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BGH - Entscheidung vom 11.03.2015

2 StR 323/14

Normen:
StGB § 249 Abs. 1

Fundstellen:
NStZ 2015, 461

BGH, Urteil vom 11.03.2015 - Aktenzeichen 2 StR 323/14

DRsp Nr. 2015/7381

Rechtmäßigkeit einer Verurteilung wegen räuberischer Erpressung

1. Grundsätzlich kann eine Drohung aber auch durch schlüssiges Verhalten erfolgen.2. Erforderlich ist insoweit, dass der Täter die Gefahr für Leib oder Leben deutlich in Aussicht stellt, sie also durch ein bestimmtes Verhalten genügend erkennbar macht.3. Es genügt dagegen nicht, wenn das Opfer nur erwartet, der Täter werde es an Leib oder Leben schädigen.4. Das bloße Ausnutzen der Angst eines Opfers vor einer Gewaltanwendung enthält für sich genommen noch keine Drohung.

Tenor

1.

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bonn vom 15. April 2014 wird verworfen.

2.

Es wird davon abgesehen, dem Beschwerdeführer die Kosten seines Rechtsmittels aufzuerlegen.

Von Rechts wegen

Normenkette:

StGB § 249 Abs. 1 ;

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen räuberischer Erpressung, Hehlerei und besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Einheitsjugendstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Außerdem hat es den Angeklagten zusammen mit einem anderen Angeklagten auf entsprechendes Anerkenntnis hin zu einer Schmerzensgeldzahlung verurteilt. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten bleibt ohne Erfolg.

1. Die Revision des Angeklagten erweist sich im Hinblick auf die Taten vom 9. Februar und 4. April 2013 als unbegründet. Der Erörterung bedarf nur die Tat vom 3. August 2012.

Am 3. August 2012 beobachtete der Angeklagte, wie der Zeuge E. erfolglos versuchte, eine Kette mit einem Anhänger in einem Juweliergeschäft in B. zu verkaufen. Er trat anschließend an ihn und den ihn begleitenden Zeugen S. heran und forderte den Zeugen E. in aggressivem, keinen Widerspruch duldendem Ton auf, ihm in eine kleine Seitenstraße zu folgen. E. kam der Aufforderung des Angeklagten - nach Kenntnis der Zeugen hatte er den Ruf, gewaltbereit zu sein und andere Jugendliche "abzuziehen" - nach. Dort verlangte er von dem Zeugen in demselben aggressiven Ton, ihm die Goldkette zu geben, die er um den Hals trug. Der Zeuge E. hatte aufgrund der aggressiven Ansprache des Angeklagten Angst, dieser könne seine Forderung gewaltsam durchsetzen und ihn körperlich angehen, und übergab ihm die Kette. Dem Angeklagten war klar, dass der Zeuge ihn kannte und ihm die Kette nur deshalb überreichte, weil dieser sich fürchtete, sich der Forderung zu widersetzen. Der Angeklagte steckte die Kette ein und bedeutete dem Zeugen, er sei "most wanted", wenn er ihn bei der Polizei anzeige.

2. Das Landgericht hat den Angeklagten insoweit wegen räuberischer Erpressung verurteilt. Dies hält rechtlicher Nachprüfung stand.

Eine ausdrücklich ausgesprochene Drohung des Angeklagten mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben gegenüber dem Zeugen hat die Strafkammer zwar nicht festgestellt. Grundsätzlich kann eine Drohung aber auch durch schlüssiges Verhalten erfolgen. Erforderlich ist insoweit, dass der Täter die Gefahr für Leib oder Leben deutlich in Aussicht stellt, sie also durch ein bestimmtes Verhalten genügend erkennbar macht. Es genügt dagegen nicht, wenn das Opfer nur erwartet, der Täter werde es an Leib oder Leben schädigen. Das bloße Ausnutzen der Angst eines Opfers vor einer Gewaltanwendung enthält für sich genommen noch keine Drohung (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juli 1987 - 4 StR 324/87, BGHR StGB § 249 Abs. 1 Drohung 1; BGH, Urteil vom 8. Mai 2013 - 2 StR 558/12, NStZ 2013, 648).

Gemessen daran ist die Annahme einer konkludent erklärten Drohung durch den Angeklagten nicht zu beanstanden.

Der "aggressive, keinen Widerspruch duldende Ton" des Angeklagten, mit dem er das Tatopfer zunächst aufforderte, ihm in eine Seitenstraße zu folgen, und sodann dort von ihm die Herausgabe der Kette verlangte, machte diesem hinreichend deutlich, dass der Angeklagte, von dem es wusste, dass er den Ruf hatte, gewaltbereit zu sein und andere Jugendliche abzuziehen, den Einsatz von Gewalt für den Fall in Aussicht stellte, dass es nicht auch ohne solche Mittel zur Übergabe der Kette kommen würde. Soweit dem Angeklagten - wie es das Landgericht feststellt - klar war, dass der Zeuge die Kette nur herausgab, weil er sich aus Furcht vor ihm nicht widersetzte, handelte er auch - ohne dass dies näherer Erörterung bedurft hätte - vorsätzlich.

Fundstellen
NStZ 2015, 461