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BGH - Entscheidung vom 22.03.2012

I ZR 21/11

Normen:
UWG § 4 Nr. 9 Buchst. a
UWG § 4 Nr. 9 Buchst. a)

Fundstellen:
BB 2012, 2509
GRUR 2012, 1155
MDR 2012, 1303
WRP 2012, 1379

BGH, Urteil vom 22.03.2012 - Aktenzeichen I ZR 21/11

DRsp Nr. 2012/19296

Sachgesamtheit bestehend aus einem Erzeugnis und mit diesem funktional zusammenhängenden Zubehörstücken als Gegenstand des ergänzenden wettbewerblichen Leistungsschutzes; Wettbewerbsrechtlicher Leistungsschutz im Zusammenhang mit Sandkastenspielzeug

a) Die aus einem Erzeugnis und mit diesem funktional zusammenhängenden Zubehörstücken bestehende Sachgesamtheit kann Gegenstand des ergänzenden wettbewerblichen Leistungsschutz gemäß § 4 Nr. 9 Buchst. a UWG sein, wenn der konkreten Ausgestaltung oder der besonderen Kombination der Merkmale wettbewerbliche Eigenart zukommt (Fortführung von BGH, GRUR 2005, 166 - Puppenausstattungen).b) Eine wettbewerbliche Eigenart setzt nicht voraus, dass die zur Gestaltung eines Produkts verwendeten Einzelmerkmale originell sind. Auch ein zurückhaltendes, puristisches Design kann geeignet sein, die Aufmerksamkeit des Verkehrs zu erwecken und sich als Hinweis auf die betriebliche Herkunft des Produkts einzuprägen.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 5. Zivilsenat, vom 19. Januar 2011 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht die Klage mit den Klageanträgen I und II (Ziffer I und II des Tenors des landgerichtlichen Urteils) abgewiesen hat.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Normenkette:

UWG § 4 Nr. 9 Buchst. a);

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagten aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz in Anspruch.

Die Klägerin vertreibt seit 1996 ein aus mehreren Teilen bestehendes Sandkastenspielzeug. Dazu gehört ein Holzrahmen mit einem Boden aus Glas (Sandwanne), vier Holzfüße, ein hölzerner Glätter, zwei hölzerne Rechen, eine Packung Sand und ein Wischer aus Kunststoff. Die aktuelle Gestaltung des Spielzeugs ist aus der nachfolgenden Abbildung ersichtlich:

Das Sandkastenspielzeug ermöglicht es, den auf den Glasboden geschütteten feinen Sand mit dem hölzernen Glätter zu planieren und sodann mit den mit rechteckigen und dreieckigen Zacken ausgestatteten Rechen oder mit den Fingern Muster zu gestalten. Zugunsten der Klägerin war für das Spiel "Sandwanne mit Sandschieber (Glätter) und Sandrechen" bis zum Ablauf der Schutzfrist am 28. Februar 2006 ein Gebrauchsmuster (DE 296 02 805) eingetragen.

Die Klägerin bot die "Große Sandwanne" in ihrem Katalog und über ihren Internetauftritt als ein Set an, bestehend aus der Sandwanne, einer Packung Sand, dem hölzernen Glätter und zwei hölzernen Rechen. Zusätzlich bestellbar war - im Katalog nach mehrmaligem Umblättern - ein Set "Zubehör für die große Sandwanne", das neben anderen Teilen die aus der Abbildung ersichtlichen Holzfüße und den Wischer aus Kunststoff enthielt. Eine Abbildung der Sandwanne zusammen mit montierten oder abmontierten Holzfüßen fand sich im Katalog der Klägerin ebenso wie in ihrem Internetangebot nur bei der Beschreibung dieses Zubehörsets.

