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BGH - Entscheidung vom 14.01.2016

I ZR 107/15

Normen:
MarkenG § 19c Abs. 1
MarkenG § 24 Abs. 1

BGH, Beschluss vom 14.01.2016 - Aktenzeichen I ZR 107/15

DRsp Nr. 2016/4518

Anforderung an eine Nachweispflicht im Rahmen einer Feststellung von Produktfälschungen bei Testkäufen der Schuhmarke CONVERSE

1. Handelt eine Partei mit Produktfälschungen, kann sie sich im Streitfall nicht auf Erschöpfung im Sinne von § 24 Abs. 1 MarkenG und Art. 13 Abs. 1 GMV berufen. 2. Den Nachweis, dass es sich bei im Handel befindlichen Produkten nicht um Produktfälschungen handelt, muss grundsätzlich der Beklagte führen, während den Markeninhaber, der eine Produktfälschung behauptet, regelmäßig eine sekundäre Darlegungslast trifft.

Tenor

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 5. Zivilsenats des Kammergerichts vom 14. April 2015 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Der Streitwert wird auf 176.000 € festgesetzt.

Normenkette:

MarkenG § 19c Abs. 1 ; MarkenG § 24 Abs. 1 ;

Gründe

I. Die Klägerin produziert und vertreibt Sportschuhe. Sie war Inhaberin der für Schuhwaren geschützten Wortmarke DE 2001711 "CONVERSE", der Wort-Bild-Marke EU 929078 "ALL STAR" (mit Darstellung eines Sterns zwischen beiden Worten) sowie der Marke DE 1129307 "CONVERSE ALL STAR" (in einem runden Kreis unter anderem mit Darstellung eines Sterns in der Mitte). Sie hat diese Marken während des Berufungsverfahrens auf die All Star C.V. übertragen.

Die Beklagte betreibt Einzelhandelsgeschäfte, in denen außer Lebensmitteln unter anderem Schuhe angeboten werden. Sie vertreibt Waren auch über das Internet.

Die Klägerin behauptet, in Testkäufen am 21. März 2011 stationär sowie am 20. Januar 2012 über das Internet CONVERSE-Schuhe bei der Beklagten bestellt zu haben, bei denen es sich um Fälschungen gehandelt habe.

Die Klägerin hat zunächst Unterlassung, Herausgabe zur Vernichtung, Auskunft, noch zu beziffernden Schadensersatz sowie Urteilsveröffentlichung verlangt. Das Landgericht hat durch Teilurteil der Klage im Wesentlichen stattgegeben, den Vernichtungsanspruch abgewiesen und die Entscheidung über den Zahlungsanspruch und die Kosten dem Schlussurteil vorbehalten.

Das Berufungsgericht hat die Verurteilung der Klägerin zur Unterlassung auf die konkrete Verletzungsform beschränkt und ihre Verurteilung zur Angabe des erzielten Gewinns aufgehoben. Im Übrigen hat es die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

Mit der angestrebten Revision möchte die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgen.

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, die auf die Verletzung von Verfahrensgrundrechten gestützten Rügen greifen nicht durch und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert auch im Übrigen keine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO ).

1. Die von der Nichtzulassungsbeschwerde aufgeworfenen kartellrechtlichen Fragen sind nicht entscheidungserheblich. Die Beklagte kann sich schon deshalb im Streitfall nicht auf Erschöpfung im Sinne von § 24 Abs. 1 MarkenG und Art. 13 Abs. 1 GMV berufen, weil es sich bei den von der Klägerin am 21. März 2011 und am 20. Januar 2012 erworbenen Freizeitschuhen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts um Produktfälschungen der Erzeugnisse der Klägerin handelte.

Den Nachweis, dass es sich nicht um Produktfälschungen handelt, muss grundsätzlich die Beklagte führen. Allerdings trifft den Markeninhaber, der eine Produktfälschung behauptet, regelmäßig eine sekundäre Darlegungslast, weil er ohne weiteres Aufklärung darüber leisten kann, aufgrund welcher Anhaltspunkte oder Umstände von Produktfälschungen auszugehen ist (vgl. BGH, Urteil vom 15. März 2012 - I ZR 52/10, GRUR 2012, 626 Rn. 26 f. = WRP 2012, 819 - CONVERSE I).

