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BGH - Entscheidung vom 13.02.2012

V ZB 46/11

Normen:
AufenthG a.F. § 62 Abs. 2 S. 1 Nr. 5
AufenthG § 60a

BGH, Beschluss vom 13.02.2012 - Aktenzeichen V ZB 46/11

DRsp Nr. 2012/5266

Rechtsbeschwerde gegen die Anordnung von Sicherungshaft bei Jahre zurückliegender, mehrere Monate andauernder Sicherungshaft und zwischenzeitlicher Duldung

1. Die Anordnung der sogenannte kleinen Sicherungshaft nach § 62 II S. 2 AufenthG aF. setzt nicht nur voraus, dass die Ausreisefrist abgelaufen ist und feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Vielmehr hat der Tatrichter im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht auch auf den Einzelfall bezogene Tatsachen festzustellen, aus denen sich zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür ergibt, dass sich der Ausländer der Abschiebung entziehen wird. 2. Bei mehrfachem, der Ausländerbehörde trotz entsprechenden Belehrungen nicht mitgeteilten Wechsel des Aufenthaltsortes und bei der damit einhergehende Nichterreichbarkeit des Betroffenen sowie bei einem Fluchtversuch bei einer erfolgten Festnahme kann es sich um solche Umstände handeln. 3. Die Annahme einer Entziehungsabsicht setzt konkrete Umstände, insbesondere Äußerungen oder Verhaltensweisen des Ausländers voraus, die mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit darauf hindeuten oder es nahe legen, dass der Ausländer beabsichtigt, unterzutauchen oder die Abschiebung in einer Weise zu behindern, die nicht durch einfachen, keine Freiheitsentziehung bildenden Zwang überwunden werden kann. 4. Die tatrichterliche Schlussfolgerung auf die Entziehungsabsicht unterliegt einer Rechtskontrolle nur dahin, ob die verfahrensfehlerfrei festgestellten Tatsachen eine solche Folgerung als möglich erscheinen lassen. Mit der Rechtsbeschwerde kann nicht geltend gemacht werden, dass die Folgerungen des Tatrichters nicht zwingend seien oder dass eine andere Schlussfolgerung ebenso naheliege.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 11. Zivilkammer des Landgerichts Göttingen vom 31. Januar 2011 wird auf Kosten des Betroffenen zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 3.000 €.

Normenkette:

AufenthG a.F. § 62 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 ; AufenthG § 60a;

Gründe

I.

Der Betroffene ist Staatsangehöriger von Sierra Leone und reiste im Jahr 1993 in das Bundesgebiet ein. Ihm wurde eine Aufenthaltserlaubnis erteilt, die am 29. Oktober 1999 mit sofortiger Wirkung widerrufen wurde. Verbunden mit dem Widerruf waren die Aufforderung zur Ausreise und die Androhung der Abschiebung nach Sierra Leone. Zwischen dem 15. Dezember 1999 und dem 29. Dezember 2010 wurde gegen den Betroffenen mehrmals, insgesamt über 14 Monate, Sicherungshaft vollstreckt. Hiervon nicht betroffen war der Zeitraum zwischen dem 7. Oktober 2005 und dem 27. April 2010, in dem der Aufenthalt des Betroffenen aufgrund zahlreicher Asylanträge und verwaltungsgerichtlicher Verfahren geduldet war. Zuletzt befand sich der Betroffene zwischen dem 27. April 2010 und dem 7. Mai 2010 sowie zwischen dem 9. November 2010 und dem 29. Dezember 2010 in Sicherungshaft. Am 30. Dezember 2010 wurde er anlässlich einer Vorsprache in den Räumlichkeiten der Ausländerbehörde festgenommen.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 30. Dezember 2010 auf Antrag der Beteiligten zu 2 gegen den Betroffenen abermals die Haft zur Sicherung der Abschiebung bis zum 3. Januar 2011 angeordnet. Die Beschwerde des Betroffenen, mit der er nach seiner Abschiebung am 3. Januar 2011 die Feststellung beantragt hat, dass die Haftanordnung des Amtsgerichts ihn in seinen Rechten verletzt habe, ist erfolglos geblieben. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt er seinen Antrag weiter.

II.

