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BGH - Entscheidung vom 23.01.2013

VIII ZR 99/12

Normen:
BGB § 306 Abs. 3
BGB § 307 Abs. 1
BGB § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1

BGH, Urteil vom 23.01.2013 - Aktenzeichen VIII ZR 99/12

DRsp Nr. 2013/2684

Anspruch gegen ein Gasversorgungsunternehmen auf Rückzahlung von aufgrund einer unwirksamen Gaspreiserhöhung gezahlten Erhöhungsbeträgen

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 22. Februar 2012 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.

Die Anschlussrevision der Klägerin wird zurückgewiesen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Normenkette:

BGB § 306 Abs. 3 ; BGB § 307 Abs. 1 ; BGB § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1;

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von der Beklagten, einem regionalen Gasversorgungsunternehmen, welches die Klägerin leitungsgebunden mit Erdgas versorgte, die Rückzahlung eines Betrages in Höhe von 4.582,61 € nebst Zinsen aufgrund unwirksamer Gaspreisanpassungen im Zeitraum vom 29. April 2004 bis zum 31. März 2009.

Der geschiedene Ehemann der Klägerin schloss mit der Beklagten mit Wirkung zum 1. Februar 1983 einen vorformulierten Erdgasliefervertrag (Sondervertrag), in welchen die Klägerin eingetreten ist. Als Arbeitspreis waren 5,3 Pf/kWh (2,71 ct/kWh) netto vereinbart, als Grundpreis 36 DM/Monat (18,41 €/Monat) netto. § 3 Satz 2 des Vertrages sieht vor, dass sich der Gaspreis ändert, wenn eine Änderung der allgemeinen Tarife der Beklagten eintritt. Nach § 6 kann der Vertrag erstmals nach Ablauf von 24 Monaten und danach jeweils mit einer Frist von drei Monaten zum Ende eines Abrechnungsjahres schriftlich gekündigt werden. Die Beklagte änderte aufgrund der Preisanpassungsklausel wiederholt ihre Preise. Die Klägerin widersprach den Preisänderungen nicht, wandte sich auch nicht gegen die Jahresabrechnungen und leistete die Abschlagszahlungen. Den Gasverbrauch für die Zeit vom 29. April 2004 bis zum 11. April 2006 rechnete die Beklagte mit den Jahresabrechnungen vom 11. Mai 2005 und 10. Mai 2006 ab. Die Beklagte erklärte am 6. Januar 2010 einen Verjährungsverzicht hinsichtlich sämtlicher Ansprüche der Klägerin, die am 29. Dezember 2010 noch nicht verjährt waren.

Die Klägerin verlangt unter Berufung auf das die Beklagte betreffende Senatsurteil vom 17. Dezember 2008 ( VIII ZR 274/06) die gezahlten Erhöhungsbeträge zurück. Sie hat, ausgehend von einem Arbeitspreis in Höhe von 5,3 Pf/kWh (2,71 ct/kWh), den Rückforderungsanspruch mit 4.582,61 € beziffert. Das Amtsgericht hat der Klage in Höhe von 3.410,52 € nebst Zinsen stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage. Die Klägerin verfolgt mit der Anschlussrevision ihr Klagebegehren weiter, soweit das Berufungsgericht zu ihrem Nachteil erkannt hat.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten hat Erfolg; die Anschlussrevision der Klägerin ist unbegründet.

I.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

Der Klägerin stehe ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB zu. Sie habe in der Zeit von April 2004 bis März 2009 Zahlungen in Höhe von 4.582,61 € ohne Rechtsgrund geleistet, in Höhe eines Teilbetrages von 1.172,09 € könne sich die Beklagte aber mit Erfolg auf Verjährung berufen.

Das vertragliche Preisänderungsrecht in § 3 des Sondervertrages sei - was die Beklagte nicht in Abrede stelle - gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. Ein einseitiges Preisanpassungsrecht der Beklagten ergebe sich auch weder aus einem Rückgriff auf die AVBGasV beziehungsweise die GasGVV noch aus einer konkludenten vertraglichen Änderung des Gaspreises.

Ein Recht der Beklagten zur einseitigen Preisänderung lasse sich nicht aus einer ergänzenden Vertragsauslegung gemäß §§ 133 , 157 BGB herleiten. Sie scheitere jedenfalls daran, dass sich nicht feststellen lasse, welche Preisanpassungsregelung die Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn sie bei Vertragsabschluss bedacht hätten, dass die von der Beklagten vorgegebene Preisanpassungsklausel unwirksam sei. Könne aber eine Regelungslücke auf verschiedene Weise geschlossen werden und bestünden keine Anhaltspunkte dafür, für welche Alternative sich die Parteien entschieden hätten, sei eine ergänzende Vertragsauslegung ausgeschlossen.

