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BGH - Entscheidung vom 10.10.2013

VII ZR 248/11

Normen:
ZPO § 278 Abs. 6

Fundstellen:
BauR 2014, 139

BGH, Beschluss vom 10.10.2013 - Aktenzeichen VII ZR 248/11

DRsp Nr. 2013/23378

Begehren der Zahlung von Restwerklohn für Montagearbeiten an einem Bauvorhaben im Rahmen des Beschwerdeverfahrens

Eine Revision wäre unzulässig, wenn die Parteien mit Vergleich vereinbart haben, eine Revision gegen das Berufungsurteil nicht einzulegen.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 22. November 2011 wird auf ihre Kosten verworfen.

Gegenstandswert: 842.795,89 €

Normenkette:

ZPO § 278 Abs. 6 ;

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt Zahlung von Restwerklohn für Montagearbeiten am Bauvorhaben V. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat die Revision nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich die Beschwerde der Klägerin, die mit der Revision ihren Klageantrag in voller Höhe weiterverfolgen möchte.

Die Beklagte hält die Beschwerde für unzulässig. Das ergebe sich aus einem vom Landgericht F. am 4. Juli 2005 gemäß § 278 Abs. 6 ZPO festgestellten Vergleich. Die jetzige Beklagte war in jenem Rechtsstreit Klägerin, Beklagte war die V. Bank, Streithelferin der dortigen Beklagten war die hiesige Klägerin.

Der Vergleich lautet:

"1. Die Beklagte gibt das Original der Vorauszahlungsbürgschaftsurkunde vom 24.02.2000 an die Klägerin zurück.

2. Die Beklagte verpflichtet sich den in der Vorauszahlungsbürgschaft ausgewiesenen Betrag in Höhe von 102.258,38 € ganz oder teilweise auf erste Anforderung in der Höhe an die Klägerin zu zahlen, in der in dem derzeit am Landgericht M. anhängigen Verfahren (Aktenzeichen: ...) [erste Instanz des vorliegenden Rechtstreits] ein Betrag einschließlich Kosten gegen die Firma T. [jetzige Klägerin] zugunsten der Klägerin rechtskräftig ausgeurteilt wird. Beide Parteien verzichten bereits jetzt auf die Einlegung der Revision gegen ein etwaiges Berufungsurteil des OLG M.

3. Die Zahlungsverpflichtung der Beklagten gilt auch für den Fall, dass die Firma T. in dem Verfahren in M. im Vergleichswege eine Zahlungsverpflichtung gegenüber der Klägerin anerkennt und eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Vergleichs vorgelegt wird.

4. Sofern eine Zahlungsverpflichtung der Firma T. im Verfahren in M. nicht festgestellt wird, verpflichtet sich die Klägerin nach Rechtskraft des Landgerichts-, OLG-Urteils die Bürgschaftsurkunde vom 24.02.2000 an die Beklagte herauszugeben.

Die Verpflichtung zur Herausgabe der Bürgschaftsurkunde besteht ebenfalls dann, wenn in dem Verfahren in M. im Vergleichswege eine Zahlungsverpflichtung der Klägerin gegenüber der Firma T. festgestellt oder aber wechselseitig auf Ansprüche verzichtet wird.

5. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt jede Hauptpartei die Hälfte, jede Hauptpartei trägt darüber hinaus ihre eigenen außergerichtlichen Kosten selbst. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten an die beigetretene Streitverkündete [jetzige Klägerin] erfolgt nicht, vielmehr trägt diese ebenfalls ihre eigenen außergerichtlichen Kosten selbst.

Sollte in dem Verfahren in M. auf keine Zahlungsverpflichtung der Firma T. erkannt werden, so übernimmt die Klägerin die außergerichtlichen Kosten incl. Mehrwertsteuer der Beklagten zur Hälfte."

II.

Die Beschwerde ist unzulässig. Ihr fehlt das Rechtsschutzbedürfnis. Denn der mit einer Revision beabsichtigte Antrag könnte keinen Erfolg haben. Eine Revision der Klägerin wäre unzulässig, weil die Parteien vereinbart haben, eine Revision gegen das Berufungsurteil nicht einzulegen. Eine solche Vereinbarung enthält der Vergleich vor dem Landgericht F. vom 4. Juli 2005 unter Nr. 2.

