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BGH - Entscheidung vom 13.03.2012

X ZR 12/09

BGH, Urteil vom 13.03.2012 - Aktenzeichen X ZR 12/09

DRsp Nr. 2012/10203

Patentfähigkeit des Patents 41 21 979 betreffend einer Spinn oder Zwirnspindel

Als Fachmann, dem die Lehre eines Patents betreffend einer Spinn- oder Zwirnspindel nahegelegt sein könnte, ist ein eher praktisch orientierter Maschinenbauingenieur mit Fachhochschulabschluss anzusehen, der über mehrjährige Erfahrungen in der Konstruktion und Entwicklung von Spindeln und Spindellagerungen für Spinnmaschinen verfügt, die von hierauf spezialisierten Unternehmen hergestellt werden. Dieser Fachmann besitzt in der Regel keine ausgeprägten maschinenakustischen Kenntnisse.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 20. November 2008 verkündete Urteil des 2. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts abgeändert: Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

Tatbestand

Die Beklagte war Inhaberin des am 3. Juli 1991 unter Inanspruchnahme einer inneren Priorität vom 8. August 1990 angemeldeten deutschen Patents 41 21 979 (Streitpatents), das im Laufe des Berufungsverfahrens auf die Maschinenfabrik R. AG umgeschrieben worden ist. Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

"Spinn- oder Zwirnspindel mit einem Spindelschaft, der mittels eines Halslagers und eines Fußlagers innerhalb eines Spindellagergehäuses gelagert ist, das unterhalb des Fußlagers mittels eines Verbindungselements an einem das Spindellagergehäuse mit Abstand umgebenden Außengehäuse gehalten ist, das mit Mitteln zum Befestigen an einer Spindelbank versehen ist, wobei das Verbindungselement mit einer einen auf Biegen federelastisch nachgiebigen Bereich definierenden Querschnittsverringerung versehen ist, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , dass die Querschnittsverringerung als eine eine Körperschallübertragung einschränkende Diskontinuitätsstelle (11) ausgebildet ist, die bezüglich der Biegesteifigkeit bei einer radialen Belastung am Halslager eine Federkonstante von 70 N/mm bis 300 N/mm aufweist, und dass in dem gegenüber dem Inneren des Spindellagergehäuses (3) abgetrennten Zwischenraum (21) zwischen Spindellagergehäuse (3) und Außengehäuse (14) ein Medium vorhanden ist, dessen Schallgeschwindigkeit kleiner als 500 m/s ist."

Wegen des Wortlauts der übrigen, Patentanspruch 1 untergeordneten sechs Patentansprüche wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.

Die Klägerin macht geltend, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig und die Erfindung nicht so deutlich offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne.

Das Patentgericht hat das Streitpatent antragsgemäß für nichtig erklärt.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der diese in erster Linie weiterhin die Klageabweisung anstrebt und hilfsweise Patentanspruch 1 in der Fassung zweier Hilfsanträge verteidigt.

Als gerichtlicher Sachverständiger hat Prof. Dr.-Ing. P. G. ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung hat Erfolg.

Die Klage ist zwar weiterhin zulässig. Das nach Erlöschen des Streitpatents durch Zeitablauf erforderliche Rechtsschutzbedürfnis liegt vor, weil die Klägerin aus dem Streitpatent gerichtlich in Anspruch genommen wird (st. Rspr., BGH, Urteil vom 30. April 2009 Xa ZR 92/05, BGHZ 182, 1 , 2 Betrieb einer Sicherheitseinrichtung mwN). Die Klage erweist sich jedoch als unbegründet, da der Gegenstand des Streitpatents patentfähig und die Erfindung ausführbar offenbart ist.

I. Das Streitpatent betrifft eine Spinn oder Zwirnspindel. Die Streitpatentschrift beschreibt eingangs eine solche, aus der deutschen Patentschrift 27 49 389 (NK2a) bekannte Spindel, bei der der Spindelschaft mittels eines Halslagers und eines Fußlagers innerhalb eines Spindellagergehäuses gelagert ist. Das Spindellagergehäuse ist unterhalb des Fußlagers mittels eines Verbindungselements an dem das Spindellagergehäuse mit Abstand umgebenden Außengehäuse gehalten. Das Verbindungselement ist mit einer Querschnittsverringerung versehen, die einen auf Biegen federelastisch nachgebenden Bereich definiert.