Das Beschwerdegericht meint, der Betroffene sei aufgrund des im Jahr 1999 bestandskräftig widerrufenen Aufenthaltstitels vollziehbar ausreisepflichtig gewesen. Die nachfolgenden Asylanträge, verwaltungsgerichtlichen Verfahren und erteilten Duldungen nach § 60a AufenthG hätten kein Aufenthaltsrecht begründet. Der Haftgrund des § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AufenthG aF sei erfüllt gewesen. Aufgrund des Verhaltens des Betroffenen in der Vergangenheit und aufgrund seines Fluchtversuchs bei der Festnahme in der Ausländerbehörde am 30. Dezember 2010 habe der begründete Verdacht bestanden, dass er sich der Abschiebung entziehen werde. Die angeordnete Haft sei nicht unverhältnismäßig gewesen. Zwar seien gegen den Betroffenen im Zeitpunkt der Haftanordnung insgesamt über 14 Monate Sicherungshaft vollstreckt gewesen. Die Haftzeiträume bis einschließlich Mai 2010 seien jedoch nicht zu berücksichtigen, da eine Zäsur zwischen den Haftabschnitten eingetreten sei. Schließlich sei auch der Haftgrund des § 62 Abs. 2 Satz 2 AufenthG aF gegeben gewesen. Die danach auf höchstens zwei Wochen begrenzte Sicherungshaft könne auch im Anschluss an eine Sicherungshaft nach § 62 Abs. 2 Satz 1 AufenthG aF angeordnet werden.

III.

Dies hält einer rechtlichen Nachprüfung stand.

1. Die ohne Zulassung statthafte Rechtsbeschwerde (vgl. Senat, Beschluss vom 22. Juli 2010 - V ZB 29/10, InfAuslR 2011, 27 Rn. 4) ist zulässig (§ 71 FamFG), aber unbegründet.

2. Gegenstand des Feststellungsantrags ist die mit Beschluss des Amtsgerichts vom 30. Dezember 2010 angeordnete sogenannte kleine Sicherungshaft nach § 62 Abs. 2 Satz 2 AufenthG aF. Sie setzt nicht nur voraus, dass - wie hier - die Ausreisefrist abgelaufen ist und feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Vielmehr hat der Tatrichter im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht gemäß § 26 FamFG auch auf den Einzelfall bezogene Tatsachen festzustellen, aus denen sich zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür ergibt, dass sich der Ausländer der Abschiebung entziehen wird (Senat, Beschluss vom 19. Januar 2012 - V ZB 221/11, Umdruck S. 3 f., zur Veröffentlichung vorgesehen).

a) Daran gemessen ist die Entscheidung des Beschwerdegerichts rechtsfehlerfrei.

aa) Die Annahme einer Entziehungsabsicht setzt konkrete Umstände, insbesondere Äußerungen oder Verhaltensweisen des Ausländers voraus, die mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit darauf hindeuten oder es nahe legen, dass der Ausländer beabsichtigt, unterzutauchen oder die Abschiebung in einer Weise zu behindern, die nicht durch einfachen, keine Freiheitsentziehung bildenden Zwang überwunden werden kann (vgl. Senat, Beschlüsse vom 30. Juni 2011 - V ZB 40/11, Rn. 6, [...]; vom 22. Juli 2010 - V ZB 29/10, InfAuslR 2011, 27, 28; vom 29. April 2010 - V ZB 202/09, Rn. 12, [...]). Bei dem von dem Beschwerdegericht für maßgeblich erachteten Verhalten des Betroffenen, nämlich die mehrfachen, der Ausländerbehörde trotz entsprechenden Belehrungen nicht mitgeteilten Wechsel seines Aufenthaltsortes und die damit einhergehende Nichterreichbarkeit des Betroffenen sowie dessen Fluchtversuch bei der am 30. Dezember 2010 erfolgten Festnahme, kann es sich um solche Umstände handeln.

bb) Die tatrichterliche Schlussfolgerung auf die Entziehungsabsicht unterliegt einer Rechtskontrolle nur dahin, ob die verfahrensfehlerfrei festgestellten Tatsachen eine solche Folgerung als möglich erscheinen lassen (Senat, Beschlüsse vom 30. Juni 2011 - V ZB 40/11, Rn. 7, [...]; vom 22. Juli 2010 - V ZB 29/10, InfAuslR 2011, 27, 28; vom 10. Februar 2000 - V ZB 5/00, FGPrax 2000, 130 ). Mit der Rechtsbeschwerde kann nicht geltend gemacht werden, dass die Folgerungen des Tatrichters nicht zwingend seien oder dass eine andere Schlussfolgerung ebenso naheliege (Senat, Beschlüsse vom 30. Juni 2011 - V ZB 40/11, Rn. 7, [...]; vom 10. Februar 2000 - V ZB 5/00, FGPrax 2000, 130 ). Hieran gemessen ist die Würdigung des Beschwerdegerichts nicht fehlerhaft. Es hat auch die gegen die Entziehungsabsicht sprechenden Umstände berücksichtigt und ist - unter Berücksichtigung des Einwands der Beschwerde, der Betroffene habe freiwillig bei der Ausländerbehörde vorgesprochen - mit einer von dem Rechtsbeschwerdegericht hinzunehmenden Argumentation zu einer für den Betroffenen negativen Einschätzung gelangt. Soweit die Rechtsbeschwerde einwendet, die von dem Beschwerdegericht als Zeugin angehörte Mitarbeiterin der Ausländerbehörde sei in ihren Aussagen hinsichtlich der von dem Betroffenen bei seiner Festnahme ausgehenden Gewaltanwendung nicht konstant gewesen und die Mitarbeiterin damit insgesamt nicht glaubwürdig, greift sie die Beweiswürdigung des Beschwerdegerichts an, ohne indes einen Rechtsfehler aufzuzeigen. Denn das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung auf die von der Zeugin bekundeten Umstände nicht gestützt. Die Frage der Glaubwürdigkeit der Zeugin stellte sich damit nicht. Dass der Betroffene - wie von der Zeugin bekundet und von dem Beschwerdegericht festgestellt - der Zeugin gegenüber erklärt hat, nicht freiwillig in sein Heimatland zurückkehren zu wollen, stellt die Rechtsbeschwerde nicht in Frage. Und dass die Zeugin bekundet hat, der Betroffene habe sich der Verhaftung durch Flucht entziehen wollen, sieht das Beschwerdegericht durch das polizeiliche Protokoll bestätigt.

