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BGH - Entscheidung vom 10.08.2016

2 StR 22/16

Normen:
BtMG § 30a Abs. 1 Nr. 1
WaffG § 1 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a)
StGB § 74

Fundstellen:
NStZ-RR 2016, 375
StV 2018, 485

BGH, Urteil vom 10.08.2016 - Aktenzeichen 2 StR 22/16

DRsp Nr. 2016/17844

Bandenmäßiges und bewaffnetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge; Abgrenzung zwischen einer auf einer konkludent getroffenen Bandenabrede beruhenden Bandentat und bloßer Mittäterschaft; Herleitung einer Bandenabrede aus dem konkret feststellbaren, wiederholten deliktischen Zusammenwirken mehrerer Personen; Abgrenzung zwischen Täterschaft und Teilnahme beim bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach den allgemeinen Grundsätzen

Tenor

1.

Auf die Revisionen der Angeklagten A. , J. S. und T. S. wird das Urteil des Landgerichts Schwerin vom 18. Mai 2015 aufgehoben,

a)

soweit es den Angeklagten J. S. betrifft, hinsichtlich der Tat vom 24. Juni 2014, im Ausspruch über die Gesamtstrafe sowie im Ausspruch über den Verfall von Wertersatz, jeweils mit den Feststellungen,

b)

soweit es den Angeklagten T. S. betrifft, hinsichtlich der Tat vom 15. Juli 2014, im Ausspruch über die Gesamtstrafe sowie im Ausspruch über den Verfall von Wertersatz, jeweils mit den Feststellungen,

c)

soweit es die Angeklagten A. , J. S. , T. S. sowie den nicht revidierenden Angeklagten L. betrifft, im Ausspruch über die Einziehung der unter Ziffer 5 a) bis i) sowie Ziffer 5 k) und l) aufgeführten Gegenstände.

2.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel der Angeklagten, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3.

Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten A. , J. S. und T. S. sowie die Revisionen der Staatsanwaltschaft werden verworfen.

4.

Die Kosten der Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft und die den Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.

Normenkette:

BtMG § 30a Abs. 1 Nr. 1 ; WaffG § 1 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a); StGB § 74 ;

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten A. wegen Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, "wobei er in einem Fall einen Gegenstand mit sich geführt hat, der seiner Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt ist", zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Den Angeklagten J. S. hat es unter Freisprechung im Übrigen wegen Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, "wobei er in einem Fall einen Gegenstand mit sich geführt hat, der seiner Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt ist", zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Darüber hinaus hat es über einen Betrag in Höhe von 5.750 EUR den Verfall von Wertersatz angeordnet. Den Angeklagten T. S. hat es wegen Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren mit Bewährung verurteilt. Über einen Geldbetrag in Höhe von 5.750 EUR hat es den Wertersatzverfall angeordnet. Den Angeklagten L. hat das Landgericht wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren mit Bewährung verurteilt. Darüber hinaus hat es über einen Betrag in Höhe von 8.000 EUR den Verfall von Wertersatz angeordnet. Schließlich hat das Landgericht eine Einziehungsentscheidung getroffen.

Gegen diese Verurteilung wenden sich die Angeklagten A. , J. S. und T. S. mit ihren unbeschränkt eingelegten und auf die Verletzung formellen (A. ) und materiellen Rechts (A. , J. S. , T. S. ) gestützten Revisionen. Mit ihren zuungunsten sämtlicher Angeklagter eingelegten, auf die Strafaussprüche beschränkten und auf die Sachrüge gestützten Revisionen wendet sich die Staatsanwaltschaft gegen die Annahme minder schwerer Fälle und gegen die Höhe der verhängten Strafen.

Die Revisionen der Angeklagten haben den aus dem Urteilstenor ersichtlichen Teilerfolg. Die Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft haben keinen Erfolg.

I.

Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

Bereits seit Anfang Januar 2014 bezogen die Angeklagten A. und J. S. von dem in H. wohnhaften, nicht revidierenden Mitangeklagten L. Rauschgift (Kokain), um dieses in W. gewinnbringend weiter zu verkaufen. Nicht festgestellt werden konnte, zu welchen konkreten Tatzeitpunkten die Angeklagten welche Rauschgiftmengen bezogen.