Die Streitpatentschrift schildert, dass sich trotz moderner Maschinen und Fertigungsmethoden, die es erlaubten, Spindeln und Lagerungen mit hoher Genauigkeit herzustellen, Lärmprobleme ab Spindeldrehzahlen von circa 17.000 min-1 ergäben. Dabei gälten die Wälzkörper der Halslagerung als wesentliche Geräuschquelle. Schwingungen im Bereich des Halslagers würden als Körperschall über das Spindellagergehäuse, den Spindelflansch und die Spindelbank auf großflächige Maschinenelemente übertragen, von denen dann die mechanischen Schwingungen in Schall umgewandelt würden. Dies gelte auch für eine Spindel nach der NK2a. Das Lagergehäuse, das ein Halslager und ein vollständiges, ein radiales und ein axiales Lagerelement umfassendes Fußlager aufnehme, sei dicht unterhalb des Halslagers an dem oberen Ende eines Zwischenrohrs angebracht, das das Lagergehäuse im übrigen Bereich mit Abstand umgebe und unterhalb des Fußlagers mit dem unteren Ende eines äußeren Lagergehäuses verbunden sei, das wiederum das Zwischenrohr mit Abstand umgebe und mit Mitteln zum Befestigen an einer Spindelbank versehen sei. Die Zwischenräume zwischen Lagergehäuse und Zwischenrohr einerseits sowie zwischen Zwischenrohr und äußerem Lagergehäuse stünden über Öffnungen miteinander in Verbindung und seien mit Öl gefüllt, dessen Niveau sich über die halbe Höhe des äußeren Lagergehäuses erstrecke. Mit Hilfe dieses Öls sollten Schwingungen der Spindel gedämpft werden, so dass die Laufqualität der Spindel verbessert werden solle. Maßnahmen zur Schallreduzierung seien bei dieser Spindel nicht vorgesehen.

Mit der Lehre des Streitpatents soll eine Spinn oder Zwirnspindel so ausgebildet werden, dass das Geräuschproblem deutlich verringert wird. Hierzu schlägt das Streitpatent entsprechend der vom Patentgericht verwendeten Gliederung eine Spinn- oder Zwirnspindel mit folgenden Merkmalen vor:

1. Die Spindel weist einen Spindelschaft auf.

2. Der Spindelschaft ist mittels eines Halslagers und eines Fußlagers innerhalb eines Spindellagergehäuses gelagert.

3. Das Spindellagergehäuse ist unterhalb des Fußlagers mittels eines Verbindungselementes an einem das Spindellagergehäuse mit Abstand umgebenden Außengehäuse gehalten.

4. Das Außengehäuse ist mit Mitteln zum Befestigen an einer Spindelbank versehen.

5. Das Verbindungselement weist eine Querschnittsverringerung auf, die einen auf Biegen federelastisch nachgiebigen Bereich definiert.

6. Die Querschnittsverringerung ist als eine eine Körperschallübertragung einschränkende Diskontinuitätsstelle ausgebildet.

7. Die Diskontinuitätsstelle weist bezüglich der Biegesteifigkeit bei einer radialen Belastung am Halslager eine Federkonstante von 70 bis 300 N/mm auf.

8. Der Zwischenraum zwischen Spindellagergehäuse und Außengehäuse ist gegenüber dem Inneren des Spindellagergehäuses abgetrennt.