Die Beklagte zu 1, deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2 ist, vertrieb seit 2006 gleichfalls Sandwannen mit Zubehör, die wie nachfolgend abgebildet gestaltet waren:

Die Klägerin sieht darin eine Rechtsverletzung. Sie hat die Beklagten auf Unterlassung des Vertriebs des wie vorstehend abgebildet gestalteten Sandwannensets sowie auf Auskunftserteilung, Feststellung der Schadensersatzpflicht und Herausgabe von Verletzungsgegenständen an einen Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung in Anspruch genommen.

Soweit die Klägerin darüber hinaus auch das Verbreiten des Sandwannensets zusammen mit einem Text angegriffen hatte, der weitgehend mit dem Text einer Spielbeilage der Klägerin übereinstimmte, haben die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache in der ersten Instanz übereinstimmend für erledigt erklärt. Das Landgericht hat die Beklagten im Übrigen antragsgemäß verurteilt und den Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die Beklagten beantragen die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

A. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klage sei unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt, insbesondere nicht aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz, begründet. Hierzu hat es ausgeführt:

Die Voraussetzungen eines lauterkeitsrechtlichen Nachahmungsschutzes seien nicht gegeben. Die Beklagten hätten zwar eingeräumt, die durch das abgelaufene Gebrauchsmuster geschützte Gestaltung der Sandwanne nachgebaut zu haben. Die Sandwannen in den von den Beklagten vertriebenen Sets seien auch von den Sandwannen der Klägerin kaum zu unterscheiden, so dass eine fast identische Leistungsübernahme vorliege. Die nachgeahmten Teile der Sandwannen wiesen aber nicht das für einen Anspruch aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz erforderliche Maß an wettbewerblicher Eigenart auf.

Die Klägerin habe schon nicht hinreichend dargelegt, dass es sich bei der zum Gegenstand des Klagebegehrens gemachten Sachgesamtheit um eine solche handele, die als ein Gesamtprodukt wettbewerbliche Eigenart aufweise. Eine von der Klägerin als geschütztes Objekt geltend gemachte Zusammenstellung sei im Angebot der Klägerin nicht zu finden.

Selbst wenn man zugunsten der Klägerin unterstelle, dass der Verkehr gerade die geltend gemachte Sachgesamtheit als ein Gesamtprodukt ansehe, fehle es diesem an einer hinreichenden wettbewerblichen Eigenart. Die äußeren Gestaltungsmerkmale der Sandwannen der Klägerin seien zum überwiegenden Teil durch deren Gebrauchsmöglichkeiten bedingt oder wenigstens mitbedingt, da sie der technischen Funktionalität der Sandwannen als Spielzeug dienten. Zwar bestehe hinsichtlich der Proportionen der Sandwanne, der Begrenzungswände und der Holzfüße ein gewisser Gestaltungsspielraum, den die Beklagten hätten ausnützen können, um auch ohne Einbuße an Qualität und Funktionalität eine deutliche Unterscheidbarkeit ihrer Sandwannen von denen der Klägerin zu bewirken. Auch hätten die Nute auf den Holzfüßen nicht in (nahezu) identischer Weise ausgeführt werden müssen. Es sei aber weder ersichtlich noch dargelegt, dass der Verkehr gerade wegen dieser Gestaltungsmerkmale Wert auf die Herkunft der Erzeugnisse aus einem bestimmten Betrieb lege oder damit gewisse Qualitätserwartungen verbinde. Vielmehr spreche der äußerst simple Charakter dieser Merkmale gegen eine solche Vorstellung des Verkehrs. Dies gelte umso mehr, als es sich bei den Sandwannen beider Parteien um Produkte handele, die im Wesentlichen dadurch gekennzeichnet seien, dass sie eine gestalterische und praktische Grundidee umsetzten. Derartigen Produkten komme allenfalls eine geringe wettbewerbliche Eigenart zu. Das Sandwannenset stelle

sich als quasi nächstliegende und einfachste Umsetzung der Idee im Sinne eines Allerweltsprodukts dar, Sandwannen als Spielzeug herzustellen.