Der Vertrag sei auch nicht nach § 306 Abs. 3 BGB insgesamt unwirksam, da dies erfordere, dass das Festhalten am Vertrag für eine der Parteien eine unzumutbare Härte darstelle. Hiervon könne nicht ausgegangen werden, da die Beklagte das Recht habe, sich nach Ablauf der Mindestvertragsdauer mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten zum Ende der Abrechnungsperiode vom Vertrag zu lösen. Zudem sei zu berücksichtigen, dass das wirtschaftliche Gesamtrisiko der Beklagten auf die verjährungsfreie Zeit begrenzt sei und ihr für die bereits verjährten Zeiträume die Vorteile der unwirksamen Preisanpassungsklausel verblieben.

Die Klägerin dürfe der Berechnung ihres Rückforderungsanspruchs den ursprünglich vereinbarten Arbeitspreis von 5,3 Pf/kWh (2,71 ct/kWh) netto zugrunde legen.

Die Beklagte könne sich nicht auf den Wegfall der Bereicherung (§ 818 Abs. 3 BGB ) berufen. Bei der Leistungskondiktion sei zu berücksichtigen, wer nach den Vorschriften des fehlgeschlagenen Geschäfts das Entreicherungsrisiko zu tragen habe. Das Beschaffungsrisiko liege bei der Beklagten als Lieferantin und könne nicht über § 818 Abs. 3 BGB auf den Kunden verlagert werden.

Der Rückzahlungsanspruch sei auch nicht verwirkt. Es fehle jedenfalls an einem schutzwürdigen Vertrauen der Beklagten. Soweit der Gläubiger seinen Anspruch wegen einer vom Schuldner pflichtwidrig verwendeten unwirksamen Allgemeinen Geschäftsbedingung nicht geltend mache, sei das Vertrauen des Verwenders in dieses Verhalten nicht schutzwürdig.

Die Beklagte könne sich aber mit Erfolg auf die Verjährung des Rückzahlungsanspruchs für die im Zeitraum vom 29. April 2004 bis zum 11. April 2006 vereinnahmten Überzahlungen in Höhe von 1.172,09 € berufen. Die dreijährige Verjährung des Rückforderungsanspruchs beginne jeweils am Ende des Jahres, in dem der Kunde die Jahresabrechnung erhalte, da dem Kunden erst ab diesem Zeitpunkt die Erhebung einer Rückzahlungsklage zumutbar sei.

Die Klägerin habe auch bereits im Jahre 2004 die für den Beginn der Verjährung erforderliche Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen gehabt. Spätestens ab diesem Zeitpunkt habe es eine allgemeine Diskussion über die Rechtfertigung von Gaspreiserhöhungen gegeben. Es komme nicht darauf an, dass die Klägerin auch die richtigen rechtlichen Schlüsse gezogen hätte, denn Rechtsunkenntnis könne nur in Ausnahmefällen von unsicherer und zweifelhafter Rechtslage den Verjährungsbeginn hinausschieben. Davon sei hier nicht auszugehen; der Klägerin sei zumindest die Erhebung einer Feststellungsklage zumutbar gewesen.

Da der Gasverbrauch für den Zeitraum vom 29. April 2004 bis zum 11. April 2006 durch die Jahresabrechnungen vom 11. Mai 2005 und 10. Mai 2006 abgerechnet worden sei, verjährungshemmende Maßnahmen indes erst im Mai 2011 von der Klägerin ergriffen worden seien, seien Rückzahlungsansprüche für diesen Zeitraum verjährt.

Der Erhebung der Verjährungseinrede durch die Beklagte könne nicht der Einwand unzulässiger Rechtsausübung (§ 242 BGB ) entgegengehalten werden. Soweit die Klägerin sich insoweit darauf berufe, die Beklagte habe einzelnen Kunden mitgeteilt, sie werde auf durch die Rechtsprechung veranlasste Änderungen der Gaspreise unaufgefordert neue Abrechnungen erstellen, habe die Klägerin bereits nicht dargetan, dass auch sie ein derartiges Schreiben erhalten habe. Die Klägerin habe daher nicht darauf vertrauen dürfen, dass die Beklagte sich ihr gegenüber nicht auf die Verjährung berufen werde.

II.

Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand. Frei von Rechtsfehlern ist zwar die Annahme des Berufungsgerichts, dass der Klägerin dem Grunde nach ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB auf Rückzahlung der aufgrund der unwirksamen Gaspreiserhöhungen gezahlten Erhöhungsbeträge zusteht. Ebenfalls zutreffend ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass Rückzahlungsansprüche der Klägerin für den Belieferungszeitraum vom 29. April 2004 bis zum 11. April 2006 verjährt sind. Das Berufungsgericht hat aber der Berechnung des Rückforderungsanspruchs rechtsfehlerhaft den im Jahre 1983 vereinbarten Ausgangspreis von 2,71 ct/kWh netto zugrunde gelegt.

