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BGH - Entscheidung vom 30.04.2015

1 StR 135/15

Normen:
StPO § 300
StPO § 302 Abs. 1
StPO § 349 Abs. 1

BGH, Beschluss vom 30.04.2015 - Aktenzeichen 1 StR 135/15

DRsp Nr. 2015/10079

Unzulässigkeit des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision gegen ein Strafurteil

1. Nach den gesetzlichen Vorgaben müssen die Zulässigkeitsvoraussetzungen des Wiedereinsetzungsgesuchs innerhalb der Wochenfrist des § 45 Abs. 1 Satz 1 StPO vollständig vorgetragen werden.2. Dazu gehört auch die Mitteilung über den Zeitpunkt des Wegfalls des Hindernisses.3. Nach Fristablauf können bereits rechtzeitig vorgetragene Voraussetzungen der Zulässigkeit lediglich noch ergänzt oder verdeutlicht werden.

Tenor

1.

Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 27. Juni 2012 wird als unzulässig verworfen.

2.

Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird als unzulässig verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Normenkette:

StPO § 300 ; StPO § 302 Abs. 1 ; StPO § 349 Abs. 1 ;

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten mit dem in seiner Anwesenheit verkündetem Urteil vom 27. Juni 2012 u.a. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und elf Monaten verurteilt.

Mit einem am 13. Januar 2015 bei den Justizbehörden in München eingegangenen Schreiben begehrt er "Rücksetzung des Verfahrens in die Revisions-, Beschwerdefähigkeit bzw. auf Wiedereinsetzung des Verfahrens in die 1. Instanz mit Beiordnung eines neuen Pflichtverteidigers".

Bei am Rechtsschutzziel des Angeklagten orientierter Auslegung (§ 300 StPO ) erweist sich sein Begehren als Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision sowie als Einlegung der Revision gegen das vorbezeichnete Urteil. Wie sich aus den zutreffenden Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 25. März 2015 ergibt, ist der Wiedereinsetzungsantrag nicht zulässig erhoben sowie die Revision wegen des in der Hauptverhandlung am 27. Juni 2012 wirksam erklärten Rechtsmittelverzichts (§ 302 Abs. 1 StPO ) unzulässig (§ 349 Abs. 1 StPO ).

1. Die vom Generalbundesanwalt dargelegten Gründe für die Unzulässigkeit des Wiedereinsetzungsgesuchs werden durch das Schreiben des Angeklagten vom 29. April 2015 nicht ausgeräumt. Soweit er nunmehr vorträgt, von der möglichen - der Sache nach auf § 302 Abs. 1 Satz 2 StPO - gestützten "Unzulässigkeit des Rechtsmittelverzichts" erst "Januar 2015" erfahren zu haben, beseitigt dies den Zulässigkeitsmangel aus § 45 Abs. 2 StPO nicht. Nach den gesetzlichen Vorgaben müssen die Zulässigkeitsvoraussetzungen des Wiedereinsetzungsgesuchs innerhalb der Wochenfrist des § 45 Abs. 1 Satz 1 StPO vollständig vorgetragen werden. Dazu gehört auch die Mitteilung über den Zeitpunkt des Wegfalls des Hindernisses (Senat, Beschluss vom 14. Januar 2015 - 1 StR 573/14 Rn. 7, NStZ-RR 2015, 145 f. mwN). Nach Fristablauf können bereits rechtzeitig vorgetragene Voraussetzungen der Zulässigkeit lediglich noch ergänzt oder verdeutlicht werden (Meyer-Goßner/ Schmitt, StPO , 58. Aufl., § 45 Rn. 5 mwN). Zu dem Zeitpunkt seiner Kenntniserlangung über den Grund der Wiedereinsetzung verhält sich der Angeklagte aber erstmals in dem genannten Schreiben vom 29. April 2015. Im Übrigen wird selbst darin kein genauer Termin genannt.

2. Die Revision ist wegen des wirksamen Rechtsmittelverzichts unzulässig.

Soweit sich der Angeklagte auf seine schlechte psychische und physische Verfassung am Tag der Urteilsverkündung beruft, werden keine Umstände vorgetragen, die seine prozessuale Handlungsfähigkeit in Frage stellen. Lediglich bei Verhandlungsunfähigkeit käme aber der Verzichtserklärung keine rechtliche Wirksamkeit zu (Radtke in Radtke/Hohmann, StPO , § 302 Rn. 9 mwN).

Die Verzichtserklärung ist auch nicht gemäß § 302 Abs. 1 Satz 2 StPO unwirksam. Wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat, beweist die Sitzungsniederschrift das Fehlen einer Verständigung im Sinne von § 257c StPO . Der Angeklagte benennt keine ausreichenden Anhaltspunkte, um eine Fälschung der Sitzungsniederschrift im Wege des Freibeweises näher zu prüfen.

Vorinstanz: LG München I, vom 27.06.2012