cc) Die Beschwerdeentscheidung lässt damit die maßgeblichen Gründe für die Ermessensausübung erkennen, die bei der Anordnung der kleinen Sicherungshaft notwendig ist (Senat, Beschluss vom 19. Januar 2012 - V ZB 221/11, Umdruck S. 3 f., zur Veröffentlichung bestimmt; OLG München, FGPrax 2010, 51 ; KG FGPrax 2009, 86 , 87; OLG Frankfurt, Beschluss vom 12. Februar 2008 - 20 W 42/08 Rn. 11, [...]; OLG Düsseldorf, InfAuslR 2007, 111; OLG Hamm, InfAuslR 2007, 159, 160; OLG Köln, InfAuslR 2006, 414; OLGR München 2006, 269; OLG Hamm, FGPrax 2005, 90 , 91). Sie hat unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Hinblick auf den Eingriff in die persönliche Freiheit des Betroffenen unter Abwägung mit dem Zweck der gesetzlichen Vorschrift zu erfolgen, im Allgemeininteresse eine zügige Durchsetzung der vollziehbaren Abschiebung des Betroffenen zu sichern (OLG Köln, InfAuslR 2006, 414; OLGR München 2006, 269; OLG Hamm, FGPrax 2005, 90 , 91). Sie ist im Rechtsbeschwerdeverfahren nur auf Ermessensfehler überprüfbar (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2010 - XII ZB 165/10, NJW 2011, 925 , Rn. 13; Keidel/Sternal, FamFG, 17. Aufl., § 72 Rn. 8). Solche Fehler sind hier nicht ersichtlich.

dd) Das Beschwerdegericht war durch den Eintritt der Erledigung der Hauptsache auch nicht daran gehindert, im Feststellungsverfahren nach § 62 Abs. 1 FamFG die von dem Amtsgericht unterlassene Ermessensausübung nachzuholen. Nach § 68 Abs. 3 Satz 1 FamFG bestimmt sich das Verfahren einer zulässigen Beschwerde nach den Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug. Das Beschwerdegericht hat danach die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Beziehung von Amts wegen vollständig und unabhängig von den erhobenen Rügen sowie den vertretenen Rechtsansichten zu prüfen (BGH, Beschluss vom 16. November 2011 - XII ZB 6/11, Rn. 8, [...]; Beschluss vom 5. Januar 2011 - XII ZB 240/10, FGPrax 2011, 78 , Rn. 8). Es kann deshalb auch von der Vorinstanz unterlassene oder fehlerhafte Ermessensentscheidungen selbst treffen (BayObLG, NJW-RR 1990, 202 ; Keidel/Sternal, FamFG, 17. Aufl., § 68 Rn. 93). Dies gilt ebenso im Feststellungsverfahren nach § 62 Abs. 1 FamFG, dessen Gegenstand allein die Rechtmäßigkeit der Haftanordnung ist (OLG Hamm, FGPrax 2004, 53 , 54). Das Beschwerdegericht muss in diesen Fällen nicht nur bezogen auf den Sachverhalt, der Gegenstand der amtsgerichtlichen Entscheidung war, die Voraussetzungen der Haftanordnung unter allen rechtlich in Betracht kommenden Gesichtspunkten prüfen (OLG Hamm FGPrax 2004, 53 , 54), sondern auch die weiteren nach § 26 FamFG erforderlichen Feststellungen treffen (Senat, Beschluss vom 10. Juni 2010 - V ZB 205/09, Rn. 19, [...]). Das Beschwerdegericht durfte deshalb die für die Anordnung der kleinen Sicherungshaft erforderlichen Ermessenserwägungen aufgrund des bei Erledigung der Hauptsache feststehenden Sachverhalts selbst vornehmen (OLG Hamm, FGPrax 2004, 53 , 54; aA OLG Köln InfAuslR 2006, 414 f.).

