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BGH - Entscheidung vom 13.08.2015

III ZR 76/14

Normen:
EGZPO § 26 Nr. 8 S. 1

BGH, Beschluss vom 13.08.2015 - Aktenzeichen III ZR 76/14

DRsp Nr. 2015/15610

Bemessung des Beschwerdewerts bei einer Verurteilung zur Auskunftserteilung; Zulässigkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde bei Nichterreichung des Beschwerdewerts

Tenor

Die Beschwerde des Beklagten zu 1 gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 28. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 20. Februar 2014 - I-28 U 5/13 - wird als unzulässig verworfen.

Der Beklagte zu 1 hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens beträgt bis 10.000 €.

Normenkette:

EGZPO § 26 Nr. 8 S. 1;

Gründe

I.

Die Klägerin ist als Ersatzkasse Trägerin der gesetzlichen Krankenversicherung. Ihr obliegt unter anderem die Einziehung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge. Zur Erfüllung ihrer Aufgaben bedient sie sich zum Teil externer Dienstleister. Im Wege der Stufenklage nimmt sie den Beklagten zu 1 (im Folgenden: Beklagter), einen Rechtsanwalt, auf Auskunft und Zahlung vereinnahmter Fremdgeldbeträge beziehungsweise Herausgabe von Urkunden im Zusammenhang mit der Bearbeitung so genannter Geschäftsführerhaftungsfälle (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266a StGB ) in Anspruch.

Das Landgericht hat dem auf der ersten Stufe verfolgten Anspruch auf Auskunftserteilung stattgegeben. Die Berufung des Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Das Oberlandesgericht hat den Streitwert für das Berufungsverfahren auf bis zu 10.000 € festgesetzt. Gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Berufungsurteil hat der Beklagte Beschwerde eingelegt.

II.

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der gemäß § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO für diesen Rechtsbehelf erforderliche Mindestbetrag der Beschwer von mehr als 20.000 € nicht erreicht ist.

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bemisst sich der Wert der Beschwer bei der Verurteilung zur Auskunftserteilung nicht nach dem Wert des mit der Klage geltend gemachten Auskunftsanspruchs, sondern nach dem Interesse der verurteilten Partei, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Hat ihr dahingehender Antrag Erfolg, erspart sie die Kosten, die mit dem Aufwand der Auskunftserteilung verbunden sind. Diese Kostenersparnis ist grundsätzlich maßgebend für die Festsetzung des Beschwerdewerts. Dabei ist - von dem hier nicht in Rede stehenden Fall eines besonderen Geheimhaltungsinteresses abgesehen - im Wesentlichen auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen, den die Erteilung der hiernach geschuldeten Auskunft erfordert (vgl. nur BGH, Großer Senat für Zivilsachen, Beschluss vom 24. November 1994 - GSZ 1/94, BGHZ 128, 85 , 87; Senatsbeschlüsse vom 9. Februar 2012 - III ZB 55/11, ZEV 2012, 270 Rn. 7; vom 22. Februar 2012 - III ZR 301/11, NJW-RR 2012, 888 Rn. 5 und vom 14. Mai 2013 - III ZR 392/12, BeckRS 2013, 09522 Rn. 5).

2. Nach diesen Kriterien kann im vorliegenden Fall nicht von einem höheren Wert der Beschwer als dem durch das Oberlandesgericht im Berufungsverfahren festgesetzten Streitwert ausgegangen werden, gegen den der Beklagte dort keine Einwände erhoben hat (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 18. Dezember 2014 - III ZR 221/13, IBRRS 2015, 0152 Rn. 3).

Soweit der Beklagte geltend macht, bereits in den Jahren 2012 und 2013 durch den Einsatz zweier Mitarbeiter und eines (weiteren) Rechtsanwalts die Auskunftserteilung durch umfangreiche "Vorsorgemaßnahmen" vorbereitet zu haben, hat dies keinen Einfluss auf die sich aus dem Berufungsurteil ergebende Beschwer. Maßgebend für die Bewertung der Beschwer der Nichtzulassungsbeschwerde ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht (Senatsbeschluss vom 18. Dezember 2014 aaO Rn. 2; BGH, Beschlüsse vom 27. August 2008 - VI ZR 78/07, BeckRS 2008, 20166 Rn. 3 und vom 16. Mai 2013 - VII ZR 253/12, NJW-RR 2013, 1402 Rn. 3). Der Wert der Beschwer bemisst sich allein nach dem Aufwand an Zeit und Kosten, den die Erfüllung des titulierten Anspruchs erfordert. Zum Zeitpunkt der Berufungsverhandlung (hier: 23. Januar 2014) bereits erbrachte Vorarbeiten oder erteilte Teilauskünfte haben deshalb außer Betracht zu bleiben (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Januar 2009 - XII ZB 146/08, NJW-RR 2009, 793 Rn. 9).

Darüber hinaus hat der Beklagte aber auch nicht plausibel dargelegt, dass die Sichtung von circa 1.700 Vorgängen, die nach stets gleichen Kriterien schematisch zu überprüfen waren (Höhe der vereinnahmten Fremdgelder, Aktenzeichen, Zahlender, Verwendungszweck, Datum des Zahlungseingangs, Rechtsgrund der Zahlung) den vollschichtigen Einsatz von zwei Arbeitskräften und die zusätzliche Kontrolle durch einen auf freier Mitarbeiterbasis beschäftigen Rechtsanwalt über einen Zeitraum von rund acht Monaten erforderlich machte. Im Rahmen seiner persönlichen Anhörung durch das Berufungsgericht hat der Beklagte vielmehr ausdrücklich darauf hingewiesen, die begehrte Auskunft "problemlos" geben zu können.

Ebenso wenig nachvollziehbar sind die Angaben des Beklagten, für Material und für die eigene Tätigkeit zur Überprüfung der erstellten Unterlagen sei ein weiterer Betrag von mindestens 20.000 € anzusetzen. Hierzu fehlt jedwede Aufschlüsselung. Insbesondere kann der Beklagte seinen persönlichen Aufwand nicht mit dem Stundensatz in Anrechnung bringen, den er Dritten für seine freiberufliche Tätigkeit als Rechtsanwalt in Rechnung stellt (Senatsbeschluss 22. Februar 2012 aaO Rn. 6).

Die vorstehenden Ausführungen gelten auch für die Bemessung des Streitwerts des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens.

Vorinstanz: LG Essen, vom 25.10.2012 - Vorinstanzaktenzeichen 18 O 9/12
Vorinstanz: OLG Hamm, vom 20.02.2014 - Vorinstanzaktenzeichen I-28 U 5/13