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BGH - Entscheidung vom 23.09.2015

IV ZR 373/14

Normen:
VVG § 7
VVG § 154
VVG § 8 Abs. 5 S. 2

BGH, Beschluss vom 23.09.2015 - Aktenzeichen IV ZR 373/14

DRsp Nr. 2015/20836

Unerhebliche Abweichung von der Musterwiderrufsbelehrung bei einer farblich unterlegten statt umrahmten Widerrufsbelehrung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer fondgebundenen Rentenversicherung

Soweit eine Widerrufsbelehrung nicht umrahmt, sondern farblich unterlegt ist, handelt es sich um eine nach § 8 Abs. 5 S. 2 VVG unerhebliche Abweichung von der Musterwiderrufsbelehrung.

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Revision der Klägerin gegen das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Braunschweig vom 26. August 2014 gemäß § 552a ZPO zurückzuweisen.

Die Parteien erhalten Gelegenheit, hierzu binnen

eines Monats

Stellung zu nehmen.

Der Streitwert wird auf bis zu 3.000,00 € festgesetzt.

Normenkette:

VVG § 7 ; VVG § 154 ; VVG § 8 Abs. 5 S. 2;

Gründe

I. Die Klägerin beantragte am 21. März 2011, eine fondsgebundene Rentenversicherung bei der Beklagten abzuschließen. Die Vermittlerin der Beklagten nahm diesen Antrag auf und übergab der Klägerin bei dieser Gelegenheit verschiedene Unterlagen, insbesondere die Vertragsbestimmungen einschließlich der Allgemeinen Versicherungsbedingungen sowie ein dreiseitiges Formular mit Informationen gemäß § 7 VVG und § 154 VVG . In diesem Formular befand sich auf der zweiten Seite eine Widerrufsbelehrung, deren Text farblich unterlegt war. Die Beklagte nahm den Antrag an und übersandte der Klägerin mit Schreiben vom 25. März 2011 den Versicherungsschein. Versicherungsbeginn war der 1. April 2011.

Die Klägerin zahlte die Einmalprämie von 11.250 €. Mit Schreiben vom 3. Februar 2012 kündigte sie die Versicherung. Die Beklagte errechnete einen Rückkaufswert von 9.062,56 € und zahlte ihn an die Kl ägerin aus. Mit Anwaltsschreiben vom 22. Januar 2013 widerrief die se den Vertrag und erklärte, ihr stehe ein unbegrenztes Widerrufsrecht zu. Sie meint, die Beklagte habe sie nicht ordnungsgemäß über die Risiken des Vertrags belehrt und sei ihren Informationspflichten nicht vollständig nachgekommen.

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin - soweit noch von Interesse Zahlung weiterer 2.736,72 € nebst Zinsen und außergerichtlicher Anwaltskosten. Die Klage ist in beiden Instanzen ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihre Klage weiter.

II. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revisio n im Sinne von § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO liegen nicht vor; das Rechtsmittel hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a Satz 1 ZPO ).

1. Zulassungsgründe i.S. des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO bestehen nicht. Das Landgericht hat zwar die Revision im Tenor seines Urteils zugelassen, jedoch fehlt jede Begründung, warum die Revision zuzulassen sei. Es ist auch sonst nicht erkennbar, warum sich das Landgericht veranlasst gesehen hat, die Revision zuzulassen. Insbesondere hat die Sache keine grundsätzliche Bedeutung.

a) Die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Widerrufsbelehrung deutlich gestaltet ist, ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt (Senatsurteile vom 28. Januar 2004 - IV ZR 58/03, VersR 2004, 497 unter 3 d; vom 16. Oktober 2013 - IV ZR 52/12, VersR 2013, 1513 Rn. 14 m.w.N.; Senatsbeschluss vom 14. Mai 2014 - IV ZA 5/14, VersR 2014, 824 Rn. 17; BGH, Beschluss vom 16. November 1995 - I ZR 25/94, VersR 1996, 221 unter I 2). Auch die Revision zeigt keine Gesichtspunkte auf, aufgrund derer Klärungsbedarf bestehen könnte.

b) Auf die Frage, unter welchen Voraussetzungen das Widerrufsrecht nach § 8 Abs. 3 Satz 2 VVG erlischt, kommt es nach den Feststellungen des Landgerichts nicht an.

Dieses hat im Streitfall festgestellt, dass die der Klägerin erteilte Widerrufsbelehrung ordnungsgemäß und wirksam war und auch die weiteren Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 Satz 1 VVG mit Zugang des Ende März 2011 an die Klägerin versandten Versicherungsscheins vollständig erfüllt waren. Als die Klägerin mit Anwaltsschreiben vom 22. Januar 2013 ihre Vertragserklärungen widerrief, war die Widerrufsfrist ge mäß § 8 Abs. 1 , § 152 Abs. 1 VVG bereits abgelaufen. Ohne Erfolg greift die Revision die Feststellungen des Landgerichts an.

aa) Nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts ist die Klägerin wirksam über ihr Widerrufsrecht belehrt worden.

Das Berufungsgericht hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise festgestellt, dass die Widerrufsbelehrung deutlich gestaltet ist und die Anforderungen des § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VVG erfüllt sind. Soweit die Widerrufsbelehrung nicht umrahmt, sondern farblich unterlegt ist, handelt es sich um eine nach § 8 Abs. 5 Satz 2 VVG unerhebliche Abweichung von der Musterwiderrufsbelehrung. Dagegen setzt die Revision nur ihre eigene Würdigung; revisionsrechtlich beachtliche Fehler zeigt sie nicht auf. Insbesondere trifft es nicht zu, dass die Widerrufsbelehrung drucktechnisch nicht ausreichend hervorgehoben sei. Da die Widerrufsbelehrung sich über fast eine halbe Seite erstreckt, die Überschrift und die Zwischenüberschriften fett gedruckt sind und der gesamte Text farblich unterlegt ist, weist die Würdigung des Berufungsgerichts, dass diese Belehrung beim (flüchtigen) Lesen auffalle und ausreichend markant sei, keinen revisionsrechtlich erheblichen Fehler auf. Dem steht nicht entgegen, dass sich die Widerrufsbelehrung innerhalb des dreiseitiges Formulars mit Informationen gemäß § 7 VVG und § 154 VVG befand.

Dass die Klägerin die weiter gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VVG für den Fristbeginn erforderlichen Informationen nach § 7 Abs. 1 und 2 VVG vor Abgabe ihrer Vertragserklärung erhalten hat, hat das Berufungsgericht ebenfalls festgestellt. Die Revision erhebt hiergegen ke ine Rügen. Den Versicherungsschein hat die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 25. März 2011 zugesandt; er ist der Klägerin unstreitig zugegangen.

bb) Damit begann die 30-tägige Widerrufsfrist jedenfalls Ende März 2011 zu laufen (§ 8 Abs. 2 Satz 1 VVG ). Der erst im Januar 2013 erklärte Widerruf der Klägerin war mithin verspätet.

2. Die Revision der Klägerin hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil der Klägerin nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des Landgerichts kein Widerrufsrecht mehr zustand.

Vorinstanz: AG Salzgitter, vom 21.01.2014 - Vorinstanzaktenzeichen 23 C 160/13
Vorinstanz: LG Braunschweig, vom 26.08.2014 - Vorinstanzaktenzeichen 7 S 85/14