Im Juni 2014 stellte der Angeklagte A. dem Angeklagten L. den Bruder des Angeklagten J. S. , den Angeklagten T. S. , als "Partner" vor. Spätestens zu diesem Zeitpunkt kamen die Angeklagten A. , J. S. und T. S. überein, künftig gemeinsam Rauschgift vom Angeklagten L. zu erwerben, um dieses anschließend in W. gewinnbringend an einen festen Abnehmerkreis weiter zu veräußern; sie beabsichtigten, sich damit eine Einnahmequelle von einigem Umfang und einer gewissen Dauer zu verschaffen. Den Angeklagten J. S. und T. S. oblag die Organisation der Beschaffungsfahrten zu dem Lieferanten L. nach H. sowie der anschließende Absatz der Betäubungsmittel in W. . Der Angeklagte A. hielt die Verbindung zu dem Angeklagten L. , verabredete den Zeitpunkt der Beschaffungsfahrten und nahm an den von den Angeklagten J. und T. S. organisierten Fahrten nach H. als Beifahrer teil. Auf der Grundlage der konkludent getroffenen Bandenabrede kam es zu den nachfolgenden beiden Taten:

1. Nach vorheriger fernmündlicher Vereinbarung fuhren die Angeklagten A. und T. S. mit einem zuvor eigens angemieteten Kraftfahrzeug am 24. Juni 2014 nach H. zu dem Angeklagten L. und erwarben von ihm 89 Gramm Kokaingemisch guter Qualität zum Preis von 45 EUR pro Gramm. Das Rauschgift wurde in der Folgezeit gewinnbringend zum Preis von 65 EUR je Gramm weiter veräußert.

2. Nach vorheriger Vereinbarung fuhren die Angeklagten A. und J. S. am 15. Juli 2014 nach H. zu dem Angeklagten L. , um von ihm erneut Kokain zum gewinnbringenden Weiterverkauf zu erwerben. Dabei führten sie im Ablagefach auf der Beifahrerseite des vom Vater der Verlobten des Angeklagten J. S. entliehenen Fahrzeugs ein als Taschenlampe getarntes Elektroimpulsgerät mit sich, um es erforderlichenfalls einsetzen zu können. Der Angeklagte A. hatte das Elektroimpulsgerät zu diesem Zweck mitgebracht, der Angeklagte S. , der das Fahrzeug steuerte, hatte dies wahrgenommen und gebilligt. Die Angeklagten A. und J. S. erwarben von L. 88,975 Gramm Kokaingemisch. Auf der Rückfahrt wurden sie von Polizeikräften, die das Rauschgiftgeschäft observiert hatten, festgenommen. Das Rauschgift wurde sichergestellt.

II.

Die Revision des Angeklagten A. :

Die auf die unausgeführte und daher unzulässige Formalrüge sowie auf die ausgeführte Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten A. bleibt zum Schuld- und zum Strafausspruch erfolglos. Die Einziehungsentscheidung kann jedoch keinen Bestand haben.

1. Das Landgericht hat seine Überzeugung, dass die Angeklagten A. , J. und T. S. sich Anfang Juni 2014 zusammenschlossen, um künftig gemeinsam mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Handel zu treiben, und der Angeklagte A. die verfahrensgegenständlichen Taten aufgrund der konkludent getroffenen Bandenabrede begangen hat, tragfähig begründet.

a) Eine Bande im Sinne des § 30a Abs. 1 Nr. 1 BtMG setzt den Zusammenschluss von mindestens drei Personen mit dem Willen voraus, künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbstständige, im Einzelnen noch ungewisse Taten der in § 30a Abs. 1 BtMG genannten Art zu begehen (vgl. BGH, Großer Senat für Strafsachen, Beschluss vom 22. März 2001 - GSSt 1/00, BGHSt 46, 321 , 325; vgl. BGH, Urteil vom 16. Juni 2005 - 3 StR 492/04, BGHSt 50, 160 ; Senat, Beschluss vom 10. Oktober 2012 - 2 StR 120/12, StV 2013, 508 ). Nicht erforderlich ist die gegenseitige verbindliche Verpflichtung zur Begehung bestimmter künftiger Delikte; es genügt vielmehr auch die Übereinkunft, in Zukunft sich ergebende günstige Gelegenheiten zu gemeinsamer Tatbegehung zu nutzen (vgl. Senat, Urteil vom 21. Dezember 2007 - 2 StR 372/07, NStZ 2009, 35 , 36). Einer ausdrücklichen Vereinbarung bedarf es nicht; die Bandenabrede kann auch durch schlüssiges Verhalten zustande kommen (BGH, Urteil vom 16. Juni 2005 - 3 StR 492/04, BGHSt 50, 160 , 162). Das Vorliegen einer Bandenabrede kann daher auch aus dem konkret feststellbaren, wiederholten deliktischen Zusammenwirken mehrerer Personen hergeleitet werden (vgl. Senat, NStZ 2009, 35 , 36). In Grenzfällen kann die Abgrenzung zwischen einer auf einer konkludent getroffenen Bandenabrede beruhenden Bandentat und bloßer Mittäterschaft schwierig sein. Erforderlich ist in diesen Fällen eine sorgfältige und umfassende Würdigung aller im konkreten Einzelfall für und gegen eine Bandenabrede sprechenden Umstände (Senat, Beschluss vom 10. Oktober 2012 - 2 StR 120/12, StV 2013, 508 ). Der Tatrichter muss sich insbesondere bewusst sein, dass ein Rückschluss von dem tatsächlichen deliktischen Zusammenwirken auf eine konkludente Bandenabrede für sich genommen zu kurz greifen kann (vgl. Senat, StV 2013, 508 ).

