. September 1997 angemeldete und mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilte europäische Patent 1 011 653 (Streitpatent). Anspruch 1 des Streitpatents, auf den die Patentansprüche 2 bis 5 unmittelbar oder mittelbar rückbezogen sind, hat folgenden Wortlaut:

"Use of at least one type of xanthophylles in the preparation of a medicament for the prophylactic and/or therapeutic improvement of the duration of mammalian muscle function and/or treatment of mammalian muscle disorders or diseases."

Die Klägerin hat ihre Klage zunächst gegen die B. AB als Beklagte gerichtet. Diese war bei Zustellung der Klage im Register des Deutschen Patent- und Markenamtes als Inhaberin des Streitpatents eingetragen, aber nach Durchführung eines Insolvenzverfahrens wegen Vermögenslosigkeit bereits seit mehreren Jahren aufgelöst und erloschen. Die Klagezustellung erfolgte an die seinerzeit als Inlandsvertreter der B. AB im Register eingetragenen Patentanwälte. Die F. Ltd., die nach mehrfachen Übertragungen des Patents seit 2005 materiellberechtigte Patentinhaberin ist, ist dem Rechtsstreit zunächst auf Seiten der beklagten B. AB als Streithelferin beigetreten; am 9. Januar 2012 hat sie die Umschreibung des Streitpatents auf sich erwirkt. Mit der Streithelferin am 13. Dezember 2013 zugestelltem Schriftsatz hat die Klägerin erklärt, die Klage werde insoweit geändert, als sie sich nunmehr gegen die bisherige Streithelferin richte. Nach Erörterung eines etwaigen Parteiwechsels hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Patentgericht erklärt, die Streithelferin werde nur hilfsweise für den Fall verklagt, dass die Klage gegen die ursprüngliche Beklagte unzulässig sein sollte.

Die Klägerin macht geltend, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig. Zudem fehle es an einer ausführbaren Offenbarung. Die Streithelferin hat das Streitpatent im Hauptantrag in einer beschränkten Fassung sowie mit fünf Hilfsanträgen verteidigt.

Das Patentgericht hat keinen Beklagtenwechsel angenommen und das Streitpatent mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt. Dagegen richtet sich die Berufung der Streithelferin, mit der diese in erster Linie begehrt, die Nichtigkeitsklage als unzulässig abzuweisen. Zudem verteidigt sie das Streitpatent zuletzt im Umfang eines gegenüber der erteilten Fassung beschränkten Hauptantrags und zweier Hilfsanträge, wobei sie darüber hinaus die Streichung näher bezeichneter Stellen in der Patentschrift beantragt. Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen und hat mit der Berufungserwiderung erklärt, die Klage gegen "die Berufungsklägerin und bisherige Nebenintervenientin" zu richten.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg.

I. Die Klage ist zulässig.

1. Das Patentgericht - dessen Entscheidung insoweit in GRUR 2014, 1029 veröffentlicht ist - hat angenommen, die Nichtigkeitsklage sei gegenüber der zum Klagezeitpunkt als Patentinhaberin im Register eingetragenen B. AB durch Zustellung an den im Register eingetragenen Inlandsvertreter der Beklagten wirksam erhoben worden. Die seinerzeit wegen Vermögenslosigkeit bereits aufgelöste und erloschene B. AB sei jedenfalls deshalb parteifähig gewesen, weil dieser aufgrund des Nichtigkeitsverfahrens ein Kostenerstattungsanspruch hätte entstehen können. Für die Klägerin habe zudem die Möglichkeit bestehen müssen, eine Nichtigerklärung des Streitpatents zu erreichen. Die Klage und die weiteren Schriftsätze hätten den im Register eingetragenen Inlandsvertretern wirksam zugestellt werden können. Deren Vollmacht sei nach § 117 Abs. 2 InsO i.V.m. § 115 Abs. 2 InsO als fortbestehend anzunehmen.

2. Ob das Patentgericht zu Recht angenommen hat, dass die Klage gegenüber der zum Klagezeitpunkt als Patentinhaberin im Register eingetragenen B. AB erhoben worden ist, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Dafür spricht allerdings, dass schon der Umstand, dass die Patentnichtigkeitsklage gegen den im Register eingetragenen (früheren) Patentinhaber zu richten ist (§ 81 Abs. 1 Satz 2 PatG ), es nahelegt, eine erloschene Person insoweit weiterhin als partei- und prozessfähig zu behandeln. Jedenfalls ist aber die dem Nichtigkeitsverfahren zunächst als Streithelferin auf Seiten der B. AB beigetretene F. Ltd. noch während des Verfahrens vor dem Patentgericht aufgrund gewillkürten Beklagtenwechsels wirksam an die Stelle der B. AB als Beklagte getreten.

