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BGH - Entscheidung vom 17.03.2015

2 StR 281/14

Normen:
StGB a.F. § 108e
StGB § 331

Fundstellen:
NJW 2015, 2678
NStZ 2015, 450
StV 2015, 758

BGH, Urteil vom 17.03.2015 - Aktenzeichen 2 StR 281/14

DRsp Nr. 2015/14973

Vorteilsnahme eines Beamten durch Inanspruchnahme von Zusatzvereinbarungen zu Beraterverträgen für seine Dienstausübung; Vornahme einer Diensthandlung im Sinne des Vorteilsgebers als gewichtiges Indiz für eine Unrechtsvereinbarung

Tenor

1.

Auf die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Meiningen vom 8. Januar 2014 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben

a)

im Fall II.1. der Urteilsgründe im Ausspruch über die Einzelstrafe für die zweite Tat (Beratervertrag vom 20. Dezember 2010),

b)

im Gesamtstrafenausspruch.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2.

Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Normenkette:

StGB a.F. § 108e; StGB § 331 ;

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Abgeordnetenbestechung und wegen Vorteilsannahme in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Von einem weiteren Vorwurf der Vorteilsannahme hat es den Angeklagten freigesprochen. Gegen seine Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten, auf die Sachbeschwerde gestützten Revision gegen den Teilfreispruch und beanstandet zudem den Strafausspruch. Die Rechtsmittel haben hinsichtlich des Strafausspruchs teilweise Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet.

A.

Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

I.

1. Der Angeklagte, ehemals evangelischer Pfarrer, war von 1994 bis 2011 Mitglied des E. Stadtrats. Von 1995 bis 1999 war er zudem Vorsitzender der CDU-Fraktion im Thüringer Landtag, von 1999 bis 2002 thüringischer Innenminister. Nach seinem Ausscheiden aus dem Landtag wurde er im September 2009 vom E. Stadtrat zum ehrenamtlichen Beigeordneten und Stellvertreter des Oberbürgermeisters der Stadt E. gewählt und in der Folge in das Beamtenverhältnis als Ehrenbeamter berufen. Mit Schreiben vom 6. Oktober 2009 wurde ihm vom Oberbürgermeister, dem gesondert Verfolgten D. , nach § 32 Abs. 7 der Thüringer Kommunalordnung der Geschäftsbereich "Städtische Beteiligungen" als ein eigenständiger dienstlicher Zuständigkeitsbereich zugewiesen. Daneben waren der Bürgermeisterin, einer hauptamtlichen sowie einer weiteren ehrenamtlichen Beigeordneten eigenständige Geschäftsbereiche zugewiesen. Neben diesen förmlichen Zuweisungen beauftragte der Oberbürgermeister im Rahmen einer fixen wöchentlichen Besprechung mit seinen Stellvertretern, der sogenannten "Beigeordnetenrunde", den Angeklagten und andere Beigeordnete aus Praktikabilitätserwägungen auch mit Tätigkeiten außerhalb deren zugewiesenen Geschäftsbereichen, wiewohl er den ehrenamtlichen Beigeordneten gegenüber nicht weisungsberechtigt war. Der Angeklagte nahm eine Vielzahl solcher Aufträge an und wurde deswegen von der Stadtverwaltung zur "Führungsspitze" gezählt, obwohl er als ehrenamtlicher Beigeordneter außerhalb des ihm zugewiesenen Geschäftsbereichs der Verwaltung gegenüber nicht weisungsbefugt war.

2. Am 2. Juni 2010 kam es durch die Vermittlung von ehemaligen Ministerkollegen des Angeklagten zu einem Treffen des Angeklagten mit Vertretern der j. -Gruppe, einem Unternehmen, das sich mit der Projektentwicklung im Bereich Erneuerbare Energien befasste und das gerade auf der Suche nach einem Repräsentanten für Thüringen war. Bei diesem ersten Treffen berichtete der Angeklagte von seinen bisherigen und aktuellen Tätigkeiten einschließlich derer als ehrenamtlicher Beigeordneter sowie über seinen Einfluss auf die Stadtverwaltung, den er bei einem eventuellen Abschluss eines Beratervertrages zu Gunsten von Vorhaben der j. -Gruppe nutzen könne. Nach intensiven Verhandlungen unterzeichnete der Angeklagte am 28. Juli 2010 namens und im Auftrag der E. GmbH, deren alleiniger Geschäftsführer und 50%iger Anteilseigner er war, einen Beratervertrag mit der j. -H. AG. Ziel der Zusammenarbeit mit dem Angeklagten, der insbesondere "die Kontaktierung und Betreuung verschiedener relevanter politischer Entscheidungsträger durch die Zusammenarbeit mit dem Auftragnehmer [Angeklagter] weiter vorantreiben" sollte, war die "Gewinnung von Projekten auf Seiten der j. -Gruppe". Der Vertrag wurde zunächst für den Zeitraum 1. Juli bis 31. Dezember 2010 geschlossen. Die Beratung sollte in Abstimmung mit der j. -Gruppe u. a. "die Aufnahme von Kontaktgesprächen mit ausgewählten Verbänden, Verwaltungen und Gebietskörperschaften" und bedarfsweise die politische Unterstützung im Projektgeschäft umfassen. Als Beratungshonorar waren 700 Euro netto pro Personentag zu je acht Stunden bei maximal fünf Personentagen im Monat vorgesehen. Für "Aktivitäten [...], die zur Genehmigung von Windenergieanlagen in Thüringen führen", war zudem eine zusätzliche Provision festgelegt. Bei Abschluss dieses Beratungsvertrages gingen der Angeklagte und der gesondert Verfolgte W. , Vorstandsmitglied und Mitgründer der j. -H. AG, zumindest stillschweigend davon aus, dass auch eventuelle dienstliche Tätigkeiten des Angeklagten im Zusammenhang mit Projekten der j. -Gruppe in E. im Rahmen des Beratungsvertrages honoriert werden sollten.

