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BGH - Entscheidung vom 14.06.2016

XI ZR 189/14

Normen:
BGB § 177
BGB § 812 Abs. 1 S. 1 Fall 1

BGH, Urteil vom 14.06.2016 - Aktenzeichen XI ZR 189/14

DRsp Nr. 2016/13719

Missbrauch der Vertretungsmacht durch einen Abwicklungsbeauftragten mit der Darlehensaufnahme zur Zahlung der Finanzierungsvermittlungsprovision; Fehlen einer zumindest mitursächlichen Vermittlungsleistung des Finanzierungsvermittlers auf Grundlage einer Globalfinanzierungsvereinbarung

1. Der Vertretene trägt das Risiko eines Missbrauchs der Vertretungsmacht. Den Vertragspartner trifft keine Prüfungspflicht, ob und inwieweit der Vertreter im Innenverhältnis gebunden ist, von seiner nach außen unbeschränkten Vertretungsmacht nur begrenzten Gebrauch zu machen.2. Etwas anderes gilt aber zum einen dann, wenn der Vertreter kollusiv mit dem Vertragsgegner zum Nachteil des Vertretenen ein Geschäft abschließt. Ein solches Geschäft verstößt gegen die guten Sitten und ist nichtig. Zum anderen ist der Vertretene gegen einen erkennbaren Missbrauch der Vertretungsmacht im Verhältnis zum Vertragspartner dann geschützt, wenn der Vertreter von seiner Vertretungsmacht in ersichtlich verdächtiger Weise Gebrauch gemacht hat, so dass beim Vertragspartner begründete Zweifel bestehen mussten, ob nicht ein Treueverstoß des Vertreters gegenüber dem Vertretenen vorliege. Erforderlich ist dabei eine massive Verdachtsmomente voraussetzende objektive Evidenz des Missbrauchs. Die objektive Evidenz ist insbesondere dann gegeben, wenn sich nach den gegebenen Umständen die Notwendigkeit einer Rückfrage des Geschäftsgegners bei dem Vertretenen geradezu aufdrängt.3. Die Vermittlungstätigkeit erfordert, dass der Makler auf den potenziellen Vertragspartner mit dem Ziel einwirkt, die Abschlussbereitschaft für den beabsichtigten Hauptvertrag herbeizuführen. Hierbei kann der die Vergütungspflicht auslösende Maklervertrag auch noch zeitlich nach bereits erfolgter Maklerleistung abgeschlossen werden. Um die Provision zu verdienen reicht es aus, wenn die Maklerleistung neben anderen Bedingungen für den Abschluss des Hauptvertrags zumindest mitursächlich geworden ist. Sie braucht nicht die einzige und nicht die hauptsächliche Ursache zu sein. Beim Vermittlungsmakler genügt es, dass seine Tätigkeit die Abschlussbereitschaft des Dritten irgendwie gefördert hat, der Makler also beim Vertragsgegner ein Motiv gesetzt hat, das nicht völlig unbedeutend war.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 26. März 2014 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Normenkette:

BGB § 177 ; BGB § 812 Abs. 1 S. 1 Fall 1;

Tatbestand

Die Kläger machen gegen die beklagte Bank Ansprüche im Zusammenhang mit dem kreditfinanzierten Erwerb einer Wohnung geltend.

Die Kläger wurden im Jahr 1992 von einem Vermittler geworben, eine Eigentumswohnung in der Studentenwohnanlage in der xxxstraße in K. zu erwerben. Gegenstand des Vermittlungsgesprächs war unter anderem der Verkaufsprospekt, in dem es auszugsweise wie folgt heißt:

"Der Erwerber beauftragt einen unabhängigen Abwicklungsbeauftragten mit dem Abschluss der vorgesehenen Verträge und der Wahrnehmung der im Geschäftsbesorgungsvertrag beschriebenen Aufgaben. ... Der Abwicklungsbeauf

tragte vertritt die Erwerber bei dem Abschluss des Grundstückskauf- und Werklieferungsvertrages, der Finanzierung und beim Abschluss der sonstigen vorgesehenen Verträge. Weitere Aufgaben, also insbesondere auch die Prüfung des Objektes in bautechnischer Hinsicht, die Prüfung der Werthaltigkeit ... kommen dem Abwicklungsbeauftragten nicht zu. (...)

