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BGH - Entscheidung vom 25.04.2014

BLw 6/13

Normen:
HöfeO § 16 Abs. 1 S. 1

Fundstellen:
AUR 2014, 259
DNotZ 2014, 708
FamRZ 2014, 1366
NJW-RR 2014, 1112
ZEV 2014, 550
ZEV 2014, 6

BGH, Beschluss vom 25.04.2014 - Aktenzeichen BLw 6/13

DRsp Nr. 2014/8967

Erforderlichkeit eines lebensfähigen landwirtschaftlichen Betriebs für Grundstücksvermächtnisse zu Gunsten der weichenden Miterben

1. Grundstücksvermächtnisse zu Gunsten der weichenden Miterben sind - auch wenn sie zu einer Zerschlagung des zum Hof gehörenden Grundbesitzes führen - nicht nach § 16 Abs. 1 Satz 1 HöfeO nichtig, wenn der Hof im Zeitpunkt des Erbfalls kein lebensfähiger landwirtschaftlicher Betrieb mehr ist.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 wird der Beschluss des 23. Zivilsenats Senat für Landwirtschaftssachen des Oberlandesgerichts Köln vom 17. Juni 2013 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 59.548 € festgesetzt.

Normenkette:

HöfeO § 16 Abs. 1 S. 1;

Gründe

I.

Die am 22. Juni 2005 verstorbene Mutter der Beteiligten zu 1 bis 3 war Eigentümerin einer ca. 8 ha großen, im Grundbuch als Hof eingetragenen landwirtschaftlichen Besitzung. Mit notariellem Testament vom 8. Mai 1999 hatte sie den Beteiligten zu 3 zum Hoferben und zum Alleinerben ihres hoffreien Vermögens eingesetzt. Den Beteiligten zu 1 und 2 hatte sie jeweils ein zum Hof gehörendes Grundstück als Vermächtnis zugewendet und ihnen Auflassungsvollmachten zum Vollzug der Vermächtnisse unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB erteilt. Nach dem Tod ihrer Mutter erklärten die Beteiligten zu 1 und 2 die Auflassung und wurden im Grundbuch als Eigentümer der neu gebildeten Grundstücke eingetragen. Eine Zustimmung des Landwirtschaftsgerichts zur Verfügung von Todes wegen war nicht beantragt worden.

Das Amtsgericht (Landwirtschaftsgericht) hat auf Antrag des Beteiligten zu 3 die Beteiligten zu 1 und 2 verurteilt, der Berichtigung der Grundbücher insoweit zuzustimmen, dass die den Vermächtnisnehmern überlassenen Grundstücke auf das Hofgrundstück zurückübertragen werden. Die Berufung der Beteiligten zu 1 und 2 hat das Oberlandesgericht (Senat für Landwirtschaftssachen) durch Beschluss zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgen die Beteiligten zu 1 und 2 ihren Abweisungsantrag weiter, hilfsweise in Verbindung mit Auflagen zur Verpachtung der Grundstücke an einen Landwirt, weiter hilfsweise Verurteilung nur Zug um Zug gegen Gewährung und Erfüllung von Barvermächtnissen sowie weiter hilfsweise gegen andere Gegenleistungen.

II.

Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, dass das Landwirtschaftsgericht durch Beschluss hätte entscheiden müssen, da es sich um ein Verfahren nach § 1 Nr. 5 LwVG handele. Der Beteiligte zu 3 könne als Hoferbe von den Beteiligten zu 1 und zu 2 die Zustimmung zur Grundbuchberichtigung nach § 894 BGB verlangen, weil auch die ihnen im Testament erteilten Auflassungsvollmachten wegen Verstoßes der Vermächtnisanordnungen gegen § 16 Abs. 1 Satz 1 HöfeO unwirksam seien. Das Erbrecht des Beteiligten zu 3 werde durch die Vermächtnisse ausgehöhlt, da bei ihrer Erfüllung eine nicht mehr lebensfähige Betriebseinheit verbleibe. Dahinstehen könne, ob der Hof im Zeitpunkt des Erbfalls noch rentabel gewesen sei. Die Leistungsfähigkeit des Hofes dokumentiere sich im Höferecht im Wirtschaftswert des Hofs (hier von mehr als 10.000 € zum 1. Januar 2005). Da es sich danach im Zeitpunkt des Erbfalls um einen Hof im Sinne der Höfeordnung gehandelt habe, seien die Vermächtnisse ungeachtet der zwischen den Beteiligten streitigen Rentabilität des Betriebes unwirksam.