Frühestens Ende August 2010 informierte der Angeklagte Oberbürgermeister D. über das Bestehen des Beratervertrages, teilte ihm aber weder zu diesem noch zu einem späteren Zeitpunkt die zu Grunde liegenden Konditionen mit und informierte ihn auch nicht darüber, welche konkrete Tätigkeiten er der j. -H. AG in welcher Höhe später in Rechnung stellte. In der Folge gelang es dem Angeklagten, Oberbürgermeister D. für die von der j. -Gruppe geplante Errichtung von Windkraftanlagen auf dem R. sowie einer Firmenniederlassung in E. gewinnen. Seine im September 2010 durchgeführten Tätigkeiten, u. a. Gespräche mit dem Oberbürgermeister selbst und mehreren Landräten, stellte der Angeklagte am 4. Oktober 2010 namens der E. GmbH der j. -H. AG mit sechs Manntagen zu je 700 Euro in Rechnung. Die Rechnung wurde fristgemäß beglichen.

In der Beigeordnetenrunde vom 6. Oktober 2010 wurde die hierfür notwendige Erweiterung der fraglichen Windvorranggebiete erörtert. Oberbürgermeister D. beauftragte den Angeklagten, mit der Obersten Raumordnungsbehörde, dem Thüringer Bauministerium, ein Gespräch über die günstigste Vorgehensweise, wie dieses Ziel erreicht werden könne, zu führen und sich danach mit dem zuständigen Dezernat der Stadtverwaltung abzustimmen. In Ausführung dieses Auftrags erörterte der Angeklagte im Beisein eines j. -Mitarbeiters am 7. Oktober 2010 im Thüringer Bauministerium verschiedene Möglichkeiten zur Ausweitung der Windvorranggebiete. Über das Besprechungsergebnis informierte er am 20. Oktober 2010 in der Beigeordnetenrunde. Diesen und weitere Gesprächstermine, darunter eine Besprechung mit dem Oberbürgermeister und W. am 1. Oktober 2010, rechnete der Angeklagte nebst seinen Reisekosten unter dem Namen der E. GmbH am 2. November 2010 gegenüber der j. -H. AG ab; dabei wurden ihm Beratungsleistungen an 8,5 Manntagen in Höhe von 7.080,50 Euro erstattet.

Schon Ende Oktober 2010 waren der Oberbürgermeister, der Angeklagte und die weiteren Beigeordneten übereingekommen, entsprechend den Wünschen der j. -Gruppe gegenüber der regionalen Planungsgemeinschaft eine Erweiterung der im (noch nicht genehmigten) Regionalplan vorgesehenen Windvorranggebiete zu beantragen. Der Oberbürgermeister beauftragte die Zeugin S. , Mitarbeiterin des Bau-, Umwelt- und Verkehrsdezernats und Stadtplanerin, anhand einer von der j. -Gruppe erstellten Karte den Entwurf einer Beschlussvorlage für den notwendigen Stadtratsbeschluss zu erstellen. Den von der Zeugin erstellten Entwurf, der von den Wünschen der j. -Gruppe abwich, leitete der Angeklagte von seiner privaten Email-Adresse an die j. -Gruppe mit dem Ansinnen weiter, die künftige Kommunikation über diese Email-Adresse laufen zu lassen. Nach umfangreicher Korrespondenz übersandte die j. -Gruppe per Email den überarbeiteten Entwurf einer Beschlussvorlage an den Angeklagten, der sie wiederum an den Oberbürgermeister weiterleitete. Dieser instruierte die Zeugin S. , dass sich der Angeklagte und der gesondert Verfolgte P. , damals Referent der Dezernentin für Bau-, Umwelt- und Verkehr und später selbst Mitarbeiter der j. -Gruppe, wegen des Entwurfs mit ihr in Verbindung setzen würden, was am 12. und am 24. November 2010 auch geschah. Obwohl der Angeklagte der Zeugin S. gegenüber keine Weisungsbefugnis besaß, setzte sie seine Wünsche, die denen der j. -Gruppe entsprachen, trotz geäußerter Bedenken um. Die Beschlussvorlage wurde nach Unterzeichnung durch den Oberbürgermeister in den Stadtrat eingebracht und dort am 26. November 2010 beschlossen. Seine im November erbrachten Leistungen rechnete der Angeklagte unter dem 1. Dezember 2010 gegenüber der j. -H. AG ab.

Bereits zuvor hatte der Angeklagte am 23. November 2010 verschiedene j. -Mitarbeiter über die Planungen des Thüringer Umweltministeriums informiert, die Verordnung über den Naturpark Ei. , auf dessen Gebiet sich die von der j. -Gruppe gewünschten Windvorranggebiete teilweise befanden, dergestalt zu ändern, dass innerhalb des Naturparks Windkraftanlagen verboten sein sollten. Der Angeklagte wurde daraufhin seitens der j. -Gruppe beauftragt, sich gegen diese Änderung einzusetzen. Dem kam der Angeklagte nach und informierte die Beigeordnetenrunde am 8. Dezember 2010 über diese Problematik, worauf ihn der Oberbürgermeister ersuchte, den Sachstand mit dem zuständigen Bearbeiter im Umweltministerium zu klären. Im unmittelbaren Anschluss an die Beigeordnetenrunde erörterte der Angeklagte mit dem Thüringer Umweltminister Re. die geplante Grenzziehung der Windvorranggebiete. Dieser riet dazu, dass die betroffenen Gemeinden ihren Wunsch sofort schriftlich an das Ministerium herantragen und begründen müssten. Von diesem Gespräch unterrichtete der Angeklagte die Beigeordnetenrunde sowie den gesondert Verfolgten W. und stellte es, neben weiteren Gesprächen, der j. -H. AG am 3. Januar 2011 in Rechnung.

