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BGH - Entscheidung vom 28.10.2015

III ZR 33/15

Normen:
BGB § 199 Abs. 3 S. 1 Nr. 1
BGB § 204 Abs. 1 Nr. 4
BGB § 214 Abs. 1

BGH, Beschluss vom 28.10.2015 - Aktenzeichen III ZR 33/15

DRsp Nr. 2015/20249

Anforderungen an den Güteantrag in Anlageberatungsfällen; Verjährung der Klageforderung wegen Ablaufs der kenntnisunabhängigen Verjährungsfrist

1. Der Güteantrag hat in Anlageberatungsfällen regelmäßig die konkrete Kapitalanlage zu bezeichnen, die Zeichnungssumme sowie den ungefähren Beratungszeitraum anzugeben und den Hergang der Beratung mindestens im Groben zu umreißen. Ferner ist das angestrebte Verfahrensziel zumindest soweit zu umschreiben, dass dem Gegner und der Gütestelle ein Rückschluss auf Art und Umfang der verfolgten Forderung möglich ist. 2. Bei Güteanträgen kann auf Schriftstücke, die der Individualisierung des verfolgten Anspruchs dienen, nur dann zurückgegriffen werden, wenn diese im Güteantrag genannt und diesem Antrag beigefügt worden sind.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 9a. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 30. Dezember 2014 - 9a U 12/14 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Streitwert: 21.985,55 €

Normenkette:

BGB § 199 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 ; BGB § 204 Abs. 1 Nr. 4 ; BGB § 214 Abs. 1 ;

Gründe

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem angefochtenen Urteil ist unbegründet, weil die Zulassungsvoraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

Die Klageforderung ist wegen Ablaufs der kenntnisunabhängigen Verjährungsfrist nach § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB insgesamt (F. Fonds 31 und 34) verjährt (§ 214 Abs. 1 BGB ), weil der Güteantrag des Klägers vom 21. Dezember 2011, was die Beklagte mit ihrer Revision zu Recht geltend macht und der Senat für weitestgehend gleichlautende Güteanträge inzwischen mehrfach entschieden hat (Urteile vom 18. Juni 2015 - III ZR 198/14, NJW 2015, 2407 , 2408 ff Rn. 16 ff sowie III ZR 189/14, [...] Rn. 20 ff; III ZR 191/14, [...] Rn. 21 ff und III ZR 227/14, [...] Rn. 21 ff; vom 3. September 2015, BeckRS 2015, 16019 Rn. 15 ff und vom 15. Oktober 2015 - III ZR 170/14; Beschlüsse vom 16. Juli 2015 - III ZR 302/14, BeckRS 2015, 13231 Rn. 4 ff und III ZR 164/14, BeckRS 2015, 13230 Rn. 2 ff und vom 13. August 2015 - III ZR 380/14, BeckRS 2015, 15051 Rn. 13 ff), nicht den Anforderungen an die nötige Individualisierung des geltend gemachten prozessualen Anspruchs nach § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB entspricht.

1. Der Güteantrag hat in Anlageberatungsfällen regelmäßig die konkrete Kapitalanlage zu bezeichnen, die Zeichnungssumme sowie den (ungefähren) Beratungszeitraum anzugeben und den Hergang der Beratung mindestens im Groben zu umreißen. Ferner ist das angestrebte Verfahrensziel zumindest soweit zu umschreiben, dass dem Gegner und der Gütestelle ein Rückschluss auf Art und Umfang der verfolgten Forderung möglich ist; eine genaue Bezifferung der Forderung muss der Güteantrag seiner Funktion gemäß demgegenüber grundsätzlich nicht enthalten (Senatsurteile vom 18. Juni 2015 - III ZR 198/14 aaO S. 2409 Rn. 25 mwN; vom 20. August 2015 - III ZR 373/14, WM 2015, 1807 , 1809 Rn. 18; vom 3. September 2015 aaO Rn. 17 und vom 15. Oktober 2015 aaO; Senatsbeschlüsse vom 16. Juli 2015 - III ZR 302/14 aaO Rn. 5 und III ZR 164/14 aaO Rn. 3 sowie vom 13. August 2015 - III ZR 380/14 aaO Rn. 14 und III ZR 358/14, BeckRS 2015, 15050 Rn. 3).