III.

1. Die Rechtsbeschwerde ist nach den gemäß Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG noch anzuwendenden Vorschriften des § 24 Abs. 1 LwVG aF und der §§ 25 , 26 LwVG aF statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der Senat für Landwirtschaftssachen des Bundesgerichtshofs ist zur Entscheidung berufen, weil der angefochtene Beschluss von dem Landwirtschaftssenat des Beschwerdegerichts erlassen worden ist. Die den Rechtsweg bejahende Entscheidung der Vorinstanz ist nach § 17a Abs. 1 , 5 GVG für das Rechtsmittelgericht bindend und nicht zu prüfen (vgl. BGH, Beschluss vom 18. September 2008 - V ZB 40/08, NJW 2008, 3572 , 3573 Rn. 10 ff.). § 17a GVG gilt auch im Verhältnis zwischen ordentlicher Gerichtsbarkeit und freiwilliger Gerichtsbarkeit (Senat, Beschluss vom 26. Oktober 1999 - BLw 1/99, NZM 2000, 136 ), was in der - hier nach Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG noch nicht anzuwendenden Vorschrift des § 17a Abs. 6 GVG nunmehr klarstellend bestimmt wird (Zöller/Lückemann, ZPO , 30. Aufl., § 17a GVG Rn. 21, vor §§ 17 17b GVG Rn. 11).

2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Das Beschwerdegericht bejaht rechtsfehlerhaft einen Anspruch des Beteiligten zu 3 gegen die Beteiligten zu 1 und zu 2 auf Grundbuchberichtigung (§ 894 BGB ).

a) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ist allerdings nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht geprüft hat, ob die im Testament erteilten Auflassungsvollmachten unwirksam sind, weil sie dem Vollzug nach § 16 Abs. 1 Satz 1 HöfeO nichtiger Vermächtnisanordnungen dienen. Die Prüfung der Wirksamkeit der Auflassungen (§ 925 BGB ) ist nicht im Hinblick auf die Genehmigungsfiktion des § 7 Abs. 3 GrdstVG entbehrlich.

aa) Nach dieser Vorschrift gilt ein gemäß § 2 GrdstVG genehmigungsbedürftiges Veräußerungsgeschäft als genehmigt, wenn der Erwerber ohne die dem Grundbuchamt nachzuweisende Erteilung der Genehmigung (§ 7 Abs. 1 GrdstVG ) in das Grundbuch eingetragen und die Eintragung nicht innerhalb einer Jahresfrist (bspw. durch Eintragung eines Widerspruchs oder einen Antrag auf Grundbuchberichtigung) angegriffen worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 6. Februar 1981 - V ZR 187/79, NJW 1981, 1957, 1958).