Am 20. Dezember 2010 unterzeichnete der Angeklagte namens und in Vollmacht der E. GmbH eine Vereinbarung mit der j. -H. AG, in der der bestehende Beratervertrag bis zum 31. Dezember 2011 verlängert und der "Ressourcenbedarf" bis auf maximal 10 Personentage pro Monat erhöht wurde. Auch bei Abschluss dieses Verlängerungsvertrages gingen der Angeklagte und der gesondert Verfolgte W. zumindest stillschweigend davon aus, dass auch eventuelle dienstliche Tätigkeiten des Angeklagten honoriert werden sollten. Auf Grund dieses Vertrages wurde der Angeklagte auch im Jahr 2011 vielfach sowohl in der E. Stadtverwaltung als auch thüringenweit tätig, bis er - auf Grund des politischen Drucks, nachdem der Beratervertrag mehrfach in der Presse bekannt gemacht worden war - mit Wirkung vom 31. Dezember 2011 sein Stadtratsmandat, seine Tätigkeit als ehrenamtlicher Beigeordneter und alle sonstigen Ämter niederlegte.

Bereits zuvor, am 28. Dezember 2011, hatte der Angeklagte namens und in Vollmacht der E. GmbH mit der j. -H. AG einen neuen, zum 1. Januar 2012 beginnenden unbefristeten Beratervertrag geschlossen, der eine pauschale Vergütung von 8.000 Euro im Monat und weiter vorsah, dass der Angeklagte bis zum Beginn des Vertrages sämtliche politischen Positionen niederlegt. Dass dieser Beratervertrag eine nachträgliche Belohnung für seine zuvor erbrachten Leistungen war, hat die Strafkammer nicht feststellen können. Die j. -H. AG zahlte nur das Pauschalhonorar für Januar 2012 in Höhe von 8.000 Euro und kündigte den Vertrag alsbald. Weitere Zahlungen wurden trotz der vertraglich vorgesehen Kündigungsfrist von sechs Monaten nicht mehr geleistet.

Insgesamt zahlte die j. -H. AG an die E. GmbH auf alle Verträge im Zeitraum Juli 2010 bis Januar 2012 ein Honorar in Höhe von 66.450 Euro netto zuzüglich Fahrtkosten in Höhe von 6.458,35 Euro netto.

3. Am 28. Februar 2011 nahm der Angeklagte Kontakt zu seinem langjährigen Bekannten Dr. L. , alleinvertretungsberechtigtes Vorstandsmitglied der TU. AG, auf, um diesen angesichts seiner erheblichen privaten Verbindlichkeiten in Höhe von ca. 350.000 Euro um die Gewährung eines Privatdarlehens über 15.000 Euro zu bitten. Der gesondert Verfolgte Dr. L. lehnte dies ab, schlug dem Angeklagten aber den Abschluss eines Beratervertrages bezüglich der von der TU. AG geplanten Errichtung eines Elektrofachmarktes "M. Markt" auf einem Grundstück in E. -S. vor. Hintergrund war eine seit mehreren Jahren laufende Bauleitplanung für dieses Gebiet. So hatte der Stadtrat von E. am 24. Juni 2005 unter Beteiligung des Angeklagten einstimmig bei einer Enthaltung beschlossen, dort keine weiteren Einzelhandelsflächen mehr auszuweisen. Um einschätzen zu können, ob für eine Aufhebung des Beschlusses vom 24. Juni 2005 eine Mehrheit im Stadtrat zu finden sei, ließ sich Dr. L. vom Angeklagten detailliert darüber informieren, mit welcher Stärke und welchen Stimmanteilen die Parteien im Stadtrat vertreten waren. Beiden war bewusst, dass mit einem knappen Abstimmungsergebnis zu rechnen war und es dabei auf jede Stimme - auch die des Angeklagten - ankäme. Vor diesem Hintergrund einigten sie sich mündlich darauf, dass die Unterstützungsleistung des Angeklagten auch eine Stimmabgabe zugunsten der TU. AG in der baldig zu erwartenden neuen Abstimmung im Stadtrat beinhalten und mit den Zahlungen aus dem Beratervertrag honoriert werden sollte.

Der am 1. März 2011 schriftlich abgeschlossene Beratervertrag zwischen der TU. AG und dem Angeklagten sah die Unterstützung des Bauleitverfahrens insgesamt und hinsichtlich aller Planphasen einschließlich der Genehmigung sowie eine Vorauszahlung bei Vertragsabschluss in Höhe von 7.500 Euro netto und einen weiteren Betrag gleicher Höhe nach erteilter Genehmigung des Bebauungsplans vor. Nach § 5 des Vertrags war die Vorauszahlung zurückzuzahlen, falls die Genehmigung des Bebauungsplans nicht bis zum 31. Dezember 2011 erreicht werden sollte; diese Regelung wurde am 11. April 2011 auf die gesamte Vergütung ausgeweitet. Die mündliche Vereinbarung über das Stimmverhalten des Angeklagten wurde nicht in den Vertragstext aufgenommen.

In der Folge nahm die TU. AG Kontakt zu den im E. Stadtrat vertretenen Fraktionen auf und versuchte diese, durch gezielte Lobbyarbeit zu beeinflussen, bei einer Abstimmung für die Aufhebung des Stadtratsbeschlusses vom 24. Juni 2005 zu stimmen; ferner entwarf ein Mitarbeiter der TU. AG einen Beschlussvorschlag, der den Fraktionen übersandt wurde. Dieser Entwurf wurde nur geringfügig abgeändert in den Stadtrat eingebracht. In der Sitzung vom 24. Juni 2011 hob der Stadtrat mit einer Mehrheit von 18:16 Stimmen unter Mitwirkung des Angeklagten, der entsprechend der getroffenen mündlichen Vereinbarung stimmte, den Beschluss vom 24. Juni 2005 auf und beschloss, dass ein neuer Entwurf zum Bebauungsplan erarbeitet werden solle, der auch einen Elektrofachmarkt mit einer maximal zulässigen Verkaufsfläche von 3.000 m2 vorsehe. In der Folgezeit erstellte die TU.