a) Im Patentnichtigkeitsverfahren ist ein gewillkürter Beklagtenwechsel in erster Instanz aufgrund Erklärung des Klägers wie eine Klageänderung zu behandeln, deren Zulässigkeit sich grundsätzlich nach den allgemeinen Regeln des Zivilprozessrechts richtet (vgl. zum Klägerwechsel: BGH, Urteil vom 28. Juni 1994 - X ZR 44/93, GRUR 1996, 865, 866 - Parteiwechsel). Nach § 263 ZPO ist dafür die Einwilligung des neuen Beklagten oder eine Sachdienlichkeitserklärung des Gerichts erforderlich. Bei einem gewillkürten Parteiwechsel auf Beklagtenseite ist zudem Voraussetzung für das Ausscheiden des bisherigen Beklagten aus dem Rechtsstreit entsprechend § 269 Abs. 1 ZPO von Beginn der mündlichen Verhandlung zur Hauptsache an dessen Zustimmung (vgl. BGH, Urteil vom 10. November 1980 - II ZR 96/80, NJW 1981, 989 ).

b) Hiernach hat die im Schriftsatz der Klägerin vom 13. Dezember 2013 erklärte und am selben Tag zugestellte "Änderung der Klage", wonach sich diese nunmehr gegen die bisherige Streithelferin richte, einen entsprechenden Parteiwechsel auf Beklagtenseite bewirkt. Da die Erklärung der Klägerin zum Parteiwechsel in Reaktion auf das Prozessverhalten der bisherigen Streithelferin erfolgt ist, die unter Verweis auf die zwischenzeitlich erfolgte Registerumschreibung die passive Prozessführungsbefugnis der ursprünglich beklagten Partei und danach die Zulässigkeit der Klage in Abrede gestellt und die passive Prozessführungsbefugnis als nunmehr eingetragene Patentinhaberin für sich in Anspruch genommen hat, beruht der Beklagtenwechsel auf einer vorweggenommenen konkludenten Einwilligung der bisherigen Streithelferin, in die Stellung als Beklagte einzurücken. Auf eine Sachdienlichkeitserklärung durch das Patentgericht kommt es danach nicht mehr an, so dass der Parteiwechsel mit Zustellung der Erklärung an die bisherige Streithelferin wirksam geworden ist. Schon mangels vorangegangener Verhandlung zur Hauptsache hat es einer Zustimmung der bisherigen Beklagten nicht bedurft, so dass dahinstehen kann, ob auch im Patentnichtigkeitsverfahren eine Zustimmung des ausscheidenden Beklagten erforderlich ist. Die nachfolgende Erklärung der Klägerin vom 17. Dezember 2013 mag als Widerruf der zunächst unbedingt abgegebenen Erklärung über den Parteiwechsel angesehen werden, ist jedoch nach bereits bewirktem Parteiwechsel ins Leere gegangen.

c) Zweifel an der Zulässigkeit der gegen die jetzige Beklagte gerichteten Klage bestehen nicht, nachdem diese zuvor als Inhaberin des Streitpatents im Register eingetragen worden ist und damit die passive Prozessführungsbefugnis gemäß § 81 Abs. 1 S. 2 PatG erlangt hat (BGH, Urteil vom 16. Juli 1965 - Ia ZR 261/63, GRUR 1966, 107, 108 - Patentrolleneintrag; Urteil vom 5. Dezember 1995 - X ZR 26/92, GRUR 1996, 190 , 195 - Polyferon).

d) Der nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Nichtigkeitsverfahren auf die Fälle der Legitimationsänderung nach Eintritt der Rechtshängigkeit entsprechend anzuwendende § 265 Abs. 2 ZPO (vgl. BGH, Urteil vom 24. Oktober 1978 - X ZR 42/76, BGHZ 72, 236, 242 - Aufwärmvorrichtung; Urteil vom 4. Februar 1992 - X ZR 43/91, BGHZ 117, 144 , 146 - Tauchcomputer) steht einem vom Kläger ausgehenden Beklagtenwechsel nicht entgegen.

II. Das Streitpatent bezieht sich auf die Verwendung von Xanthophyllen als einer Gruppe von Carotinoiden, insbesondere von Astaxanthin, zur Herstellung eines Medikaments.