9. In dem Zwischenraum ist ein Medium vorhanden, dessen Schallgeschwindigkeit kleiner als 500 m/s ist.

Mit der als solche aus der NK2a bekannten Querschnittsverringerung (Merkmal 5) soll die Leitung von Körperschallwellen durch diskontinuierliches Verändern von Masse und Federsteifigkeit beeinflusst werden (Merkmal 6). Die Querschnittsverringerung bewirkt eine Federsteife für die Lagerung des Spindellagergehäuses im Außengehäuse und weist bei einer radialen Belastung am Halslager eine Federkonstante von 70 bis 300 N/mm auf (Merkmal 7). Nach Merkmal 8 ist zudem der Zwischenraum zwischen Spindelgehäuse und Außengehäuse gegenüber dem Inneren des Spindelgehäuses abgetrennt; es besteht keine Verbindung zwischen dem Innenraum des Spindelgehäuses und dem Zwischenraum zwischen Spindelgehäuse und Außengehäuse. In dem Zwischenraum zwischen Spindelgehäuse und Außengehäuse ist ein Medium mit einer definierten Schallgeschwindigkeit kleiner als 500 m/s eingefüllt (Merkmal 9).

Auf diese Weise soll, wie die Streitpatentschrift erläutert, die Körperschallübertragung schon innerhalb der Spindellagerung weitgehend unterbrochen werden, so dass hochfrequente Schwingungen nur in geringem Maße auf das Außengehäuse und von dort auf die Spindelbank und andere Maschinenteile weitergeleitet werden (Abs. 7). Über Merkmal 5 hinausgehend soll gemäß Merkmal 6 die Querschnittsverringerung eine die Körperschallübertragung einschränkende Diskontinuitätsstelle bilden. Es kommt mithin nicht nur auf den geringeren Querschnitt des Verbindungselements, sondern auch darauf an, dass hierdurch die Körperschallübertragung eingeschränkt wird. Damit besteht ein Zusammenhang mit Merkmal 9, das im Zwischenraum zwischen Spindellagergehäuse und Außengehäuse und damit auch im Bereich der Querschnittsverringerung ein Medium mit kleiner Schallgeschwindigkeit verlangt. Beide Merkmale zusammen bewirken die Entkoppelung, die der Übertragung der Schwingungen auf Außengehäuse und Spindelbank entgegenwirken soll. Merkmal 8 soll es ermöglichen, im Zwischenraum zwischen Spindellagergehäuse und Außengehäuse ein Medium verwenden zu können, das für den Zwischenraum im Inneren des Lagergehäuses mit der Dämpfungsspirale nicht geeignet wäre. Schließlich ist im Kontext der Merkmale 6 und 9 auch Merkmal 7 zu sehen, durch das, wie der Sachverständige ausgeführt hat, verhindert wird, dass zum einen bei einer zu hohen Biegesteifigkeit Biegeschwingungen vom Spindelschaft und Spindellagergehäuse auf das Außengehäuse übertragen werden und zum anderen die Spindel im Resonanzbereich läuft.