AG den Entwurf eines Bebauungsplans entsprechend diesem Beschluss, der im Jahr 2012 - nach dem Ausscheiden des Angeklagten - vom Stadtrat gebilligt wurde. Die von der TU. AG an den Angeklagten gezahlten Vorschüsse und Honorare wurden trotz der Zeitüberschreitung nicht zurückgefordert.

II.

Das Landgericht hat die beiden zu den Beratungsverträgen vom 28. Juli und 20. Dezember 2010 zwischen dem Angeklagten und der j. -H. AG jedenfalls stillschweigend geschlossenen Zusatzvereinbarungen, auch eventuelle dienstliche Tätigkeiten des Angeklagten zu honorieren, jeweils als Vorteilsannahme gemäß § 331 Abs. 1 StGB (Fall II.1. der Urteilsgründe) gewertet. Hinsichtlich des Vorwurfs der Vorteilsannahme durch Abschluss des letzten Beratervertrages mit der j. -H. AG vom 28. Dezember 2011 hat das Landgericht den Angeklagten aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Den Abschluss der mündlichen Zusatzvereinbarung zum Beratervertrag vom 1. März 2011 (Fall II.2. der Urteilsgründe) hat das Landgericht als Abgeordnetenbestechung gemäß § 108e Abs. 1 StGB a. F. gewertet.

B.

Revision des Angeklagten

I.

1. Die Rüge, das Landgericht habe gegen §§ 261 , 249 Abs. 2 StPO verstoßen, da der Vorsitzende keine Feststellungen dazu getroffen habe, dass die Verfahrensbeteiligten Gelegenheit zur Kenntnisnahme der im Selbstleseverfahren eingeführten Urkunden (Beweismittelordner I bis III) hatten, ist unzulässig.

Wenn sich - wie hier - dem Revisionsvorbringen selbst entnehmen lässt, dass bereits vor der Durchführung des Selbstleseverfahrens "eine Vielzahl dieser Urkunden bereits in der Hauptverhandlung verlesen" wurden (RB S. 3), genügt die pauschale Behauptung, der Inhalt der Urkunden sei auch sonst weder durch Verlesung noch sonst in prozessordnungsgemäßer Weise eingeführt worden, nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO . Vielmehr muss sich das Revisionsvorbringen mit den nach den Umständen des Falles naheliegenden Möglichkeiten, wie der in der Urkunde verkörperte Beweisstoff auf andere Weise zum Inbegriff der Hauptverhandlung geworden sein könnte, konkret auseinandersetzen (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 2013 - 1 StR 532/12, wistra 2014, 18, 20). Dies hätte es hier erfordert, sich mit den ausweislich des Protokolls erfolgten Verlesungen und Vorhalten im Einzelnen zu befassen. Ohne näheren Vortrag hierzu kann das Revisionsgericht nicht beurteilen, ob die entsprechende Urkunde nicht auf andere Weise prozessordnungsgemäß in die Hauptverhandlung eingeführt worden ist. Hinzu kommt, dass ein Teil des Revisionsvortrags, was die Nichtverlesung von Urkunden anbelangt, unzutreffend ist. Dies führt ebenfalls zur Unzulässigkeit der Rüge (vgl. KK-StPO/Gericke, 7. Aufl., § 344 Rn. 38 mwN).

2. Soweit die Revision rügt, das Landgericht habe in seiner Beweiswürdigung zu Fall II.2. der Urteilsgründe eine in der Hauptverhandlung verlesene Email vom 29. März 2011 nicht berücksichtigt, bleibt dies auch unter dem Gesichtspunkt des § 261 StPO ohne Erfolg. Allein aus dem Umstand, dass ein Beweismittel in den Urteilsgründen unerwähnt bleibt, ist noch nicht zu schließen, dass es übersehen worden ist. Wegen eines Verstoßes gegen die Pflicht zur erschöpfenden Würdigung der Beweise lückenhaft und damit rechtsfehlerhaft ist die Beweiswürdigung vielmehr nur dann, wenn sich die Erörterung des Beweismittels mit Rücksicht auf die sonstigen Feststellungen aufdrängen musste (vgl. nur BGH, Urteil vom 4. August 2011 - 3 StR 120/11, NStZ 2012, 49 ; KK-StPO/Ott, 7. Aufl., § 261 Rn. 82, jeweils mwN). Dies ist hier nicht der Fall. Entgegen der Auffassung der Revision ist die bezeichnete Email kein "eindeutiges Indiz" dafür, dass die vom Angeklagten darin empfohlene Aufhebung des Stadtratsbeschlusses vom 24. Juni 2005 bei Abschluss des Beratervertrages am 1. März 2011 noch keine Rolle spielte. Vielmehr setzt der Inhalt dieser Email, in der anlässlich eines Gespräches des Angeklagten mit dem Präsidenten des Landesverwaltungsamtes die aktuelle Sachlage dargestellt wird, vorherige Gespräche zwischen dem Angeklagten und dem gesondert Verfolgten Dr. L. gerade voraus.

3. Die weiter erhobene Aufklärungsrüge ist aus den in der Zuschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen jedenfalls unbegründet.

II.

Die Schuldsprüche weisen keine durchgreifenden Rechtsfehler auf.