1.

Das Berufungsgericht hat im Anschluss an das Senatsurteil vom 17. Dezember 2008 ( VIII ZR 274/06, BGHZ 179, 186 ff.) das Vorliegen eines (Norm-)Sonderkundenvertrages ebenso wie die Unwirksamkeit der in diesem Vertrag enthaltenen Preisänderungsklausel der Beklagten rechtsfehlerfrei bejaht. Gegen diese rechtliche Bewertung wendet sich die Revision nicht.

2.

Mit Recht - und von der Revision ebenfalls unbeanstandet - hat das Berufungsgericht auch angenommen, dass weder in der Zahlung der abgerechneten Beträge noch in dem Weiterbezug von Gas nach Ankündigung der Preiserhöhungen eine konkludente Zustimmung der Klägerin zur Erhöhung der Gaspreise liegt (Senatsurteile vom 14. März 2012 - VIII ZR 113/11, NJW 2012, 1865 Rn. 16 ff., zur Veröffentlichung in BGHZ 192, 372 bestimmt, und VIII ZR 93/11, ZNER 2012, 265 Rn. 22 f.; vom 9. Februar 2011 - VIII ZR 295/09, NJW 2011, 1342 Rn. 40 ff.; vom 14. Juli 2010 - VIII ZR 246/08, BGHZ 186, 180 Rn. 57 ff.).

3.

Da die Preisänderungsklausel unwirksam ist, hat die Klägerin dem Grunde nach einen Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB auf Rückzahlung der aufgrund der unwirksamen Gaspreiserhöhungen für die Jahre 2004 bis 2009 gezahlten Erhöhungsbeträge.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist der Berechnung des Anspruchs jedoch nicht der bei Vertragsschluss geschuldete Anfangspreis zugrunde zu legen. Dies ergibt sich aus einer ergänzenden Vertragsauslegung (§§ 157 , 133 BGB ) des Versorgungsvertrages, deren Voraussetzungen das Berufungsgericht zu Unrecht verneint hat und die dazu führt, dass sich die Klägerin nicht darauf berufen kann, dass es für alle in dem klagegegenständlichen Zeitraum über den ursprünglich vereinbarten Anfangspreis hinausgehenden Zahlungen an einem Rechtsgrund fehlt.

a)

Beide Parteien waren sich bei Vertragsschluss einig, dass der vereinbarte (Anfangs-)Preis nur zu Beginn des Versorgungsverhältnisses gelten und bei späteren Änderungen der allgemeinen Tarife ein anderer Preis geschuldet sein sollte. Denn die Aufnahme eines Preisänderungsrechts zeigt den Willen der Parteien, dass der Kunde - und nicht das Versorgungsunternehmen - Preisänderungen tragen soll, die etwa auf Veränderungen der Brennstoffbezugskosten oder der Lohn- und Materialkosten zurückgehen. Aus der Aufnahme einer Preisänderungsklausel bei Vertragsschluss wird deutlich, dass sich die Parteien von dem lebensnahen Bewusstsein haben leiten lassen, dass Preisänderungen im Laufe des auf unbestimmte Zeit angelegten Bezugsverhältnisses zu erwarten sind und deshalb der Gefahr einer zukünftigen Äquivalenzstörung in angemessener Weise zu begegnen ist. Da die von den Parteien vereinbarte Preisänderungsklausel der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB (Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB ) nicht standhält, ist daher im Regelungsplan der Parteien eine Lücke eingetreten (vgl. Senatsurteile vom 14. März 2012 - VIII ZR 113/11, aaO Rn. 20, und VIII ZR 93/11, aaO Rn. 25; jeweils mwN).

Wie der Senat - nach Erlass des Berufungsurteils - entschieden hat, ist diese Lücke im Vertrag im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung gemäß §§ 157 , 133 BGB in der Weise zu schließen, dass der Kunde die Unwirksamkeit derjenigen Preiserhöhungen, die zu einem den vereinbarten Anfangspreis übersteigenden Preis führen, nicht geltend machen kann, wenn er sie nicht innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren nach Zugang der jeweiligen Jahresabrechnung, in der die Preiserhöhung erstmals berücksichtigt worden ist, beanstandet hat (vgl. Senatsurteile vom 14. März 2012 - VIII ZR 113/11, aaO Rn. 21 ff., und VIII ZR 93/11, aaO Rn. 26 ff.; jeweils mwN).

b)

Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung steht dieser Lösung nicht das - nach den vorgenannten Senatsentscheidungen ergangene - Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (fortan: Gerichtshof) vom 14. Juni 2012 (Rs. C-618/10, NJW 2012, 2257 - Banco Español de Crédito) entgegen.

aa)

Nach dem Urteil des Gerichtshofs ist mit Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG eine mitgliedstaatliche Regelung unvereinbar, die es dem nationalen Gericht gestattet, "wenn es eine missbräuchliche Klausel in einem Vertrag zwischen einem Gewerbetreibenden und einem Verbraucher entdeckt, den Inhalt dieser Klausel abzuändern, anstatt schlicht deren Anwendung gegenüber dem Verbraucher auszuschließen" (EuGH, aaO Rn. 71). Eine Regelung dieses Inhalts kennt das innerstaatliche deutsche Recht nicht. Nach § 306 Abs. 1 , 2 BGB bleibt der Vertrag vielmehr unter Wegfall der unwirksamen Klausel im Übrigen bestehen, wobei an die Stelle der unwirksamen Klausel die dispositiven gesetzlichen Bestimmungen treten. Auch nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist dem nationalen Gericht die inhaltliche Abänderung einer wegen unangemessener Benachteiligung unwirksamen Klausel, die dazu führen würde, der Klausel mit einem (noch) zulässigen Inhalt Geltung zu verschaffen (geltungserhaltende Reduktion), verboten (vgl. grundlegend BGH, Urteile vom 17. Mai 1982 - VII ZR 316/81, BGHZ 84, 109, 116 f.; vom 19. September 1983 - VIII ZR 84/82, NJW 1984, 48 unter II 1 a bb).

Von der geltungserhaltenden Reduktion unangemessener Klauseln zu unterscheiden ist die ergänzende Vertragsauslegung. Bei ihr geht es nicht darum, einer unangemessenen Klausel im Wege der Auslegung einen anderen, noch angemessenen Inhalt beizulegen, sondern um die Ausfüllung einer Lücke im Vertragsgefüge, die durch den Wegfall der unwirksamen Klausel entsteht.

bb)

Wie der Bundesgerichtshof bereits entschieden hat (BGH, Urteil vom 12. Oktober 2005 - IV ZR 162/03, BGHZ 164, 297 , 318), bestehen gegen eine ergänzende Vertragsauslegung - wie sie auch in verschiedenen anderen europäischen Rechtsordnungen vorgesehen ist (vgl. Grabitz/Hilf/Pfeiffer, Das Recht der Europäischen Union, Stand Mai 1999, Band IV, A 5 Rn. 8) - keine europarechtlichen Bedenken, da in der Richtlinie 93/13/EWG nicht geregelt ist, unter welchen Voraussetzungen der Vertrag ohne die unwirksame Klausel fortgilt. Dem ist auch die Literatur einhellig gefolgt (Grabitz/Hilf/Pfeiffer, aaO; Münch-KommBGB/Basedow, 6. Aufl., § 306 Rn. 4; H. Schmidt in Ulmer/Brandner/ Hensen, AGB-Recht, 11. Aufl., § 306 BGB Rn. 4c; Wolf in Wolf/Lindacher/ Pfeiffer, AGB-Recht, 5. Aufl., Art. 6 RL Rn. 7; vgl. auch Erman/Roloff, BGB , 13. Aufl., § 306 Rn. 3). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der genannten Entscheidung des Gerichtshofs. Denn nach dieser Entscheidung ist mit Art. 6 der Richtlinie 93/13/EWG nur eine geltungserhaltende Reduktion unvereinbar, nicht aber eine ergänzende Vertragsauslegung.

Nach dem Urteil des Gerichtshofs ist es den Gerichten verboten, "durch Abänderung des Inhalts" der missbräuchlichen Klausel den Vertrag anzupassen (EuGH, aaO Rn. 65, 69, 71, 73). Eine solche Abänderung des Inhalts der Klausel entspricht im deutschen Recht einer geltungserhaltenden Reduktion.

Zudem betont der Gerichtshof, dass ohne eine strikte Nichtanwendung der unwirksamen Klausel Gewerbetreibende versucht sein könnten, diese Klauseln gleichwohl zu verwenden, wenn sie wüssten, dass der Vertrag durch die Gerichte im erforderlichen Umfang angepasst werde. Hierdurch würde das Ziel der Richtlinie, der Verwendung missbräuchlicher Klauseln "ein Ende zu setzen", unterlaufen (EuGH, aaO Rn. 68 f.). Dies ist auch die Begründung für das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion im deutschen Recht (vgl. BGH, Urteile vom 17. Mai 1982 - VII ZR 316/81, aaO; vom 19. September 1983 - VIII ZR 84/82, aaO).

cc)

Um eine solche verbotene Klauselanpassung im Wege der geltungserhaltenden Reduktion handelt es sich bei der vom Senat vorgenommenen ergänzenden Vertragsauslegung indes nicht. Während die Klauselanpassung die Preisänderungsregelung als solche - nur mit einem veränderten, gesetzeskonformen Inhalt - aufrechterhalten will, setzt die ergänzende Vertragsauslegung die unabänderliche Unwirksamkeit der den Verbraucher benachteiligenden Klausel voraus. Denn nur dann besteht eine dem Regelungsplan der Parteien widersprechende Lücke im Vertrag, die durch Auslegung geschlossen werden kann.

