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BGH - Entscheidung vom 11.06.2015

I ZR 226/13

Normen:
UWG § 4 Nr. 11
PflSchG § 16c Abs. 2 Satz 1
ZPO § 286 A, G
UWG § 4 Nr. 11
PflSchG § 16c Abs. 2 S. 1
ZPO § 286 (A, G)
UWG § 4 Nr. 11
PflSchG § 16c Abs. 2 S. 1
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
ZPO § 286
ZPO § 308 Abs. 1

Fundstellen:
BB 2015, 2945
GRUR 2016, 88
WRP 2016, 35

BGH, Urteil vom 11.06.2015 - Aktenzeichen I ZR 226/13

DRsp Nr. 2015/20089

Voraussetzungen einer Beweisvereitelung; Anforderungen an die Bestimmheit von Unterlassungsanträgen; Sicherung des Beweises im Wege eines selbständigen Beweisverfahrens durch die beweisbelastete Partei

a) Von einer Beweisvereitelung kann nur ausgegangen werden, wenn eine Partei dem beweisbelasteten Gegner die Beweisführung schuldhaft unmöglich macht oder erschwert, indem sie vorhandene Beweismittel vernichtet, vorenthält oder ihre Benutzung erschwert. Deshalb ist eine Beweisvereitelung nicht anzunehmen, wenn es der beweisbelasteten Partei möglich gewesen wäre, den Beweis - etwa im Wege eines selbständigen Beweisverfahrens zu sichern.b) Kann einer Partei der Vorwurf gemacht werden, sie habe den vom Prozessgegner zu führenden Beweis vereitelt, führt dies nicht dazu, dass eine Beweiserhebung gänzlich unterbleiben kann und der Vortrag der beweispflichtigen Partei als bewiesen anzusehen ist. Vielmehr sind zunächst die von der beweispflichtigen Partei angebotenen Beweise zu erheben. Stehen solche Beweise nicht zur Verfügung oder bleibt die beweisbelastete Partei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme beweisfällig, ist eine Beweislastumkehr in Betracht zu ziehen und den Beweisangeboten des Prozessgegners nachzugehen.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 14. November 2013 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Normenkette:

UWG § 4 Nr. 11 ; PflSchG § 16c Abs. 2 S. 1; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2 ; ZPO § 286 ; ZPO § 308 Abs. 1 ;

Tatbestand

Die Klägerin ist ein in der Forschung, Entwicklung und Herstellung von Pflanzenschutzmitteln tätiges Unternehmen. Sie vertreibt das Pflanzenschutzmittel "Decis flüssig". Dieses Mittel enthält den Wirkstoff Deltamethrin in einer Konzentration von 25g/l und ist in Deutschland durch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) unter der Nummer 042973-00 zugelassen.

Die Beklagte betreibt den Parallelimport von Pflanzenschutzmitteln nach Deutschland und bringt sie in neuen Verpackungen unter eigenem Handelsnamen auf den Markt. Sie verfügt über mehrere Verkehrsfähigkeitsbescheinigungen des BVL für importierte, Deltamethrin enthaltende Pflanzenschutzmittel.

Am 1. Juli 2009 lieferte die Beklagte unter Verwendung der Parallelimport-Nummer 042973-00/059 ein Pflanzenschutzmittel mit der Bezeichnung "H. Deltamethrin 25 EC" in Kanistern an ein Unternehmen in Magdeburg. Diese Parallelimportnummer ist vom BVL für ein Pflanzenschutzmittel erteilt worden, welches herstelleridentisch mit dem Referenzmittel der Klägerin ist. Auf den von der Beklagten gelieferten Behältern ist der Monat Dezember 2007 als Produktionsdatum angegeben. Nachdem die Klägerin eine Vergleichsanalyse zwischen dem von ihr hergestellten und dem von der Beklagten vertriebenen Pflanzenschutzmittel veranlasst hatte, forderte sie die Beklagte mit Schreiben vom 16. Dezember 2009 erfolglos zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf.

Die Klägerin macht geltend, das von der Beklagten in Deutschland in den Verkehr gebrachte Mittel "H. Deltamethrin 25 EC" weiche in Bezug auf das sogenannte Nebenkomponentenprofil des Wirkstoffs Deltamethrin deutlich vom Referenzmittel der Klägerin ab. Hinsichtlich der Isomere (R-Isomer, Cl/Br-Isomer I und Cl/Br-Isomer II) weise das Mittel gegenüber dem Originalprodukt der Klägerin höhere Werte auf. Das Produkt sei nicht von der der Beklagten erteilten Verkehrsfähigkeitsbescheinigung gedeckt. Mit der Angabe der Parallelimport-Nummer auf dem Etikett des Mittels erwecke die Beklagte den irreführenden Eindruck, für das von ihr vertriebene Produkt liege eine Verkehrsfähigkeitsbescheinigung vor.

Die Klägerin hat mit ihrer am 26. März 2010 eingereichten Klage beantragt, die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs

1. das von ihr unter der Bezeichnung "H. Deltamethrin 25 EC" angebotene Pflanzenschutzmittel mit dem Wirkstoff Deltamethrin in einer Konzentration von 25 g/Liter im Geltungsbereich des deutschen Pflanzenschutzgesetzes in Verkehr zu bringen, d.h. dieses Pflanzenschutzmittel anzubieten und/oder zur Abgabe vorrätig zu halten und/oder feilzuhalten und/oder an andere abzugeben, soweit nicht das Mittel

a) in der Bundesrepublik Deutschland zugelassen ist oder

b) - in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zugelassen ist,

- mit dem in Deutschland zugelassenen Referenzmittel stofflich übereinstimmt,

- über eine vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit erteilte Verkehrsfähigkeitsbescheinigung gemäß § 16c PflSchG verfügt und

- von der Klägerin, einem mit der Klägerin verbundenen Unternehmen oder von einem Dritten in Lizenz nach denselben Verfahren hergestellt wurde wie das in Deutschland zugelassene Referenzmittel;

und/oder

2. das Pflanzenschutzmittel "H. Deltamethrin 25 EC" in die Bundesrepublik Deutschland einzuführen und/oder in der Bundesrepublik Deutschland in der gemäß Ziffer 1 beschriebenen Weise in Verkehr zu bringen, und dabei auf dem Etikett des Pflanzenschutzmittels eine vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit in Verbindung mit der Verkehrsfähigkeitsbescheinigung gemäß § 16c PflSchG erteilte Parallelimportnummer wiederzugeben (insbesondere die Nummern 042973-00/059, 042973-00/057, 042973-00/058 und 042973-00/074), soweit nicht das in dem auf diese Weise gekennzeichneten Gebinde enthaltene Pflanzenschutzmittel das in der Verkehrsfähigkeitsbescheinigung in Bezug genommene, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes zugelassene Original-Pflanzenschutzmittel ist, das mit dem in Deutschland für die Klägerin zugelassenen Pflanzenschutzmittel "Decis flüssig" stofflich übereinstimmt.