Dem stehe nicht entgegen, dass es jahrelang keine Produkte am Markt gegeben habe, die den Sandwannen der Klägerin auch nur entfernt ähnlich gewesen seien. Auch folge ein Schutz nicht aus dem von der Klägerin vorgetragenen Marktanteil von 70% und den Umsatzzahlen im unteren sechsstelligen Bereich. Zwar könnten diese Daten - ihre Richtigkeit unterstellt - auf eine erhebliche Präsenz der Produkte der Klägerin am Markt der Sandwannenspiele hinweisen, die für einen Zeitraum von über zehn Jahren einer Monopolstellung nahegekommen sein möge. Eine solche Verkehrsbekanntheit könne jedoch eine wettbewerbliche Eigenart nicht ersetzen, sondern allenfalls eine - im Streitfall nicht - vorhandene wettbewerbliche Eigenart steigern. Zudem reiche es für die Annahme einer wettbewerblichen Eigenart nicht aus, wenn die Bekanntheit sich lediglich auf die Klägerin als (jahrelang einzige) Vermarkterin der Idee von Sandwannen als Spielzeug, nicht jedoch auf die konkrete Gestaltung ihrer Wannen bezöge.

B. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Klägerin hat - soweit die Klägerin die Aufhebung des Berufungsurteils begehrt - überwiegend Erfolg. Die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht die auf ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz gestützten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht verneint hat, halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Dagegen bleibt die Revision erfolglos, soweit sie sich gegen die Abweisung des Vernichtungsantrags richtet. Im Umfang der Aufhebung ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

I. Die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht die auf ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz gestützten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht verneint hat, halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

1. Für die rechtliche Beurteilung der im Jahr 2006 begonnenen Vertriebshandlungen der Beklagten ist die am 30. Dezember 2008 in Kraft getretene Gesetzesänderung durch das erste Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 22. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2949) im Streitfall ohne Bedeutung, so dass hinsichtlich der maßgebenden Rechtsgrundlagen des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes im Sinne von § 4 Nr. 9 UWG nicht zwischen altem und neuem Recht unterschieden werden muss. Ferner steht die durch die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken bezweckte vollständige Harmonisierung des Rechts der Mitgliedstaaten über unlautere Geschäftspraktiken einer Anwendung des § 4 Nr. 9 UWG nicht entgegen, weil diese Vorschrift außerhalb des Regelungsbereichs der Richtlinie liegt und deshalb von dieser unberührt bleibt (vgl. zum Ganzen BGH, Urteil vom 28. Mai 2009 - I ZR 124/06, GRUR 2010, 80 Rn. 15 bis 17 = WRP 2010, 94 -LIKEaBIKE, mwN).

2. Wer Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers darstellen, handelt nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UWG unlauter, wenn er eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt. Durch die Bestimmung des § 4 Nr. 9 UWG 2004 ist der ergänzende wettbewerbsrechtliche Leistungsschutz lediglich gesetzlich geregelt, nicht aber inhaltlich geändert worden, so dass die von der Rechtsprechung hierzu entwickelten Grundsätze weiterhin gelten. Danach kann der Vertrieb eines nachahmenden Erzeugnisses wettbewerbswidrig sein, wenn das nachgeahmte Produkt über wettbewerbliche Eigenart verfügt und besondere Umstände hinzutreten, die die Nachahmung unlauter erscheinen lassen. So verhält es sich, wenn die Nachahmung geeignet ist, eine Herkunftstäuschung hervorzurufen und der Nachahmer geeignete und zumutbare Maßnahmen zur Vermeidung der Herkunftstäuschung unterlässt. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen, so dass bei einer größeren wettbewerblichen Eigenart und einem höheren Grad der Übernahme geringere Anforderungen an die besonderen Umstände zu stellen sind, die die Wettbewerbswidrigkeit der Nachahmung begründen und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. nur BGH GRUR 2010, 80 Rn. 19 ff. -LIKEaBIKE, mwN).

