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BGH - Entscheidung vom 18.06.2013

II ZA 4/12

Normen:
AktG § 147 Abs. 2
UmwG § 26 Abs. 1 S. 1

Fundstellen:
DStR 2013, 12
ZIP 2013, 1467

BGH, Beschluss vom 18.06.2013 - Aktenzeichen II ZA 4/12

DRsp Nr. 2013/17711

Erlöschen der Ämter der Organe als Folge des Erlöschene eines Rechtsträgers im Zuge seiner Verschmelzung auf einen anderen Rechtsträger

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Normenkette:

AktG § 147 Abs. 2 ; UmwG § 26 Abs. 1 S. 1;

Gründe

Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO ). Die Prozesskostenhilfe ist auch für eine wie hier vom Berufungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Revision zu verweigern, wenn sie nach § 552a ZPO zurückzuweisen wäre (BGH, Beschluss vom 27. September 2007 V ZR 113/07, NJW-RR 2008, 304 Rn. 1; Beschluss vom 26. November 2007 II ZA 17/06, [...] Rn. 1). Nach § 552a ZPO wäre die Revision durch Beschluss zurückzuweisen, weil die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und sie keine Aussicht auf Erfolg hat. Da die Revision unbeschränkt zugelassen ist, ist für eine ergänzende Nichtzulassungsbeschwerde, für die der Kläger ebenfalls Prozesskostenhilfe begehrt, kein Raum.

1. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Das Berufungsgericht hat die Revision wegen rechtsgrundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Grundsätzliche Bedeutung gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO hat eine Rechtssache, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und die deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt, wobei insbesondere erforderlich ist, dass die betreffende Rechtsfrage in einem gewissen Umfang umstritten ist (st. Rspr. siehe nur BGH, Beschluss vom 27. März 2003 V ZR 291/02, BGHZ 154, 288 , 291).

Eine klärungsbedürftige umstrittene Rechtsfrage stellt sich nicht. Dass die Organe einer Gesellschaft, die auf eine andere Gesellschaft verschmolzen wird, ihre Funktion verlieren, ist nicht umstritten. Vielmehr besteht Einigkeit, dass das Erlöschen eines Rechtsträgers im Zuge seiner Verschmelzung auf einen anderen Rechtsträger zum Erlöschen der Ämter der Organe führt (vgl. BGH, Urteil vom 10. Januar 2000 II ZR 251/98, ZIP 2000, 508 , 510; BAG, ZIP 2003, 1010 , 1012; Grunewald in Lutter/Winter, UmwG , 4. Aufl., § 20 Rn. 28; Schmitt/Hörtnagel/Stratz, UmwG , 5. Aufl., § 20 Rn. 8; Marsch-Barner in Kallmeyer, UmwG , 5. Aufl., § 20 Rn. 13 und 16; Kübler in Semler/Stengel, UmwG , 3. Aufl., § 20 Rn. 20; Heidinger in Henssler/Strohn, § 20 UmwG Rn. 47; Schäffler in HK- UmwG , § 20 Rn. 4; vgl. auch zur formwechselnden Umwandlung BGH, Beschluss vom 8. Januar 2007 II ZR 267/05, ZIP 2007, 910 Rn. 6). Dass auch der besondere Vertreter nach § 147 Abs. 2 AktG ein Organ ist, ist geklärt (BGH, Beschluss vom 27. September 2011 II ZR 225/08, ZIP 2011, 2195; Urteil vom 18. Dezember 1980 II ZR 140/79, ZIP 1981, 178, 179). Daraus folgt ohne weiteres, dass auch das Amt des besonderen Vertreters mit der Verschmelzung des übertragenden Rechtsträgers auf einen anderen Rechtsträger erlischt. Von dem Erlöschen des Organamtes ist der besondere Vertreter nicht auszunehmen, weil er Schadensersatzansprüche für den erloschenen übertragenden Rechtsträger geltend zu machen hatte. Die Aufgabe, solche Schadensersatzansprüche geltend zu machen, obliegt nach der Verschmelzung den Organen des übernehmenden Rechtsträgers. Der besondere Vertreter des übertragenden Rechtsträgers nach § 147 Abs. 2 AktG wird auch nicht besonderer Vertreter nach § 26 Abs. 1 Satz 1 UmwG . Dieser soll andere Schadensersatzansprüche, nämlich nach § 25 Abs. 1 und 2 UmwG , geltend machen, und nur insoweit wird der alte Rechtsträger als fortbestehend fingiert. Der besondere Vertreter nach § 26 Abs. 1 Satz 1 UmwG wird zudem vom Gericht und nicht von der Hauptversammlung bestellt.