Die Genehmigungsfiktion greift auch ein, wenn ein Grundstücksvermächtnis vollzogen worden ist. Zwar bedarf das Vermächtnis selbst als Verfügung von Todes wegen (§§ 1939 , 2147 BGB ) keiner Genehmigung nach § 2 GrdstVG (OLG München, RdL 1961, 286, 287; OLG Hamm, RdL 1965, 120, 121; OLG Karlsruhe, RdL 1975, 78; OLG Stuttgart, AgrarR 1989, 20; Hense, DNotZ 1958, 562, 564; Schulte, RdL 1961, 278, 283; aA OLG Hamm, RdL 1965, 289, 299), wohl aber die in deren Erfüllung erfolgte Auflassung, die ein genehmigungsbedürftiges Veräußerungsgeschäft unter Lebenden darstellt (OLG München, aaO; OLG Hamm, aaO; OLG Karlsruhe, aaO, 78; OLG Stuttgart, aaO; Hense, aaO). Die Voraussetzungen der Fiktion des § 7 Abs. 3 GrdstVG lägen hier vor, weil die Beteiligten zu 1 und zu 2 im März 2006 als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen wurden, eine Klage mit den Anträgen auf Grundbuchberichtigung, hilfsweise auf Rückauflassung, aber erst im Dezember 2008 bei dem Landwirtschaftsgericht eingereicht wurde.

bb) Von der Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz sind aber die Entscheidungen nach § 16 Abs. 1 HöfeO zu unterscheiden, die sich auf die Vermächtnisanordnung als Verfügung von Todes wegen beziehen (vgl. Pritsch, DNotZ 1951, 297, 301 f.).

(1) Nach § 16 Abs. 1 Satz 2 HöfeO bedarf ein Grundstücksvermächtnis als eine das Erbrecht des Hoferben beschränkende letztwillige Verfügung der Zustimmung des Landwirtschaftsgerichts, soweit für ein entsprechendes Verpflichtungsgeschäft unter Lebenden eine Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz erforderlich wäre (vgl. Senat, Beschluss vom 7. Juli 1953 - V BLw 2/53, RdL 1953, 278, 279; Beschluss vom 4. Februar 1964 V BLw 13/63, RdL 1964, 98, 99). Das Zustimmungsverfahren nach §§ 13 ff. HöfeVfO ersetzt das Genehmigungsverfahren nach §§ 3 ff. GrdstVG (Faßbender in Faßbender/Hötzel/von Jeinsen/Pikalo, § 16 HöfeO Rn. 111).

Insoweit käme allerdings eine entsprechende Anwendung des § 7 Abs. 3 GrdstVG in Betracht. In diesem Verfahren sind die Versagungsgründe nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 GrdstVG zu prüfen, weil auch nach dem Höferecht die Zustimmung nur in den gesetzlich bestimmten Fällen versagt werden kann (Senat, Beschluss vom 20. November 1951 - V BLw 54/50, RdL 1952, 72, 73; Beschluss vom 4. Februar 1964 - V BLw 13/63, aaO; Beschluss vom 24. November 1993 - BLw 28/93, BGHZ 124, 217 , 219; OLG Celle, AgrarR 1975, 267, 268). Das Verfahren nach §§ 13 ff. HöfeVfO dient dem öffentlichen Interesse an der Verbesserung der Agrarstruktur (vgl. Senat, Beschluss vom 4. Februar 1964 - V BLw 13/63, RdL 1964, 98, 99). § 7 Abs. 3 GrdstVG bestimmt jedoch, dass das mit der Kontrolle des Grundstücksverkehrs gesicherte öffentliche Interesse nach Ablauf eines Jahres seit Eintragung der Rechtsänderung hinter das Interesse des Verkehrs an der Gewissheit über die Wirksamkeit des Veräußerungsgeschäfts und an der Richtigkeit des Grundbuchs zurücktritt (BGH, Urteil vom 6. Februar 1981 - V ZR 187/79, NJW 1981, 1957, 1958).