II. Das Patentgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

Der Fachmann, ein Fachhochschulingenieur der Fachrichtung Maschinenbau mit Erfahrung in der Konstruktion und Entwicklung von Spinnmaschinen, der mit der Problematik der Körperschallanregung und übertragung sowie der Schwingungsdämpfung vertraut sei, gehe von der in der Streitpatentschrift abgehandelten deutschen Patentschrift 27 49 389 (NK2a) als nächstliegendem Stand der Technik aus. Diese erwähne zwar die Lärmdämmung nicht ausdrücklich. Die Lagerung der Spindel solle jedoch ersichtlich nicht nur den Zusammenbau vereinfachen, sondern auch deren Laufeigenschaften verbessern. Dazu gehöre auch die Laufruhe, also die Vermeidung von Vibrationen, die in Form von Körperschall über das Spingellagergehäuse, den Spindelflansch und die Spindelbank übertragen würden. Die Spindel nach der NK2a weise, wie das Patentgericht näher ausführt, die Merkmale 1 bis 4 auf. Die in der Ausführungsform nach Figur 2 vorgesehene Einschnürung (22) des Bodenstücks bilde zudem eine Querschnittsverringerung eines Verbindungselements im Sinne des Merkmals 5. Der NK2a sei zwar nicht zu entnehmen, dass die Querschnittsverringerung als eine Körperschallübertragung einschränkende Diskontinuitätsstelle ausgebildet sei (Merkmal 6), jedoch sei dies systemimmanent. Der Fachmann erkenne diese Wirkung aufgrund seines Fachwissens, denn ihm sei bekannt, zur Vermeidung von Körperschall-Diskontinuitätsstellen vorzusehen. Wolle er eine deutliche Verringerung des Geräuschproblems erreichen, werde er zudem in der Beschreibung der NK2a (Sp. 2 Z. 24 bis 46) auf die schweizerische Patentschrift 358 370 (NK13) hingewiesen, aus der er zusätzliche Anregungen zur Lösung des Geräuschproblems erhalte. Aus der NK13 erfahre er, dass die dort beschriebenen Dämpfungsmittel auch in Verbindung mit bereits bekannten mechanischen Dämpfungsmitteln angewendet werden könnten. Die NK13 zeige dem Fachmann auf, dass als Dämpfungsmittel nicht mehr ein vornehmlich zur Lagerschmierung geeignetes Öl verwendet werden müsse, sondern ein anderes zur Dämpfung besser geeignetes Mittel wie etwa Druckluft (mit einer Schallgeschwindigkeit von kleiner als 500 m/s, Merkmal 9) einsetzbar sei, wenn am Fußlager ein hermetisch abgeschlossener Dämpfungsraum vorgesehen werde (Merkmal 8). Der Einwand der Beklagten, ein Austausch des Öls gegen ein anderes Medium wie z.B. Fett komme bei der Spindel nach der NK2a nicht in Frage, weil die in den Ringspalt (9) eingesetzte Dämpfungsspirale nur mit Öl funktioniere, könne daher nicht überzeugen, da das dämpfende Medium in den Ringspalt (6) zwischen dem funktional dem Lagergehäuse des Streitpatents entsprechenden Zwischenrohr (5) und dem Außengehäuse (1) eingefüllt werden müsse und nicht in den die Dämpfungsspirale aufnehmenden Ringspalt (9) zwischen Lagerhülse (8) und Zwischenrohr (5). Aus den Druckschriften NK2a und NK13 ergebe sich lediglich nicht Merkmal 7. Dieses betreffe indes nur die explizite Angabe eines Wertebereichs für die die Biegesteifigkeit bei einer radialen Belastung am Halslager kennzeichnende Federkonstante. Sie könne der Fachmann mittels einfacher Versuche ermitteln.

III. Diese Beurteilung hält der Überprüfung im Berufungsverfahren nicht stand. Der Gegenstand des Streitpatents ist, wovon auch das Patentgericht stillschweigend ausgegangen ist und was die Klägerin ebenso wenig in Zweifel zieht, neu und beruht auch auf erfinderischer Tätigkeit.

1. Die Lehre des Streitpatents war dem Fachmann nicht durch die Entgegenhaltung NK2a nahegelegt.

Zutreffend und auch von der Berufung nicht beanstandet hat das Patentgericht ausgeführt, dass die Spindel nach der Entgegenhaltung NK2a den Merkmalen 1 bis 4 des Streitpatents entspricht. Aus der NK2a ergab sich für den Fachmann jedoch keine ausreichende Anregung, zur Lehre des Streitpatents zu gelangen.

a) Als Fachmann ist hier ein eher praktisch orientierter Maschinenbauingenieur mit Fachhochschulabschluss anzusehen, der über mehrjährige Erfahrungen in der Konstruktion und Entwicklung von Spindeln und Spindellagerungen für Spinnmaschinen verfügt, die nach dem insoweit unwidersprochenen Vorbringen der Beklagten von hierauf spezialisierten Unternehmen hergestellt werden. Ein solcher Fachmann besitzt keine ausgeprägten maschinenakustischen Kenntnisse. Der Sachverständige hat hierzu ausgeführt, die Maschinenakustik gehöre nicht zu jedem Lehrplan für Maschinenbauer und seine eigene Wahlfachvorlesung sei nur von einer sehr kleinen Zahl von Studenten belegt worden, was sich auch unter seinem Nachfolger bis heute nicht geändert habe. Die Parteien sind dem nicht konkret entgegengetreten. Verhandlung und Beweisaufnahme haben auch keine hinreichend konkreten Anhaltspunkte für eine Konzentration maschinenakustischen Wissens bei den Spindel- und Spindellagerherstellern ergeben. Danach können von dem einschlägigen Fachmann nicht mehr als Grundkenntnisse der Maschinenakustik erwartet werden.