Von diesen Grundsätzen ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Mit der von ihm gegebenen Begründung kann jedoch nicht verneint werden, dass das der Klage zugrundeliegende Sandwannenset als ein tauglicher Gegenstand des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes in Betracht kommt (dazu unter 3). Außerdem ist die vom Berufungsgericht gegebene Hilfsbegründung nicht frei von Rechtsfehlern (dazu unter 4).

3. Die Revision rügt mit Erfolg, dass das Berufungsgericht das von der Klägerin der Klage zugrundegelegte Set, bestehend aus einer hölzernen Sandwanne mit Glasboden, vier Holzfüßen, einem hölzernen Glätter, zwei hölzernen Rechen, einer Packung Sand und einem Wischer aus Kunststoff, nicht als im Sinne des § 4 Nr. 9 Buchst. a UWG schutzfähige Sachgesamtheit angesehen hat.

a) Der Begriff der Waren und Dienstleistungen im Sinne von § 4 Nr. 9 UWG ist weit auszulegen. Gegenstand des lauterkeitsrechtlichen Nachahmungsschutzes können Leistungs- und Arbeitsergebnisse aller Art sein (Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG , 30. Aufl., § 4 Rn. 9.21). Maßgebend ist, ob dem Erzeugnis wettbewerbliche Eigenart zukommt, ob also seine konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 15. April 2010 - I ZR 145/08, GRUR 2010, 1125 Rn. 21 = WRP 2010, 1465 - Femur-Teil, mwN). Daraus ergibt sich, dass bei der Beurteilung der Frage nach dem Gegenstand des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes von der Verkehrsauffassung auszugehen ist. Von ihr hängt es ab, ob nur ein vollständiges Produkt oder auch Teile dieses Produkts geschützte Erzeugnisse sein können (vgl. Sambuc in Harte/Henning, UWG , 2. Aufl., § 4 Nr. 9 Rn. 23). Ebenso bestimmt sich nach der Verkehrsauffassung, ob eine Gesamtheit von Erzeugnissen Schutz genießt, weil ihr als solche wettbewerbliche Eigenart zukommt. Dies kommt insbesondere im Hinblick auf Produkte und die mit ihnen funktional zusammenhängenden Zubehörstücken in Betracht. So kann nach der Rechtsprechung des Senats eine aus Puppen und für eine bestimmte Spielsituation passendem Zubehör bestehende Ausstattung wettbewerbsrechtlichen Schutz genießen (BGH, Urteil vom 28. Oktober 2004 -I ZR 326/01, GRUR 2005, 166 , 168 = WRP 2005, 88 - Puppenausstattungen). Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Idee, für eine bestimmte Spielsituation ein Produkt mit dem entsprechenden Zubehör herzustellen und zu vertreiben, im Interesse der Freiheit des Wettbewerbs grundsätzlich keinen Schutz genießen kann. Als herkunftshinweisend kann jedoch die besondere Gestaltung oder eine besondere Kombination der Merkmale angesehen werden (BGH, GRUR 2005, 166 , 169 - Puppenausstattung).

b) Das Berufungsgericht hat angenommen, eine wettbewerbliche Eigenart der als Schutzgegenstand geltend gemachten Sachgesamtheit fehle bereits deshalb, weil eine solche Zusammenstellung im Angebot der Klägerin nicht zu finden sei. Es sei unklar geblieben, weshalb gerade der von der Klägerin der Klage zugrundegelegten Zusammenstellung von Produkten wettbewerbliche Eigenart zukommen solle. Weder werde gerade diese Zusammenstellung an irgendeiner Stelle im Angebot der Klägerin beworben noch ergebe sich aus der inhaltlichen Logik der Benutzung der Sandwanne eine besonders enge Verknüpfung, die diese Zusammenstellung in den Augen der angesprochenen Verkehrskreise als Sachgesamtheit erscheinen ließe. Das Angebot der Klägerin spreche eher dafür, dass das Ausgangspaket "Sandwanne" mit den dazu angebotenen Zubehörsätzen beliebig kombinierbar sei, so dass es eher fernliege, dass die angesprochenen Verkehrskreise gerade in der geltend gemachten Kombination eine Gesamtheit sähen. Diese Beurteilung wird durch die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen und die Lebenserfahrung nicht getragen.