b) Gemessen hieran hat das Landgericht seine Überzeugung von der Bandenabrede tragfähig begründet. Ausgehend von der aktiven Beteiligung aller drei Angeklagter am Absatz der Betäubungsmittel sowie dem Umstand, dass der Angeklagte A. dem Lieferanten L. , von dem er gemeinsam mit dem Angeklagten J. S. bereits seit Anfang des Jahres 2014 Kokain bezog, den Mitangeklagten T. S. Anfang Juni 2014 als weiteren "Partner" vorstellte, hat es unter Berücksichtigung des arbeitsteiligen Vorgehens bei der Durchführung der beiden verfahrensgegenständlichen Taten und des engen Informationsaustauschs der Beteiligten auf das Vorliegen einer konkludenten Bandenabrede geschlossen. Dies ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden.

2. Die Beweiserwägungen tragen auch die Annahme des Handeltreibens mit einer nicht geringen Menge Kokain bei der Tat vom 24. Juni 2014.

Zwar hat das Landgericht seine Überzeugung, dass die Angeklagten A. und T. S. bei dieser Beschaffungsfahrt eine vergleichbare Menge Rauschgift - 89 Gramm Kokaingemisch - vom Angeklagten L. erworben haben wie bei der zeitlich nachfolgenden Beschaffungsfahrt am 15. Juli 2014 im Rahmen der Beweiswürdigung - missverständlich - damit begründet, dass es "keine Anhaltspunkte für eine geringere Menge bei dieser Tat und für eine andere Wirkstoffkonzentration der aus derselben Quelle bezogenen Betäubungsmittel" gebe. Dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe kann jedoch noch hinreichend sicher entnommen werden, dass das Landgericht - nicht zuletzt in Ansehung des aus mehreren Personen bestehenden, festen Abnehmerkreises und des mit der Anmietung eines Kraftfahrzeugs verbundenen Aufwands - davon ausgegangen ist, dass die Angeklagten bei beiden Geschäften Kokain in etwa derselben Menge erwarben wie bei der nachfolgenden weiteren Beschaffungsfahrt. Dies ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Entgegen der Auffassung der Revision musste sich das Landgericht in Ansehung der Feststellung, dass die Lieferbeziehung zu dem Angeklagten L. bereits seit Anfang des Jahres 2014 bestand, nicht mit der Möglichkeit auseinander setzen, es könne sich um einen Probekauf gehandelt haben.

3. Das Landgericht hat seine Überzeugung, dass der Angeklagte A. - ebenso wie der Angeklagte J. S. - bei der Beschaffungsfahrt am 15. Juli 2014 den Qualifikationstatbestand des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG erfüllt hat, tragfähig begründet. Dieser setzt voraus, dass der Täter eine Schusswaffe oder einen sonstigen Gegenstand im Sinne dieser Vorschrift beim Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge mit sich führt.

a) Zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass das Elektroimpulsgerät eine Waffe im technischen Sinne (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a WaffG i.V.m. Anlage 1, Abschnitt 1, Unterabschnitt 2, tragbare Gegenstände 1.2.1) ist, bei der es zur subjektiven Zweckbestimmung des Täters keiner weiteren Feststellungen bedarf (BGH, Beschluss vom 10. Februar 2015 - 5 StR 594/14, NStZ 2015, 349 ).

