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BGH - Entscheidung vom 02.03.2016

4 StR 580/15

Normen:
StPO § 406 Abs. 1 S. 3
StPO § 406 Abs. 3 S. 2

BGH, Beschluss vom 02.03.2016 - Aktenzeichen 4 StR 580/15

DRsp Nr. 2016/6776

Ergänzung des Adhäsionsausspruchs; Tenorierung des teilweisen Absehens von einer Entscheidung

1. Wird nur ein Teil des begehrten Schmerzensgeldes zuerkannt, handelt es sich bei der Entscheidung im Adhäsionsverfahren um ein Teilendurteil, so dass das teilweise Absehen von einer Entscheidung ausdrücklich zu tenorieren ist.2. Durch die Teilanerkenntnisse des Angeklagten ist das Tatgericht nicht gehindert, den Adhäsionsklägern durch ein (Teil-) Endurteil Schmerzensgeld über den anerkannten Betrag hinaus zuzusprechen.

Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Arnsberg vom 26. August 2015 wird als unzulässig verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die den Nebenklägerinnen B. , N. , Bo. und S. im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Normenkette:

StPO § 406 Abs. 1 S. 3; StPO § 406 Abs. 3 S. 2;

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung in sechs Fällen zu einer Einheitsjugendstrafe von sechs Jahren verurteilt. Gegen dieses Urteil haben die nach dessen Verkündung neu gewählten Verteidiger Be. (Schriftsatz vom 1. September 2015) und J. (Schriftsatz vom 2. September 2015) sowie der Angeklagte selbst (Schreiben vom 1. September 2015) Revision eingelegt. Das Rechtsmittel ist unzulässig, weil der Pflichtverteidiger des Angeklagten bereits am 26. August 2015 wirksam auf Rechtsmittel verzichtet hatte, wozu er von seinem Mandanten ausdrücklich ermächtigt war.

1. Dieser Rechtsmittelverzicht wurde formgerecht erklärt.

Der Rechtsmittelverzicht ist grundsätzlich an die gleiche Form wie die Einlegung des Rechtsmittels gebunden. Er muss also zu Protokoll der Geschäftsstelle oder schriftlich erklärt werden (§ 341 Abs. 1 StPO ). Der schriftliche Rechtsmittelverzicht erfordert daher eine durch den Urheber selbst oder eine dazu ermächtigte Person niedergeschriebene Erklärung und die eindeutige Erkennbarkeit des Erklärenden (BGH, Beschluss vom 12. April 2011 - 4 StR 48/11, Rn. 4).

Der über die Verzichtserklärung des Pflichtverteidigers des Angeklagten G. auf der Geschäftsstelle des Landgerichts erstellte "Vermerk" vom 26. August 2015 genügt diesen Anforderungen. Denn die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat dort nicht nur die Erklärung des Pflichtverteidigers des Angeklagten niedergeschrieben, sondern dieser hat die Erklärung selbst - über der Justizbeschäftigten - unterschrieben. Damit bestand weder über den Inhalt der Erklärung noch über die Person des Erklärenden irgendein Zweifel (vgl. BGH, Beschluss vom 12. April 2011 - 4 StR 48/11, Rn. 5; Beschluss vom 23. Juni 1983 - 1 StR 351/83, NJW 1984, 1974 f.).

2. Der Pflichtverteidiger des Angeklagten war zur Abgabe der Verzichtserklärung auch ermächtigt (§ 302 Abs. 2 StPO ).

Eine Ermächtigung zum Rechtsmittelverzicht kann mündlich erteilt werden; zu ihrem Nachweis kann eine anwaltliche Erklärung genügen (BGH, Beschluss vom 14. Januar 2003 - 4 StR 516/02, NStZ 2004, 55 ). Hier hatte der Pflichtverteidiger des Angeklagten G. , Rechtsanwalt C. , bei Abgabe der Verzichtserklärung am 26. August 2015 mitgeteilt, "namens und im Auftrag des Verurteilten G. " zu handeln. An der Richtigkeit dieser Erklärung hat der Senat keinen Zweifel. Soweit Rechtsanwalt J. erklärt hat (Schriftsatz vom 7. September 2015), von einem Jo. erfahren zu haben, dass der Angeklagte G. "das Mandatsverhältnis" mit Rechtsanwalt C. gekündigt habe und der Rechtsmittelverzicht offensichtlich ohne entsprechenden Auftrag erklärt worden sei, vermag dies die Richtigkeit der Erklärung von Rechtsanwalt C. nicht in Zweifel zu ziehen. Rechtsanwalt J. hatte zugleich mitgeteilt, "auf postalischem Wege" Kontakt zu seinem Mandanten aufgenommen und diesen um eine weiter gehende Stellungnahme ersucht zu haben. Eine solche Stellungnahme ist nicht eingegangen. Stattdessen hat Rechtsanwalt J. unter dem 8. Oktober 2015 erklärt, dass er den Angeklagten nicht mehr vertrete.

3. Der somit wirksam erklärte Rechtsmittelverzicht kann als Prozesshandlung nicht widerrufen, wegen Irrtums angefochten oder sonst zurückgenommen werden. Die trotz wirksamen Rechtsmittelverzichts (mehrfach) eingelegte Revision ist daher als unzulässig zu verwerfen.

Vorinstanz: LG Arnsberg, vom 26.08.2015