Der Abwicklungsbeauftragte erteilt im Namen des einzelnen Erwerbers dem Finanzierungsvermittler den Alleinauftrag, Zwischenfinanzierungsdarlehen zu banküblichen Bedingungen zu beschaffen, soweit er vom Erwerber hierzu beauftragt wird. ..." (S. 29 des Prospekts)

"Der Abwicklungsbeauftragte beauftragt den Finanzierungsvermittler weiterhin auftragsgemäß mit der Beschaffung der gemäß Konzeption vorgesehenen langfristigen Darlehen sowie mit der Vermittlung von Finanzierungsangeboten für eine Vorfinanzierung des Eigenkapitals (...).

Der Finanzierungsvermittler ist zur umfassenden Betreuung, der Beratung bezüglich aller Fragen der Endfinanzierung und der Vorlage unterschriftsreifer Darlehensverträge zu verpflichten. ..." (S. 30 des Prospekts)

"Für die Abwicklung des Erwerbsvorganges hat der Prospektherausgeber ein Angebot eines Abwicklungsbeauftragten vorliegen. Der Abwicklungsbeauftragte wird ausschließlich im Auftrag der zukünftigen Anleger tätig werden. ... Der Abwicklungsbeauftragte übernimmt die abwickelnde Tätigkeit für den Erwerber nach Maßgabe der in diesem Prospekt vom Prospektherausgeber gemachten Vorgaben und des mit dem Erwerber zu schließenden Geschäftsbesorgungsvertrages (...)." (S. 33 des Prospekts)

Abwicklungsbeauftragte war die C. (im Folgenden: Abwicklungsbeauftragte), die mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden: Beklagte) vor Vertriebsbeginn das Finanzierungskonzept abgestimmt hatte. Das Finanzierungskonzept war in der anschließenden Globalfinanzierungsvereinbarung enthalten. Bauträgerin und Finanzierungsvermittlerin war laut Prospekt die Gesellschaft bürgerlichen Rechts bestehend aus der R. GmbH, S. Ra. und der L. KG. Sie erhielt für ihre Tätigkeit als Finanzierungsvermittlerin - soweit der Anleger wie hier die Kläger den Abschluss eines Finanzierungsvermittlungsvertrags wünschte - eine Provision von 3,8% des Gesamtaufwands.

Zwecks Erwerbs der Wohnung Nr. 50 boten die Kläger der Abwicklungsbeauftragten, die über eine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz nicht verfügte, mit notarieller Urkunde vom 28. September 1992 einen umfassenden Geschäftsbesorgungsvertrag an und erteilten ihr eine ebensolche Vollmacht. Die Abwicklungsbeauftragte nahm das Angebot der Kläger mit notarieller Urkunde vom 16. Oktober 1992 an.

Die Abwicklungsbeauftragte schloss für die Kläger mit der Beklagten unter dem 27. November/2. Dezember 1992 den Zwischenfinanzierungsdarlehensvertrag und unter dem 29./30. September 1993 den Endfinanzierungsdarlehensvertrag. Die Darlehensvaluta wurden auf ein von der Abwicklungsbeauftragten für die Kläger bei der Beklagten eröffnetes Konto ausgezahlt.

Ferner schloss die Abwicklungsbeauftragte am 22. Dezember 1992 für die Kläger den notariellen Kauf- und Werklieferungsvertrag ab. Der Kaufpreis betrug 119.269 DM, der Gesamtaufwand 154.254 DM. Die Kläger führten im Jahr 2003 das Darlehen in voller Höhe zurück und zahlten 65.000 € an die Beklagte.