1. Die Patentbeschreibung verweist zum Hintergrund der Erfindung auf die belastungsbedingte Rhabdomyolyse als wohl häufigste Muskelstörung bei Pferden. Mit der Entstehung dieser Erkrankung werde u.a. ein Vitamin-Eund Selenmangel in Verbindung gebracht. In der Beschreibung wird von zwei Versuchen zur Wirkung des Xanthophylls Astaxanthin berichtet, welches durch Zucht der Alge Haematococcus sp. gewonnen werden könne. Zum einen (Sp. 3 Z. 21 - Sp. 4 Z. 6) sei experimentell untersucht worden, ob die Zugabe von Astaxanthin in Form von Algenmehl im Futter die physische Leistungsfähigkeit von Pferden steigere. Die auffallendste Wirkung sei bei Pferden festgestellt worden, die an belastungsbedingter Rhabdomyolyse litten. Diese Pferde seien unter Astaxanthinzusatz nach zwei bis drei Wochen symptomfrei gewesen und hätten normal trainiert werden und Rennen laufen können. Zum anderen (Sp. 4 Z. 11 - Sp. 5 Z. 9) habe man mit gesunden Freiwilligen die Auswirkung von Astaxanthin auf die physische Leistungsfähigkeit des Menschen überprüft. Allein der Kraftausdauer-Test - bei Ermittlung der größtmöglichen Anzahl von Kniebeugen mit 40 kg Gewicht in einer Smith-Maschine unter Standardbedingungen - habe einen deutlichen Unterschied zwischen der Astaxanthin- und der Placebogruppe gezeigt. Die positive Auswirkung auf die Leistungsfähigkeit, welche von einzelnen Athleten dem Astaxanthin zugeschrieben worden sei, betreffe danach anscheinend die Kraftausdauer.

2. Als technisches Problem betrifft das Streitpatent demnach die Bereitstellung eines Medikaments zur Verbesserung der physischen Leistungsfähigkeit der Muskeln von Menschen oder Säugetieren.

3. Zu dessen Lösung schlägt Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung des Streitpatents vor:

(1)

Verwendung von Xanthophyllen mindestens eines Typs

(2)

bei der Herstellung eines Medikaments

(3)

zur prophylaktischen und/oder therapeutischen Steigerung der Muskelfunktionsdauer von Säugetieren ("for the prophylactic and/or therapeutic improvement of the duration of mammalian muscle function") und/oder

(4)

zur Behandlung von Störungen oder Krankheiten der Muskeln von Säugetieren ("for the treatment of mammalian muscle disorders or diseases").

4. Nach Ansicht des Patentgerichts ist unter der erfindungsgemäß angestrebten "Steigerung der Muskelfunktionsdauer" die Steigerung von Kraft und Ausdauer der Muskulatur unter körperlicher Belastung zu verstehen, wobei damit auch die Beseitigung manifester Muskelfunktionsstörungen und die equine Rhabdomyolyse gemeint seien. Diese Auslegung ist nicht zu beanstanden. Der Begriff der Muskelfunktionsdauer ("duration of [...] muscle function") betrifft die im Streitpatent untersuchte physische Leistungsfähigkeit des Menschen oder anderer Säuger, die sich in der Kraftausdauerleistung der Skelettmuskeln bei körperlicher, namentlich trainingsbedingter Belastung niederschlägt. Dabei legt sich die erfindungsgemäße Lehre nicht darauf fest, ob die angestrebte Steigerung der Kraftausdauerleistung bei Säugermuskeln in gesundem oder nicht-gesundem Zustand erreicht werden soll. Entsprechend betreffen die beiden erfindungsgemäßen Ausführungsbeispiele, die sich mit den Auswirkungen des Xanthophylls Astaxanthin befassen, einerseits die physische Leistungsfähigkeit von Pferden mit krankheitsbedingten Muskelproblemen (belastungsbedingte Rhabdomyolyse) (Abs. 18 ff.) und andererseits die Leistungsfähigkeit von gesunden Menschen hinsichtlich Kraft und Ausdauer (Abs. 22 ff.) und wird jeweils von signifikanten Steigerungen der Leistungsfähigkeit berichtet (Abs. 21 und 32 f.).

5. Die Beklagte hat Patentanspruch 1 im Hauptantrag zuletzt in folgender Fassung verteidigt:

(1)

Verwendung von Astaxanthin

(2)

bei der Herstellung eines Medikaments

(3)

zur prophylaktischen und/oder therapeutischen Steigerung der Muskelfunktionsdauer beim gesunden Menschen.

Dabei hat sie zudem die - im Protokoll der mündlichen Verhandlung im Einzelnen näher bezeichnete - Streichung aller Stellen aus der Beschreibung des Streitpatent beantragt, die sich auf die Verwendung von Xanthophyllen bei der Herstellung eines Medikaments zur Behandlung von Störungen oder Krankheiten der Muskeln von Säugetieren und dabei insbesondere die Behandlung von equiner belastungsbedingter Rhabdomyolyse beziehen.

Gegenüber der erteilten Fassung unterscheidet sich die zuletzt von der Beklagten verteidigte Fassung von Patentanspruch 1 mithin vor allem dadurch, dass diese nicht mehr auf die Verwendung von Xanthophyllen mindestens eines Typs (einschließlich Astaxanthin) bei der Herstellung eines Medikaments zur Behandlung von Störungen oder Krankheiten der Muskeln von Säugern gerichtet ist. Weiterhin von der anspruchsgemäßen Lehre erfasst ist hingegen die Verwendung von Astaxanthin bei der Herstellung eines Medikaments zur Steigerung der Kraftausdauerleistung beim menschlichen Muskel in gesundem Zustand. Dabei wird, wie die weitere Auslegung des Patentanspruchs 1 unter Berücksichtigung auch des verbliebenen Teils der Beschreibung ergibt, mit der Steigerung der Kraftausdauerleistung in prophylaktischer Hinsicht die Vermeidung eines krankhaften Zustands des menschlichen Muskels und mit der Steigerung der Kraftausdauerleistung in therapeutischer Hinsicht die Verlängerung der Funktionsdauer desselben in gesundem Zustand angestrebt.