Der Senat hat ausdrücklich klargestellt, dass es nicht in Betracht kommt, an die Stelle der unwirksamen - den Vertragspartner des Klauselverwenders im Sinne des § 307 BGB unangemessen benachteiligenden - Preisänderungsklausel im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung eine (wirksame) Bestimmung gleichen Inhalts zu setzen. Dem entsprechend hat der Senat in den bereits entschiedenen Fällen die wegen der Unwirksamkeit der Preisanpassungsklauseln lückenhaften Verträge nicht um eine Preisanpassungsregelung mit abweichendem - angemessenem - Inhalt ergänzt, sondern unter Zugrundelegung des vollständigen Wegfalls der unangemessenen Preisanpassungsklauseln darauf abgestellt, was die Parteien bei einer angemessenen, objektiv-generalisierenden Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben redlicherweise vereinbart hätten, wenn sie bedacht hätten, dass die Wirksamkeit der verwendeten Preisänderungsklausel jedenfalls unsicher war (Senatsurteil vom 14. März 2012 - VIII ZR 113/11, aaO Rn. 24). Das hierbei gewonnene Ergebnis der ergänzenden Vertragsauslegung lässt den Inhalt der unangemessenen Preisanpassungsklauseln und deren Unwirksamkeit unberührt; es ergänzt den Vertragsinhalt vielmehr auf der Rechtsfolgenseite um eine Regelung, die gerade deswegen erforderlich ist, weil das unangemessen ausgestaltete einseitige Preisanpassungsrecht vollständig entfällt und dadurch im Vertragsgefüge eine Lücke entsteht, die zu einem nach dem ursprünglichen Regelungsplan der Parteien untragbaren Ergebnis führen würde.

dd)

Im Übrigen entspricht die vom Senat vorgenommene ergänzende Vertragsauslegung der Zielsetzung der Richtlinie 93/13/EWG .

Ziel der Richtlinie ist es, die nach dem Vertrag bestehende formale Ausgewogenheit der Rechte und Pflichten der Vertragsparteien durch eine materielle Ausgewogenheit zu ersetzen und so deren Gleichheit wiederherzustellen (EuGH, aaO Rn. 63). Dabei sind die Interessen beider Vertragsparteien in den Blick zu nehmen, um die angestrebte Ausgewogenheit der Interessen der Vertragsparteien zu gewährleisten (EuGH, Urteil vom 15. März 2012 - Rs. C-453/10, NJW 2012, 1781 Rn. 31 f. - Perenicová und Perenic, unter Bezugnahme auf den Schlussantrag der Generalanwältin vom 29. November 2011 - C-453/10, BeckRS 2011, 81770 Rn. 63).

(1)

Die von Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG geforderte materielle Ausgewogenheit kann in der vorliegenden Konstellation nicht alleine durch den Wegfall der unwirksamen Bestimmung über das Preisanpassungsrecht auch für die Vergangenheit wiederhergestellt werden. Denn da die Parteien durch die Vereinbarung der Preisanpassungsklausel nicht von einer dispositiven Norm abgewichen sind, steht dispositives Gesetzesrecht im Sinne konkreter materiellrechtlicher Regelungen eines Preisanpassungsrechts nicht zur Verfügung. Zu den gemäß § 306 Abs. 2 BGB im Falle einer unwirksamen Vertragsbestimmung den Inhalt des Vertrages regelnden "gesetzlichen Vorschriften" des insoweit maßgeblichen nationalen deutschen Rechts (vgl. EuGH, Urteil vom 14. Juni 2012 - Rs. C-618/10, aaO Rn. 72; ferner EuGH, Urteil vom 1. April 2004 - Rs. C-237/02, NJW 2004, 1647 Rn. 21 - Freiburger Kommunalbauten) gehört aber auch die ergänzende Vertragsauslegung (Senatsurteil vom 1. Februar 1984 - VIII ZR 54/83, BGHZ 90, 69 , 75), die ebenfalls eine materielle Ausgewogenheit der Vertragsbeziehungen sicherstellt und es zugleich ermöglicht, grundsätzlich die Wirksamkeit des Vertrages in seiner Gesamtheit aufrechtzuerhalten (vgl. EuGH, Urteil vom 15. März 2012 - Rs. C-453/10, aaO Rn. 31). Denn die ergänzende Vertragsauslegung orientiert sich nicht nur an dem hypothetischen Parteiwillen, sondern auch an dem objektiven Maßstab von Treu und Glauben und führt zu einer die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigenden Regelung (Senatsurteil vom 14. März 2012 - VIII ZR 113/11, aaO mwN).

