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BGH - Entscheidung vom 28.10.2015

5 StR 436/15

Normen:
StPO § 349 Abs. 4
StGB § 46b

Fundstellen:
NStZ-RR 2022, 194

BGH, Beschluss vom 28.10.2015 - Aktenzeichen 5 StR 436/15

DRsp Nr. 2016/964

Anforderungen an die Aufklärungshilfe im Rahmen von schwerem Bandendiebstahl

1. Eine wesentliche Aufklärungshilfe kann auch dadurch geleistet werden, dass sie den vorhandenen Erkenntnissen eine sicherere Grundlage für die Aburteilung der jeweiligen Mittäter verschafft hat.2. Der für die Anwendung von § 46b StGB erforderliche Zusammenhangs zwischen den Taten ergibt sich nicht allein aus der Identität der Tatbeteiligten.

Tenor

Auf die Revisionen der Angeklagten R. T. und S. wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 25. Juni 2015, soweit es diese Angeklagten betrifft, gemäß § 349 Abs. 4 StPO im Strafausspruch aufgehoben.

Insoweit wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten R. T. und S. sowie die Revision des Angeklagten N. T. werden nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

Der Angeklagte N. T. hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Normenkette:

StPO § 349 Abs. 4 ; StGB § 46b;

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten R. T. wegen schweren Bandendiebstahls in sieben Fällen unter Einbeziehung einer Strafe aus einem anderen Urteil zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten, den Angeklagten N. T. wegen schweren Bandendiebstahls in sechs Fällen unter Einbeziehung einer Strafe aus einem anderen Urteil zu einer solchen von drei Jahren und drei Monaten und den Angeklagten S. wegen schweren Bandendiebstahls in sechs Fällen zu einer solchen von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die von den Angeklagten R. T. und S. mit der allgemeinen Sachrüge geführten Revisionen erzielen den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen sind ihre Rechtsmittel ebenso wie die Revision des Angeklagten N. T. unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO .

1. Der Strafausspruch gegen die Angeklagten R. T. und S. hält der rechtlichen Prüfung nicht stand, weil das Landgericht eine mögliche Strafrahmenmilderung nach § 46b StGB nicht erwogen hat, obwohl nach den Urteilsfeststellungen hierzu Anlass bestand.

a) Hiernach haben S. und R. T. nach ihrer Festnahme in den Beschuldigtenvernehmungen die Taten weitgehend gestanden und Detailangaben zum Umfang der Tatbeteiligung und zur Aufgabenverteilung sowie teilweise zum Absatz der Tatbeute gemacht. Die Ermittlungsbehörden haben - nach den Angaben des Ermittlungsführers - aufgrund der Telefonüberwachung und der Observationsberichte zu diesem Zeitpunkt eine "sehr konkrete Vorstellung von der Zusammensetzung der Bande und davon gehabt, wer an welcher Tat beteiligt gewesen sei". Weitere Bandenmitglieder seien nach dem Zugriff nicht mehr "namhaft" gemacht worden.

b) Aufgrund dieser Feststellungen lässt sich jedoch nicht ausschließen, dass durch die Offenbarungen der Angeklagten eine wesentliche Aufklärungshilfe dadurch geleistet wurde, dass sie den vorhandenen Erkenntnissen eine sicherere Grundlage für die Aburteilung der jeweiligen Mittäter verschafft haben (vgl. BGH, Beschluss vom 22. August 1995 - 4 StR 422/95, BGHR BtMG § 31 Nr. 1 Aufdeckung 27 mwN). Die unterlassene Erörterung, ob die Voraussetzungen des § 46b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB vorliegen, nötigt vorliegend jeweils zur Aufhebung des gesamten Strafausspruchs. Das neue Tatgericht wird festzustellen haben, ob die Voraussetzungen einer Aufklärungshilfe gegeben sind und ob sie als wesentlich zu bewerten ist. Da alle Taten nach dem 1. August 2013 begangen wurden, gilt dies jedoch lediglich für den Fall, dass das seit dem genannten Zeitpunkt eingeführte Merkmal des Zusammenhangs zwischen den Taten zu bejahen sein sollte. Der Zusammenhang ergibt sich aber nicht allein aus der Identität der Tatbeteiligten (vgl. BT-Drucks. 17/9695 S. 8 f.; vgl. BGH, Beschluss vom 25. November 2014 - 5 StR 527/14, BGHR StGB § 46b Voraussetzungen 2).

c) Die bisherigen Feststellungen werden von dem Rechtsfehler nicht berührt; sie können bestehen bleiben. Weitere Feststellungen sind möglich, soweit sie den bisherigen nicht widersprechen. Sie sind insbesondere zum Umfang etwaiger Aufklärungshilfen zu treffen.

2. Das neue Tatgericht wird darüber hinaus hinsichtlich des Angeklagten R. T. zu prüfen haben, ob die Voraussetzungen für die vorgenommene Einbeziehung der zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von neun Monaten aus dem Berufungsurteil des Landgerichts Berlin vom 11. August 2014 gemäß § 55 StGB vorliegen. Denn die dieser Verurteilung zugrundeliegende Tat wurde am 10. Februar 2013 begangen, somit vor dem Erlass des Strafbefehls des Amtsgerichts Tiergarten vom 22. März 2013. Dieser würde demnach grundsätzlich Zäsurwirkung entfalten, wenn - wozu keine Feststellungen getroffen sind - die verhängte Geldstrafe zum Zeitpunkt des Urteilserlasses am 11. August 2014 nicht vollständig vollstreckt gewesen wäre. Der Umstand, dass diese Geldstrafe im Rahmen eines nachträglichen Gesamtstrafenbeschlusses vom 20. Juni 2014 seinerseits einbezogen wurde, steht einer möglichen Zäsurwirkung nicht entgegen.

Vorinstanz: LG Berlin, vom 25.06.2015
Fundstellen
NStZ-RR 2022, 194