Darüber hinaus hat die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Auskunftserteilung und zur Zahlung von Abmahnkosten beantragt sowie die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung der Beklagten begehrt.

Auf Antrag der Beklagten hat das BVL mit Bescheid vom 14. Februar 2011 die der Beklagten erteilte Verkehrsfähigkeitsbescheinigung mit der Parallelimportnummer 042973-00/059 widerrufen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe

A. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stünden gegen die Beklagte weder ein Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1 und 3 Nr. 1 , §§ 3 , 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 11 Abs. 1 , § 16c PflSchG noch die darauf bezogenen Auskunfts- und Folgeansprüche und Abmahnkosten zu. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Die Ansprüche der Klägerin seien nur begründet, wenn das Pflanzenschutzmittel der Beklagten am 1. Juli 2009 nicht den Zulassungsbestimmungen des Pflanzenschutzgesetzes entsprochen habe. Nach dem Ergebnis der im Berufungsverfahren eingeholten amtlichen Auskunft des BVL reichten die von der Klägerin behaupteten chemischen Abweichungen des von der Beklagten in Verkehr gebrachten Pflanzenschutzmittels von dem Referenzmittel der Klägerin aus, um einen Verstoß gegen §16c PflSchG als möglich erscheinen zu lassen. Für die Einhaltung der Bestimmungen des Pflanzenschutzgesetzes sei die Beklagte darlegungs- und beweispflichtig. Der der Beklagten obliegende Beweis könne aufgrund der Lagerstabilität von Pflanzenschutzmitteln von lediglich zwei Jahren mit Ablauf des Monats Dezember 2009 nicht mehr geführt werden, da die fragliche Charge im Dezember 2007 produziert worden sei. Die mangelnde Aufklärbarkeit gehe unter dem Gesichtspunkt der Beweisvereitelung zu Lasten der Klägerin. Diese habe die in Rede stehende Charge am 1. Juli 2009 erworben und die Klage erst neun Monate später am 26. März 2010 eingereicht. Zu diesem Zeitpunkt sei eine aussagekräftige chemische Analyse nicht mehr möglich gewesen.

B. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die mit der Klage geltend gemachten Anträge sind zwar nicht hinreichend bestimmt (dazu I). Dies hat allerdings nicht zur Folge, dass sie als unzulässig abzuweisen sind. Vielmehr ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung können Ansprüche der Klägerin nicht verneint werden (dazu II).

I. Das Berufungsgericht ist zu Unrecht von der Zulässigkeit der Klage ausgegangen. Das von der Klägerin mit dem Unterlassungsantrag erstrebte Verbot ist als nicht hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO anzusehen und der Verbotsantrag daher unzulässig.

1. Nach ständiger Rechtsprechung darf ein Verbotsantrag im Hinblick auf § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht derart undeutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 ZPO ) nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich der Beklagte deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und letztlich die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, dem Vollstreckungsgericht überlassen bleibt. Aus diesem Grund sind Unterlassungsanträge, die lediglich den Wortlaut eines Gesetzes wiederholen, grundsätzlich als zu unbestimmt und damit unzulässig anzusehen. Etwas anderes kann dann gelten, wenn entweder bereits der gesetzliche Verbotstatbestand selbst entsprechend eindeutig und konkret gefasst oder der Anwendungsbereich einer Rechtsnorm durch eine gefestigte Auslegung geklärt ist oder wenn der Kläger hinreichend deutlich macht, dass er nicht ein Verbot im Umfang des Gesetzeswortlauts beansprucht, sondern sich mit seinem Unterlassungsbegehren an der konkreten Verletzungshandlung orientiert. Die Bejahung der Bestimmtheit setzt in solchen Fällen allerdings grundsätzlich voraus, dass zwischen den Parteien kein Streit darüber besteht, dass das beanstandete Verhalten das fragliche Tatbestandsmerkmal erfüllt. Eine auslegungsbedürftige Antragsformulierung kann jedoch dann hinzunehmen sein, wenn dies zur Gewährleistung des Rechtsschutzes im Hinblick auf eine bestimmte Geschäftsmethode erforderlich erscheint (vgl. BGH, Urteil vom 5. Oktober 2010 - I ZR 46/09, GRUR 2011, 433 Rn. 10 = WRP 2011, 576 - Verbotsantrag bei Telefonwerbung, mwN; Urteil vom 6. Oktober 2011 - I ZR 117/10, GRUR 2012, 407 Rn. 15 = WRP 2012, 456 - Delan; Urteil vom 2. Februar 2012 - I ZR 81/10, GRUR 2012, 945 Rn. 16 = WRP 2012, 1222 - Tribenuronmethyl).

2. Nach diesen Grundsätzen sind die von der Klägerin gestellten Unterlassungsanträge und die auf diese bezogenen Folgeanträge nicht hinreichend bestimmt und deshalb unzulässig. In ihnen ist der Grund nicht konkret beschrieben, der der Verkehrsfähigkeit des von der Beklagten vertriebenen Mittels gemäß der in beiden Unterlassungsanträgen in Bezug genommenen Vorschrift des § 16c PflSchG in der bis 13. Februar 2012 gültigen Fassung (im Folgenden: PflSchG aF) entgegensteht. Dies ist für eine ausreichende Bestimmtheit der Klageanträge im Streitfall erforderlich.