b) Ein Mitsichführen im Sinne des Qualifikationstatbestands liegt vor, wenn der Täter die Waffe bewusst gebrauchsbereit in der Weise bei sich hat, dass er sich ihrer jederzeit ohne nennenswerten Zeitaufwand bedienen kann (BGH, aaO). Hierfür genügt, dass sich die Waffe oder der Gegenstand in seiner Griffweite befindet. Dies hat das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt. Danach war das Elektroimpulsgerät, das der Angeklagte A. zur Durchführung der Beschaffungsfahrt eigens mitgebracht und in dem vom Angeklagten J. S. gesteuerten Fahrzeug in der Ablage der Beifahrertür abgelegt hat, für diesen während der Beschaffungsfahrt jederzeit griffbereit. Auch handelte der Angeklagte nach den Feststellungen des Landgerichts insoweit mit dolus eventualis (vgl. BGH, Beschluss vom 14. November 1996 - 1 StR 609/96, BGHR BtMG § 30a Abs. 2 Mitsichführen 2).

4. Die auf § 74 StGB gestützte Einziehungsentscheidung kann - mit Ausnahme der Einziehung des Elektroimpulsgeräts (Ziffer 5 j) des Urteilstenors) - aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift genannten Gründen nicht bestehen bleiben. Den Urteilsgründen kann nicht entnommen werden, dass die Voraussetzungen des § 74 StGB hinsichtlich der einzelnen Gegenstände vorlagen.

5. Insoweit war die Urteilsaufhebung auf den nicht revidierenden Angeklagten L. zu erstrecken, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass einzelne der in dieser Entscheidung aufgeführten Gegenstände in seinem Eigentum stehen.

III.

Die Revision des Angeklagten J. S.

Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten J. S. hat einen Teilerfolg und führt zur Aufhebung des Schuldspruchs bezüglich der Tat vom 24. Juni 2014. Darüber hinaus kann die Entscheidung über den Wertersatzverfall und die Einziehungsentscheidung nicht bestehen bleiben. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet.

1. Die Feststellungen tragen nicht die Annahme, dass der Angeklagte J. S. hinsichtlich der Tat am 24. Juni 2014 als Mittäter gehandelt hat.

a) Mittäter ist, wer nicht nur fremdes Tun fördert, sondern einen eigenen Tatbeitrag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfügt, dass sein Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheint. Ob ein Beteiligter ein so enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte können der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 15. Januar 1991 - 5 StR 492/90, BGHSt 37, 289 , 291; vom 9. April 2013 - 1 StR 586/12, BGHSt 58, 218 , 225 f.; vom 13. Juli 2016 - 1 StR 94/16, Rn. 17). Bei Beteiligung mehrerer Personen, von denen nicht jede sämtliche Tatbestandsmerkmale verwirklicht, ist Mittäter, wer seinen eigenen Tatbeitrag so in die Tat einfügt, dass er als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Handeln als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheint. Stets muss sich diese Mitwirkung aber nach der Willensrichtung des sich Beteiligenden als Teil der Tätigkeit aller darstellen (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 29. September 2015 - 3 StR 336/15, NStZ-RR 2016, 6 ).

Die Abgrenzung zwischen Täterschaft und Teilnahme erfolgt auch beim bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach den allgemeinen Grundsätzen. Die Feststellung der Bandenmitgliedschaft vermag daher konkrete Feststellungen, welche die Annahme mittäterschaftlicher Mitwirkung an der einzelnen Bandentat tragen, nicht zu ersetzen.

b) Dies hat das Landgericht verkannt. Es hat ausdrücklich festgehalten, dass es der Feststellung einer "unmittelbaren Beteiligung" des Angeklagten J. S. an der Beschaffungsfahrt am 24. Juni 2014 nicht bedürfe, weil sich die "jeweilige Zurechenbarkeit aus der gemeinsamen Zielsetzung und Mitgliedschaft der Bande ergebe". Ein die konkrete Tat fördernder Tatbeitrag des Angeklagten J. S. ist nicht festgestellt. An der Beschaffungsfahrt zum Angeklagten L. hat er nicht teilgenommen. Darüber hinaus hat das Landgericht nicht hinreichend konkret festgestellt, dass der Angeklagte J. S. im Vorfeld der Tat in deren konkrete Planung oder ihre sonstige Vorbereitung oder in den anschließenden Absatz der Betäubungsmittel eingebunden gewesen ist. Die Feststellung, dass die Angeklagten J. und T. S. jeweils voneinander wussten, wann die vom Angeklagten A. abgesprochenen Beschaffungsfahrten durchgeführt wurden, und dass beide jeweils in den nachfolgenden Verkauf der Betäubungsmittel eingebunden waren, vermag die Feststellung eines die konkrete Tat fördernden Beitrags nicht zu ersetzen.