(2) Davon wiederum zu unterscheiden ist die richterliche Prüfung nach § 16 Abs. 1 Satz 1 HöfeO , ob das Grundstücksvermächtnis einen Ausschluss des gesetzlichen Erbrechts des Hoferben nach § 4 Satz 1 HöfeO bewirkt und deshalb nach § 134 BGB nichtig ist (vgl. Senat, Beschluss vom 20. November 1951 - V BLw 65/50, BGHZ 3, 391, 393; Beschluss vom 7. Juli 1953 - V BLw 2/53, RdL 1953, 278, 280). § 16 Abs. 1 Satz 1 HöfeO soll verhindern, dass das Erbrecht des Hoferben durch die ordnungsgemäße Bewirtschaftung des Hofes beeinträchtigende Vermächtnisanordnungen des Erblassers ausgehöhlt wird (vgl. Senat, Beschluss vom 20. November 1951 - V BLw 65/50, BGHZ 3, 391, 393). Insofern werden auch die Interessen des Hoferben geschützt (vgl. Senat, Beschluss vom 5. Juni 1992 - BLw 7/91, BGHZ 118, 361 , 362 f.; OLG Celle, AgrarR 1972, 297; Wöhrmann, aaO, § 16 Rn. 34). Die höferechtliche Verbotsnorm (§ 16 Abs. 1 Satz 1 HöfeO ) steht neben dem Zustimmungserfordernis (§ 16 Abs. 1 Satz 2 HöfeO ). § 7 Abs. 3 GrdstVG bezieht sich jedoch nur auf die mit der Lenkung des Grundstücksverkehrs geschützten öffentlichen Interessen. Die Vorschrift kann deshalb keine Anwendung finden, wenn die Vermächtnisanordnung wegen Verstoßes gegen das in § 16 Abs. 1 Satz 1 HöfeO bestimmte Verbot nichtig (und daher nicht zustimmungsfähig) ist.

b) Rechtsfehlerhaft nimmt das Beschwerdegericht an, dass die zur Erfüllung der Vermächtnisse vorgenommenen Auflassungen unwirksam sind.

aa) § 16 Abs. 1 Satz 1 HöfeO verbietet bestimmte Verfügungen des Hofeigentümers von Todes wegen. Das dingliche Vollzugsgeschäft ist dagegen nicht Gegenstand der Verbotsnorm.

bb) Die im Testament den Beteiligten zu 1 und zu 2 erteilten Auflassungsvollmachten sind nicht unwirksam.

(1) Vollmachten über den Tod hinaus oder auf den Todesfall des Erblassers in Verfügungen von Todes wegen sind zulässig (MünchKomm-BGB/Zimmermann, 6. Aufl., vor § 2197 Rn. 9, 12; Palandt/Weidlich, BGB , 73. Aufl., vor § 2197 Rn. 9 jeweils mwN). Mit ihnen erwirbt der Bevollmächtigte die Befugnis, innerhalb der ihm eingeräumten Vertretungsmacht über das zum Nachlass gehörende Vermögen in Vertretung des Erben zu verfügen (vgl. BGH, Urteil vom 23. Februar 1983 - IVa ZR 186/81, BGHZ 87, 19, 25; OLG Frankfurt, DNotZ 2012, 140, 141). Der Erblasser kann auch den Vermächtnisnehmer bevollmächtigen, nach seinem Ableben unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB den vermachten Gegenstand an sich zu übereignen (OLG Köln, NJW-RR 1992, 1357 ; OLG München, DNotZ 2012, 303 ).

(2) Eine dem Vermächtnisnehmer erteilte Auflassungsvollmacht ist auch wirksam, wenn das Vermächtnis unwirksam ist.

(a) Das Beschwerdegericht beruft sich für seine gegenteilige Auffassung zu Unrecht auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Vollmachten, die zur Ausführung eines gegen das Verbot unerlaubter Rechtsbesorgung verstoßenden Vertrags erteilt sind. Diese sind deshalb unwirksam, weil es mit dem Zweck des Verbotsgesetzes unvereinbar wäre, den unbefugten Rechtsberater in den Stand zu setzen, seine gesetzlich missbilligte Tätigkeit zu Ende zu führen (BGH, Urteil vom 11. Oktober 2001 - III ZR 182/00, NJW 2002, 66 , 67; Urteil vom 16. Dezember 2002 - II ZR 109/01, BGHZ 153, 214 , 220).