Für die Frage, ob der angesprochene Verkehr der von der Klägerin geltend gemachten Zusammenstellung der Sandwanne nebst Zubehör herkunftshinweisende Bedeutung zumisst, ist es nicht erforderlich, dass diese konkrete Zusammenstellung im Katalog oder Internetauftritt der Klägerin auch gemeinsam abgebildet ist. Maßgebend ist vielmehr, dass der Verkehr aus dem Marktauftritt der Klägerin sowohl die konkrete Formgestaltung der einzelnen Produkte als auch die Zweckbestimmung erkennt, dass diese so gestalteten Produkte im Rahmen eines inhaltlichen Konzepts in ihrer Gesamtheit funktional zusammenwirken sollen.

Dies kann auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts nicht verneint werden. Danach bot die Klägerin in ihrem Katalog und auf ihrer Internetseite die Sandwanne als Set mit einer Packung Sand, einem hölzernen Glätter und zwei hölzernen Rechen an. Weiter wurden die Holzfüße und der Wischer aus Kunststoff als "Zubehör für die große Sandwanne" angeboten. Das Berufungsgericht hat außerdem festgestellt, dass sich sowohl im Katalog als auch im Internetauftritt eine Abbildung der Sandwanne mit (montierten oder abmontierten) Holzfüßen befand. Daraus ergibt sich, dass der Verkehr bei einer Gesamtbetrachtung dem Marktauftritt der Klägerin nicht nur die Gestaltung einzelner Produkte entnehmen konnte, sondern auch deren funktionale Zusammengehörigkeit im Sinne der Verkörperung eines Spielkonzepts.

Dabei ist es ohne Bedeutung, dass die Klägerin nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auch noch weiteres Zubehör wie zum Beispiel einen Nachfüllbeutel mit Sand, einen Deckel für die Sandwanne, Mandalaformen, Sandstifte und ein Tischgestell anbot. Für den wettbewerbsrechtlichen Schutz ist es zwar notwendig, aber grundsätzlich auch ausreichend, dass der Verkehr der einer Klage zugrundegelegten Kombination aus funktional zusammengehörenden Gegenständen herkunftshinweisende Bedeutung beimisst. Dass abweichende Kombinationen mit weiteren Zubehörstücken möglich sind, steht dem grundsätzlich nicht entgegen. Diese können ihrerseits durch § 4 Nr. 9 UWG geschützt sein. Ob etwas anderes gilt, wenn der Verkehr dem Marktauftritt des Anspruchsstellers nur eine einzige Sachgesamtheit entnehmen kann und deshalb nur dieser vollständigen Ausstattung herkunftshinweisende Funktion beimisst, kann dahinstehen. Es ist weder festgestellt worden noch ersichtlich, dass der Verkehr allein in der Sandwanne nebst allen angebotenen Zubehörstücken ein auf die Klägerin hinweisendes Erzeugnis erkennen wird. Auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts liegt es auch fern, dass die von der Klägerin ihrer Klage zugrundegelegte Zusammenstellung von Sandwanne und Zubehör vom Verkehr nicht als funktional sinnvolle Einheit angesehen wird.

4. Mit Erfolg wendet sich die Revision auch gegen die Hilfsbegründung des Berufungsgerichts, es fehle dem der Klage zugrundegelegten Set jedenfalls an einer wettbewerblichen Eigenart.