Ob der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der von der Beklagten zuletzt verteidigten Fassung zulässig ist, bedarf danach keiner abschließenden Entscheidung, weil sich dieser bei Zugrundelegung des vorstehend erläuterten Verständnisses als jedenfalls nicht patentfähig erweist, wie sich aus den nachfolgenden Ausführungen (zu IV, Rn. 28 ff.) ergibt.

III. Das Patentgericht hat seine Entscheidung in der Sache im Wesentlichen wie folgt begründet:

Die Verwendung von Xanthophyllen zur Steigerung der Muskelfunktionsdauer von Säugetieren sei durch den Stand der Technik nahegelegt gewesen. Vor der Aufgabe stehend, die Muskelfunktionsdauer von Säugetieren mit belastungsbedingten Muskelstörungen oder Erkrankungen medikamentös prophylaktisch und/oder therapeutisch zu steigern, werde der Fachmann sowohl den wissenschaftlichen Übersichtsartikel K9 (Dekkers et al., Sports Med. 1996,S. 213-238: "The Role of Antioxidant Vitamins and Enzymes in the Preventionof Exercise-Induced Muscle Damage") als auch die dort referierte Studie K22 (Novelli et al., Free Radical Biology & Medicine 1990, S. 9-13: "Spin-Trappersand Vitamin E Prolong Endurance to Muscle Fatigue in Mice") berücksichtigen. Die K9 begründe die Motivation der Fachwelt zur Untersuchung der Wirkung von Antioxidantien mit den zunehmenden Hinweisen auf eine Bedeutung freier (Sauerstoff-)Radikale beim Auftreten von Zellschäden und Entzündungen der Muskulatur infolge anstrengender körperlicher Bewegung. In der Fachliteratur werde angenommen, dass Antioxidantien - in ihrer Wirkung als Radikalfänger oder als Reduktionsmittel - zu einer Verminderung von Peroxiden führten, die während einer körperlichen Belastung entstünden und ursächlich für eine (kettenreaktive) Lipidperoxidation mit nachfolgender Zellschädigung seien. Die K9 komme zu dem Schluss, dass Antioxidantien - namentlich Vitamin E - die Muskulatur vor Schäden schützten, die durch körperliche Beanspruchung verursacht werden könnten. Deshalb empfehle sie sportlich aktiven Menschen zur Vorbeugung von trainingsbedingten Zellmuskelschäden die Einnahme von antioxidativ wirkenden Vitaminen. Die Studie K22 vermittle dem Fachmann anhand eines Versuchs an Mäusen ebenso den Hinweis, dass die Verabreichung von Vitamin E als Antioxidans zu einer Steigerung der Ausdauerleistung beitrage.

Über die in K9 und K22 explizit besprochenen antioxidativen Vitamine E (α-Tocopherol) und C (Ascorbinsäure) sei dem Fachmann zum Prioritätszeitpunkt - wie aus der 1990 veröffentlichten japanischen Offenlegungsschrift Sho 63-198947 (K8) zu ersehen - das Xanthophyll Astaxanthin als weitere Substanz zur Vermeidung oxidationsbedingter Zellschäden bekannt gewesen. Da Astaxanthin in weit geringeren Dosierungen verabreicht werden könne, werde deren Verwendung in der K8 als Alternative zu Tocopherol bzw. Kombinationen von Tocopherol und Ascorbinsäure beschrieben. Um zu der streitpatentgemäßen Lösung zu gelangen, habe der Fachmann lediglich die Anregung aufgreifen müssen, das erheblich wirksamere Astaxanthin anstelle von Tocopherol in Betracht zu ziehen. Da für den Fachmann - einen in ein Team eingebundenen Sportmediziner - Übereinstimmungen in der physiologischen Wirkung der Substanzen maßgebend gewesen seien, hätte er Astaxanthin auch nicht wegen Unterschieden in der chemischen Struktur im Vergleich mit Tocopherol außer Betracht gelassen.

Die Beschränkung der Anwendung "beim gesunden Menschen" gemäß Hilfsantrag IV sei nicht geeignet, eine erfinderische Tätigkeit zu begründen. Die in der K9 beschriebenen Studien zielten darauf, dem durch intensives Training verursachten Verlust der Muskelfunktion entgegenzuwirken und seien im Ergebnis schon auf den gesunden Menschen als intensiv trainierenden Sportler gerichtet.