Mit der im Jahr 2012 erhobenen Klage begehren die Kläger die Rückzahlung dieses Betrages nebst Zinsen. Sie vertreten die Auffassung, dass die Darlehensverträge mangels wirksamer Bevollmächtigung der Abwicklungsbeauftragten nicht wirksam zustande gekommen seien, da der Beklagten bei Abschluss der Verträge die Vollmacht nicht in notarieller Ausfertigung vorgelegen habe. Außerdem hätten sie die Darlehensvaluta nicht empfangen, da es an einer wirksamen Auszahlungsanweisung fehle. Zudem liege ein - von der Beklagten erkannter - Missbrauch der Vollmacht durch die Abwicklungsbeauftragte wegen einer Interessenkollision vor. Die Beklagte habe aufgrund der mit der Abwicklungsbeauftragten getroffenen Finanzierungsabsprache gewusst, dass die von ihr selbst geschuldete Finanzierungsvermittlungsprovision in Höhe von 3,8% des Gesamtkaufpreises zu Lasten der Darlehensnehmer auf die Kaufpreise kalkuliert worden sei. Daneben stehe den Klägern der geltend gemachte Betrag auch im Wege des Schadensersatzes zu, weil sie arglistig über die Höhe der vereinnahmten Provisionen, die wahre Rolle der Abwicklungsbeauftragten, die nachhaltig erzielbare Miete und die Zinsbelastung getäuscht worden seien. Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Kläger hat das Berufungsgericht der Klage bis auf einen Teil der Zinsen stattgegeben. Mit der - vom Senat zugelassenen - Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

Den Klägern stehe gegen die Beklagte der geltend gemachte Zahlungsanspruch aus Leistungskondiktion gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB zu. Zu Gunsten der Beklagten könne zwar im Hinblick auf die Nichtigkeit der erteilten Vollmacht infolge eines Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz vom Vorliegen einer Rechtsscheinsvollmacht nach §§ 171 f. BGB ausgegangen werden. Die von der Abwicklungsbeauftragten namens der Kläger abgeschlossenen Darlehensverträge seien indes entsprechend § 177 BGB unwirksam, weil die Abwicklungsbeauftragte die ihr durch den Rechtsschein vermittelte Vollmacht missbraucht habe und dies der Beklagten bekannt gewesen sei. Bei Abschluss des Zwischenfinanzierungs- und des Endfinanzierungsvertrages habe die Abwicklungsbeauftragte zwar im Rahmen ihres rechtlichen Könnens gehandelt, aber ihr rechtliches Dürfen im Innenverhältnis überschritten, weil sie die Darlehen in Höhe eines Teilbetrags von 3,8% des Gesamtaufwands zur Finanzierung der Finanzierungsvermittlungsprovision für eine objektiv nicht erforderliche und zwecklose Tätigkeit aufgenommen habe. Der Prospekt beschreibe den Charakter des Maklerauftrages eindeutig als Vermittlungsmaklervertrag. Voraussetzung für einen zugunsten des Finanzierungsvermittlers entstehenden Anspruch sei das bewusste und zweckgerichtete Herbeiführen oder Fördern der Abschlussbereitschaft des künftigen Vertragspartners.

Eine nach diesen Grundsätzen vergütungspflichtige Vermittlungsleistung habe die Finanzierungsvermittlerin nicht erbracht. Eine etwaige Tätigkeit der Finanzierungsvermittlerin im Zusammenhang mit der Globalfinanzierungsvereinbarung habe keine Vergütungspflicht ausgelöst, da nach dem Prospekt eine auf die Bedürfnisse des jeweiligen Kunden zugeschnittene Finanzierungsvermittlung geschuldet gewesen sei. Zudem habe die Abwicklungsbeauftragte laut Prospekt die Darlehensverträge zu marktüblichen Bedingungen abschließen sollen, zum Zeitpunkt der Globalfinanzierungszusage habe die Beurteilung der Marktüblichkeit der Bedingungen in dem einzelnen Darlehensvertrag aber noch nicht vorgenommen werden können. Außerdem habe die Beklagte in ihrer Globalfinanzierungsvereinbarung die Darlehensbewilligung von der Prüfung der einzureichenden Bonitätsunterlagen der jeweiligen Darlehensnehmer abhängig gemacht, weswegen eine Vertragsabschlussbereitschaft der Beklagten bezogen auf die Kläger noch nicht vorgelegen habe. Entsprechendes gelte für die nachfolgend namens der Kläger abgeschlossenen Darlehensverträge, die ohne Mitwirkung der Finanzierungsvermittlerin durch die Abwicklungsbeauftragte als Vertreterin der Kläger abgeschlossen worden seien. Im Ergebnis habe deshalb die Abwicklungsbeauftragte pflichtwidrig einen um 3,8% des Gesamtaufwands überhöhten Darlehensvertrag vereinbart.