a) Nach der Vorschrift des § 11 Abs. 1 Satz 1 PflSchG aF, die der Umsetzung des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 91/414/EWG über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln diente, durften Pflanzenschutzmittel in der Formulierung, in der die Abgabe an den Verwender vorgesehen ist, nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie vom BVL zugelassen waren. Als zugelassen galt nach § 11 Abs. 1 Satz 2 PflSchG aF auch ein Pflanzenschutzmittel, für das die Verkehrsfähigkeit nach § 16c PflSchG aF festgestellt war. Gemäß § 16c Abs. 1 Satz 1 PflSchG aF durfte ein Pflanzenschutzmittel, das in einem anderen Mitgliedstaat oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zugelassen war und mit einem in Deutschland zugelassenen Pflanzenschutzmittel übereinstimmte, nur eingeführt und in den Verkehr gebracht werden, wenn derjenige, der das Mittel einführen oder in Verkehr bringen wollte, zuvor beim BVL die Feststellung der Verkehrsfähigkeit beantragt und das BVL diese Feststellung getroffen hatte. Die dabei vorausgesetzte Übereinstimmung des paralleleinzuführenden Pflanzenschutzmittels (Importmittel) mit dem entsprechenden zugelassenen Pflanzenschutzmittel (Referenzmittel) lag, wie sich aus § 16c Abs. 2 Satz 1 PflSchG aF ergab, vor, wenn das paralleleinzuführende Pflanzenschutzmittel die gleichen Wirkstoffe in vergleichbarer Menge mit entsprechendem Mindestreinheitsgrad und mit bestimmten Verunreinigungen gleicher Art sowie entsprechendem Höchstgehalt enthielt wie das Referenzmittel (Nr. 1) und mit diesem in Zusammensetzung und Beschaffenheit übereinstimmte (Nr. 2). Eine vergleichbare Menge des Wirkstoffs im Sinne des § 16c Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 PflSchG aF lag gemäß § 1c Abs. 3 der am 23. Januar 2013 außer Kraft getreten Verordnung über Pflanzenschutzmittel und Pflanzenschutzgeräte (Pflanzenschutzmittelverordnung - PflSchMGV) vor, soweit sich der angegebene Wirkstoffgehalt des einzuführenden Mittels nicht von dem Wirkstoffgehalt des Referenzmittels unterschied (Nr. 1) oder bei der analytischen Bestimmung des Wirkstoffgehalts die in Anhang VI Teil C der am 13. Juni 2011 außer Kraft getretenen Richtlinie 91/414/EWG unter der Nummer 2.7.2 Buchstabe a in der jeweils geltenden Fassung genannten Kriterien eingehalten wurden (Nr. 2). Nach § 1c Abs. 4 PflSchMGV aF war eine Übereinstimmung in Zusammensetzung und Beschaffenheit im Sinne des § 16c Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 PflSchG aF gegeben, wenn beide Mittel in der Formulierungsart übereinstimmten (Nr. 1) und qualitative oder quantitative Unterschiede in den Beistoffen nicht zu Unterschieden im Hinblick auf die biologische Wirksamkeit, die Auswirkungen auf die zu behandelnden Pflanzen oder die Auswirkungen auf Mensch, Tier oder Naturhaushalt führten (Nr. 2). An einer solchen Übereinstimmung fehlte es nach § 1c Abs. 5 PflSchMGV aF insbesondere dann, wenn ein nicht bewerteter Beistoff oder eine nicht bewertete Beistoffsubstanz vorlag (Nr. 1), Beistoffsubstanzen mit wesentlicher Funktion fehlten (Nr. 2), unterschiedliche Nominalkonzentrationen von Beistoffen mit wesentlicher Funktion vorlagen (Nr. 3), Beistoffsubstanzen vorlagen, die toxischer oder ökotoxischer sind als die des Referenzmittels oder die für die Wirksamkeit oder die Stabilität ungünstiger waren als die des Referenzmittels (Nr. 4), oder Beistoffe fehlten, die dem Anwenderschutz dienten oder zum Schutz Dritter Anwendung fanden (Nr. 5).

b) In einem Vollstreckungsverfahren, dem ein den gestellten Unterlassungsanträgen entsprechender Verbotstitel zugrunde liegt, würde das Vollstreckungsgericht beurteilen müssen, ob ein Pflanzenschutzmittel in einer vom vorliegenden Streitfall abweichenden stofflichen Zusammensetzung die Voraussetzungen der Verkehrsfähigkeit nach § 16c Abs. 2 PflSchG aF erfüllt. Dies könnte eine Würdigung der komplexen rechtlichen Begriffe des § 16c Abs. 2 PflSchG aF und des § 1c Abs. 3 bis 5 PflSchMGV aF im Vollstreckungsverfahren erfordern, die jedoch grundsätzlich dem Erkenntnisverfahren vorbehalten ist. Eine derart nur ausnahmsweise hinzunehmende auslegungsbedürftige Antragsformulierung ist zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes im Hinblick auf das von der Klägerin beanstandete geschäftliche Verhalten der Beklagten nicht erforderlich. Unlauterem Verhalten der Beklagten kann bereits durch ein konkreter gefasstes Verbot wirksam entgegengewirkt werden (BGH, GRUR 2012, 945 Rn. 20 - Tribenuronmethyl, für einen vergleichbaren Fall auch BGH, GRUR 2012, 407 Rn. 19 und 21 bis 28 - Delan). Im Streitfall hat die Klägerin die nach ihrer Auffassung die Verkehrsfähigkeit des Mittels der Beklagten beeinträchtigenden Abweichungen im Nebenkomponentenprofil des Wirkstoffs Deltamethrin benannt, so dass diese Angaben ohne Schwierigkeiten in den Antrag übernommen werden können.

3. Die Unbestimmtheit der Unterlassungsanträge, die auch die hierauf bezogenen Annexanträge erfasst, hat zur Folge, dass das Berufungsurteil keinen Bestand haben kann und deshalb aufzuheben ist. Die Klägerin muss aus Gründen der prozessualen Fairness Gelegenheit erhalten, in der wiedereröffneten Berufungsinstanz die der Zulässigkeit der Klage entgegenstehende Unbestimmtheit ihrer Klageanträge zu beseitigen (vgl. BGH, Urteil vom 16. November 2006 - I ZR 191/03, GRUR 2007, 607 Rn. 18 = WRP 2007, 775 - Telefonwerbung für "Individualverträge"; Urteil vom 4. Oktober 2007 - I ZR 143/04, GRUR 2008, 84 Rn. 23 = WRP 2008, 98 - Versandkosten, jeweils mwN).

II. Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird Folgendes zu beachten

sein:

1. Das Berufungsgericht wird der Klägerin Gelegenheit zu geben haben, ihre Klageanträge nicht nur im Hinblick auf die fehlende Bestimmtheit der Klageanträge neu zu fassen, sondern auch im Hinblick darauf, dass § 16c PflSchG bereits vor Erlass des Berufungsurteils außer Kraft getreten ist.

a) Die Klägerin hat ihre Unterlassungsansprüche auf Wiederholungsgefahr gestützt und sich dazu auf eine im Juni 2009 begangene Zuwiderhandlung bezogen. Der Unterlassungsantrag ist nur dann begründet, wenn das beanstandete Verhalten der Beklagten nach dem zur Zeit der Begehung geltenden Recht gegen die Bestimmung des § 16c PflSchG aF verstieß und wettbewerbswidrig war, weil es andernfalls an der Wiederholungsgefahr fehlt. Da der Unterlassungsanspruch in die Zukunft gerichtet ist, muss das beanstandete Verhalten der Beklagten zudem nach dem zur Zeit der Entscheidung geltenden Recht wettbewerbswidrig sein (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 9. Juni 2011 - I ZR 17/10, GRUR 2012, 188 Rn. 11 = WRP 2012, 975 - Computer-Bild, mwN; Urteil vom 6. November 2014 - I ZR 26/13, GRUR 2015, 504 Rn. 8 = WRP 2015, 565 - Kostenlose Zweitbrille).

b) Die nach dem am 13. Februar 2012 außer Kraft getretenen § 16c PflSchG für den Vertrieb von parallel importierten Pflanzenschutzmitteln erforderliche Verkehrsfähigkeitsbescheinigung, auf die in den Unterlassungsanträgen Bezug genommen wird, ist durch die Genehmigung für den Parallelhandel gemäß § 46 PflSchG in der seit dem 14. Februar 2012 geltenden Fassung in Verbindung mit Art. 52 Abs. 3 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 vom 21. Oktober 2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Aufhebung der Richtlinien 79/117/EWG und 91/414/EWG ersetzt worden. Diesem Umstand müssen die in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanträge Rechnung tragen.

2. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Zulassungsbestimmungen des Pflanzenschutzgesetzes im Hinblick darauf, dass sie gemäß § 1 Nr. 4 PflSchG aF und gemäß § 1 Nr. 3 PflSchG in der seit dem 14. Februar 2012 geltenden Fassung dem Schutz der Gesundheit der Verbraucher dienen, Marktverhaltensregelungen im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG sind (vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 2011 - I ZR 8/09, GRUR 2011, 842 Rn. 20 = WRP 2011, 1144 - RC-Netzmittel; Urteil vom 1. Juni 2011 - I ZR 25/10, GRUR 2011, 843 Rn. 16 = WRP 2011, 1146 - Vorrichtung zur Schädlingsbekämpfung; BGH, GRUR 2012, 407 Rn. 31 - Delan). Ebenfalls zutreffend ist seine Beurteilung, Verstöße gegen diese Bestimmungen seien deshalb geeignet, die Interessen der Verbraucher nicht unerheblich bzw. spürbar im Sinne von § 3 Abs. 1 UWG zu beeinträchtigen (vgl. BGH, GRUR 2011, 842 Rn. 21 - RC-Netzmittel; BGH, GRUR 2011, 843 Rn. 16 - Vorrichtung zur Schädlingsbekämpfung; BGH, GRUR 2012, 407 Rn. 31 - Delan; BGH, GRUR 2012, 945 Rn. 31 - Tribenuronmethyl).

3. Zutreffend ist auch der weitere Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, dass der Kläger im Rahmen des § 4 Nr. 11 UWG bei unter einem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt stehenden Verhaltensweisen lediglich darlegen und im Bestreitensfall beweisen muss, dass das von ihm beanstandete Verhalten des Anspruchsgegners von dem generellen Verbot erfasst wird (vgl. zu § 21 AMG BGH, Urteil vom 23. Juni 2005 - I ZR 194/02, BGHZ 163, 265 , 273 f. - Atemtest; zu § 11 PflSchG BGH, Urteil vom 19. November 2009 - I ZR 186/07, GRUR 2010, 160 Rn. 15 = WRP 2010, 250 - Quizalofop; zu § 21 AMG Urteil vom 9. September 2010 - I ZR 107/09, GRUR 2011, 453 Rn. 21 = WRP 2011, 446 - Handlanger). Aus diesem Grund hat im Streitfall die Beklagte darzulegen und zu beweisen, dass die von der Klägerin beanstandete Verhaltensweise von der Feststellung der Verkehrsfähigkeit gemäß § 16c PflSchG aF gedeckt ist. Die mit der gesetzlichen Regelung verfolgten Ziele gebieten es, dass bei einem Streit über die Identität der Mittel die Darlegungs- und Beweislast bei demjenigen liegt, der für sich die Identität in Anspruch nimmt (BGH, GRUR 2012, 945 Rn. 32 - Tribenuronmethyl).

4. Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Klägerin einen Verstoß der Beklagten gegen die ihr erteilte Verkehrsfähigkeitsgenehmigung hinreichend dargetan und bewiesen hat.

a) Das Berufungsgericht hat angenommen, zwar sei nach dem von ihm eingeholten Gutachten des BVL bei Vorliegen der von der Klägerin behaupteten Werte hinsichtlich des R-Isomers und der Cl/Br-Isomere von einer Übereinstimmung der Pflanzenschutzmittel in der Formulierungsart nach § 1c Abs. 4 Nr. 1 PflSchMGV in Verbindung mit § 16c Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 PflSchG auszugehen. Es könne weiter nicht davon ausgegangen werden, dass es zu Unterschieden im Hinblick auf die biologische Wirksamkeit im Sinne des § 1c Abs. 4 Nr. 2 PflSchMGV komme. Aus dem Gutachten ergebe sich auch kein Verstoß gegen § 1c Abs. 5 Nr. 1 bis 5 PflSchMGV. Jedoch ergebe sich aus dem Gutachten, dass die von der Klägerin behauptete Konzentration der Cl/Br-Isomere I und II den zulässigen Grenzwert für nicht deklarierte Beistoffe übersteige. Auf diesen Punkt komme es letztlich nicht an. Die Behauptung der Klägerin, dass das von der Beklagten vertriebene Produkt aufgrund der anderen Konzentration der Isomere nicht herstelleridentisch sein könne, lasse den Schluss auf einen Verstoß gegen Verkehrsfähigkeitsbescheinigung zu. Diese Beurteilung wird von den Parteien nicht beanstandet. Sie lässt Rechtsfehler auch nicht erkennen.