b) Ein solcher Fachmann entnahm der NK2a, dass bei dem Ausführungsbeispiel nach Figur 2 das Bodenstück (30) zwischen seinem Bund (21) und seinem der Befestigung des Zwischenrohrs (5) dienenden Ansatz (4) mit einer Einschnürung (22) versehen ist, die eine elastische Beweglichkeit des Ansatzes (4) gegenüber dem Bund (21) ermöglichen soll (Sp. 4 Z. 64 bis Sp. 5 Z. 2) und damit Merkmal 5 entspricht. Von einer Diskontinuitätsstelle (Merkmal 6) ist in der NK2a nicht die Rede; sie lenkt auch sonst nicht auf eine solche Sichtweise der Einschnürung hin.

Die Schrift erörtert einleitend verschiedene im Stand der Technik bekannte Lagerungen für den Schaft einer Spinn- und Zwirnspindel, die jeweils Ringspalte aufweisen, die mit Öl als Dämpfungsmittel gefüllt sind oder in die in Öl laufende Dämpfungsspiralen eingesetzt sind. Als "Aufgabe" der Erfindung wird angegeben, die Lagerung sowohl hinsichtlich ihrer Gestaltung als auch bezüglich ihrer Laufeigenschaften zu verbessern. Die Verbesserung der Laufeigenschaften soll u.a. dadurch erreicht werden, dass die Dämpfungsspirale mit ihrer Außenfläche am Zwischenrohr und nicht, wie in vorbekannten Fällen, direkt am Lagergehäuse anliegt (Sp. 3 Z. 16 bis 20). Nach der Beschreibung können die Laufeigenschaften der Spindel noch weiter dadurch verbessert werden, dass der Verbindung zwischen dem Ansatz und dem Bund des Bodenstücks ein Elastizitätsgrad gegeben werden kann, der die durch das Zwischenrohr schon bestehende elastische Lagerung der Lagerhülse steigert (Sp. 3 Z. 34 bis 40 und Patentanspruch 2). Besonders einfach soll dies durch die Weiterbildung nach Patentanspruch 3, d.h. durch die Einschnürung, möglich sein (Sp. 3 Z. 34 bis 42). Weiterhin wird es als besonders vorteilhaft angesehen (Patentanspruch 4), durch einen Radialkanal (16) eine Verbindung zwischen den Ringspalten (6, 9) beiderseits des Zwischenrohrs zu schaffen, die es dem in den beiden Ringspalten enthaltenen Dämpfungsöl ermöglicht, ausgleichend fließen zu können, wodurch eine weitere Steigerung der Laufqualität der Spindel erzielt werden soll (Sp. 3 Z. 43 bis 54). Die Entgegenhaltung betrachtet mithin die von ihr dargestellten Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt der Laufruhe der Spindel und sieht hierin den Vorteil der verwendeten Dämpfungsmittel und der durch die Einschnürung begünstigten elastischen Lagerung. Eine Anregung, die Einschnürung zur Schwingungsentkoppelung, nämlich als Diskontinuitätsstelle, zu nutzen, und hieran die weitere Ausgestaltung der Lagerung auszurichten, kann darin nicht gesehen werden.