Auch weitere grundsätzlich klärungsbedürftige Fragen stellen sich nicht. Dass das Rechtsschutzbedürfnis für eine Anfechtungsklage entfallen kann, wenn der angefochtene Beschluss keinerlei Wirkung mehr hat, hat der Senat ebenfalls schon geklärt (BGH, Urteil vom 19. Februar 2013 II ZR 56/12, ZIP 2013, 720 Rn. 11; Beschluss vom 27. September 2011 II ZR 225/08, ZIP 2011, 2195; Urteil vom 15. Dezember 2003 II ZR 194/01, BGHZ 157, 206 , 210).

2. Die Revision hätte auch keinen Erfolg. Das Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtung des Beschlusses der Hauptversammlung des übertragenden Rechtsträgers, mit dem die Bestellung von Prof. H. zum besonderen Vertreter widerrufen wurde, ist mit der Verschmelzung entfallen. Der angefochtene Beschluss hat keinerlei Wirkung für die Gesellschaft oder die Organe mehr. Auch wenn der Widerrufsbeschluss für nichtig erklärt würde, könnte Prof. H. keine weitere Tätigkeit entfalten, weil sein Amt mit der Verschmelzung geendet hätte.

Im Übrigen hätte die Anfechtungsklage auch dann keinen Erfolg, wenn das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage fortbestehen würde. Der Widerrufsbeschluss wäre nur für nichtig zu erklären, wenn er das Gesetz oder die Satzung verletzt, § 243 Abs. 1 AktG . Eine Gesetzes- oder Satzungsverletzung hat der Kläger nicht dargelegt. Er hat als Anfechtungsgrund innerhalb der Anfechtungsfrist (§ 246 Abs. 1 AktG ) nur geltend gemacht, dem Widerrufsbeschluss fehle die tragende Grundlage, weil er der Hauptversammlung mit der Argumentation vorgeschlagen worden sei, dass im Falle einer Verschmelzung ein primär operativ verantwortliches Management sich auf die operative Aufgabe konzentrieren müsse und eine weitere Verfolgung der Rechte gegenüber F. T. zusätzliche Risiken für die Gesellschaft begründe. Den Anfechtungsgrund bilde daher, dass weder der Verschmelzungsbericht noch die Darlegungen zur Begründung des Widerrufsbeschlusses darauf hinwiesen, dass der Gesellschaft zwei Gutachten vorlägen, die zum Ergebnis gelangten, dass F. T. das Cooperation Framework Agreement nicht wirksam gekündigt hätten, wie Prof. H. auf der Hauptversammlung ausgeführt habe. Damit rügt der Kläger die sachliche Rechtfertigung des Widerrufsbeschlusses, aber keinen Gesetzes- oder Satzungsverstoß. Ein Widerruf der Bestellung zum besonderen Vertreter durch die Hauptversammlung ist ohne wichtigen Grund zulässig, im Aktiengesetz nicht verboten (MünchKommAktG/Hüffer, 3. Aufl., § 147 Rn. 72) und steht folglich im Ermessen der Hauptversammlung.

Vorinstanz: LG Kiel, vom 18.11.2010 - Vorinstanzaktenzeichen 16 O 151/05
Vorinstanz: OLG Schleswig, vom 06.06.2012 - Vorinstanzaktenzeichen 9 U 2/11
Fundstellen
DStR 2013, 12
ZIP 2013, 1467