Soweit in weiteren Hilfsanträgen darauf abgestellt werde, dass "das Astaxanthin in mit Fettsäure veresterter Form vorliegt, wobei es sich bei dem mit Fettsäuren veresterten Astaxanthin um Algenmehl aus gezüchteten Haematococcus sp. handelt", bleibe dieser Verteidigung des Streitpatents ebenfalls der Erfolg versagt. Bereits vor dem Prioritätstag - beschrieben in der 1991 veröffentlichten japanischen Offenlegungsschrift Hei 1-218593 (K14) - sei das als Antioxidans bekannte Astaxanthin in Form von natürlich hergestelltem Algenmehl aus gezüchteten Haematococcus sp. verwendet worden, welches dann genuin mit Fettsäuren verestert vorliege.

IV. Diese Beurteilung hält der Überprüfung im Berufungsverfahrenstand.

1. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents in seiner zuletzt verteidigten Fassung beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, weil er sich für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergab.

a) Das Patentgericht hat als zuständigen Fachmann einen Sportmediziner angesehen, der jedenfalls mit einem Pharmazeuten, der sich auf dem Gebiet der pharmazeutischen Biologie spezialisiert und mehrere Jahre Berufserfahrung auf dem Gebiet der Erforschung biogener Arzneimittel hat, in einem Team zusammenarbeitet. Ein Rechtsfehler bei dieser Festlegung wird von den Parteien nicht geltend gemacht und ist auch nicht ersichtlich.

b) Befasst sich ein solcher Fachmann mit der Bereitstellung eines Medikaments zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit der Muskeln des Menschen, wird er sich einen Überblick über in der Fachwelt bekannte Ansätze verschaffen und dabei - wie das Patentgericht zu Recht ausführt - die K9 und K22 in den Blick nehmen.

Die Entgegenhaltungen beschreiben übereinstimmend die Beteiligung freier Radikale bei körperlicher Anstrengung als Auslöser peroxidativer Skelettmuskelschädigungen und insoweit einen möglichen Kausalmechanismus hinsichtlich der Erschöpfung der Muskelfunktion (vgl. K9, S. 213 "Summary" - 1. Absatz, S. 215 - 1. Absatz in linker Spalte, S. 218 "2.1.1" - 1. Absatz, vgl. K22 S. 9 "Abstract" 1. Satz, S. 11 "Discussion" - 1. Satz, S. 12 letzter Absatz). Zugleich belegen sie, dass dem Antioxidans Vitamin E als physiologischem Radikalfänger ein Schutz vor Lipidperoxidation und einer damit zusammenhängenden bewegungsinduzierten Muskelschädigung zuerkannt wird (vgl. K9, S. 213 "Summary" - 1. Absatz, S. 214 - noch zur "Summary" gehörender Absatz, S. 229 "2.2.3" - 1. Absatz, S. 231 - 2. Absatz in linker Spalte, S. 231 - 1. Absatz in rechter Spalte, vgl. K22, S. 10 - 3. Absatz in linker Spalte). Humanstudien wiesen darauf hin, dass eine Zuführung von antioxidativen Vitaminen Personen empfohlen werden könne, die regelmäßig schwere körperliche Bewegung absolvierten. Trainierte Personen hätten im Vergleich zu untrainierten Personen einen Vorteil, da Training zu einer erhöhten Aktivität mehrerer antioxidativer Enzyme führe und den allgemeinen antioxidativen Status verbessere (K9, S. 14 "Summary", letzter Absatz). Die K22 - die insoweit von der K9 zusammengefasst und gewürdigt wird - kommt anhand von Versuchen zur Schwimmausdauer bei Mäusen zu dem Ergebnis, dass das Einfangen und Deaktivieren freier Radikale (zwecks Begrenzung ihrer schädlichen Wirkung) mittels Vitamin E die Ausdauer bei Muskelanstrengung stark erhöht (vgl. K22, S. 11 f.). Ebenso empfiehlt die K9 in ihrer Bewertung der Erkenntnisse der Fachwelt aus verschiedenen Veröffentlichungen und Studien trotz weiterhin strittiger Punkte eine Supplementierung mit antioxidativen Vitaminen wie Vitamin E für Personen, die regelmäßig schwere körperliche Bewegung absolvieren, zur Prävention von durch körperliche Bewegung verursachten Muskelschäden (vgl. K9, S. 237 - 4. Conclusion).

Mit dem Patentgericht ist demnach davon auszugehen, dass aus der K9 und der K22 die Verwendung von Vitamin E zur Herstellung eines Medikaments zur prophylaktischen und/oder therapeutischen Steigerung der Muskelfunktionsdauer des Menschen bekannt war und sich der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents davon allein durch die Verwendung von Xanthophyllen unterscheidet. Der demgegenüber von der Beklagten vorgebrachte Einwand, in K9 und K22 sei allein die Behandlung von Muskelschädigungen mit Krankheitswert offenbart, greift nicht durch. Wie erläutert, erfasst die Lehre aus Anspruch 1 des Streitpatents in der zuletzt verteidigten Fassung auch die Steigerung der Funktionsdauer des menschlichen Muskels in prophylaktischer Hinsicht zur Vermeidung eines krankhaften Zustands desselben. Abgesehen hiervon ist auch die Steigerung der Muskelfunktionsdauer des gesunden menschlichen Muskels durch Verabreichung von Vitamin E im Stand der Technik durch die K9 und K22 als bekannt beschrieben.