2. Diesen Erfordernissen genügt der Güteantrag des Klägers nicht. Er weist keinen Bezug zum konkreten Beratungshergang in dem der Gütestelle vorgelegten Einzelfall auf. Er enthält als individuelle Angaben lediglich den Namen und die Anschrift des Klägers (als "Antragstellerpartei") sowie die Bezeichnung der Anlagefonds (hier: F. Fonds 31 und 34) und nennt weder die Zeichnungssummen noch den (ungefähren) Beratungszeitraum noch andere die getätigten Anlagen individualisierende Tatsachen. Auch das angestrebte Verfahrensziel wird in dem Güteantrag nicht ausreichend beschrieben. Zwar ist von "Schadensersatz aus fehlerhafter Anlageberatung" sowie davon die Rede, dass ein Anspruch geltend gemacht werde, "so gestellt zu werden, als habe sie [die Antragstellerpartei] die Beteiligung nie getätigt". Damit bleibt jedoch offen, ob der vollständige Zeichnungsschaden oder nur ein Differenzschaden (etwa nach zwischenzeitlicher Veräußerung der Beteiligung oder unter Geltendmachung einer günstigeren Alternativbeteiligung) begehrt wird. Zudem ist dem Güteantrag nicht zu entnehmen, ob das eingebrachte Beteiligungskapital fremdfinanziert war, so dass ein etwaiger Schaden auch oder gar in erster Linie in den aufgebrachten Zins- und Tilgungsleistungen bestand. Die Art und die Größenordnung des geltend gemachten Anspruchs waren für die Beklagte (als Antragsgegnerin und Schuldnerin) hieraus nicht im Ansatz zu erkennen, und unter diesen Umständen war es auch für die Gütestelle nicht möglich, den Gegenstand des Güteverfahrens zu erfassen.

3. Über die unzureichende Individualisierung des geltend gemachten Anspruchs im Güteantrag hilft der vorgängige Schriftwechsel der Parteien vom 8. September 2011 und 14. November 2011 nicht hinweg. Dabei kann es offen bleiben, ob das Schreiben der Rechtsanwälte des Klägers vom 8. September 2011 den Anforderungen an die Anspruchsindividualisierung in jeder Hinsicht - auch in Bezug auf die Angabe der (zumindest: ungefähren) Größenordnung der Schadensersatzforderung - genügt. Denn dieses Schreiben wurde im Güteantrag des Klägers nicht erwähnt und war dem Antrag auch nicht beigefügt, so dass es - entgegen der Ansicht des Klägers - zur Individualisierung des verfolgten Anspruchs im Güteantrag nicht herangezogen werden kann.

Bei Güteanträgen kann auf Schriftstücke, die der Individualisierung des verfolgten Anspruchs dienen, nur dann zurückgegriffen werden, wenn diese im Güteantrag genannt und diesem Antrag beigefügt worden sind (Senatsurteil vom 15. Oktober 2015 aaO; s. auch Senatsurteil vom 18. Juni 2015 - III ZR 198/14 aaO S. 2410 Rn. 28; Senatsbeschlüsse vom 16. Juli 2015 - III ZR 302/14 aaO Rn. 6 und III ZR 164/14 aaO Rn. 4 sowie vom 13. August 2015 - III ZR 380/14 aaO Rn. 15). Der Güteantrag richtet sich in erster Linie an die Gütestelle, nämlich mit dem Ziel, dass diese als neutraler Schlichter und Vermittler im Sinne einer gütlichen Einigung zwischen den Anspruchsparteien tätig wird. Dies setzt voraus, dass sie ausreichend über den Gegenstand des Verfahrens informiert wird (Senatsurteile vom 18. Juni 2015 - III ZR 198/14 aaO S. 2409 Rn. 24 mwN; vom 20. August 2015 III ZR 373/14, WM 2015, 1807 , 1808 f Rn. 17 und vom 3. September 2014 - III ZR 347/14, BeckRS 2015, 16019 Rn. 16). Unterlagen, die der Gütestelle nicht vorgelegt werden, finden in das Güteverfahren keinen Eingang und können daher auch bei der Beurteilung, ob der geltend gemachte (prozessuale) Anspruch im Güteantrag hinreichend individualisiert worden ist, keine Berücksichtigung finden (Senatsurteile vom 3. September 2015 aaO Rn. 19 und vom 15. Oktober 2015 aaO).

Nach alledem erweist sich die Verjährungseinrede der Beklagten hinsichtlich beider Fondsbeteiligungen als durchgreifend und die Klageforderung somit insgesamt als unbegründet (auch soweit das Berufungsgericht zum Nachteil der Beklagten entschieden hat, was diese mit der Revision angreift). Mangels wirksamer vorheriger Hemmung ist die kenntnisunabhängige zehnjährige Verjährungsfrist nach § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB , die gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB am 1. Januar 2002 begonnen hat, am Ende des 2. Januar 2012 (Montag) und somit vor Einreichung der Klage im Januar 2013 abgelaufen. Auf die von der Beschwerde erhobenen Rügen kommt es demnach nicht mehr an.

Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.

Vorinstanz: LG Konstanz, vom 15.11.2013 - Vorinstanzaktenzeichen 5 O 9/13
Vorinstanz: OLG Karlsruhe, vom 30.12.2014 - Vorinstanzaktenzeichen U 12/14