Die Beklagte habe Kenntnis davon gehabt, dass die Abwicklungsbeauftragte ihre Vollmacht im Innenverhältnis überschritten habe, indem sie ein Darlehen auch zur Bezahlung einer nicht angefallenen Finanzierungsvermittlungsprovision abgeschlossen habe. Jedenfalls hätten massive Verdachtsmomente vorgelegen, so dass der Missbrauch für die Beklagte objektiv evident gewesen sei. Die Beklagte habe den Prospekt, die abzuschließenden Verträge und die Zusammensetzung des zu finanzierenden Gesamtaufwands gekannt. Ihre positive Kenntnis vom Vollmachtsmissbrauch ergebe sich daraus, dass die Finanzierungsvermittlungsleistung zwingend unter ihrer Beteiligung als zu vermittelnder Darlehensgeberin habe erfolgen müssen. Sie habe gewusst, dass kein Finanzierungsvermittler auf sie eingewirkt habe, um bei ihr die konkrete Abschlussbereitschaft mit dem jeweiligen Anleger herzustellen, sondern sich - entgegen der Beschreibung im Prospekt - die Abwicklungsbeauftragte um die Finanzierung gekümmert und durch Vorlage der Bonitätsunterlagen den Vertragsschluss herbeigeführt habe. Selbst wenn die Beklagte davon ausgegangen sein sollte, die Finanzierungsvermittlerin schulde nur den Nachweis einer Abschlussmöglichkeit, wäre ihr die provisionsschädliche Vorkenntnis der Abwicklungsbeauftragten von der Abschlussmöglichkeit zu marktüblichen Bedingungen ebenso bekannt gewesen wie der Umstand, dass die Abwicklungsbeauftragte - und nicht die Finanzierungsvermittlerin - die Konditionen unter Vorlage der Bonitätsunterlagen selbst erfragt habe.

Der Darlehensvertrag sei vor diesem Hintergrund gemäß § 139 BGB insgesamt unwirksam. Eine lediglich teilweise Unwirksamkeit in Höhe von 3,8% des Nennbetrags entspreche nicht dem hypothetischen Parteiwillen. Bei einem Hinweis der Beklagten auf die nicht geschuldete Provision hätten die Kläger den Geschäftsbesorgungsvertrag wegen Vertrauenswegfall gekündigt und die Vollmacht widerrufen. Es wäre dann weder zum Abschluss der Darlehensverträge noch zum Abschluss des Kaufvertrags gekommen.

Auf den Bereicherungsanspruch müssten sich die Kläger die Darlehensvaluta nicht anrechnen lassen, weil sie diese nicht empfangen hätten. Eine ihnen zurechenbare Auszahlungsanweisung liege aufgrund des Missbrauchs der Vollmacht nicht vor. Deswegen gehe auch die von der Beklagten erklärte Hilfsaufrechnung ins Leere. Der Bereicherungsanspruch sei auch nicht verjährt.

II.

Das Berufungsurteil hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der gegebenen Begründung hätte das Berufungsgericht einen Anspruch der Kläger auf Rückzahlung von 65.000 € gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB nicht bejahen dürfen.

Die Revision beanstandet mit Erfolg, dass das Berufungsgericht angenommen hat, der zwischen den Parteien geschlossene Darlehensvertrag sei wegen eines von der Abwicklungsbeauftragten begangenen Missbrauchs der Vertretungsmacht gemäß § 177 BGB analog unwirksam. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts liegen die Voraussetzungen eines offensichtlichen Vollmachtsmissbrauchs nicht vor.

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat grundsätzlich der Vertretene das Risiko eines - hier unterstellten - Missbrauchs der Vertretungsmacht zu tragen (vgl. BGH, Urteile vom 29. Juni 1999 - XI ZR 277/98, WM 1999, 1617 , 1618, vom 1. Juni 2010 - XI ZR 389/09, WM 2010, 1218 Rn. 29 und vom 9. Mai 2014 - V ZR 305/12, WM 2014, 1964 Rn. 18). Den Vertragspartner trifft keine Prüfungspflicht, ob und inwieweit der Vertreter im Innenverhältnis gebunden ist, von seiner nach außen unbeschränkten Vertretungsmacht nur begrenzten Gebrauch zu machen (Senatsurteile vom 29. Juni 1999 - XI ZR 277/98, WM 1999, 1617 , 1618 und vom 1. Juni 2010 - XI ZR 389/09, WM 2010, 1218 Rn. 29).