1. Der Schuldspruch wegen Vorteilsannahme in zwei Fällen durch Abschluss der beiden Beraterverträge vom 28. Juli und 20. Dezember 2010 (Fall II.1. der Urteilsgründe) hält rechtlicher Nachprüfung stand.

a) Der Angeklagte war als ehrenamtlicher Beigeordneter Ehrenbeamter (§ 32 Abs. 9 Thüringer Kommunalordnung, § 2 Abs. 2 Thüringer Gesetz über kommunale Wahlbeamte) und daher Amtsträger gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 a ) StGB . Da Handlungen des Angeklagten als mit Verwaltungsfunktionen betrauter ehrenamtlicher Beigeordneter und nicht Tätigkeiten bei Wahrnehmung seines Mandats als Stadtratsmitglied inmitten stehen, richtet sich die Strafbarkeit allein nach § 331 StGB und nicht nach den Vorschriften über die Abgeordnetenbestechung (vgl. BT-Drucks. 18/476 S. 8 zu § 108e Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1 StGB n. F., sowie Senat, Urteil vom 12. Juli 2006 - 2 StR 557/05, wistra 2006, 419 , 420 und BGH, Urteil vom 9. Mai 2006 - 5 StR 453/05, BGHSt 51, 44 , 57 f., jeweils zu § 108e Abs. 1 a. F.).

b) Das Landgericht hat sich rechtsfehlerfrei von einer Unrechtsvereinbarung dergestalt überzeugt, dass sich der Angeklagte durch die Zusatzvereinbarungen zu den Beraterverträgen für seine Dienstausübung Vorteile hat versprechen lassen, die er hinsichtlich des Beratervertrages vom 28. Juli 2010 zudem auch gefordert und angenommen hat.

aa) Das Landgericht hat die gegenüber der j. -H. AG abgerechneten Tätigkeiten des Angeklagten vom 7. Oktober (Gespräch im Thüringer Bauministerium), 24. November (Instruieren der Zeugin S. ) und vom 8. Dezember 2010 (Gespräch mit dem Thüringer Umweltminister) als Diensthandlungen gewertet und hieraus unter Berücksichtigung der Gesamtumstände geschlossen, dass die in den Beraterverträgen festgelegte Gesamtvergütung zumindest auch für die Dienstausübung des Angeklagten gewährt werden sollte. Dagegen ist rechtlich nichts zu erinnern. Die spätere Vornahme einer Diensthandlung im Sinne des Vorteilsgebers stellt ein gewichtiges Indiz für eine Unrechtsvereinbarung im Sinne des § 331 Abs. 1 StGB dar (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juni 2007 - 4 StR 99/07, NStZ 2008, 216 , 217).

Soweit die Revision geltend macht, die genannten Tätigkeiten des Angeklagten seien als Privathandlungen ("Informationsbeschaffung i.w.S.") einzustufen, da sie zwar auf Weisung des Oberbürgermeisters, aber außerhalb des konkreten Zuständigkeitsbereichs des Angeklagten erfolgt seien, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Zwar war dem Angeklagten formal nur der Geschäftsbereich "Städtische Beteiligungen" als eigenständiger dienstlicher Zuständigkeitsbereich zugewiesen. Indes kommt es für die Frage, ob eine Handlung als Dienstausübung zu qualifizieren ist, nicht darauf an, ob der Amtsträger nach der internen Geschäftsverteilung konkret zuständig war (allg. M.; vgl. Senat, Urteile vom 3. Dezember 1997 - 2 StR 267/97, NStZ 1998, 194 und vom 5. Oktober 1960 - 2 StR 427/60, BGHSt 16, 37, 38; Fischer, StGB , 62. Aufl., § 331 Rn. 6; Heine/Eisele in Schönke/Schröder, StGB , 29. Aufl., § 331 Rn. 32; SSW-StGB/Rosenau, 2. Aufl., § 331 Rn. 33; Sowada in LK, StGB , 12. Aufl., § 331 Rn. 56; MüKoStGB/Korte, 2. Aufl., § 331 Rn. 86; Sinner in Matt/Renzikowski, StGB , § 331 Rn. 15). Die Grenze zur Privathandlung ist erst dann überschritten, wenn die Tätigkeit in keinerlei funktionalem Zusammenhang mit dienstlichen Aufgaben mehr steht (vgl. OLG Hamburg, StV 2001, 277, 278; Heine/Eisele aaO; Rosenau aaO; Sowada aaO; Korte aaO; Sinner aaO; siehe auch Senat, Urteil vom 19. Februar 2003 - 2 StR 371/02, BGHSt 48, 213 , 220 f.).

So liegt es hier aber nicht. Der Angeklagte wurde in allen Fällen auf konkrete Ersuchen des Oberbürgermeisters D. tätig. Dieser beauftragte den Angeklagten in seiner Eigenschaft als Leiter der Gemeindeverwaltung und Vertreter der Gemeinde nach außen (§ 29 Abs. 1 Satz 1, § 32 Abs. 1 Thüringer Kommunalordnung) mit den bezeichneten Gesprächen, die allesamt örtliche Angelegenheiten der Stadt E. zum Gegenstand hatten. Der Angeklagte nahm mithin Aufgaben wahr, die zum Zuständigkeitsbereich der Gemeinde gehören und die einem ehrenamtlichen Beigeordneten grundsätzlich auch dauerhaft übertragen werden können (vgl. § 32 Abs. 7 Thüringer Kommunalordnung). Der Angeklagte trat auch gegenüber seinen Gesprächspartnern außerhalb der Stadtverwaltung ersichtlich nicht als Privatperson, sondern als Beauftragter der Stadt E. auf. Der Angeklagte handelte somit nicht nur "bei Gelegenheit" der Dienstausübung, sondern in dienstlicher Eigenschaft und im Rahmen seiner dienstlichen Obliegenheiten; dies genügt (vgl. BGH, Urteil vom 22. Juni 2000 - 5 StR 268/99, NStZ 2000, 596 , 598; Urteil vom 10. März 1983 - 4 StR 375/82, BGHSt 31, 264 , 280; OLG Köln, NJW 2000, 3727 f.; KG, NJW 1988, 1877, 1878; OLG Hamm, NJW 1973, 716, 717 f.).