Ohne Erfolg bleiben Einwände der Berufung gegen die Heranziehung der K22 und der darin referierten Verlängerung der Muskelausdauerleistung bei Mäusen nach α-Tocopherol-Injektionen für die Überlegungen des Fachmanns. Die Annahme, dass dieser Anlass hatte, die K22 bei seinen Überlegungen zu berücksichtigen, erweist sich unabhängig von den Zweifeln der Beklagten an der vom Patentgericht angenommenen Einbeziehung in die Offenbarung der K9 als rechtlich zutreffend, weil die K22 eine eigenständige Veröffentlichung nach Art. 54 Abs. 2 EPÜ bildet.

Die Behauptung der Beklagten, die Studie K22 weise gravierende konzeptionelle Fehler bei der Anlage und Auswertung der im Hinblick auf die Verlängerung der Muskelausdauerleistung bei Mäusen nach α-TocopherolInjektionen durchgeführten Versuche auf, führt zu keiner anderen Bewertung. Bei der Prüfung, ob der Stand der Technik ausgehend von einer Entgegenhaltung dem Fachmann die erfindungsgemäße Lösung nahegelegt hat, ist nicht nur zu berücksichtigen, was sich für den Fachmann unmittelbar und eindeutig aus dieser Entgegenhaltung ergibt, sondern gleichermaßen, was der Fachmann kraft seines Fachwissens aus ihr ableitet (BGH, Urteil vom 12. Dezember 2012 - X ZR 134/11, GRUR 2013, 363 - Polymerzusammensetzung). Maßgeblich ist, ob der Fachmann aus dem Stand der Technik eine Anregung erhalten hat, dort beschriebene Maßnahmen aufzugreifen und sie auf einen bekannten Stoff anzuwenden. Dabei kann die Überlegung Bedeutung gewinnen, ob sich aus diesen Maßnahmen eine angemessene Erfolgserwartung für die Lösung des sich stellenden technischen Problems ergab (BGH, Urteil vom 15. Mai 2012 - X ZR 98/09, GRUR 2012, 803 - Calcipotriol-Monohydrat).

Nach diesen Grundsätzen genügt vorliegend die Feststellung, dass der Fachmann die Studie der K22 als in der Sekundärliteratur K9 positiv als Teil einer Forschungs- und Entwicklungslinie gewürdigt erkennen konnte und bereits deshalb Anlass hatte, die Annahmen und Ergebnisse der K22 als Arbeitshypothese seinen - letztlich durch eigene Routineversuche zu überprüfenden Überlegungen bei der Lösung des technischen Problems zugrunde zu legen. Die Rüge der Berufung, der Fachmann hätte die Entgegenhaltung verworfen, weil die durchgeführten Versuche wissenschaftlichen Standards nicht genügten, greift nicht durch. Zutreffend ist zwar, dass nach den Angaben der K22 einer Gruppe von Mäusen bei den Schwimmtests bis zur körperlichen Erschöpfung täglich drei intramuskuläre Injektionen von α-Tocopherol (100mg/kg) in Olivenöl verabreicht wurde, während die Mäuse einer anderen Gruppe bei gleicher körperlicher Anstrengung lediglich intraperitoneale Injektionen mit Kochsalzlösung (0,2 ml) erhielten. Die K22 gab dem Fachmann aber keinen Grund zu der Annahme, dass nicht die Gabe von α-Tocopherol - wie als Ergebnis der Schwimmtests festgestellt (K22, Abstract, S. 9; Figur 1; vgl. auch Tabelle 2) - zur starken Erhöhung der Ausdauerleistung der Mäusegruppe im Vergleich mit der anderen Mäusegruppe geführt habe, sondern diese Leistungssteigerung stattdessen auf das mit dem α-Tocopherol verabreichte Olivenöl als zusätzliche Energiequelle zurückzuführen sei.

Entgegen dem Vorbringen der Beklagten geht aus der K22 bereits nicht hervor, dass die Tiere der α-Tocopherol-Gruppe während der Tests 0,6 ml Olivenöl pro Tag erhalten haben. Vielmehr enthält die K22 keine Angaben zum Injektionsvolumen bei dieser Mäusegruppe. Allein der Umstand, dass der Vergleichsgruppe jeweils 0,2 ml Kochsalzlösung intraperitoneal injiziert wurde, reicht nicht aus, um auf ein entsprechendes Injektionsvolumen bei der intramuskulären Gabe von Vitamin E in Olivenöl zu schließen. Kann für die nach der K22 durchgeführten Schwimmtests nicht - entsprechend den weiteren Ausführungen der Beklagten - angenommen werden, dass den Mäusen der α-Tocopherol-Gruppe täglich 0,6 ml Olivenöl injiziert wurden, gehen auch die weiteren Berechnungen der Beklagten, wonach 0,6 ml Olivenöl einen Brennwert von 5,3 kcal haben, was bei einer durchschnittlichen täglichen Kalorienaufnahme von ad libitum 13,3 +/- 0,3 kcal 40 % des täglichen Energiebedarf einer Maus bedeute, ins Leere.