b) Der Vertrieb der streitgegenständlichen Charge des Pflanzenschutzmittels der Beklagten ist von der ihr erteilten Verkehrsfähigkeitsbescheinigung nicht gedeckt, wenn ihr Produkt nicht von der Klägerin, von einem mit der Klägerin verbundenen Unternehmen oder von einem Dritten in Lizenz nach demselben Verfahren hergestellt wurde wie das in Deutschland zugelassene Referenzmitttel. Zwar setzte die Vorschrift des § 16c PflSchG aF anders als Art. 52 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 VO (EG) Nr. 1107/2009, auf die § 46 PflSchG nF (als Nachfolgeregelung zu § 16c PflSchG aF) verweist, eine derartige Herstelleridentität nicht voraus (vgl. BT-Drs. 17/7317 S. 55). Im Streitfall hat das BVL der Beklagten die fragliche Verkehrsfähigkeitsbescheinigung jedoch ausschließlich für ein herstelleridentisches Originalmittel aus dem EU-Ausland erteilt. Eine solche Beschränkung der Verkehrsfähigkeitsbescheinigung war bereits vor Inkrafttreten der VO (EG) Nr. 1107/2009 zulässig (vgl. EuGH, Urteil vom 11. März 1999 - C-100/96, Slg. 1999, I-1499 = EuZW 1999, 341 Rn. 40 - British Agrochemicals Association; Urteil vom 21. Februar 2008 - C-201/06, Slg. 2008, I-735 Rn. 38 ff. - Kommission/Frankreich).

5. Das Berufungsgericht ist jedoch zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Klage unter Heranziehung der zur Beweisvereitelung entwickelten Grundsätze abzuweisen ist.

a) Es kann schon nicht davon ausgegangen werden, dass die für die Annahme einer Beweisvereitelung erforderlichen Voraussetzungen vorliegen.

aa) Der Tatrichter hat gemäß § 286 ZPO nicht nur das Ergebnis einer Beweisaufnahme, sondern den gesamten Inhalt der Verhandlung zu würdigen. Dazu gehören die Handlungen, Erklärungen und Unterlassungen einer Partei und damit auch ein Verhalten einer Partei, das dazu führen kann, einen Beweis zu verhindern oder zu erschweren und dadurch die Beweisführung des beweispflichtigen Prozessgegners scheitern zu lassen. Ist von einer Beweisvereitelung auszugehen, ist dies im Rahmen der Beweiswürdigung zum Nachteil des Prozessgegners der beweispflichtigen Partei zu berücksichtigen. Nur ein vorwerfbares, missbilligenswertes Verhalten kann den mit beweisrechtlichen Nachteilen verbundenen Vorwurf der Beweisvereitelung tragen (BGH, Urteil vom 26. September 1996 - III ZR 56/96, NJW-RR 1996, 1534 ). Der subjektive Tatbestand der Beweisvereitelung verlangt einen doppelten Schuldvorwurf. Das Verschulden muss sich sowohl auf die Zerstörung oder Entziehung des Beweisobjekts als auch auf die Beseitigung seiner Beweisfunktion beziehen, also darauf gerichtet sein, die Beweislage des Gegners in einem gegenwärtigen oder künftigen Prozess nachteilig zu beeinflussen (BGH, Urteil vom 23. September 2003 - XI ZR 380/00, NJW 2004, 222 ).

bb) Das Berufungsgericht hat angenommen, der der Beklagten obliegende Beweis sei bereits zum Zeitpunkt der Einreichung der Klage im März 2010 nicht mehr zu führen gewesen. Die Klägerin habe die fragliche Charge am 1. Juli 2009 erworben. Angesichts des Produktionsdatums im Dezember 2007 und einer zweijährigen Lagerstabilität habe nur noch ein knappes halbes Jahr für aussagekräftige chemische Analysen zur Verfügung gestanden. Die Klage sei erst ein dreiviertel Jahr später am 26. März 2010 eingereicht worden. Zu diesem Zeitpunkt sei eine aussagekräftige chemische Analyse bereits nicht mehr möglich gewesen. Billigenswerte Gründe, warum die Klägerin die Klage nicht zu einem Zeitpunkt einreichen konnte, in dem die chemische Analyse noch aussichtsreich gewesen wäre, seien weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Der Klägerin habe als Produzentin von Pflanzenschutzmitteln die Dauer der Lagerstabilität von zwei Jahren gekannt. Ihr habe deshalb bekannt sein müssen, dass eine aussagekräftige chemische Analyse des Nebenkomponentenprofils des Wirkstoffs nicht mehr möglich sein würde. Die Klägerin wisse zudem, dass die Beklagte für die Identität des von ihr vertriebenen Pflanzenschutzmittels mit dem Referenzmittel beweispflichtig sei. Es würde zu Wertungswidersprüchen führen, wenn man der Beklagten einerseits die volle Beweislast auferlege, andererseits der Klägerin gestatte, erst zu einem Zeitpunkt zu klagen, zu dem dieser Beweis rein faktisch nicht mehr zu führen sei. Die Konsequenz wären Rechtsstreitigkeiten, die die Klägerin nicht verlieren könne. Durch eine entsprechende Wahl des Zeitpunkts der Klageerhebung könnte die Klägerin den gesamten Parallelimport unterbinden. Diese Ausführungen sind nicht frei von Rechtsfehlern.

cc) Die Revision wendet sich allerdings ohne Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, zwischen dem Erwerb der fraglichen Charge durch die Klägerin am 1. Juli 2009 und der Einreichung der Klage am 26. März 2010 liege ein dreiviertel Jahr.

(1) Das Berufungsgericht hat in der Begründung des Berufungsurteils ausgeführt, die Klägerin habe die fragliche Charge am 1. Juli 2009 erworben. Es hat damit tatbestandliche Feststellungen getroffen, die den Beweis für das mündliche Parteivorbringen liefern (§ 314 ZPO ). Eine Unrichtigkeit dieser Feststellung kann grundsätzlich nur im Berichtigungsverfahren (§ 320 ZPO ) geltend gemacht und gegebenenfalls behoben werden (BGH, Urteil vom 16. Dezember 2010 - I ZR 161/08, GRUR 2011, 459 Rn. 12 = WRP 2011, 467 - Satan der Rache). Einen Tatbestandsberichtigungsantrag hat die Klägerin nicht gestellt.