So verhält es sich hier jedoch nicht, weil die Erfüllung von Grundstücksvermächtnissen grundsätzlich keine rechtlich missbilligte Tätigkeit darstellt. Dem Erblasser steht es frei, zur Abfindung der nicht Hoferbe gewordenen Miterben Grundstücksvermächtnisse anzuordnen (Senat, Beschluss vom 26. November 1951 - V BLw 54/50, RdL 1952, 72, 73; Beschluss vom 7. Juli 1953 - V BLw 2/53, RdL 1953, 278, 279). Diese Zuwendungen unterliegen zwar einer richterlichen Kontrolle. Das ändert aber nichts an dem Grundsatz, dass die zum Vollzug eines Vermächtnisses erteilten Vollmachten keine rechtlich zu missbilligenden Rechtsgeschäfte darstellen.

(b) Solche Auflassungsvollmachten sind auch nicht deswegen unwirksam, weil mit ihnen nach § 16 Abs. 1 Satz 1 HöfeO nichtige Grundstücksvermächtnisse vollzogen werden können. Der Abwehr dieser Gefahr dient der gegenüber dem Grundbuchamt nach § 7 Abs. 1 GrdstVG zu führende Nachweis einer unanfechtbaren behördlichen Genehmigung bzw. richterlichen Zustimmung. Die Nichtigkeit der Auflassungsvollmacht ist zudem kein taugliches Mittel zum Schutz des Hoferben vor der Gefahr einer Weiterveräußerung des Grundstücks an Dritte. Diese Gefahr ergibt sich bereits aus der Eintragung im Grundbuch und dem daran anknüpfenden Schutz des guten Glaubens des Dritten (§ 892 BGB ). Der Hoferbe kann sich dadurch schützen, dass er seinen Rückauflassungsanspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB durch eine - notfalls auf Grund einer einstweiligen Verfügung einzutragende (§ 885 Abs. 1 Satz 1 BGB ) - Vormerkung sichert.

IV.

Der angefochtene Beschluss ist aufzuheben und die Sache an das Beschwerdegericht zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. Der Senat kann nicht abschließend über die Sache entscheiden. Dem Beteiligten zu 3 steht zwar kein Anspruch auf Grundbuchberichtigung aus § 894 BGB zu; begründet könnte aber der hilfsweise geltend gemachte Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB sein. Die Beteiligten zu 1 und zu 2 hätten die Grundstücke ohne rechtlichen Grund erlangt und müssten diese an den Beteiligten zu 3 auflassen, wenn die Vermächtnisanordnungen nach § 16 Abs. 1 Satz 1 HöfeO nichtig wären. Nach den bisherigen Feststellungen kann davon jedoch nicht ausgegangen werden.

1. Der landwirtschaftliche Betrieb des Beteiligten zu 3 war im Zeitpunkt des Erbfalls allerdings ein Hof im Sinne des § 1 HöfeO , da alle in Absatz 1 Satz 1 HöfeO bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen (landwirtschaftliche Besitzung in Nordrhein-Westfalen mit einer zur Bewirtschaftung geeigneten Hofstelle und ein Wirtschaftswert über 10.000 €) vorlagen und die Erblasserin keine sog. negative Hoferklärung nach § 1 Abs. 4 HöfeO gegenüber dem Grundbuchamt abgegeben hatte.

2. Die Vermächtnisanordnungen der Erblasserin bedeuteten - sofern der Anwendung des § 16 Abs. 1 Satz 1 HöfeO nicht die fehlende Leistungsfähigkeit des Hofes entgegenstünde - einen unzulässigen Ausschluss des Beteiligten zu 3 von der gesetzlichen Hoferbfolge nach § 4 Satz 1 HöfeO . Eine unzulässige Ausschließung der Hoferbfolge durch ein Grundstücksvermächtnis liegt vor, wenn infolge der Abtrennung des zugewendeten Grundstücks vom Hof dessen Fortbestand oder dessen ordnungsgemäße Bewirtschaftung gefährdet sein oder die Wesensart und der Aufbau des landwirtschaftlichen Betriebes derart geändert werden würde, dass die verbleibende Wirtschaftsart nicht mehr denselben Hof darstellte (Senat, Beschluss vom 20. November 1951 - V BLw 65/50, BGHZ 3, 392, 393; Beschluss vom 7. Juli 1953 - V BLw 2/53, RdL 1953, 278, 280; OLG Celle, AgrarR 1972, 297; OLG Oldenburg, AgrarR 1997, 321, 322; Wöhrmann, Das Landwirtschaftserbrecht, 10. Aufl., § 16 Rn. 12).