Wie dargelegt, besitzt ein Erzeugnis wettbewerbliche Eigenart, wenn dessen konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen. Die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht eine solche wettbewerbliche Eigenart des als nachgeahmt beanstandeten Sets der Klägerin verneint hat, halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Eine wettbewerbliche Eigenart scheidet im Streitfall nicht aus, weil die konkrete Ausgestaltung des Sandwannensets der Klägerin technisch bedingt und seine Merkmale nicht austauschbar sind.

aa) Allerdings können technisch notwendige Merkmale - also Merkmale, die bei gleichartigen Erzeugnissen aus technischen Gründen zwingend verwendet werden müssen - aus Rechtsgründen keine wettbewerbliche Eigenart begründen. Die Übernahme solcher nicht (mehr) unter Sonderrechtsschutz stehender Gestaltungsmerkmale ist mit Rücksicht auf den Grundsatz des freien Stands der Technik wettbewerbsrechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden. Dagegen können Merkmale, die zwar technisch bedingt, aber frei wählbar oder austauschbar sind, einem Erzeugnis wettbewerbliche Eigenart verleihen (BGH, GRUR 2010, 80 Rn. 27 - LIKEaBIKE, mwN).

bb) Im Streitfall ist nicht ersichtlich, dass die den Gesamteindruck des Sandwannensets der Klägerin bestimmenden Gestaltungsmerkmale technisch notwendig sind und daher keine wettbewerbliche Eigenart begründen können.

Das Berufungsgericht hat vielmehr im Hinblick auf mehrere von ihm als technisch bedingt angesehene Merkmale ausdrücklich angenommen, dass ein Gestaltungsspielraum besteht, den die Beklagten ohne eine Einbuße an Qualität und Funktionalität hätten ausnutzen können, um eine deutliche Unterscheidbarkeit ihrer Sandwannen von denen der Klägerin zu bewirken. So könnten rechteckige Sandwannen auch ohne Qualitätsverlust mit deutlich unterschiedlichen Proportionen hergestellt werden. Gestaltungsspielräume gebe es auch bei den Querschnittsproportionen der Rahmenleisten, den Proportionen der Holzfüße und den dort ausgeführten Nuten zur Aufnahme der Sandwanne.

b) Das Berufungsgericht hat diesen Gestaltungsmerkmalen dennoch aufgrund ihres äußerst simplen Charakters eine Eignung zum Hinweis auf die Herkunft oder die Qualität des Produkts abgesprochen. Es hat angenommen, in der Ausführung der Sandwanne als schlichten flachen rechteckigen Holzkasten, der oben offen sei, und der Verwendung eines Glasbodens, zweier Standardgriffe an den Seiten sowie dem Einsatz von Vierkanthölzern als Füßen werde der Verkehr nicht mehr als eine absolute Basisform ohne gestalterische Besonderheiten erkennen. Auch die Rechen und der Schieber seien als absolut simple Grundform gestaltet, die man nicht monopolisieren könne. Die Klägerin habe die konkrete Idee, als Spielzeug Sandwannen herzustellen, in denen Muster gemalt werden könnten, in nächstliegender und einfachster Form umgesetzt. Diese Umsetzung einer gestalterischen und praktischen Grundidee stelle sich als ein Allerweltsprodukt dar, dem keine wettbewerbliche Eigenart zukomme. Diese Beurteilung ist nicht frei von Rechtsfehlern.

aa) Für die Beurteilung der wettbewerblichen Eigenart ist der Gesamteindruck eines Erzeugnisses maßgebend. Dieser kann auch durch Gestaltungsmerkmale bestimmt oder mitbestimmt werden, die für sich genommen nicht geeignet sind, im Verkehr auf dessen Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen hinzuweisen. Derartige Gestaltungsmerkmale können in ihrem Zusammenwirken eine wettbewerbliche Eigenart nicht nur verstärken, sondern auch erst begründen (BGH, GRUR 2010, 80 Rn. 34 - LIKEaBIKE). Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht nicht ausreichend berücksichtigt.