(2) Der Tatbestand eines Berufungsurteils liefert nur dann keinen Beweis für das Parteivorbringen, wenn er widersprüchlich ist (BGH, Urteil vom 9. März 1995 - III ZR 44/94, NJW-RR 1995, 1058, 1060; Urteil vom 19. November 1998 - IX ZR 116/97, NJW 1999, 641 , 642; Urteil vom 14. Januar 2010 - I ZR 4/08 Rn. 9, [...]). Das ist hier nicht der Fall. Die Feststellung des Berufungsgerichts, die Klägerin habe die fragliche Charge am 1. Juli 2009 erworben, steht nicht in Widerspruch zu der eingangs des Berufungsurteils enthaltenen Feststellung, dass die Beklagte am 1. Juli 2009 insgesamt 320 Fünf-Liter-Behälter mit "H. Deltamethrin 25 EC" an ein Unternehmen in Magdeburg geliefert hat. Es entspricht dem Vortrag der Beklagten, dass die Klägerin die fragliche Charge am 1. Juli 2009 von dem Magdeburger Unternehmen bezogen hat. Damit gibt es für die Feststellungen des Berufungsgerichts zum Zeitpunkt des Erwerbs durch die Klägerin eine tatsächliche Grundlage im Parteivortrag. Es ist außerdem denkgesetzlich nicht ausgeschlossen, dass die Bezieherin des Produkts die Charge am Tag der Anlieferung an die Klägerin weitergereicht hat.

(3) Die Klägerin kann deshalb im Revisionsverfahren nicht geltend machen, sie habe die Charge erst im Dezember 2009 erhalten und sie sodann einer chemischen Vergleichsanalyse unterzogen (§ 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO ). Der Richtigkeit dieses Vortrags steht im Übrigen entgegen, dass die von der Klägerin durchgeführte Vergleichsanalyse, auf die in dem Berufungsurteil Bezug genommen wird und auf die die Klägerin ihre Klage stützt, ein Datum vom 13. Oktober 2009 trägt.

dd) Die Revision wendet sich jedoch mit Recht gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte könne mit einer chemischen Analyse der von der Klägerin erworbenen Charge den ihr obliegenden Beweis der Identität ihres Produkts mit dem Referenzmittel nicht mehr führen. Das Berufungsgericht hat dabei den Inhalt der amtlichen Auskunft des BVL nicht vollständig erfasst und darüber hinaus erhebliches Vorbringen der Klägerin rechtsfehlerhaft nicht berücksichtigt.

(1) Das Berufungsgericht hat sich auf das Gutachten des BVL vom 11. Juli 2012 gestützt, das es zu der Frage eingeholt hat, ob die von der Klägerin behaupteten Abweichungen im Nebenkomponentenprofil des Wirkstoffes Deltamethrin dazu führten, dass das Produkt der Beklagten nicht mehr mit dem Referenzmittel der Klägerin im Sinne von § 16c Abs. 2 Satz 1 PflSchG übereinstimme. In seiner amtlichen Stellungnahme führt das BVL aus, dass unter Berücksichtigung der ihm verfügbaren Angaben und Unterlagen eine aussagekräftige Analyse im Sinne des Beweisbeschlusses nicht möglich sei. Zum einen sei die Lagerstabilität nicht gewährleistet, zum anderen müsse bei den äußerst geringen Konzentrationen der Verunreinigungen Cl/Br-Isomer I und II eine Fehlertoleranz von 50% berücksichtigt werden. Deshalb sei eine Quantifizierung dieser niedrigen Gehalte im Rahmen einer Analyse nicht zielführend. Es bestehe neben der theoretischen Gefahr einer falschen positiven Analyse, in dem Sinne, dass Wirkstoffverunreinigungen im Rahmen der Analyse festgestellt würden, die erst aufgrund einer Lagerung von mehr als zwei Jahren entstanden seien, auch die Gefahr einer falschen negativen Analyse, das heißt dass Wirkstoffverunreinigungen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt enthalten gewesen seien, anschließend nicht mehr oder nur in niedrigerem Gehalt nachgewiesen werden könnten.

(2) Aus der amtlichen Auskunft des BVL vom 11. Juli 2012 ergibt sich schon nicht zweifelsfrei der vom Berufungsgericht gezogene Schluss, die Beklagte könne den ihr obliegenden Beweis der Identität ihres Pflanzenschutzmittels mit dem Referenzmittel durch eine chemische Analyse der fraglichen Charge nicht führen. Das BVL hat darin ausdrücklich ausgeführt, dass es unwahrscheinlich sei, dass die Wirkstoffverunreinigungen während der Lagerung durch Umwandlung des Wirkstoffs entstehen könnten. Dies könne jedoch nicht ausgeschlossen werden, da dem BVL keine Angaben über die Lagerstabilität von Deltamethrin enthaltenden Pflanzenschutzmitteln vorlägen, die über zwei Jahre hinausgingen.

(3) Jedenfalls hat die Klägerin unter Berufung auf das von ihr in den Rechtsstreit eingeführte Sachverständigengutachten des Prof. Dr. P. W. von der Hochschule Mannheim vom 7. September 2012 vorgetragen, dass es äußerst unwahrscheinlich sei, dass sich aus dem technischen Wirkstoff unter normalen Lagerungsbedingungen Cl/Br-Isomere bilden könnten. Der Sachverständige W. hat ausgeführt, die Bildung derartiger Isomere würde voraussetzen, dass größere Mengen an Chlorid oder organischen Chlorverbindungen vorhanden seien und außerdem Bedingungen von mehr als 100° C herrschten. Da das BVL in seiner amtlichen Auskunft hinsichtlich dieser Isomere erklärt hat, dass die von der Klägerin behaupteten Mengen zu der Frage führten, ob es sich bei dem von der Klägerin analysierten Pflanzenschutzmittel der Beklagten um dasjenige Pflanzenschutzmittel handele, für das der Beklagten eine Verkehrsfähigkeitsbescheinigung erteilt worden sei, hätte sich das Berufungsgericht hiermit auseinandersetzen müssen. Dies ist zu Unrecht unterblieben.

(4) Dem hält die Revisionserwiderung ohne Erfolg entgegen, bei dem Privatgutachten W. und der Analyse, die dem Privatgutachten zugrunde liege, handele es sich um Vorbringen, dass das Berufungsgericht gemäß § 531 ZPO nicht mehr hätte berücksichtigen dürfen. Die Klägerin habe damit erstmalig die chemischen Bezeichnungen der Isomere und den Umstand offenbart, dass die Formulierung ihres Wirkstoffs keine Chloridquellen enthalte. Erstinstanzlich sei dies unterblieben. Ohne die Kenntnis dieser Tatsachen sei eine sachverständige Untersuchung, ob die Lagerstabilität in Bezug auf die streitgegenständlichen Isomere über den Zeitraum von zwei Jahren hinaus gegeben sei, aber nicht möglich.