bb) Ungeachtet des Umstandes, dass auch Drittvorteile dem Anwendungsbereich der §§ 331 ff. StGB unterfallen, flossen dem Angeklagten die für die Dienstausübung versprochenen Vorteile als alleinigem Geschäftsführer und 50%igem Anteilseigner E. GmbH wenigstens mittelbar zu.

cc) Das Landgericht hat auch die konkurrenzrechtliche Situation zutreffend bewertet, in dem es die Rechnungsstellungen für die Diensthandlungen vom 7. Oktober, 24. November und 8. Dezember 2010 nicht als eigenständige Taten des "Forderns" gewertet, sondern wegen des zu Grunde liegenden Beratervertrags vom 28. Juli 2010 eine tatbestandliche Handlungseinheit angenommen hat. Maßgeblich ist insoweit, ob die Unrechtsvereinbarung den Vorteil hinreichend genau festlegt, mag er auch in bestimmten Teilleistungen zu erbringen sein (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 11. Februar 2014 - 1 StR 355/13 [...] Rn. 40; Fischer, StGB , 62. Aufl., § 331 Rn. 39, jeweils mwN). Durch die Laufzeit des Beratervertrags war der Zeitraum der Vorteilsgewährung abschließend festgelegt; ebenso stand durch die Vergütungsvereinbarung jedenfalls die maximale Höhe der monatlichen Teilleistungen fest, die jeweils auch für die Dienstausübung des Angeklagten gewährt werden konnte.

c) Entgegen der Auffassung der Revision sind die Taten auch nicht nach § 331 Abs. 3 StGB gerechtfertigt, weil sie der Oberbürgermeister als Dienstvorgesetzter des Angeklagten genehmigt hätte.

Gemäß § 331 Abs. 3 StGB ist die Tat u. a. dann nicht als Vorteilsannahme strafbar, wenn sich der Amtsträger einen nicht von ihm geforderten Vorteil versprechen lässt oder annimmt, unverzüglich bei der zuständigen Behörde Anzeige erstattet und diese im Rahmen ihrer Befugnisse die Annahme des Vorteils genehmigt. Im vorliegenden Fall hat der Angeklagte nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen Oberbürgermeister D. zwar frühestens Ende August 2010 über das Bestehen eines Beratervertrags der E. GmbH mit der j. -H. AG informiert, ihm aber weder zu diesem noch zu einem späteren Zeitpunkt die zu Grunde liegenden Konditionen mitgeteilt und ihn auch in der Folge nicht darüber informiert, welche konkrete Tätigkeiten er der j. -H. AG in welcher Höhe in Rechnung stellte (UA S. 19, 51). Damit hatte der Angeklagte dem zuständigen Dienstvorgesetzten gerade nicht mitgeteilt, dass im Rahmen des Beratungsvertrages auch eventuelle dienstliche Tätigkeiten honoriert werden sollten. Schon deswegen kann in seiner pauschalen Mitteilung keine Anzeige des versprochenen Vorteils gemäß § 331 Abs. 3 StGB und - entgegen der Auffassung der Revision - in den späteren Aufgabenzuweisungen durch den Oberbürgermeister keine konkludente Genehmigung erblickt werden.

2. Auch der Schuldspruch wegen Abgeordnetenbestechung (Fall II.2. der Urteilsgründe) hält rechtlicher Überprüfung stand.

a) Die zu Grunde liegende Beweiswürdigung weist keinen Rechtsfehler auf.

aa) Die Würdigung der Beweise ist vom Gesetz dem Tatrichter übertragen (§ 261 StPO ). Es obliegt allein ihm, sich unter dem umfassenden Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu bilden. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein; es genügt, dass sie möglich und nachvollziehbar sind. Die revisionsgerichtliche Überprüfung beschränkt sich darauf, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Dies ist etwa der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, oder gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 5. Februar 2015 - 3 StR 504/14 [...] Rn. 8 mwN).

bb) Gemessen daran ist die Beweiswürdigung des Landgerichts nicht zu beanstanden. Es hat bei seiner Überzeugungsbildung zur Unrechtsvereinbarung als wesentliche Umstände berücksichtigt, dass

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dem Angeklagten und dem gesondert Verfolgten Dr. L. als erfahrenen Kommunalpolitikern die Notwendigkeit einer Aufhebung des Stadtratsbeschlusses vom 24. Juni 2005 bewusst war, wenn der geplante Elektrofachmarkt an diesem Standort errichtet werden sollte,

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die Aufhebung des Beschlusses zwingende Voraussetzung dafür war, dass der Angeklagte seine zu vergütenden Beratungsleistungen überhaupt erbringen konnte,

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die Mehrheitsverhältnisse im Stadtrat schon bei dem Gespräch am 28. Februar 2011 intensiv erörtert und dokumentiert wurden und diese nach den Umständen so knapp waren, dass der Stimme des Angeklagten ersichtlich entscheidende Bedeutung zukommen würde, und

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dass ein negatives Stimmverhalten des finanziell angeschlagenen Angeklagten den Beratungsvertrag (und seine Vergütungsansprüche) gefährdet hätte.