So hat es nicht den Gesamteindruck des von der Klägerin seiner Klage zugrundegelegten Sandwannensets als Sachgesamtheit festgestellt, sondern die Rechen und den Schieber auf der einen und die Merkmale der Sandwanne auf der anderen Seite getrennt beurteilt und jeweils als Grund- oder Basisformen angesehen. Auch soweit es angenommen hat, der Verkehr werde denjenigen Gestaltungsmerkmalen der Sandwanne der Klägerin, bei denen ein gewisser Gestaltungsspielraum bestehe, aufgrund ihres äußerst simplen Charakters keine Herkunftsvorstellungen oder Qualitätserwartungen entgegenbringen, hat es unterlassen, seiner Beurteilung den Gesamteindruck des Erzeugnisses der Klägerin zugrundezulegen.

bb) Das Berufungsgericht ist ferner von der unzutreffenden Annahme ausgegangen, die Umsetzung einer gestalterischen und praktischen Grundidee durch die Verwendung einer Basis- oder Grundform könne als "Allerweltsprodukt" oder "Dutzendware" keinen wettbewerbsrechtlichen Schutz nach § 4 Nr. 9 UWG genießen.

(1) Eine wettbewerbliche Eigenart eines Produkts setzt nicht voraus, dass die zu seiner Gestaltung verwendeten Einzelmerkmale originell sind (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rn. 9.27). Auch ein zurückhaltendes, puristisches Design kann geeignet sein, die Aufmerksamkeit des Verkehrs zu erwecken und sich als Hinweis auf die betriebliche Herkunft des Produkts einzuprägen (OLG Köln, GRUR-RR 2003, 183, 184; Fezer/Götting, UWG , 2. Aufl., § 4 -9 Rn. 56; Eck in Gloy/Loschelder/Erdmann, Handbuch des Wettbewerbsrechts, 4. Aufl., § 56 Rn. 36). Es entspricht der Lebenserfahrung, dass der Verkehr unter Umständen gerade durch die Verwendung eines schlichten, an der Grundform eines Produkts orientierten Design auf die Herkunft oder die Besonderheiten eines Erzeugnisses hingewiesen wird. Dies gilt umso mehr, wenn - wie das Berufungsgericht im Streitfall festgestellt hat - zugleich hochwertige Materialien verwendet werden und eine wertige Oberflächenbehandlung erfolgt. Damit sind Produkte, deren Gesamteindruck durch ein schlichtes Design und die Verwendung hochwertiger und wertig verarbeiteter Materialien geprägt wird, entgegen der Annahme des Berufungsgerichts auch keine Allerweltserzeugnisse oder Dutzendware. Denn diese zeichnen sich dadurch aus, dass der Verkehr auf die betriebliche Herkunft oder Qualität keinen Wert legt (vgl. BGH, Urteil vom 21. September 2006 - I ZR 270/03, GRUR 2007, 339 Rn. 26 = WRP 2007, 313 - Stufenleitern, mwN). Dies kann auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts im Hinblick auf das der Klage zugrundegelegte Sandwannenset aus den vorstehenden Gründen nicht angenommen werden. Das Berufungsgericht hat auch nicht festgestellt, dass der Markt von solchen Sandwannen geprägt ist, die sich - wie das Produkt der Klägerin - durch schlichtes, an der Grundform orientiertes rechteckiges Design und die Verwendung hochwertiger Materialien auszeichnen. Das Berufungsgericht hat vielmehr angenommen, dass keines der angebotenen Konkurrenzprodukte der Sandwanne der Klägerin auch nur entfernt ähnlich ist. Damit liegt es nahe, dass der Verkehr in der an der Grundform orientierten Gestaltung des Erzeugnisses der Klägerin eine Besonderheit sieht, die es aus dem wettbewerblichen Umfeld heraushebt.