Auf die Frage, ob das Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren als verspätet hätte zurückgewiesen werden können, kommt es nicht an, weil das Berufungsurteil eine solche Zurückweisung nicht enthält. Der Bundesgerichtshof darf eine von der Vorinstanz unterlassene Zurückweisung nicht nachholen (BGH, Urteil vom 4. Mai 1999 - XI ZR 137/98, NJW 1999, 2269 , 2270).

Im Übrigen liegen die Voraussetzungen des § 531 ZPO nicht vor. Das Landgericht hat die Klage mit der alleinigen Begründung abgewiesen, dass die Klägerin nicht in nachprüfbarer Weise Anhaltspunkte dafür vorgetragen habe, dass die Beklagte gegen § 16c PflSchG aF verstoßen habe. Dass die fehlende Lagerstabilität der streitgegenständlichen Charge des Pflanzenschutzmittels der Beklagten dazu führen könnte, dass die Beklagte den ihr obliegenden Beweis der Zulässigkeit von dessen Vertrieb nicht führen kann, ist ein Umstand, den die Beklagte ausweislich des Tatbestands des landgerichtlichen Urteils erstinstanzlich nicht geltend gemacht und der für die landgerichtliche Entscheidung auch keine Rolle gespielt hat. Die Beklagte hat auf die regelmäßige zweijährige Lagerstabilität von Pflanzenschutzmitteln und den Ablauf dieser Zeit erst im Berufungsverfahren hingewiesen.

(5) Die Klägerin hat mit ihrem zweitinstanzlichen Vortrag zum fehlenden Einfluss des Ablaufs der zweijährigen Lagerstabilität auf die Beweisführung der Beklagten auch nicht ihre allgemeine Prozessförderungspflicht (§ 282 ZPO ) verletzt. Die Klägerin hat zwar hinreichende Anhaltspunkte dafür vorzutragen, dass die Beklagte ein mit dem Referenzmittel nicht identisches Pflanzenschutzmittel parallel importiert hat. Vortrag dazu, dass die Beklagte den ihr grundsätzlich obliegenden Beweis der Identität ihres parallel eingeführten Produkts mit dem Referenzmittel (vgl. hierzu Senat, GRUR 2012, 945 , 949 - Tribenuronmethyl) auch bei abgelaufener Lagerstabilität tatsächlich noch führen kann, gehört jedoch nicht zur Schlüssigkeit der Klage. Der Kläger muss hierzu erst vortragen, wenn ihm das Gericht den Hinweis erteilt, dass die Beweislast ausnahmsweise nicht beim Beklagten gesehen wird. Ein solcher Hinweis ist nicht erfolgt.

ee) Die Revision rügt mit Recht, dass das Berufungsgericht bei der Annahme einer vorwerfbaren und missbilligenswerten Beweisvereitelung durch die Klägerin einseitig auf die Interessen der Beklagten abgestellt hat.

(1) Von einer Beweisvereitelung kann nur gesprochen werden, wenn eine Partei dem beweisbelasteten Gegner die Beweisführung schuldhaft unmöglich macht oder erschwert, indem sie vorhandene Beweismittel vernichtet, vorenthält oder ihre Benutzung erschwert (BGH, Urteil vom 25. Juni 1997 - VIII ZR 300/96, NJW 1997, 3311 ). Deshalb ist eine Beweisvereitelung nicht anzunehmen, wenn es der beweisbelasteten Partei möglich gewesen wäre, den Beweis - etwa im Wege eines selbständigen Beweisverfahrens - zu sichern (vgl. BSG , Urteil vom 10. August 1993 - 9/9a RV 10/92, NJW 1993, 1303).

(2) Das Berufungsgericht hat unberücksichtigt gelassen, dass die Klägerin die Beklagte vor Ablauf der Lagerstabilität am 16. Dezember 2009 abgemahnt, die vorläufige Unterlassungserklärung der Beklagten vom 18. Dezember 2009 nicht akzeptiert, eine ausreichende Unterlassungserklärung bis zum 22. Dezember 2009 gefordert und für den Fall eines fruchtlosen Ablaufs der Frist die Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe angekündigt hat. Die Klägerin hat damit die Beklagte vor Ablauf der Lagerstabilität mit dem Vorwurf des Verstoßes gegen die Verkehrsfähigkeitsbescheinigung konfrontiert. Das Berufungsgericht hätte deshalb prüfen müssen, ob der Beklagten eine zeitnahe Sicherung des ihr obliegenden Beweises möglich gewesen wäre und deshalb nicht etwa die Klägerin den von der Beklagten zu führenden Beweis vereitelt hat, sondern die Beklagte es versäumt hat, im eigenen Interesse den ihr obliegenden Beweis zu sichern. Das Berufungsgericht wird dabei in Erwägung ziehen müssen, dass für die anwaltlich vertretene Beklagte die naheliegende Möglichkeit bestanden hat, ein selbständiges Beweisverfahren (§§ 485 ff. ZPO ) einzuleiten, um einen Beweisverlust zu verhindern. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang darauf, dass in einem selbständigen Beweisverfahren die Beklagte nicht darauf angewiesen gewesen wäre, dass die Klägerin ihre Analysestandards offenbart (vgl. BGH, GRUR 2010, 160 , 161 Rn. 13 - Quizalofop).

b) Selbst wenn sich im wiedereröffneten Berufungsverfahren erweisen sollte, dass eine aussagekräftige chemische Analyse des von der Klägerin erworbenen Pflanzenschutzmittels aufgrund des Zeitablaufs nicht mehr Erfolg versprechend ist und die Beklagte durch eine chemische Analyse der fraglichen Charge den ihr obliegenden Beweis der stofflichen Übereinstimmung ihres Produkts mit dem Referenzmittel der Klägerin nicht führen kann, kann die Klage mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht abgewiesen werden.