Das Beschwerdegericht stellt das rechtsfehlerfrei fest. Soweit die Rechtsbeschwerde beanstandet, dass es nicht auf das festgestellte Absinken des Wirtschaftswertes auf unter 5.000 €, sondern auf den Verlust der Leistungsund Lebensfähigkeit des Hofes ankomme, übersieht sie, dass das Beschwerdegericht in Übereinstimmung mit der Auffassung aller Beteiligten auch ausführt, dass bei Erfüllung aller Vermächtnisse eine nicht mehr lebensfähige Betriebseinheit entstünde. An der Richtigkeit dieser Feststellung bestehen vor dem Hintergrund, dass Grundstücke mit Größen von 2,6 ha und 3,3 ha von einem Hof mit einem nur ca. 8 ha großen Grundbesitz vermacht wurden, keine Zweifel.

3. Die Feststellung der Nichtigkeit der Grundstücksvermächtnisse nach § 16 Abs. 1 Satz 1 HöfeO i.V.m. § 134 , § 2171 Abs. 1 BGB setzt allerdings ein nach dem Zweck der Höfeordnung zu schützendes Erbrecht gemäß § 4 Satz 1 HöfeO voraus. Daran fehlte es, wenn der Hof im Zeitpunkt des Erbfalls kein leistungsfähiger zu erhaltender Betrieb mehr gewesen wäre.

a) Grundstücksvermächtnisse zu Gunsten der weichenden Miterben sind - auch wenn sie zu einer Zerschlagung des zum Hof gehörenden Grundbesitzes führen - nicht nach § 16 Abs. 1 Satz 1 HöfeO nichtig, wenn der Hof im Zeitpunkt des Erbfalls kein lebensfähiger landwirtschaftlicher Betrieb mehr ist. Das Landwirtschaftsgericht hat bei der Prüfung, ob die Vermächtnisanordnung des Erblassers nach § 16 Abs. 1 Satz 1 HöfeO nichtig ist, im Einzelfall festzustellen, ob es sich noch um einen noch leistungsfähigen und damit erhaltungswürdigen landwirtschaftlichen Betrieb handelt. Dies steht entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts nicht schon dann fest, wenn der Wirtschaftswert des Hofes im Zeitpunkt des Erbfalls über dem in § 1 Abs. 1 Satz 1 HöfeO bestimmten Betrag von 10.000 € lag.

b) Richtig ist allerdings, dass der Wirtschaftswert dazu dient, agrarökonomisch förderungswürdige Betriebe dem Höferecht zu unterstellen, um ihren ungeteilten Bestand zu sichern und agrarökonomisch nicht förderungswürdige Betriebe, an deren Bestand kein vorrangiges Interesse besteht, von dem Höferecht auszuschließen (Senat, Beschluss vom 15. April 2011 - BLw 9/10, BGHZ 189, 245 , 252 Rn. 20). Der Wirtschaftswert im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 HöfeO ist der gesetzliche Maßstab, der - sofern der Eigentümer keine Erklärungen zur Hofeigenschaft abgibt - darüber bestimmt, ob der Hof im Interesse des Erhalts eines leistungsfähigen Betriebs in einer Hand bleiben oder nach dem bürgerlichen Recht aufgeteilt werden soll (OLG Hamm, Beschluss vom 7. Juni 2011 - 10 W 123/10, [...] Rn. 59; OLG Oldenburg, RdL 2012, 99).