Etwas anderes gilt allerdings zum einen nur in dem - hier nicht gegebenen - Fall, dass der Vertreter kollusiv mit dem Vertragsgegner zum Nachteil des Vertretenen ein Geschäft abschließt. Ein solches Geschäft verstößt gegen die guten Sitten und ist nichtig (§ 138 BGB ; vgl. nur BGH, Urteile vom 17. Mai 1988 - VI ZR 233/87, WM 1988, 1380 , 1381, vom 14. Juni 2000 - VIII ZR 218/99, WM 2000, 2313 , 2314 und vom 28. Januar 2014 - II ZR 371/12, WM 2014, 628 Rn. 10). Zum anderen ist der Vertretene gegen einen erkennbaren Missbrauch der Vertretungsmacht im Verhältnis zum Vertragspartner dann geschützt, wenn der Vertreter von seiner Vertretungsmacht in ersichtlich verdächtiger Weise Gebrauch gemacht hat, so dass beim Vertragspartner begründete Zweifel bestehen mussten, ob nicht ein Treueverstoß des Vertreters gegenüber dem Vertretenen vorliege. Notwendig ist dabei eine massive Verdachtsmomente voraussetzende objektive Evidenz des Missbrauchs (vgl. BGH, Urteile vom 25. Oktober 1994 - XI ZR 239/93, BGHZ 127, 239 , 241, vom 29. Juni 1999 - XI ZR 277/98, WM 1999, 1617 , 1618, vom 1. Februar 2012 - VIII ZR 307/10, WM 2012, 2020 Rn. 21 und vom 9. Mai 2014 - V ZR 305/12, WM 2014, 1964 Rn. 18, jeweils mwN). Die objektive Evidenz ist insbesondere dann gegeben, wenn sich nach den gegebenen Umständen die Notwendigkeit einer Rückfrage des Geschäftsgegners bei dem Vertretenen geradezu aufdrängt (Senatsurteil vom 29. Juni 1999 - XI ZR 277/98, aaO).

2. An einer solchen objektiven Evidenz fehlt es hier. Zwar ist ihre Feststellung tatrichterliche Würdigung, die im Revisionsverfahren nur beschränkt überprüfbar ist. Der Nachprüfung unterliegt aber jedenfalls, ob der Begriff der objektiven Evidenz verkannt wurde und ob bei der Beurteilung wesentliche Umstände außer Betracht gelassen wurden. Ist das - wie hier - der Fall, kann das Revisionsgericht die Beurteilung selbst vornehmen, wenn die Feststellungen des Berufungsgerichts ein - wie hier - abgeschlossenes Tatsachenbild ergeben (vgl. dazu Senatsurteil vom 29. Juni 1999 - XI ZR 277/98, WM 1999, 1617 , 1618 mwN).

a) Die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagten habe sich aufdrängen müssen, dass die im Prospekt genannte Finanzierungsvermittlerin ihr gegenüber keine vergütungspflichtige Tätigkeit entfaltet habe, entbehrt einer ausreichenden Grundlage. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts richten sich Art und Umfang der Tätigkeiten der Finanzierungsvermittlerin nicht nach dem Fondsprospekt (vgl. BGH, Urteil vom 8. Februar 2011 - II ZR 263/09, BGHZ 188, 233 Rn. 41; Senatsbeschluss vom 19. Juni 2007 - XI ZR 375/06, [...]), sondern nach dem Finanzierungsvermittlungsvertrag, mit dem sich das Berufungsgericht nicht befasst hat. Insoweit fehlt es auch an einem substantiierten Vortrag der Kläger.

b) Selbst wenn man unterstellt, dass der Inhalt des Finanzierungsvermittlungsvertrags mit den Prospektangaben übereinstimmt, ergaben sich entgegen der Annahme des Berufungsgerichts für die Beklagte keine massiven Verdachtsmomente dafür, dass die Abwicklungsbeauftragte mit der Darlehensaufnahme zur Zahlung der Finanzierungsvermittlungsprovision ihre rechtlichen Befugnisse aus der Vollmacht missbraucht hat.