aa) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Beklagte habe grundsätzlich die Behauptung der Klägerin zu widerlegen, das beanstandete Produkt sei nicht mit dem Referenzmittel identisch. Dazu wäre zunächst durch eine chemische Analyse zu überprüfen, welche Konzentrationen der Isomere tatsächlich vorlägen. Danach wäre darüber Beweis zu erheben, ob andere Werte als im Zulassungsverfahren auch auf Schwankungen in der Produktion im Konzern der Klägerin beruhen könnten. Da eine Beweisaufnahme durch eine aussagekräftige chemische Analyse des von der Klägerin erworbenen Produkts der Beklagten jedoch nicht mehr Erfolg versprechend sei, sei die Beweisaufnahme nicht fortzusetzen. Die fehlende Aufklärbarkeit gehe entgegen der grundsätzlichen Beweislastverteilung unter dem Gesichtspunkt der Beweisvereitelung zu Lasten der Klägerin. Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

bb) Liegen die Voraussetzungen einer Beweisvereitelung vor, können zugunsten der beweisbelasteten Partei Beweiserleichterungen in Betracht kommen, die unter Umständen bis zur Umkehr der Beweislast gehen können (BGH, Urteil vom 23. September 2003 - XI ZR 380/00, NJW 2004, 222 ; Urteil vom 23. November 2005 - VIII ZR 43/05, NJW 2006, 434 Rn. 22 ff.; Urteil vom 23. Oktober 2008 - VII ZR 64/07, NJW 2009, 360 Rn. 23 mwN). Die Beweisvereitelung durch den Gegner der beweisbelasteten Partei führt nicht bereits als solche zum Verlust des Prozesses, sondern allenfalls dazu, dass ihr Verhalten im Rahmen der Beweiswürdigung (§ 286 ZPO ) zu ihren Lasten gewürdigt werden kann (BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2008 - I ZB 118/07, NJW-RR 2009, 995 Rn. 14 - Hohlfasermembranspinnanlage; NJW 2009, 360 Rn. 23; Urteil vom 17. Januar 2008 - III ZR 239/06, NJW 2008, 982 Rn. 18). Die Annahme einer Beweisvereitelung durch eine Partei rechtfertigt nicht die Annahme, dass vom Vortrag der beweisbelasteten Partei auszugehen ist (BGH, NJW 2008, 982 Rn. 19).

cc) Mit diesen Grundsätzen stehen die Ausführungen des Berufungsgerichts nicht in Einklang. Kann einer Partei der Vorwurf gemacht werden, sie habe in zu missbilligender Weise den vom Prozessgegner zu führenden Beweis vereitelt, führt dies nicht dazu, dass eine Beweiserhebung gänzlich unterbleiben kann und der Vortrag der beweispflichtigen Partei als bewiesen anzusehen ist. Vielmehr sind zunächst die von der beweispflichtigen Partei angebotenen Beweise zu erheben. Stehen solche Beweise nicht zur Verfügung oder bleibt die beweisbelastete Partei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme beweisfällig, ist eine Beweislastumkehr in Betracht zu ziehen und den Beweisangeboten des Prozessgegners nachzugehen.

dd) Das Berufungsgericht hätte deshalb nicht von einer Beweiserhebung über die Frage absehen dürfen, ob das Pflanzenschutzmittel der Beklagten im Nebenkomponentenprofil des Wirkstoffs Deltamethrin vom Referenzmittel abweicht. Selbst wenn sich erweisen sollte, dass eine chemische Analyse des Pflanzenschutzmittels der Beklagten infolge des Zeitablaufs nur einen geringen oder keinen Beweiswert mehr hat und wenn dieser Umstand der Klägerin zur Last zu legen wäre, hätte das Berufungsgericht eine Beweislastumkehr in Betracht ziehen müssen, die dazu geführt hätte, dass die Klägerin die mangelnde Identität des Produkts der Beklagten mit dem Referenzmittel hätte beweisen müssen. Dann hätte das Berufungsgericht dem Beweisangebot der Klägerin nachgehen müssen, ihren Mitarbeiter als sachverständigen Zeugen zu hören, der vor Ablauf der Lagerstabilität die chemische Vergleichsanalyse durchgeführt hat, auf die die Klägerin ihre Klage gestützt hat.

6. Die Revisionserwiderung macht ohne Erfolg geltend, die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr sei entfallen, weil das BVL auf Antrag der Beklagten die für die streitgegenständliche Charge erteilte Verkehrsfähigkeitsbescheinigung widerrufen hat. Ist es zu einem Wettbewerbsverstoß gekommen, streitet eine tatsächliche Vermutung für die Wiederholungsgefahr (st. Rspr.; BGH, Beschluss vom 16. November 1995 - I ZR 229/93, GRUR 1997, 379 - Wegfall der Wiederholungsgefahr II; Versäumnisurteil vom 26. Oktober 2000 - I ZR 180/98, GRUR 2001, 453 , 455 = WRP 2001, 400 - TCM-Zentrum; Urteil vom 25. Oktober 2001 - I ZR 29/99, GRUR 2002, 717 , 719 = WRP 2002, 679 - Vertretung der Anwalts-GmbH). Die durch einen bereits begangenen Wettbewerbsverstoß begründete tatsächliche Vermutung für das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr kann regelmäßig nur durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden. Die Wiederholungsgefahr entfällt nicht schon mit der Aufgabe der Tätigkeit, in deren Rahmen die Verletzungshandlung erfolgt ist, solange nicht auch jede Wahrscheinlichkeit für eine Wiederaufnahme ähnlicher Tätigkeiten durch den Verletzer beseitigt ist (vgl. nur BGH, GRUR 2001, 453 , 455 - TCM-Zentrum, mwN; BGH, Urteil vom 30. April 2014 - I ZR 170/10, GRUR 2014, 1120 Rn. 31 = WRP 2014, 1304 - Betriebskrankenkasse II). Dass dies der Fall wäre, macht die Revisionserwiderung nicht geltend. Da die Beklagte die von der Klägerin verlangte strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht abgegeben hat, ist von einem Fortbestehen der Wiederholungsgefahr auszugehen.

7. Eine Vorlage der Sache an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV im Hinblick auf die von der Beklagten im Berufungsverfahren formulierten Vorlagefragen ist nicht veranlasst. Diese Fragen setzen die Annahme einer Darlegungs- und Beweislast des Importeurs für die Identität eines parallel eingeführten Pflanzenschutzmittels auch für den Fall unsubstantiierter Darlegungen des Zulassungsinhabers zur mangelnden Identität zwischen Importmittel und Referenzmittel voraus. Da die Klägerin zur fehlenden Herstelleridentität des Pflanzenschutzmittels der Beklagten hinreichend vorgetragen hat, sind diese Fragen nicht entscheidungserheblich.

Verkündet am: 11. Juni 2015

Vorinstanz: LG Magdeburg, vom 02.02.2011 - Vorinstanzaktenzeichen 36 O 61/10
Vorinstanz: OLG Naumburg, vom 14.11.2013 - Vorinstanzaktenzeichen 9 U 40/11
Fundstellen
BB 2015, 2945
GRUR 2016, 88
WRP 2016, 35