(2) Aus der vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Senatsentscheidung "Pflegebett" (BGH, Urteil vom 12. Dezember 2002 - I ZR 221/00, GRUR 2003, 359 = WRP 2003, 496) folgen keine abweichenden Grundsätze. Zwar hat der Senat dort ausgeführt, dass eine gestalterische und praktische Grundidee, die einem Sonderschutz nicht zugänglich sei, auch nicht auf dem Weg über den ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz für einen Wettbewerber monopolisiert werden könne (BGH, GRUR 2003, 359 , 361). Diese Aussage bezog sich - ungeachtet des möglicherweise einen anderen Eindruck erweckenden Leitsatzes - allerdings nicht auf die dort bejahte Frage, ob dem in Rede stehenden Erzeugnis wettbewerbliche Eigenart zukommt, sondern darauf, inwieweit es für eine unlautere Herkunftstäuschung ausreicht, wenn lediglich freizuhaltende Merkmale (dort: die Verkleidung der höhenverstellbaren Hubsäulenfüße eines Pflegebettes mit Holz) und sonstige Merkmale ohne besondere Eigenart übernommen werden.

II. Dagegen hat das Berufungsgericht zutreffend die vom Landgericht ausgesprochene Verurteilung der Beklagten zur Herausgabe von Verletzungsgegenständen an einen Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung und zur Tragung der Kosten der Vernichtung aufgehoben. Es fehlt insoweit eine Anspruchsgrundlage. Ein Beseitigungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1 UWG kann nur darauf gerichtet werden, dass die Nachahmungsstücke, soweit sie noch in der Verfügungsgewalt des Anbieters stehen, vom Markt genommen werden. Dagegen kann keine Vernichtung verlangt werden, weil die Herstellung als solche noch nicht unlauter ist (BGH, Urteil vom 6. Mai 1999- I ZR 199/96, BGHZ 141, 329 , 346 - Tele-Info-CD; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rn. 9.81; Sambuc in Harte/Henning aaO § 4 Nr. 9 Rn. 236).

III. Das Berufungsurteil kann daher nicht aufrechterhalten werden, soweit die Klage mit den auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht gerichteten Anträgen abgewiesen worden ist (§ 562 ZPO ). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 ZPO ).

Das Berufungsgericht wird im wiedereröffneten Berufungsrechtszug unter Berücksichtigung der dargelegten Grundsätze die notwendigen Feststellungen zur wettbewerblichen Eigenart des Sandwannensets zu treffen haben. Es hat - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - noch keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Grad der wettbewerblichen Eigenart durch eine hohe Verkehrsbekanntheit des Produkts der Klägerin gesteigert wurde. Soweit die Revisionserwiderung geltend macht, die Bekanntheit des Sets sei zweifelhaft, weil die Klägerin die Gestaltung der Sandwanne mehrfach geändert habe, wird es darauf ankommen, ob solche Änderungen die wettbewerbliche Eigenart des Produkts der Klägerin in seinem Gesamteindruck beeinflusst haben.

Bei der Prüfung des Merkmals einer vermeidbaren Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft des Erzeugnisses der Beklagten ist zu berücksichtigen, dass das Berufungsgericht eine (nahezu) identische Nachahmung festgestellt hat. Dies ist zum einen im Rahmen der Wechselwirkung zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen zu beachten. Zum anderen führt eine (nahezu) identische Nachahmung zu einem strengeren Maßstab im Hinblick auf die Zulässigkeit der Übernahme von Merkmalen, die dem freien Stand der Technik angehören und die - unter Berücksichtigung des Gebrauchszwecks, der Verkäuflichkeit der Ware sowie der Verbrauchererwartung - der angemessenen Lösung einer technischen Aufgabe dienen. Die Annahme einer wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit hängt deshalb davon ab, ob eine durch die Übernahme solcher Merkmale hervorgerufene Gefahr einer Herkunftstäuschung durch zumutbare Maßnahmen nicht zu vermeiden ist (vgl. BGH, GRUR 2010, 94 Rn. 27 - LIKEaBIKE, mwN).

Verkündet am: 22. März 2012

Von Rechts wegen

Vorinstanz: OLG Hamburg, vom 19.01.2011 - Vorinstanzaktenzeichen 5 U 70/08
Vorinstanz: LG Hamburg, vom 07.03.2008 - Vorinstanzaktenzeichen 308 O 761/06
Fundstellen
BB 2012, 2509
GRUR 2012, 1155
MDR 2012, 1303
WRP 2012, 1379