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BGH - Entscheidung vom 17.09.2013

1 StR 443/10

Normen:
StPO § 257c Abs. 5

BGH, Beschluss vom 17.09.2013 - Aktenzeichen 1 StR 443/10

DRsp Nr. 2013/22330

Aufhebung des Urteils wegen fehlender Aufklärung des Angeklagten über die Risiken einer Absprache

Ein Anspruch auf Widerruf der Bestellung eines Verteidigers kommt allein aufgrund der Behauptung, das Vertrauen zwischen Verteidiger und Angeklagten bestehe nicht mehr, nicht in Betracht. Ein solcher Anspruch muss vielmehr auf konkreten Tatsachenvortrag gestützt sein.

Normenkette:

StPO § 257c Abs. 5 ;

Gründe

I.

Der Angeklagte führt die Revision gegen seine Verurteilung durch Urteil des Landgerichts München II vom 9. März 2010. Das vom Pflichtverteidiger, Rechtsanwalt S. , eingelegte und vom damaligen Wahlverteidiger, Rechtsanwalt Prof. Dr. W. , begründete Rechtsmittel hat der Senat durch Beschluss vom 8. Oktober 2010 als unbegründet i. S. v. § 349 Abs. 2 StPO verworfen. Durch Urteil vom 19. März 2013 ist dieser Beschluss vom Bundesverfassungsgericht aufgehoben und zur erneuten Entscheidung über die Revision an den Bundesgerichtshof zurückverwiesen worden.

Das Mandat von Rechtsanwalt Prof. Dr. W. ist mittlerweile erloschen. Mit Schriftsatz vom 20. März 2013 hat Rechtsanwältin K. die Vertretung des Angeklagten angezeigt und ihre Beiordnung als Pflichtverteidigerin beantragt. Daneben hat sich mit Schriftsatz vom 11. April 2013 Rechtsanwalt Dr. Sc. als Wahlverteidiger für den Angeklagten angezeigt.

In einem am 1. September 2013 eingegangenen Schreiben hat der Angeklagte selbst um Entpflichtung von Rechtsanwalt S. und um Beiordnung von Rechtsanwältin K. als Pflichtverteidigerin ersucht. Mit gleichzeitig eingegangenem Schriftsatz hat Rechtsanwältin K. zur Begründung ihres Beiordnungsantrages vom 20. März 2013 ausgeführt, ihr Mandant "begehre die Entpflichtung von Rechtsanwalt S. "; ihre eigene Beiordnung sei "aus Gründen der Verfahrenssicherung" geboten.

II.

Der Entpflichtungsantrag des Angeklagten und der Beiordnungsantrag von Rechtsanwältin K. bleiben erfolglos.

1. Der Angeklagte beruft sich zur Begründung seines Entpflichtungsantrages auf eine Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses zu seinem Pflichtverteidiger. Die Behauptung, das Vertrauen zwischen Verteidiger und Angeklagten bestehe nicht mehr, kann für sich genommen einen Anspruch auf Widerruf der Bestellung eines Verteidigers nicht begründen. Sie muss auf konkreten Tatsachenvortrag gestützt sein (BGH, Beschluss vom 12. Februar 2008 - 1 StR 649/07, StraFo 2008, 243 mwN). Hieran fehlt es indes.

Der Angeklagte führt zwar an, der Pflichtverteidiger habe gegen seinen ausdrücklich geäußerten Wunsch im Verfahren vor dem Landgericht München II an einer Verständigung mitgewirkt. Im Revisionsverfahren hatte der Angeklagte indes zur Begründung der Revision noch vortragen lassen, sowohl der Pflichtverteidiger als auch er selbst hätten dem Verständigungsvorschlag des Gerichts seinerzeit ausdrücklich zugestimmt (RB S. 8).

Entgegen seiner weiteren Behauptung - er habe sich wegen der gegen seinen Willen erfolgten Verständigung "fortan" von Rechtsanwältin K. verteidigen lassen und wolle dies auch weiterhin - hat sich der Angeklagte zudem im gesamten ersten Revisionsverfahren weiter durch Rechtsanwalt S. als Pflichtverteidiger und durch Rechtsanwalt Prof. Dr. W. als Wahlverteidiger vertreten lassen. Rechtsanwältin K. hat sich demgegenüber erstmals am 20. März 2013 als Verteidigerin angezeigt.

Weitere Gründe für eine Entpflichtung von Rechtsanwalt S. sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

2. Einer - in der Revisionsinstanz grundsätzlich möglichen (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Juli 1996 - 1 StR 352/96, NStZ 1997, 48 ) - Beiordnung von Rechtsanwältin K. bedarf es nicht. Die Durchführung des Revisionsverfahrens ist nicht gefährdet. Der Angeklagte wird im Revisionsverfahren durch seinen Pflichtverteidiger und zusätzlich durch einen Wahlverteidiger vertreten. Die Mitwirkung eines weiteren, dritten Verteidigers ist nicht notwendig.

Vorinstanz: LG München II, vom 09.03.2010