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BGH - Entscheidung vom 31.01.2012

EnVR 30/10

Normen:
ARegV § 4 Abs. 4 S. 1 Nr. 1
ARegV § 10

BGH, Beschluss vom 31.01.2012 - Aktenzeichen EnVR 30/10

DRsp Nr. 2012/6226

Prüfungspflicht der Landesregulierungsbehörde hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen einer entsprechenden Anwendung von § 10 ARegV

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Kartellsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 4. März 2010 aufgehoben.

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Bescheid der Landesregulierungsbehörde vom 22. Juli 2009 aufgehoben und diese verpflichtet, die Antragstellerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden.

Die Kosten und Auslagen der Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahren werden der Landesregulierungsbehörde auferlegt. Die Auslagen der Bundesnetzagentur trägt diese selbst.

Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 449.179 € festgesetzt.

Normenkette:

ARegV § 4 Abs. 4 S. 1 Nr. 1; ARegV § 10;

Gründe

I.

Die Antragstellerin betreibt ein Elektrizitätsverteilernetz. Mit Bescheid vom 16. Januar 2008 legte die Landesregulierungsbehörde die einzelnen Erlösobergrenzen für die Jahre 2009 bis 2013 fest.

Mit Schreiben vom 30. Juni 2009 und 14. Juli 2009 beantragte die Antragstellerin eine Anpassung der Erlösobergrenzen nach § 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, § 10 ARegV mit einem Erweiterungsfaktor von 1,02. Sie begründete dies mit in den Jahren 2007 und 2008 vorgenommenen Erweiterungsinvestitionen, durch die sich unter anderem die Fläche des versorgten Gebiets und die Anzahl der Anschlusspunkte erhöht habe. Die Landesregulierungsbehörde lehnte den Antrag mit Bescheid vom 22. Juli 2009 ab. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die - vom Beschwerdegericht zugelassene - Rechtsbeschwerde der Antragstellerin.

II.

Die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Verpflichtung der Landesregulierungsbehörde zur Neubescheidung des Antrags der Antragstellerin. Das Beschwerdegericht hat zu Unrecht eine Anwendbarkeit des § 10 ARegV verneint.

a) Das Beschwerdegericht hat angenommen, dass die Landesregulierungsbehörde nicht dazu verpflichtet gewesen sei, die von der Antragstellerin dargelegte nachhaltige Veränderung der Versorgungsaufgabe in den Jahren 2007 und 2008 bei der Bestimmung der Erlösobergrenze durch einen Erweiterungsfaktor nach § 10 ARegV zu berücksichtigen. Wortlaut und Systematik des § 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ARegV sprächen dafür, dass eine Anpassung der Erlösobergrenzen erstmals zum 1. Januar 2010 zulässig sei und zudem nicht auf Umstände gestützt werden könne, die vor dem ersten Jahr der Regulierungsperiode eingetreten seien.

b) Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin mit Erfolg. Wie der Senat mit Beschluss vom 28. Juni 2011 (EnVR 48/10, RdE 2011, 308 Rn. 52 ff. - EnBW Regional AG) entschieden und im Einzelnen begründet hat, ist § 10 ARegV für das erste Jahr einer Regulierungsperiode bei Veränderungen, die zwischen dem maßgeblichen Ausgangsjahr und dem Beginn der Regulierungsperiode eingetreten sind, entsprechend anzuwenden.

Im vorliegenden Fall sind nach dem Vorbringen der Antragstellerin in den Jahren 2007 und 2008 unter anderem die versorgte Fläche von 11,52 km2 auf 11,85 km2 und die Anzahl der Anschlusspunkte von Letztverbrauchern in Niederspannung von 8.196 auf 8.351 gestiegen, was zu einer Erhöhung der maßgeblichen Kosten um mehr als 0,5% geführt hat. Die Landesregulierungsbehörde hätte deshalb prüfen müssen, ob die Voraussetzungen für eine entsprechende Anwendung von § 10 ARegV erfüllt sind. Dies wird sie nachzuholen haben.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 Satz 1 EnWG .

Verkündet am: 31. Januar 2012

Vorinstanz: OLG Stuttgart, vom 04.03.2010 - Vorinstanzaktenzeichen EnWG