1. Parteien eines Rechtsstreits können materiellrechtlich bindende Vereinbarungen über einen Rechtsmittelverzicht treffen. Hält sich die Partei nicht an eine in dieser Hinsicht wirksam eingegangene Verpflichtung, kann der Vertragspartner dies im Wege der Einrede geltend machen; denn zu seinem vorausgegangenen rechtsgeschäftlichen Verhalten darf sich niemand prozessual in Widerspruch setzen (vgl. BGH, Urteil vom 13. Februar 1989 II ZR 110/88, NJW RR 1989, 802 Rn. 8 bei [...] m.w.N.). So liegt der Fall hier.

2. Das Vorliegen der Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision hat das Revisionsgericht von Amts wegen selbständig zu prüfen und notfalls im Wege des Freibeweises festzustellen (vgl. etwa BGH, Urteil vom 24. April 2001 VI ZR 258/00, NJW 2001, 2722 Rn. 13 f. bei [...] m.w.N.).

Den Abschluss des Vergleichs sowie dessen Entstehung hat die Beklagte durch Vorlage von Kopien des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht F. vom 20. April 2005, des Schriftsatzes der V. Bank in jenem Verfahren vom 1. März 2005, der Schriftsätze der Firma T. vom 14. April 2005, vom 7. Juni 2005 und vom 10. Juni 2005 sowie des Vergleichsvorschlags des Landgerichts F. vom 8. Juni 2005 und des Beschlusses des Landgerichts F. vom 4. Juli 2005 im Einzelnen dargelegt. Dies hat die Klägerin nicht substantiiert bestritten. Der Senat ist unbeschadet der Tatsache, dass die Verfahrensakten bereits vernichtet worden sind, von der Richtigkeit der vorgelegten Kopien überzeugt.

Die Klägerin wendet im Wesentlichen nur noch ein, dass in Nr. 2 des Vergleichs nicht sie, sondern die Parteien des dortigen Rechtsstreits auf die Einlegung der Revision verzichtet hätten. Das seien die jetzige Beklagte und die V. Bank gewesen. Eine Verpflichtung der Klägerin, der damaligen Streithelferin, finde sich in dem Vergleich nicht.

Diese Auffassung trifft nicht zu. Der Vergleich ist dahin auszulegen, dass mit der Bezeichnung "beide Parteien verzichten ... auf die Einlegung der Revision" die Parteien des damals vor dem Landgericht M. anhängigen, vorliegenden Rechtsstreits gemeint waren. Eine andere Auslegung ergibt keinen Sinn.

Zwar sind im übrigen Text des Vergleichs die damaligen Parteien mit "Beklagte" und "Klägerin" bezeichnet. Die jetzige Klägerin ist dort im Übrigen entweder mit "Firma T." oder mit "Streithelferin" bezeichnet. Jedoch bezieht sich der Begriff der Parteien im letzten Satz unter Nr. 2 auf das unmittelbar zuvor genannte "anhängige Verfahren" vor dem Landgericht M. Denn nur die Parteien jenes Verfahrens konnten auf ein Rechtsmittel gegen ein etwaiges Berufungsurteil des Oberlandesgerichts M. verzichten. Die V. Bank war nicht in der Lage, ein Rechtsmittel in jenem Verfahren einzulegen. Die jetzige Klägerin war ausdrücklich sowohl dem damaligen Rechtsstreit als auch dem Vergleich beigetreten. Dies macht nur Sinn, wenn sie in dem Vergleich in irgendeiner Weise berechtigt oder verpflichtet werden sollte. Dafür kommt nur diese Verpflichtung im letzten Satz von Nr. 2 in Betracht. Eine sonstige Verpflichtung oder Berechtigung enthält der Vergleich in Bezug auf die damalige Streithelferin nicht.

Die Streithelferin hat sich aktiv an der Gestaltung des Vergleichs beteiligt und ihm ausdrücklich zugestimmt. Sinn des gesamten Vergleichs war ausweislich seines Inhalts offensichtlich, dass der Streit um die Berechtigung von Forderungen zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits nicht zweimal, nämlich auch noch im Rahmen der Bürgschaftsverpflichtung der V. Bank, geführt werden sollte. In diesem Zusammenhang wollte man sich ersichtlich darauf einigen, dass der Streit in höchstens zwei Instanzen rechtskräftig vor dem Landgericht M. und unter Umständen noch vor dem Oberlandesgericht M. entschieden werden sollte.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO .

Vorinstanz: LG München I, vom 11.01.2010 - Vorinstanzaktenzeichen 15 HKO 20577/01
Vorinstanz: OLG München, vom 22.11.2011 - Vorinstanzaktenzeichen 9 U 1976/10
Fundstellen
BauR 2014, 139