2. Die Feststellungen tragen die Annahme bewaffneten Bandenhandels mit Betäubungsmitteln bei der Tat am 15. Juli 2014. Dass der Angeklagte J. S. selbst unmittelbaren Zugriff auf das Elektroimpulsgerät hatte, ist zur Erfüllung des Qualifikationstatbestands des § 30a Abs. 2 BtMG nicht erforderlich (BGH, Beschluss vom 4. Februar 2003 - GSSt 1/02, BGHSt 48, 189 , 192).

3. Die Aufhebung des Schuldspruchs hinsichtlich der Tat vom 24. Juni 2014 entzieht der Entscheidung über die Anordnung des Wertersatzverfalls die Grundlage.

4. Auch die § 74 StGB gestützte Einziehungsentscheidung kann aus den bereits genannten Gründen keinen Bestand haben (vgl. oben unter II.4.).

IV.

Die Revision des Angeklagten T. S. :

Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten T. S. hat einen Teilerfolg und führt zur Aufhebung des Schuldspruchs bezüglich der Tat vom 15. Juli 2014. Auch die Entscheidung über den Wertersatzverfall sowie die Einziehungsentscheidung kann nicht bestehen bleiben. Im Übrigen ist das Rechtsmittel des Angeklagten unbegründet.

1. Die Feststellungen tragen nicht die Annahme, dass der Angeklagte T. S. hinsichtlich der Tat am 15. Juli 2014 als Mittäter gehandelt hat. Das Landgericht hat einen unmittelbaren Tatbeitrag des Angeklagten T. S. nicht festgestellt. Solche Feststellungen waren vorliegend auch unter Berücksichtigung der - rechtsfehlerfrei festgestellten - Bandenabrede nicht entbehrlich (siehe oben unter III. 1.).

2. Auch die Wertersatzverfallsentscheidung hält rechtlicher Überprüfungnicht stand.

a) "Erlangt" im Sinne von §§ 73 Abs. 1 Satz 1, 73a Satz 1 StGB ist ein Vermögensvorteil nur dann, wenn der Täter die faktische Verfügungsgewalt über den Gegenstand erworben hat (BGH, Beschluss vom 12. Mai 2009 - 4 StR 102/09, NStZ-RR 2009, 320 ). Bei mehreren Tatbeteiligten kommt eine Zurechnung nach den Grundsätzen der Mittäterschaft gemäß § 25 Abs. 2 StGB mit der Folge einer gesamtschuldnerischen Haftung nur in Betracht, wenn sich die Beteiligten darüber einig sind, dass dem jeweiligen Mittäter zumindest Mitverfügungsgewalt über die Rauschgifterlöse zukommen sollte und er diese auch tatsächlich hatte (BGH, Beschluss vom 10. September 2002 - 1 StR 281/02, NStZ 2003, 198 , 199).

b) Das Landgericht hat zwar festgestellt, dass der "Umsatz" bei der Tat vom 24. Juni 2014 rund 5.780 EUR betrug und dass ein Betrag in dieser Höhe nach dem Bruttoprinzip dem Verfall unterliege. Es fehlt jedoch an tragfähigen Feststellungen dazu, dass und in welcher Höhe der Angeklagte T. S. an den aus den Veräußerungsgeschäften erzielten Erlösen beteiligt war. Darüber hinaus fehlt es an näheren Feststellungen dazu, ob der Wert des Erlangten noch im Vermögen des Angeklagten vorhanden war (§ 73c Abs. 1 Satz 2 StGB ). Schließlich fehlt es auch an einer näheren Prüfung der Frage, ob die Anordnung des Verfalls von Wertersatz für den Angeklagten eine unbillige Härte darstellen könnte (§ 73c Abs. 1 Satz 1 StGB ).

V.

Die Revisionen der Staatsanwaltschaft:

Die in den Verurteilungsfällen auf die Strafaussprüche beschränkten Revisionen der Staatsanwaltschaft bleiben hinsichtlich sämtlicher Angeklagter ohne Erfolg. Die Strafrahmenwahl hält sachlich-rechtlicher Überprüfung stand.

1. Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsgerichts in diese Einzelakte der Strafzumessung ist in der Regel nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein (st. Rspr.; vgl. nur Senat, Urteil vom 17. September 1980 - 2 StR 355/80, BGHSt 29, 319 , 320). Eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ist ausgeschlossen (st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschluss vom 10. April 1987 - GSSt 1/86, BGHSt 34, 345 , 349). Diese Maßstäbe gelten auch für die dem Tatrichter obliegende Prüfung, ob ein minder schwerer Fall im Sinne des § 30a Abs. 3 BtMG bzw. § 29a Abs. 2 BtMG vorliegt.

2. Gemessen hieran hält die Annahme des Landgerichts, bezüglich aller Angeklagten sei von minder schweren Fällen im Sinne der § 30a Abs. 3 BtMG bzw. § 29a Abs. 2 BtMG auszugehen, einer rechtlichen Überprüfung stand.

a) Entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft begegnet es keinen Bedenken, dass das Landgericht strafmildernd berücksichtigt hat, dass der Grenzwert zur nicht geringen Menge "nur wenig überschritten" ist. Das Landgericht ist im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass eine nur geringe Überschreitung der Grenze zur nicht geringen Menge ein Strafmilderungsgrund ist (vgl. Senat, Beschluss vom 24. Juli 2012 - 2 StR 166/12; Beschluss vom 25. Februar 2016 - 2 StR 39/16, NStZ-RR 2016, 141 [die zweieinhalbfache nicht geringe Menge ist jedenfalls noch kein bestimmender Strafschärfungsgrund]). Entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft steht diese Strafzumessungserwägung nicht in Widerspruch zu den Feststellungen, ausweislich derer der Grenzwert zur nicht geringen Menge etwa um das 7,8-fache bzw. um das 14-fache überschritten war.

b) Entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, dass der Tatrichter zugunsten der Angeklagten A. und J. S. bei der Tat 2 vom 15. Juli 2014 berücksichtigt hat, dass der von ihnen mitgeführte gefährliche Gegenstand - das Elektroimpulsgerät - "nur unter bestimmten Voraussetzungen geeignet ist, erhebliche oder lebensbedrohliche Verletzungen herbeizuführen". Damit hat der Tatrichter ersichtlich auf die geringere abstrakte Gefährlichkeit der Waffe und damit auf einen zulässigen Strafmilderungsgrund abgestellt.

c) Das Landgericht ist bei der Prüfung der Frage, ob die Taten bezüglich aller Angeklagten als minder schwere Fälle im Sinne des § 30a Abs. 3 BtMG bzw. des § 29a Abs. 2 BtMG anzusehen sind, im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass insoweit alle die Taten und die Täter charakterisierenden, belastenden und entlastenden Umstände gegeneinander abzuwägen sind. Dass es im Rahmen der nachfolgenden Gesamtwürdigung zunächst nur auf die strafmildernden Umstände Bezug genommen und die strafschärfenden Gesichtspunkte erst bei der Strafzumessung im engeren Sinne berücksichtigt hat, lässt nicht besorgen, dass es die strafschärfenden Gesichtspunkte nicht bereits bei der Strafrahmenwahl in seine Erwägungen einbezogen hat.

VI.

Die Sache bedarf daher im Umfang der Aufhebung neuer Verhandlungund Entscheidung.

Der Senat weist für den Fall einer erneuten Anordnung des Verfalls von Wertersatz vorsorglich darauf hin, dass der Tatrichter auch zu prüfen haben wird, ob die Angeklagten J. und T. S. ganz oder teilweise als Gesamtschuldner haften. Dies gälte auch dann, wenn das Landgericht bei einem der Angeklagten gemäß § 73c Abs. 1 StGB von einer Verfallsanordnung absehen würde; dies führt nicht zum Wegfall des Gesamtschuldverhältnisses, weil darin nur ein Verzicht auf die unmittelbare Inanspruchnahme dieses Angeklagten zu sehen ist; die übrigen Wirkungen der Gesamtschuld (Innenregress) bleiben hiervon unberührt (BGH, Beschluss vom 20. Januar 2016 - 4 StR 376/15; Beschluss vom 25. September 2012 - 4 StR 137/12).

Vorinstanz: LG Schwerin, vom 18.05.2015
Fundstellen
NStZ-RR 2016, 375
StV 2018, 485