c) Das Beschwerdegericht schließt daraus jedoch zu Unrecht, dass der Wirtschaftswert auch für die Anwendung der Verbotsnorm des § 16 Abs. 1 Satz 1 HöfeO allein maßgebend sei. Dies hätte zur Folge, dass Grundstücksvermächtnissen, bei deren Erfüllung dem Hof wesentliche Teile seines landwirtschaftlichen Grundbesitzes entzogen werden, die rechtliche Anerkennung stets zu versagen wäre, selbst wenn der Betrieb auch als Nebenerwerbsbetrieb auf Dauer nicht mehr mit Aussicht auf einen Überschuss geführt werden kann, wie es der von dem Beschwerdegericht beauftragte Sachverständige in seinem Gutachten ausgeführt hat. Dem Wirtschaftswert kommt diese Bedeutung jedoch nicht zu.

d) Der Eingriff in die Testierfreiheit des Erblassers ist auf die Fälle zu beschränken, in denen das nach dem Zweck der Höfeordnung geboten ist.

aa) Der Erblasser kann durch die Anordnung von Vermächtnissen den weichenden Miterben höhere Abfindungen als nach §§ 12 , 13 HöfeO zukommen lassen und ihnen auch Grundstücke zuwenden (Senat, Beschluss vom 20. November 1951 - V BLw 54/50, RdL 1952, 72, 73; Beschluss vom 7. Juli 1953 - V BLw 2/53; RdL 1953, 278, 279). Die Höfeordnung enthält keine gesetzlich geregelte Beschränkung der Testierfreiheit des Eigentümers hinsichtlich der Belastung des Hofes mit schuldrechtlichen Vermächtnisverpflichtungen (Senat, Beschluss vom 5. Juni 1992 - BLw 7/91, BGHZ 118, 361 , 364). Die dem Willen des Erblassers widersprechende Feststellung der Nichtigkeit der Vermächtnisse nach § 16 Abs. 1 Satz 1 HöfeO und eine damit verbundene Verweisung der anderen Miterben auf ihre gesetzlichen Abfindungsansprüche nach § 12 HöfeO sind - soweit nicht vom Gesetzeszweck zwingend geboten - zu vermeiden (vgl. Senat, Beschluss vom 7. Juli 1953 - V BLw 2/53, RdL 1953, 278, 279). Im Grundsatz ist nämlich davon auszugehen, dass der Erblasser die finanziellen Möglichkeiten seines Hofes und dessen Weiterentwicklung am besten durchschaut und danach entschieden hat, was jedes seiner Kinder "noch zu bekommen hat" (vgl. Becker, AgrarR 1976, 181, 182). Der Umstand, dass das Testament aus dem Jahre 1999 im Unterschied zu dem früheren aus dem Jahre 1985 Grundstücksvermächtnisse für die Beteiligten zu 1 und zu 2 enthielt, mag darauf beruht haben, dass die Erblasserin wegen der zwischenzeitlich eingetretenen Änderungen keine Perspektive mehr für eine Fortführung des Hofs gesehen hat.

bb) Vor diesem Hintergrund ist eine Vermächtnisanordnung nur dann nach § 16 Abs. 1 Satz 1 HöfeO als unwirksam anzusehen, wenn diese Rechtsfolge geboten ist, um den Hof im öffentlichen Interesse an leistungsfähigen landwirtschaftlichen Betrieben als geschlossene leistungsfähige Einheit im Erbgang zu erhalten (vgl. Senat, Beschluss vom 20. November 1951 - V BLw 65/50, BGHZ 3, 391, 394). Die Feststellung der Nichtigkeit der Verfügung von Todes wegen muss hiernach gerechtfertigt sein. Die Höfeordnung dient einem öffentlichen Interesse und soll nicht zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Bevorzugung des Hoferben gegenüber den anderen Miterben führen (vgl. Senat, Beschluss vom 11. Juli 1972 - V BLw 7/72, BGHZ 59, 166, 168; Beschluss vom 10. Mai 1984 - BLw 2/83, BGHZ 91, 154 , 164; Beschluss vom 23. November 2012 - BLw 12/11, NJW-RR 2013, 713 , 715 Rn. 31). Unvereinbar mit dem Zweck des Gesetzes wäre es, Vermächtnisanordnungen des Erblassers die rechtliche Anerkennung zu versagen, wenn ein nicht leistungsfähiger Betrieb im Nebenerwerb unter Vermögensgesichtspunkten weitergeführt wird (vgl. Köhne, AgrarR 1995, 321).