(2)

Nach der vom Bundesverfassungsgericht gebilligten Rechtsprechung des Senats (vgl. BVerfG, NJW 2011, 1339 , 1341) findet die ergänzende Vertragsauslegung nicht in jedem Fall einer unwirksamen Preisanpassungsklausel in einem Energielieferungsvertrag, sondern nur in eng umgrenzten Ausnahmefällen Anwendung. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn sich die mit dem Wegfall einer unwirksamen Klausel entstehende Lücke nicht durch dispositives Gesetzesrecht füllen lässt und dies zu einem Ergebnis führt, das den beiderseitigen Interessen nicht mehr in vertretbarer Weise Rechnung trägt, sondern das Vertragsgefüge völlig einseitig zugunsten des Kunden verschiebt (Senatsurteil vom 14. Juli 2010 - VIII ZR 246/08, BGHZ 186, 180 Rn. 50 mwN). Diese Voraussetzungen hat der Senat in einer Reihe von Fällen verneint, die dadurch gekennzeichnet waren, dass das Energieversorgungsunternehmen es selbst in der Hand hatte, einer nach Widerspruch oder Vorbehaltszahlung des Kunden zukünftig drohenden unbefriedigenden Erlössituation durch Ausübung des ihm vertraglich eingeräumten Kündigungsrechts in zumutbarer Weise zu begegnen (vgl. Senatsurteil vom 14. März 2012 - VIII ZR 113/11, aaO Rn. 22 mwN).

Der Senat nimmt jedoch - unter Berücksichtigung der weiteren Umstände des Einzelfalls (vgl. BVerfG, aaO) - eine nicht mehr hinnehmbare Störung des Vertragsgefüges dann an, wenn es sich um ein langjähriges Gasversorgungsverhältnis handelt, der betroffene Kunde den Preiserhöhungen und den darauf basierenden Jahresabrechnungen über einen längeren Zeitraum nicht widersprochen hat und nunmehr auch für länger zurück liegende Zeitabschnitte die Unwirksamkeit der Preiserhöhungen geltend macht (vgl. Senatsurteil vom 14. März 2012 - VIII ZR 113/11, aaO Rn. 23). In diesen Fällen vermag die vertraglich vorgesehene, nur in die Zukunft wirkende Kündigungsmöglichkeit des Energieversorgungsunternehmens die Regelungslücke im Vertrag nicht in einer für beide Seiten zumutbaren Weise zu schließen (Senatsurteil vom 14. März 2012 - VIII ZR 113/11, aaO), so dass nur die ergänzende Vertragsauslegung zu einer die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigenden Regelung führt und das von der Richtlinie verfolgte Ziel gewährleistet, Ausgewogenheit zwischen den Parteien herzustellen und dabei grundsätzlich die Wirksamkeit des Vertrages in seiner Gesamtheit aufrechtzuerhalten (vgl. EuGH, Urteile vom 15. März 2012 - Rs. C-453/10, aaO Rn. 28, 31; vom 14. Juni 2012 - Rs. C-618/10, aaO Rn. 40; jeweils mwN).

(3)

Ohne die vom Senat vorgenommene ergänzende Vertragsauslegung in derartig gelagerten Fällen könnte sich der Energieversorger - auch in Ansehung seiner verfassungsrechtlich geschützten Berufsfreiheit (vgl. BVerfG, aaO) - darauf berufen, dass die Versorgung des Kunden zu dem Ausgangspreis für ihn eine unzumutbare Härte darstelle, wenn der bei dem lange Zeit zurückliegenden Vertragsabschluss vereinbarte Preis seit vielen Jahren nicht mehr kostendeckend ist. Dies hätte gemäß § 306 Abs. 3 BGB die Unwirksamkeit des Liefervertrages zur Folge, so dass das Vertragsverhältnis für die Vergangenheit nach Bereicherungsrecht rückabzuwickeln wäre. Hierbei wäre die materielle Ausgewogenheit der beiderseitigen Leistungen indes nicht in dem gleichen Maße sichergestellt wie bei der ergänzenden Vertragsauslegung.

c)

In Anwendung vorstehender Grundsätze ergibt sich für den Streitfall Folgendes:

Die Klägerin kann der Berechnung des Rückforderungsanspruchs nicht den im Jahre 1983 vereinbarten Ausgangspreis zugrunde legen und somit auch nicht die Unwirksamkeit sämtlicher Preiserhöhungen seit Vertragsbeginn geltend machen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Klägerin den Preiserhöhungen nicht widersprochen, sondern die Preiserhöhungen und Jahresabrechnungen über die gesamte Vertragslaufzeit ohne Beanstandungen hingenommen und damit der Beklagten keine Veranlassung gegeben, eine Beendigung des (Norm-)Sonderkundenverhältnisses - etwa mit dem Ziel eines Übergangs in das Grundversorgungsverhältnis (vgl. dazu Senatsurteile vom 14. März 2012 - VIII ZR 113/11, aaO Rn. 37, und VIII ZR 93/11, aaO Rn. 32; vom 9. Februar 2011 - VIII ZR 295/09, aaO Rn. 39; Senatsbeschluss vom 7. Juni 2011 - VIII ZR 333/10, [...] Rn. 8; jeweils mwN) - in Erwägung zu ziehen. Soweit die Revisionserwiderung meint, dass die Beklagte bereits durch Widersprüche anderer Kunden Veranlassung gehabt hätte, auch den mit der Klägerin geschlossenen (Norm-)Sonderkundenvertrag zu kündigen, verkennt sie, dass Anlass zur Kündigung des individuellen Gasliefervertrages für den Versorger erst besteht, wenn er wegen eines Widerspruchs im konkreten Vertragsverhältnis Anlass hat, das bis dahin praktizierte Gleichgewicht von Leistung und Gegenleistung in Frage gestellt zu sehen (Senatsurteile vom 14. März 2012 - VIII ZR 113/11, aaO Rn. 23, und VIII ZR 93/11, aaO Rn. 28).

Die Beklagte kann somit nicht an dem bei Vertragsschluss vereinbarten Preis festgehalten werden. Welchen Arbeitspreis die Klägerin ihrem Rückforderungsanspruch zugrunde legen kann, hängt davon ab, wann der Klägerin die einzelnen Jahresabrechnungen der Beklagten zugegangen sind und gegen welche der darin enthaltenen Preiserhöhungen der jedenfalls in der Klageerhebung liegende Widerspruch der Klägerin noch rechtzeitig vor Ablauf von drei Jahren erfolgt ist. Hierzu hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen getroffen.

4.

Soweit der Klägerin in Anwendung der vorstehenden Grundsätze ein Rückzahlungsanspruch zusteht, ist die Verpflichtung der Beklagten zur Herausgabe der an sie gezahlten Erhöhungsbeträge nicht gemäß § 818 Abs. 3 BGB ausgeschlossen. Denn sie trägt insoweit das Kalkulations- und das Kostensteigerungsrisiko.

Die Frage, inwieweit der Bereicherungsschuldner Aufwendungen, die ihm im Zusammenhang mit der Erlangung des Bereicherungsgegenstandes entstanden sind, bereicherungsmindernd geltend machen kann, kann nicht für alle Fälle einheitlich beantwortet werden (Senatsurteil vom 25. Oktober 1989 - VIII ZR 105/88, BGHZ 109, 139 , 145). Es ist im Einzelfall zu prüfen, inwieweit das (jeweilige) Entreicherungsrisiko gemäß § 818 Abs. 3 BGB der einen oder der anderen Partei zuzuweisen ist (Senatsurteil vom 25. Oktober 1989 - VIII ZR 105/88, aaO; BGH, Urteile vom 6. Dezember 1991 - V ZR 311/89, BGHZ 116, 251 , 256; vom 26. September 1995 - XI ZR 159/94, NJW 1995, 3315 unter II 2 c; vom 11. Juni 2010 - V ZR 85/09, NJW 2010, 2873 Rn. 21). Im vorliegenden Fall trägt dieses Risiko der Energieversorger.

Das dispositive Recht geht grundsätzlich von einer bindenden Preisvereinbarung der Parteien aus (Senatsurteile vom 16. Januar 1985 - VIII ZR 153/83, BGHZ 93, 252 , 255; vom 12. Juli 1989 - VIII ZR 297/88, NJW 1990, 115 unter II 2 a; BGH, Urteil vom 19. November 2002 - X ZR 243/01, NJW 2003, 507 unter II 2 a). Es ist die Sache des Verkäufers, wie er den Preis kalkuliert. Dabei trägt er das Risiko einer auskömmlichen Kalkulation und auch das Risiko, dass sich die verwendete Berechnungsgrundlage als unzutreffend erweist (vgl. BGH, Urteile vom 10. September 2009 - VII ZR 82/08, BGHZ 182, 218 Rn. 25 mwN; vom 7. Juli 1998 - X ZR 17/97, BGHZ 139, 177 , 180 f.; vom 20. Mai 1985 - VII ZR 198/84, BGHZ 94, 335 , 339; MünchKommBGB/Finkenauer, BGB , 6. Aufl., § 313 Rn. 207 f.; Erman/Hohloch, BGB , 13. Aufl., § 313 BGB Rn. 68).