b) Die Haftanordnung hält der Nachprüfung auch im Hinblick auf die Vorschrift des § 62 Abs. 2 Satz 4 AufenthG aF stand. Danach ist die Sicherungshaft unzulässig, wenn feststeht, dass aus Gründen, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann. Diese Regelung lässt erkennen, dass im Regelfall die Dauer von drei Monaten Haft nicht überschritten werden soll und eine darüber hinausgehende Haftdauer nicht ohne weiteres als verhältnismäßig angesehen werden darf (Senat, Beschlüsse vom 9. Juni 2011 - V ZB 230/10 Rn. 5, [...], insoweit nicht abgedruckt in NJW 2011, 3450 ; vom 25. März 2010 - V ZA 9/10, NVwZ 2010, 1175 , 1176 Rn. 19).

aa) Durch die Haftanordnung vom 30. Dezember 2010 ist eine Haftdauer von drei Monaten nicht überschritten. Zwar waren gegen den Betroffenen bis zu diesem Zeitpunkt insgesamt bereits mehr als 14 Monate Sicherungshaft vollstreckt worden. Jedenfalls die bis zum Jahre 2005 betroffenen Haftzeiträume bleiben aber bei der Berechnung der Gesamtdauer der Sicherungshaft im Zeitpunkt der Haftanordnung vom 30. Dezember 2010 unberücksichtigt. Frühere Haftzeiten sind grundsätzlich dann in die Gesamtdauer der Sicherungshaft mit einzubeziehen, wenn diese zur Durchsetzung derselben - auf einem einheitlichen Sachverhalt beruhenden - Ausreisepflicht zurückgehen (OLGR München 2009, 754, 755; OLG Celle, FGPrax 2007, 40 , 41; OLG Naumburg, Beschluss vom 27. Dezember 2006 - 6 Wx 17/06 Rn. 17, [...]; KG, FGPrax 2000, 84 ). Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn durch die Lücken zwischen den Haftabschnitten eine Zäsur eingetreten ist (OLGR München 2009, 754, 755; OLG Celle, FGPrax 2007, 40 , 41; OLG Naumburg, Beschluss vom 27. Dezember 2006 - 6 Wx 17/06, Rn. 17, [...]; OLG München, FGPrax 2003, 233, 234; BayObLGR 2003, 350; KG, FGPrax 2000, 84 ; OLG Schleswig, FGPrax 1996, 38, 39). Von einer solchen Zäsur ist auszugehen, wenn zwischen den Haftzeiträumen eine Lücke von mehreren Jahren entstanden ist (vgl. OLG Celle, FGPrax 2007, 40 , 41) oder der Aufenthalt eines Betroffenen über einen mehrjährigen Zeitraum geduldet war (vgl. OLGR München 2009, 754, 755; OLG Naumburg, Beschluss vom 27. Dezember 2006 - 6 Wx 17/06, Rn. 17, [...]; BayObLGR 2003, 350).

So verhält es sich hier. Gegen den Betroffenen wurde jedenfalls über den Zeitraum von viereinhalb Jahren (zwischen Anfang Oktober 2005 und Ende April 2010) keine Sicherungshaft vollstreckt. Zudem war sein Aufenthalt in dieser Zeit geduldet. Die Duldung nach § 60a AufenthG hat dem Betroffenen zwar kein Recht zum Aufenthalt gegeben und seine Pflicht zur Ausreise unberührt gelassen; sie war aber ein befristeter Verzicht der Behörde auf die an sich gebotene Durchsetzung der Ausreisepflicht (Senat, Beschluss vom 22. Juli 2010 - V ZB 29/10, InfAuslR 2011, 27, 28 Rn. 13).

bb) Aufgrund vorstehender Grundsätze erscheint es allerdings zweifelhaft, eine Zäsur - wie sie das Beschwerdegericht angenommen hat - auch im Hinblick auf die zwischen der Haftentlassung des Betroffenen am 7. Mai 2010 und der Haftanordnung vom 9. November 2010 entstandene Lücke zu bejahen. Einer abschließenden Entscheidung bedarf dies jedoch nicht. Denn die Gesamtdauer der im Jahre 2010 vollstreckten Sicherungshaft und der am 30. Dezember 2010 angeordneten Sicherungshaft erreicht die Grenze von drei Monaten nicht.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG. Die Festsetzung des Beschwerdewerts folgt aus § 128c Abs. 2 KostO i.V.m. § 30 Abs. 2 KostO .

Vorinstanz: AG Göttingen, vom 30.12.2010 - Vorinstanzaktenzeichen 64 XIV 17/10
Vorinstanz: LG Göttingen, vom 31.01.2011 - Vorinstanzaktenzeichen 11 T 1/11