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BGH - Entscheidung vom 05.02.2015

I ZR 106/14

Normen:
BGB § 307 Abs. 1 S. 1
UKlaG § 4

BGH, Beschluss vom 05.02.2015 - Aktenzeichen I ZR 106/14

DRsp Nr. 2015/6583

Unzulässige Benachteiligung durch eine allgemeine Geschäftsbedingung eines Paket- und Expresszustelldienstes

Tenor

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 10. April 2014 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.500 € festgesetzt.

Normenkette:

BGB § 307 Abs. 1 S. 1; UKlaG § 4 ;

Gründe

I. Der Kläger ist ein in die Liste der qualifizierten Einrichtungen gemäß § 4 UKlaG eingetragener Verein. Die Beklagte betreibt einen Paket- und Expresszustelldienst. Sie verwendet gegenüber ihren Kunden, auch soweit diese Verbraucher sind, Allgemeine Geschäftsbedingungen, die unter anderem folgende Klausel enthalten:

10. ZustellungDie Zustellung von Sendungen erfolgt beim Empfänger oder bei sonstigen Personen, von denen nach den Umständen angenommen werden kann, dass sie zur Annahme der Sendung berechtigt sind. Hierzu zählen insbesondere in Räumen des Empfängers anwesende Personen und direkte Nachbarn. Der Empfänger erhält eine Benachrichtigung über den Verbleib seiner Sendung.

Die Klägerin hält diese Klausel für unwirksam, weil sie nicht klar und bestimmt sei und die Vertragspartner der Beklagten daher entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteilige (§ 307 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB ). Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Das Berufungsgericht hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen hat die Beklagte Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Mit der Revision möchte sie ihren Antrag auf Abweisung der gegen Ziffer 10 ihrer Beförderungsbedingungen gerichteten Klage weiterverfolgen.

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € nicht übersteigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO ).

Der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer bemisst sich grundsätzlich nach dem Interesse des Rechtsmittelklägers an der Abänderung des angefochtenen Urteils. Wendet sich die beklagte Parteien mit der Revision gegen die in den Vorinstanzen zu ihren Lasten titulierte Unterlassungspflicht, so richtet sich der Wert der Beschwer daher nach ihrem gemäß § 3 ZPO grundsätzlich unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bemessenden Interesse an der Beseitigung dieser Verpflichtung (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 10. Dezember 2013 - XI ZR 405/12, ZIP 2014, 96 Rn. 4 mwN).

Wenn Gegenstand des Rechtsstreits - wie hier - die Verbandsklage eines Verbraucherschutzverbandes ist, wird der wirtschaftlichen Bedeutung des Verbots, bestimmte Klauseln zu verwenden, bei der Bemessung der Beschwer und des Streitwerts in der Regel allerdings keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen. Dem liegt die Erwägung zugrunde, Verbraucherschutzverbände bei der Wahrnehmung der ihnen im Allgemeininteresse eingeräumten Befugnis, den Rechtsverkehr von unwirksamen Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu befreien, vor unangemessenen Kostenrisiken zu schützen (BGH, ZIP 2014, 96 Rn. 5; BGH, Beschluss vom 9. Dezember 2014 - VIII ZR 160/14, [...] Rn. 5, jeweils mwN).

Diese Grundsätze schließen es jedoch nicht von vornherein aus, der herausragenden wirtschaftlichen Bedeutung einer Klausel für die betroffenen Verkehrskreise im Einzelfall ausnahmsweise Rechnung zu tragen, wenn die Entscheidung über die Wirksamkeit einer bestimmten Klausel nicht nur für deren Verwender und die Vertragspartner, sondern für die gesamte Branche von wesentlicher Bedeutung ist, etwa weil es dabei um äußerst umstrittene verallgemeinerungsfähige Rechtsfragen von großer wirtschaftlicher Tragweite geht, über deren Beantwortung bereits vielfältig und mit kontroversen Ergebnissen gestritten wird (vgl. BGH, ZIP 2014, 96 Rn. 6 f.; BGH, Beschluss vom 10. Dezember 2013 - XI ZR 405/12, [...] Rn. 6). Im Streitfall hat die Beklagte jedoch nicht glaubhaft gemacht, dass die in Rede stehende Klausel für sie eine solche herausragende wirtschaftliche Bedeutung hat.

Soweit die Beschwerde einen 20.000 € übersteigenden Wert der Beschwer der Beklagten geltend macht, übersieht sie, dass es im Streitfall weder allgemein um die Frage geht, in welcher Weise bei Nichtantreffen eines Empfängers von der Ersatzzustellung Gebrauch gemacht werden darf, noch erst recht darum, die Ersatzzustellung an Privatkunden gänzlich zu verbieten. Das Berufungsgericht hat der Beklagten lediglich die Verwendung einer bestimmten Klausel verboten, die nicht hinreichend genau festlegt, unter welchen Voraussetzungen der Zusteller von dieser Möglichkeit Gebrauch machen darf.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO .

Vorinstanz: LG Düsseldorf, vom 25.09.2013 - Vorinstanzaktenzeichen 12 O 430/12
Vorinstanz: OLG Düsseldorf, vom 10.04.2014 - Vorinstanzaktenzeichen I-6 U 132/13