Im Übrigen ist dem Vorbringen der Beklagten auch nicht zu entnehmen, ob und in welchem Umfang der Fachmann aus einer intramuskulären Injektion von in Olivenöl aufgelöstem α-Tocopherol auf eine relevante Energieaufnahme bei den Mäusen der Schwimmtests schließen musste. Das Patentgericht hat in diesem Zusammenhang bereits darauf hingewiesen, dass die Verabreichung in die Muskulatur nicht mit einer Gabe über den Magen-Darmtrakt oder einer intravenösen Injektion vergleichbar sei. Die Beklagte hält dem unter Verweis auf die Anlage N16 ("Injektionsarten", Internet-Ausdruck von www.medizininfo.de) zwar entgegen, dass ein Medikament bei intramuskulärer Injektion schneller aufgenommen werde, als bei einer subkutanen Injektion und dass entsprechend auch intramuskulär injiziertes Olivenöl schnell in die Blutbahn übertrete. Damit ist aber noch nicht dargelegt, dass der Fachmann zu der Schlussfolgerung gelangen musste, die in der K22 wiedergegebenen Tests genügten nicht wissenschaftlichen Standards und das Ergebnis der K22, die Gabe von Vitamin E erhöhe die Ausdauerleistung bei starker körperlicher Betätigung, sei als Ausgangspunkt für weitere Überlegungen und Versuche zur Lösung des Problems, ein Medikament zur Verbesserung der physischen Leistungsfähigkeit der Muskeln von Menschen zu finden, zu verwerfen. Selbst wenn der Fachmann aus den von der Berufung angeführten Gründen Zweifel an der Validität der Versuchsergebnisse gehabt hätte, waren diese kein zureichender Grund, die den Versuchen zugrundeliegende Hypothese zu verwerfen.

Endlich überzeugt die Erwägung der Berufung nicht, der Fachmann habe entgegen dem Offenbarungsgehalt der K9 und der K22 im Hinblick auf andere Veröffentlichungen mit einem negativen Ergebnis - wie die N7 (Lawrence et al.,The American Journal of Clinical Nutrition, 1975, S. 205-208: "Effects of α-Tocopherol Acetate on the Swimming Endurance of Trained Swimmers") und die N10 (Rokitzki et al., International Journal of Sport Nutrition, 1994,S. 253-264: "α-Tocopherol Supplementation in Racing Cyclists during extreme Endurance Training") - keinen leistungssteigernden Effekt von Vitamin E annehmen dürfen und hätte deshalb bei seinen Überlegungen das antioxidative Astaxanthin nicht als Alternative hierzu erwogen. Die Beklagte lässt dabei unberücksichtigt, dass unabhängig von einem eindeutigen wissenschaftlichen Nachweis eines tatsächlichen Zusammenhangs zwischen der antioxidativen Wirkung des Vitamin E und einer Leistungssteigerung der Muskelfunktion ein solcher Zusammenhang im Stand der Technik, wie die K9 und die K22, aber auch weitere Entgegenhaltungen wie die K19 (Saastamoinen/Juusela, Acta Agriculturae Scandinavica, Sect. A, Animal Sci, 1993, S. 52-57: "Serum Vitamin EConcentration of Horses on Different Vitamin E Supplementation Levels", S. 52) belegen, jedenfalls eingehend diskutiert wurde. Der Fachmann hatte somit zumindest hinreichenden Anlass, einen solchen Zusammenhang für plausibel zu halten und hierauf seine durch eigene Routineversuche zu überprüfenden Überlegungen bei der Lösung des technischen Problems aufzubauen.

Danach kann offenbleiben, ob die N10 den Fachmann auch deshalb nicht davon abhalten konnte, α-Tocopherol als die Muskelfunktionsdauer verbesserndes Mittel in Betracht zu ziehen, weil der Verdacht bestand, dass die Tests, aus denen in der Entgegenhaltung abgeleitet wird, dass Vitamin E die physische Leistungsfähigkeit nicht verbessere, durch die Gabe von Dopingmitteln verfälscht worden sein könnten, wie die Klägerin im Hinblick auf die Tabelle 4 der N10 geltend macht, wonach ein aerobes Trainingsprogramm bei austrainierten Radsportlern mit und ohne α-Tocopherolsupplementierung nach standardisiertem Radergometertest zu überraschend hohen Steigerungen von 6,1 % (Kontrollgruppe von 3,12 W/kg auf 3,31 W/kg) bzw. 6,5 % (α-TocopherolGruppe von 3,10 W/kg auf 3,30 W/kg) der körperlichen Leistungsfähigkeit innerhalb von fünf Monaten geführt haben soll.