cc) Die gegenteilige Auslegung des § 16 Abs. 1 Satz 1 HöfeO führte zudem zu sachlich nicht begründbaren Ungleichbehandlungen gleichartiger Sachverhalte. In den Zustimmungsverfahren nach § 16 Abs. 1 Satz 2 HöfeO i.V.m. §§ 13 ff. HöfeVfO und in den Genehmigungsverfahren nach §§ 3 ff. GrdstVG darf eine Genehmigung zu einem Grundstücksvermächtnis nicht versagt werden, wenn der davon betroffene landwirtschaftliche Betrieb mangels Leistungsfähigkeit nicht erhaltungswürdig ist, so dass selbst seine Zerschlagung keinen Nachteil für die Agrarstruktur bedeutete (BVerfG, RdL 1969, 176, 178; Senat, Beschluss vom 11. Dezember 1969 - V BLw 23/69, RdL 1970, 67, 68; OLG Stuttgart, RdL 1998, 324; RdL 2000, 33; Augustin, AgrarR 1973, 138, 139; Wöhrmann, Landwirtschaftserbrecht, 10. Aufl., § 16 Rn. 28). Dasselbe gilt für Schenkungen von Grundstücken, die - auch wenn das Grundstück zu einem Hof im Sinne des § 1 HöfeO gehört - allein nach § 2 GrdstVG genehmigungspflichtig sind. Einen sachlichen Grund, die sich auf Grundstücke beziehenden Vermächtnisse anders als Schenkungen solcher Grundstücke zu behandeln, gibt es nicht.

dd) Dem in § 1 Abs. 1 , 3 HöfeO genannten Wirtschaftswert kommt bei der Prüfung, ob eine Vermächtnisanordnung nach § 16 Abs. 1 Satz 1 HöfeO nichtig ist, nur eine indizielle Aussagekraft zu. Übersteigt der Wirtschaftswert des Betriebes die gesetzlich bestimmten Grenzen, ist allerdings grundsätzlich auch von dessen Leistungsfähigkeit auszugehen. In solchen Fällen hat der Vermächtnisnehmer, wenn die Vermächtnisanordnung - wie hier - eine Aushöhlung des gesetzlichen Erbrechts des Hoferben bewirkte (siehe oben 2), darzulegen und zu beweisen, dass es sich bei dem Betrieb um einen im Zeitpunkt des Erbfalls auf Dauer nicht rentablen, deshalb agrarökonomisch nicht förderungswürdigen Betrieb gehandelt hat, an dessen Erhalt kein öffentliches Interesse besteht.

4. Das Beschwerdegericht wird daher nach Zurückverweisung die von ihm abgebrochene Beweisaufnahme über die Leistungsfähigkeit des Hofes fortzusetzen haben.

V.

Die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus § 19 Buchstabe h HöfeVfO i.V.m. § 30 Abs. 1 KostO .

Vorinstanz: AG Kleve, vom 12.08.2009 - Vorinstanzaktenzeichen 6 Lw 7/09
Vorinstanz: OLG Köln, vom 17.06.2013 - Vorinstanzaktenzeichen 23 U 12/09
Fundstellen
AUR 2014, 259
DNotZ 2014, 708
FamRZ 2014, 1366
NJW-RR 2014, 1112
ZEV 2014, 550
ZEV 2014, 6