Von diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht ausgegangen und hat angenommen, die Klägerin sei ihrer sekundären Darlegungslast mit dem Hinweis zu gefälschten, nicht in der für sie geführten "Avery Dennison Datenbank" enthaltenen Seriennummern auf den Etiketten der testweise gekauften Schuhe hinreichend nachgekommen. Der Vortrag der Klägerin zur Vergabe und Dokumentation der Seriennummern belege schlüssig eine Fälschung. Diesem Vortrag sei die Beklagte nicht in erheblicher Weise entgegengetreten, indem sie auf die Möglichkeit von Fehlern bei der Bedienung und in der Software verwiesen und die fehlende Dokumentation in der Datenbank mit Nichtwissen bestritten habe. Vielmehr habe die Beklagte Beweis zum Vorhandensein der Seriennummern in der Datenbank oder dazu, dass die Seriennummern richtigerweise in der Datenbank hätten vorhanden sein müssen, antreten oder aber eine lückenlose Lieferkette bis zum Markeninhaber vortragen und beweisen müssen. Allein das Angebot eines Sachverständigengutachtens zum Nachweis der Unzuverlässigkeit der Datenbank genüge nicht. Unter Hinweis auf die Senatsentscheidung "CONVERSE I" (GRUR 2012, 626 Rn. 28) hat das Berufungsgericht weiter angenommen, der Inhalt der Seriennummern der Schuhe stelle ein Betriebsgeheimnis dar, das sie im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast nicht offenzulegen habe.

Diese das Berufungsurteil tragenden Erwägungen des Berufungsgerichts werden von der Nichtzulassungsbeschwerde nicht angegriffen.

2. Das Berufungsgericht hat das rechtliche Gehör der Beklagten nicht verletzt, weil es der Klägerin unter Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO mehr zugesprochen als diese beantragt hat. Zwar sind im Tenor Ziffer 1 und 2 des Berufungsurteils entgegen den in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht gestellten Anträgen der Klägerin die Worte "hergestellt und" nicht gestrichen worden. Dabei handelt es sich aber um ein offensichtliches Versehen des Berufungsgerichts, das durch eine Berichtigung des Urteils nach § 319 Abs. 2 ZPO ausgeräumt werden kann.

3. Zwar macht die Nichtzulassungsbeschwerde zutreffend geltend, dass die vom Berufungsgericht bestätigte Veröffentlichung des Urteilstenors durch eine Anzeige auf der Titelseite der BILD-Zeitung im Format 9 x 13,5 cm auf Kosten der Beklagten offensichtlich unleserlich wäre. Das rechtfertigt jedoch keine Zulassung der Revision unter dem Gesichtspunkt der Willkür. Die Beklagte hat der Verurteilung zur Bekanntmachung nicht von sich aus nachzukommen. Vielmehr ist der Klägerin im Einklang mit § 19c Abs. 1 MarkenG eine entsprechende Veröffentlichungsbefugnis zuerkannt worden. Bei sachgerechter Auslegung des Tenors ist der Klägerin die Befugnis zuzubilligen, den Urteilstenor ohne Einblendung der Bestellunterlagen zu veröffentlichen, sofern sie durch den vom Berufungsgericht hinzugefügten Klammerzusatz zu den Aussprüchen zu 1 und 2, gegebenenfalls mit geringer, nicht sinnentstellender sprachlicher Anpassung, klarstellt, dass eine Verurteilung nur beschränkt auf die konkrete Verletzungsform ausgesprochen worden ist. Außerdem könnte auf die Veröffentlichung des Ausspruchs zur vorläufigen Vollstreckbarkeit (IV des Tenors) verzichtet werden.

4. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO .

Vorinstanz: LG Berlin, vom 11.12.2012 - Vorinstanzaktenzeichen 103 O 87/11
Vorinstanz: KG, vom 14.04.2015 - Vorinstanzaktenzeichen 5 U 17/13