c) Ergab sich für den Fachmann nach alledem aus dem Stand der Technik zumindest die begründete Erwartung einer prophylaktischen und/oder therapeutischen Steigerung der Muskelfunktionsdauer des Menschen durch medikamentöse Verwendung von Vitamin E aufgrund seiner antioxidativen Wirkeigenschaften, entnahm er den Entgegenhaltungen K8 und K7 (Miki, Biologicalfunctions and activities of animal carotenoids, Pure & Appl. Chem. 63,S. 141-146) auch die Anregung, das hinsichtlich seiner oxidativen Zellschutzwirkung erheblich wirksamere Xanthophyll Astaxanthin als Alternative zu Vitamin E in Betracht zu ziehen (K8Ü [deutsche Übersetzung], S. 2, Z. 17 ff.; S. 3, Z. 4 ff.; S. 4, Z. 5 ff.; S. 7, Z. 27 ff.; S. 12 ff. - drittes bis siebtes Beispiel; S. 20, Z. 7 ff.; K7, Abstract, S. 141; Conclusion, S. 145), und gelangte so unter Überprüfung seiner Erwartungen mittels routinemäßiger Versuche zur patentgemäßen Lösung.

Dass die K8 und die K7 das Xanthophyll Astaxanthin als wirksamere Alternative zu Vitamin E lediglich allgemein vor dem Hintergrund der Vermeidung oxidationsbedingter Zellschäden adressieren und nicht spezifisch im Hinblick auf Muskelgewebe erörtern, steht dem nicht entgegen. Denn war dem Fachmann bekannt bzw. hatte er zumindest begründeten Anlass zur Annahme, dass mit einer Vitamin-E-Supplementation eine Steigerung der Muskelfunktionsdauer gerade aufgrund dessen antioxidativer Eigenschaften bewirkt werden kann, genügte dem Fachmann die allgemeine Erkenntnis über die gesteigerte antioxidative Wirksamkeit des Astaxanthins, um dieses Xanthophyll als Alternative zum Vitamin E in Betracht zu ziehen.

Ausgehend von dieser Erkenntnis wurde der Fachmann trotz der Unterschiede in der Molekülstruktur des bekanntesten Vitamin-E-Isomers α-Tocopherol einerseits und Astaxanthin andererseits dazu angeregt, eine Austauschbarkeit der Stoffe bei der Steigerung der Muskelfunktionsdauer von Säugern - und damit insbesondere auch des Menschen - in Erwägung zu ziehen und diese Erwägung durch routinemäßige Versuche nachzuprüfen, womit er zur Lösung des Streitpatents gelangen konnte. Denn selbst wenn der Fachmann aufgrund der strukturellen Unterschiede der Moleküle aus seinem allgemeinen Fachwissen nicht auf eine gleichartige Wirkung der Stoffe zu schließen vermochte, begründete der im Stand der Technik ausdrücklich beschriebene vergleichbare Schutz vor oxidationsbedingten Zellschäden für ihn die Erwartung, dass Vitamin E und Astaxanthin funktionell austauschbar sind.

2. Das Streitpatent kann auch in den Fassungen der zuletzt gestellten zwei Hilfsanträge (in der Anlage E 4 der Beklagten als Hilfsanträge VI und VII bezeichnet) keinen Bestand haben.

a) Die Beschränkung auf Astaxanthin in mit Fettsäuren veresterter Form aus Algenmehl aus gezüchtetem Haematococcus sp. (Unteranspruch 3 des Hauptantrags und Hilfsantrag VI) hat das Patentgericht als nicht patentfähig angesehen. Weder lässt diese Beurteilung einen Rechtsfehler erkennen, noch zeigt die Berufung einen solchen auf. Gleiches gilt im Hinblick auf Unteranspruch 2 des Hauptantrags, der vorsieht, dass Astaxanthin in mit Fettsäuren veresterter Form vorliegt.

b) Soweit der Hilfsantrag VII gegenüber dem Hilfsantrag VI von der "Steigerung der Kraft/Ausdauer" statt der "Steigerung der Muskelfunktionsdauer" spricht, wird darin keine Änderung des Anspruchsinhalts im Sinne einer Beschränkung deutlich. Aus den angeführten Gründen war daher auch der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrags VII nahegelegt.

V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG und § 91 Abs. 1 , § 97 Abs. 1 ZPO . Da der Beklagtenwechsel bereits vor dem Patentgericht wirksam war, kann die erstinstanzliche Kostenentscheidung insoweit keinen Bestand haben, als sie der ausgeschiedenen Beklagten Kosten auferlegt.

Von Rechts wegen

Verkündet am: 28. Juni 2016

Vorinstanz: BPatG, vom 17.12.2013 - Vorinstanzaktenzeichen 3 Ni 31/11 (EP)