Der vom Landgericht gezogene Schluss, das Stimmverhalten des Angeklagten sei Teil der vereinbarten und zu vergütenden Beratungsleistung gewesen, ist nicht nur möglich, sondern überaus naheliegend. Das - zum Teil urteilsfremde - Vorbringen der Revision zeigt dagegen keine Rechtsfehler auf, sondern beschränkt sich auf eine eigene, im Revisionsverfahren unbeachtliche Würdigung der Beweise.

b) Die Feststellungen tragen auch unter Berücksichtigung der durch das 48. Strafrechtsänderungsgesetz vom 23. April 2014 (BGBl. I S. 410) mit Wirkung vom 1. September 2014 geänderten Gesetzesfassung den Schuldspruch wegen Abgeordnetenbestechung.

aa) Die Feststellungen belegen den Abschluss einer konkreten Unrechtsvereinbarung im Sinne des § 108e StGB a. F. dergestalt, dass das vereinbarte Honorar dem Angeklagten zumindest auch für ein künftiges, bestimmtes Abstimmungsverhalten im Stadtrat zu Gute kommen sollte (vgl. BGH, Urteil vom 9. Mai 2006 - 5 StR 453/05, BGHSt 51, 44 , 59 ff.; Fischer, StGB , 61. Aufl., § 108e Rn. 6 f.).

bb) Die festgestellte Unrechtsvereinbarung erfüllt auch die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 108e Abs. 1 StGB n. F.; denn sie beinhaltet, dass der Angeklagte als Gegenleistung für das versprochene Honorar im Auftrag bzw. nach Weisung des gesondert Verfolgten Dr. L. im Stadtrat und damit bei Wahrnehmung seines Mandats zu dessen Gunsten abstimmt. Nach der Gesetzesbegründung sind die Tatbestandsmerkmale Auftrag und Weisung weit und im Sinne eines allgemeinen Sprachgebrauchs zu verstehen; sie erfassen jede Handlung, die den Abgeordneten dazu bewegen soll, sich dem Interesse des Auftrags- oder Weisungsgebers zu unterwerfen (vgl. BT-Drucks. 18/476 S. 8). Ob sich der Mandatsträger dabei innerlich vorbehält, sein Abstimmungsverhalten nicht durch die Zuwendung beeinflussen zu lassen, ist für die Strafbarkeit ebenso wie bei § 108e StGB a. F. unerheblich (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 9. Mai 2006 - 5 StR 453/05, BGHSt 51, 44 , 59 ff.). Entscheidend sind nicht innere Vorbehalte, sondern der vom Vorsatz umfasste äußere Erklärungswert des Verhaltens. Der Mandatsträger kann sich in diesem Zusammenhang nicht darauf berufen, dass er sich ohnehin im Sinne des Zuwendenden verhalten wollte (BT-Drucks. 18/476 aaO).

Der äußere Erklärungswert des festgestellten Verhaltens, nämlich das Eingehen des Angeklagten auf den ihm offerierten Beratervertrag, der - wenn auch ungeschrieben - sein zukünftiges Abstimmungsverhalten hinsichtlich eines bestimmten, vom Vorteilsgeber betriebenen Projekts beinhaltete, lässt sich hier nur so interpretieren, dass der Angeklagte nach Weisung des Vorteilsgebers abstimmen sollte und etwaige entgegenstehende innere Überzeugungen dessen Interessen unterordnete (vgl. BT-Drucks. 18/476 S. 5 ff.).

Die Annahme eines Honorars für eine bestimmte Stimmabgabe stellt zudem einen ungerechtfertigten Vorteil im Sinne des § 108e Abs. 4 n. F. dar. Nach § 24 der Thüringer Kommunalordnung üben Gemeinderatsmitglieder ihr Ehrenamt nach dem Gesetz und ihrer freien, dem Gemeinwohl verpflichteten Überzeugung aus und sind an Aufträge und Weisungen gerade nicht gebunden. Mit dieser Rechtsstellung ist ein bereits dem Kernbereich des § 108e StGB a. F. unterfallender Stimmenkauf nicht vereinbar.

cc) Da das neue, am 1. September 2014 in Kraft getretene Gesetz nicht milder im Sinne des § 2 Abs. 3 StGB ist, bleibt es bei der Anwendung des zur Tatzeit geltenden Gesetzes.

III.

Dagegen hält der Einzelstrafausspruch für die zweite Tat im Fall II.1. der Urteilsgründe (Beratervertrag vom 20. Dezember 2010) rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Das Landgericht hat im Rahmen der Strafzumessung hinsichtlich der ersten Tat (Fall II.1., Beratervertrag vom 28. Juli 2010) strafschärfend berücksichtigt, dass Leistungen nicht nur versprochen, sondern auch tatsächlich abgerechnet und bezahlt worden sind, und für diese Tat eine Einzelfreiheitsstrafe von sechs Monaten verhängt. Für die zweite Tat (Fall II.1., Beratervertrag vom 20. Dezember 2010) hat es ebenfalls eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten verhängt, "obwohl der Angeklagte insoweit keine nachweisbaren dienstlichen Tätigkeiten erbracht hat, die von der j. -H. AG vergütet worden sind. Dies war für den Angeklagten und den gesondert Verfolgten W. bei Abschluss des Vertrages jedoch nicht vorhersehbar, so dass für diese Tat die Verhängung einer milderen Strafe nicht sachgerecht erscheint" (UA S. 62).