aa) Zu Recht hat das Berufungsgericht solche Verdachtsmomente nicht allein daraus abgeleitet, dass die Abwicklungsbeauftragte für die Kläger überhaupt einen Finanzierungsvermittlungsvertrag abgeschlossen hat, der die Finanzierung einer Vermittlungsprovision in Höhe von 3,8% des Gesamtaufwands nach sich zog. Bei dem Abschluss des Kreditvertrags handelte es sich um ein alltägliches und normales Geschehen im bankgeschäftlichen Kreditverkehr. Dies schloss auch die zu finanzierenden und der Höhe nach marktüblichen Nebenkosten, wie insbesondere die Kosten der Finanzierungsvermittlung in Höhe von 3,8% des Gesamtaufwands, ein.

Ein Vollmachtsmissbrauch kann in diesem Zusammenhang nur dann vorliegen, wenn die Vereinbarung und Finanzierung einer solchen Provision von dem Geschäftsbesorgungsvertrag und dem mit diesem Vertrag umzusetzenden Investitionskonzept zum Nachteil des Kapitalanlegers - hier der Kläger - abweicht (vgl. dazu BGH, Urteil vom 27. Juni 2008 - V ZR 83/07, WM 2008, 1703 Rn. 13). Den Abschluss des Finanzierungsvermittlungsvertrags und die Finanzierung des Gesamtaufwands haben die Kläger aber ausdrücklich gewünscht und damit die Abwicklungsbeauftragte bevollmächtigt.

Ob der Abschluss des Finanzierungsvermittlungsvertrags erforderlich oder wirtschaftlich sinnvoll war, hatte die Beklagte als finanzierende Bank nicht zu prüfen, zumal sie im Zeitpunkt der Darlehensvergabe davon ausgehen durfte, dass der Finanzierungsvermittlungsvertrag bereits abgeschlossen worden war. Davon abgesehen war ihr - auch im Fall einer vom Berufungsgericht angenommenen Kenntnis der Einzelheiten des Prospektinhalts - eine Prüfung der Sinnhaftigkeit des Abschlusses dieses Vertrags gar nicht möglich, weil hierfür ihr möglicherweise verschlossen gebliebene Umstände - wie etwa steuerliche Gründe - maßgeblich gewesen sein könnten.

bb) Anders als das Berufungsgericht meint, lässt sich die Evidenz eines Vollmachtsmissbrauchs nicht damit begründen, der Beklagten habe sich bei Abschluss des Darlehensvertrags aufdrängen müssen, dass die Finanzierungsvermittlerin ihre vertraglich geschuldeten Leistungen nicht erbracht habe. Unabhängig von der Frage, ob die Abwicklungsbeauftragte durch die Finanzierung einer - unterstellt - nicht geschuldeten Provision in Höhe von 3,8% der gesamten Darlehenssumme die ihr erteilte Vollmacht überhaupt missbraucht hätte, ergaben sich für die Beklagte jedenfalls keine Verdachtsmomente, dass die Finanzierungsvermittlerin ihre vertraglich geschuldeten Leistungen nicht erbracht haben könnte.