Zwar können die Parteien durch Preisanpassungsklauseln eine andere Risikoverteilung vereinbaren. Ist die verwendete Preisanpassungsklausel jedoch - wie hier - unwirksam, verbleiben das Kalkulations- und damit auch das Kostensteigerungsrisiko beim Verkäufer, soweit die im Vertrag entstandene Lücke nicht im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen ist (vgl. Senatsurteil vom 25. Oktober 1989 - VIII ZR 105/88, aaO).

5.

Zu Recht hat das Berufungsgericht auch angenommen, dass Rückzahlungsansprüche der Klägerin aus dem Zeitraum vom 29. April 2004 bis zum 11. April 2006 verjährt sind.

a)

Wie der Senat - nach Erlass des Berufungsurteils - entschieden hat (Senatsurteil vom 23. Mai 2012 - VIII ZR 210/11, NJW 2012, 2647 Rn. 9 ff.), entsteht ein Rückforderungsanspruch nicht bereits mit der Leistung der einzelnen Abschlagszahlungen, sondern erst mit Erteilung der Abrechnung, so dass erst ab diesem Zeitpunkt die dreijährige Regelverjährungsfrist des § 195 BGB für die Rückzahlungsansprüche aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB gemäß § 199 Abs. 1 BGB beginnt. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ist der Gasverbrauch der Klägerin für den Zeitraum vom 29. April 2004 bis zum 11. April 2006 bereits am 11. Mai 2005 und 10. Mai 2006 abgerechnet worden, so dass die entsprechenden Rückforderungsansprüche mit Ablauf des 31. Dezember 2008 beziehungsweise des 31. Dezember 2009 verjährt sind und daher von dem Verjährungsverzicht der Beklagten, der nur für Forderungen galt, die am 29. Dezember 2010 noch nicht verjährt waren, nicht erfasst sind.

b)

Ebenfalls zutreffend ist die Annahme des Berufungsgerichts, dass bei der Klägerin zu diesem Zeitpunkt auch die subjektiven Voraussetzungen des Verjährungsbeginns gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB vorlagen.

Die insoweit geforderte Kenntnis des Gläubigers ist vorhanden, wenn er aufgrund der ihm bekannten Tatsachen gegen eine bestimmte Person eine Klage, sei es auch nur eine Feststellungsklage, erheben kann, die bei verständiger Würdigung so viel Erfolgsaussicht hat, dass sie ihm zumutbar ist. Nur ausnahmsweise kann die Rechtsunkenntnis den Verjährungsbeginn hinausschieben, wenn eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage besteht, die selbst ein rechtskundiger Dritter nicht zuverlässig einzuschätzen vermag; denn in diesem Fall fehlt es an der Zumutbarkeit einer Klageerhebung (Senatsurteile vom 26. September 2012 - VIII ZR 249/11, [...] Rn. 44 ff.; VIII ZR 279/11, [...] Rn. 47 f. mwN). Ein solcher Ausnahmefall ist vorliegend entgegen der Ansicht der Anschlussrevision nicht gegeben.

Denn wie der Senat - nach Erlass des Berufungsurteils - entschieden hat, war angesichts der zu Preiserhöhungsklauseln in verschiedenen Bereichen ergangenen Rechtsprechung für einen rechtskundigen Dritten auch im Jahre 2005 erkennbar, dass die von der Beklagten verwendete Klausel einer AGB-Kontrolle nicht standhalten würde (Senatsurteile vom 26. September 2012 - VIII ZR 249/11, aaO Rn. 47 ff.; VIII ZR 279/11, aaO Rn. 49 ff. mwN).

III.

Nach alledem ist die Anschlussrevision der Klägerin zurückzuweisen. Auf die Revision der Beklagten ist das Berufungsurteil aufzuheben, soweit das Berufungsgericht zum Nachteil der Beklagten erkannt hat (§ 562 Abs. 1 ZPO ). Die Sache ist, da der Rechtsstreit nicht zur Endentscheidung reif ist, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die erforderlichen Feststellungen zum Zugang der Jahresabrechnungen getroffen werden können (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO ).

Von Rechts wegen

Verkündet am: 23. Januar 2013

Vorinstanz: AG Euskirchen, vom 29.08.2011 - Vorinstanzaktenzeichen 17 C 795/11
Vorinstanz: LG Bonn, vom 22.02.2012 - Vorinstanzaktenzeichen 5 S 251/11