Gegen diese Gewichtung bestehen durchgreifende rechtliche Bedenken. Das Landgericht hat bei der ersten Tat das sich aus den weiteren tatbestandsmäßigen Handlungen des Angeklagten ergebende überschießende Handlungsunrecht berücksichtigt. Dagegen ist rechtlich nichts zu erinnern. Dann aber durfte es bei der zweiten Tat, bei der es ein solches überschießendes Handlungsunrecht nicht feststellen konnte, nicht ohne Weiteres die gleiche Strafe verhängen. Dass für den Angeklagten die weitere Entwicklung nicht voraussehbar war, ändert nichts daran, dass weitere tatbestandsmäßige Handlungen gerade nicht erfolgten, noch erhöht sich dadurch im Vergleich zur ersten Tat das Maß der kriminellen Energie bei Vertragsabschluss. Es ist deshalb nicht nachvollziehbar, weshalb das Landgericht bei der zweiten Tat eine gleich hohe Strafe für erforderlich erachtet hat (vgl. BGH, Beschluss vom 29. September 2011 - 1 StR 136/11, wistra 2011, 423 , 424). Die danach nötige Aufhebung der Einzelstrafe zieht die Aufhebung der Gesamtstrafe nach sich.

Die Aufhebung erstreckt sich auch auf die zugehörigen Feststellungen, da der Senat nicht sicher ausschließen kann, dass in einer neuen Hauptverhandlung noch weitere dienstliche Tätigkeiten festgestellt werden können, die durch den zweiten Beratervertrag vergütet wurden.

C.

Revision der Staatsanwaltschaft

I.

Der Freispruch des Angeklagten vom Vorwurf der Vorteilsannahme durch Abschluss des letzten Beratervertrages vom 28. Dezember 2011 hält rechtlicher Nachprüfung stand.

Geschäftsgrundlage für diesen Vertrag war die Niederlegung sämtlicher Ämter bei der Stadt E. durch den Angeklagten, weshalb es denkgesetzlich ausgeschlossen ist, dass damit Vorteile für eine künftige Dienstausübung gewährt werden sollten. Anhaltspunkte dafür, dass dieser Vertrag eine zusätzliche nachträgliche Belohnung für die vom Angeklagten bereits erbrachten Diensthandlungen darstellte, vermochte das Landgericht nicht festzustellen. Die Angriffe der Beschwerdeführerin zeigen insoweit keinen Rechtsfehler auf, sondern beschränken sich auf eine eigene, im Revisionsverfahren unbeachtliche Bewertung und Gewichtung der festgestellten Beweisanzeichen.

II.

Soweit sich die Beschwerdeführerin gegen die Verurteilung im Fall II.1. der Urteilsgründe wendet, ist die Revision wirksam auf den Strafausspruch beschränkt. Umstände, die der Wirksamkeit der Beschränkung entgegenstehen könnten, liegen nicht vor.

1. Durchgreifende Rechtsfehler zum Vorteil des Angeklagten zeigt die Revision nicht auf. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin lassen die Urteilsgründe nicht besorgen, dass das Landgericht von einem zu geringen Schuldumfang ausgegangen ist. Das Landgericht stellt ausdrücklich darauf ab, dass sich der Angeklagte durch die Beraterverträge vom 28. Juli 2010 und 20. Dezember 2010 einschließlich der zumindest stillschweigend geschlossenen Zusatzvereinbarungen jeweils der Vorteilsannahme in der Variante des "sich-Versprechen-lassens" schuldig gemacht hat (UA S. 56). Wenn das Landgericht im Rahmen der Strafbemessung berücksichtigt hat, dass Leistungen nicht nur versprochen, sondern auch tatsächlich gefordert und bezahlt worden sind (UA S. 62), ergibt sich daraus gerade nicht, dass es bei Bemessung des Schuldumfangs ausschließlich auf die abgerechneten Diensthandlungen abgestellt hat. Vielmehr hat es, wie bereits dargestellt, nur den sich aus den weiteren tatbestandsmäßigen Handlungen bei der ersten Tat (Fall II.1., Beratervertrag vom 28. Juli 2010) ergebenden überschießenden Unrechts- und Schuldgehalt in Rechnung gestellt.

2. Jedoch führt die Revision - insoweit zu Gunsten des Angeklagten (§ 301 StPO ) - aus den unter B.III. dargestellten Gründen zur Aufhebung der diesbezüglichen Einzelstrafe und der Gesamtstrafe.

D.

Die Sache war nach § 354 Abs. 2 Satz 1 StPO an eine andere Strafkammer des Landgerichts Meiningen zurückzuverweisen.

Zwar sind nach § 120b Satz 1 GVG für die Verhandlung und Entscheidung im ersten Rechtszug bei Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern (§ 108e StGB ) mit Wirkung vom 1. September 2014 die Oberlandesgerichte zuständig, in deren Bezirk die Landesregierungen ihren Sitz haben; zuständige Staatsanwaltschaft ist dabei nach §§ 141 , 142 Abs. 1 Nr. 2 GVG die dortige Generalstaatsanwaltschaft (vgl. BT-Drucks. 18/607 S. 9). Derartige Änderungen des Verfahrensrechts gelten, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, bereits für schwebende Verfahren und sind daher grundsätzlich auch vom Revisionsgericht zu beachten (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO , 57. Aufl., Einl. Rn. 203). Indes ist hier der Schuld- und Strafausspruch über die zuständigkeitsbegründende Straftat der Abgeordnetenbestechung rechtskräftig und nur noch über die Einzelstrafe für die Vorteilsannahme und den Gesamtstrafenausspruch zu entscheiden. Insoweit unterscheidet sich die Situation nicht maßgeblich von der einer nachträglichen Gesamtstrafenbildung gemäß § 55 StGB . Auch dort ist der jeweilige Tatrichter nicht gehindert, Strafen einzubeziehen, für deren Aburteilung er selbst nicht zuständig wäre. Die Wertung des § 462a Abs. 3 Satz 3 StPO steht nicht entgegen, da im vorliegenden Fall gerade noch kein Urteil eines Oberlandesgerichts im ersten Rechtszug vorliegt.

Von Rechts wegen

Vorinstanz: LG Meiningen, vom 08.01.2014
Fundstellen
NJW 2015, 2678
NStZ 2015, 450
StV 2015, 758