(1) Die Vermittlungstätigkeit erfordert, dass der Makler auf den potenziellen Vertragspartner mit dem Ziel einwirkt, die Abschlussbereitschaft für den beabsichtigten Hauptvertrag herbeizuführen (BGH, Urteil vom 2. Juni 1976 - IV ZR 101/75, WM 1976, 1118, 1119, Beschluss vom 17. April 1997 - III ZR 182/96, NJW-RR 1997, 884 und Urteil vom 4. Juni 2009 - III ZR 82/08, WM 2009, 1801 Rn. 8). Dabei kann der die Vergütungspflicht auslösende Maklervertrag auch noch zeitlich nach bereits erfolgter Maklerleistung abgeschlossen werden (vgl. BGH, Urteile vom 18. September 1985 - IVa ZR 139/83, WM 1985, 1422, 1423, vom 10. Oktober 1990 - IV ZR 280/89, WM 1991, 78 , vom 6. Februar 1991 - IV ZR 265/89, WM 1991, 818 , 819, vom 6. März 1991 - IV ZR 53/90, WM 1991, 1129 , 1131 und vom 3. Juli 2014 - III ZR 530/13, WM 2014, 1920 Rn. 14). Um die Provision zu verdienen reicht es aus, wenn die Maklerleistung neben anderen Bedingungen für den Abschluss des Hauptvertrags zumindest mitursächlich geworden ist. Sie braucht nicht die einzige und nicht die hauptsächliche Ursache zu sein. Beim Vermittlungsmakler genügt es, dass seine Tätigkeit die Abschlussbereitschaft des Dritten irgendwie gefördert hat, der Makler also beim Vertragsgegner ein Motiv gesetzt hat, das nicht völlig unbedeutend war (BGH, Urteile vom 21. Mai 1971 - IV ZR 52/70, WM 1971, 1098, 1100 und vom 21. September 1973 - IV ZR 89/72, WM 1974, 257, 258).

(2) Vor diesem Hintergrund musste sich der Beklagten das Fehlen einer zumindest mitursächlichen Vermittlungsleistung der Finanzierungsvermittlerin - anders als das Berufungsgericht meint - nicht deshalb aufdrängen, weil mit der Globalfinanzierungsvereinbarung nicht schon die konkreten Bedingungen der im Anschluss daran abgeschlossenen einzelnen Darlehensverträge geregelt werden konnten.

Ebenso wenig musste sich ihr das Fehlen einer solchen Leistung deshalb aufdrängen, weil die Globalfinanzierungsvereinbarung mit der Beklagten aufgrund der Tätigkeit der Abwicklungsbeauftragten und nicht aufgrund einer Tätigkeit der Finanzierungsvermittlerin zustande gekommen sein soll und die konkret auf die Kläger bezogene Finanzierungsanfrage nicht von der Finanzierungsvermittlerin, sondern von der Abwicklungsbeauftragten gestellt worden ist und letztere auch deren Selbstauskunft und die sonstigen Bonitätsunterlagen übermittelt hat.

Das Berufungsgericht verkennt, dass Vermittlungsleistungen nicht höchstpersönlich erbracht werden müssen. Nach der Konzeption des Anlagemodells sollten die Anleger - wie auch vorliegend geschehen - allein die Abwicklungsbeauftragte mit dem Abschluss von Darlehensverträgen bevollmächtigen. Dann ist es aber nicht bedenklich, wenn die finanzierende Bank entsprechend der streitigen Behauptung der Kläger auch nur unmittelbar mit dieser die allgemeinen Konditionen für die Zwischen- und Endfinanzierung verhandelt und ihr von dieser die konkrete Finanzierungsanfrage und die Bonitätsunterlagen zugeleitet werden. Aus Sicht der Bank liegt es nahe, dass die Abwicklungsbeauftragte dabei mit Wissen und im Einverständnis der Finanzierungsvermittlerin als deren Erfüllungsgehilfin agiert.

(3) Unerheblich ist es, dass die Globalfinanzierungsvereinbarung für die Zwischen- und Endfinanzierung bereits vor Abschluss des Finanzierungsvermittlungsvertrags abgeschlossen worden war. Wie oben ausgeführt kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein Makler- oder Vermittlervertrag auch noch nach erfolgter Maklerleistung abgeschlossen und dadurch eine bereits erbrachte Nachweis- oder Vermittlungsleistung provisionspflichtig werden.

c) Mangels weiterer vom Berufungsgericht festgestellter oder von den Klägern behaupteter Umstände kann damit ein für die Beklagte offensichtlicher Vollmachtsmissbrauch durch die Abwicklungsbeauftragte nicht angenommen werden.

III.

Das angefochtene Urteil ist deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO ). Da die Sache mangels Feststellungen zu den Schadensersatzansprüchen nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur weiteren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO ).

Von Rechts wegen

Verkündet am: 14. Juni 2016

Vorinstanz: LG Stuttgart, vom 14.05.2013 - Vorinstanzaktenzeichen 12 O 88/12
Vorinstanz: OLG Stuttgart, vom 26.03.2014 - Vorinstanzaktenzeichen 9 U 111/13