Es erscheint schon zweifelhaft, ob der Fachmann die Einschnürung überhaupt als Diskontinuitätsstelle betrachtet hätte. Zwar mögen für eine solche Erkenntnis für sich genommen bereits (maschinen-)akustische Grundkenntnisse ausreichen, die trotz fehlender spezialisierter Ausbildung des Fachmanns vorausgesetzt werden mögen. Diese Grundkenntnisse reichten jedoch für sich nicht aus, um den Fachmann zu einem durch seinen bisherigen Fokus nicht vorgegebenen Sichtweise auf die (fakultativ) zur elastischen Beweglichkeit des Ansatzes gegenüber dem Bund vorgesehene Einschnürung zu veranlassen. Selbst wenn der Fachmann die durch die Einschnürung bewirkte Diskontinuität jedoch erkannt hätte, erhielt er aus der NK2a nicht die Anregung, den Zwischenraum zwischen Spindellagergehäuse und Außengehäuse gegenüber dem Inneren des Spindellagergehäuses abzutrennen (Merkmal 8) und in den Zwischenraum ein Medium einzubringen, dessen Schallgeschwindigkeit kleiner als 500 m/s ist (Merkmal 9).

Die NK2a regt eine solche Trennung nicht an, sondern schildert im Gegenteil, dass eine Weiterbildung der Erfindung nach Patentanspruch 4 in einfacher Weise eine Verbindung zwischen den beiderseits des Zwischenrohrs bestehenden Ringspalten schaffe, ohne hierfür, wie es bei der Spindel gemäß der deutschen Patentschrift 23 27 589 der Fall sei, eine Öffnung im Zwischenrohr selbst vorsehen zu müssen, die den Elastizitätsgrad des Zwischenrohrs und damit auch die Laufeigenschaften der Spindel verschlechtere. Die Entgegenhaltung fügt diese Verbindung mithin in den Kontext der von ihr gelehrten Dämpfungsmittel ein, denn sie soll es, wie bereits erwähnt, dem in diesen beiden Ringspalten enthaltenen Dämpfungsöl ermöglichen, ausgleichend fließen zu können, um auf diese Weise eine weitere Steigerung der Laufqualität der Spindel zu erzielen (Sp. 3 Z. 43 bis 54). Dies lässt es als fernliegend erscheinen, nicht nur auf den Radialkanal, sondern auf die Verbindung überhaupt zu verzichten.

Daran ändert es auch nichts, wenn der insoweit über den Inhalt der NK2a hinausgehende - Hinweis in der deutschen Offenlegungsschrift 27 49 389 (NK2) berücksichtigt wird, dass die in den Ringspalten fließende Dämpfungsölfüllung von der im Inneren der Lagerhülse enthaltenen Schmierölfüllung für den Spindelschaft getrennt gehalten werden könne, so dass unterschiedliche, für ihre Zwecke jeweils optimal geeignete Öle Verwendung finden könnten (S. 7 2. Abs.). Dies bedeutet nämlich keine Trennung der Ringräume; vielmehr bleibt diese Verbindung bestehen. Zugleich verdeutlicht die Offenlegungsschrift, dass auch bei fehlender Notwendigkeit, auf die Eignung für die Lagerschmierung Rücksicht nehmen zu müssen, ein Verzicht auf das Dämpfungsmittel Öl nicht in Betracht gezogen wird.

Der Fachmann konnte der NK2/NK2a mithin auch nichts entnehmen, das ihm Veranlassung hätte geben können, in einen gegenüber dem Inneren des Spindellagergehäuses abgetrennten Zwischenraum zwischen Spindellagergehäuse und Außengehäuse ein Medium einzubringen, dessen Schallgeschwindigkeit kleiner als 500 m/s ist. Die NK2a erwähnt nur Dämpfungsöle, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen. Für die Erwägung, in dem Zwischenraum könne ein Medium verwendet werden, das nach seiner Eignung auszuwählen sei, eine Schallgeschwindigkeit kleiner als 500 m/s aufzuweisen, gibt es in der NK2/NK2a keinerlei Anhaltspunkte.

2. Der Fachmann hatte schließlich entgegen der Auffassung des Patentgerichts keine Veranlassung zu einer Zusammenschau der NK2a mit der in dieser Schrift erwähnten Entgegenhaltung NK13. Die Beschreibung der NK13 in der NK2a (Sp. 2 Z. 26 bis 46) zielt offensichtlich auf das Ausführungsbeispiel nach den Figuren 6 und 7, denn es wird erwähnt, dass der zwischen den beiden Innenrohren bestehende Ringspalt ein Dämpfungsmittel in Form mehrerer radial angeordneter Schraubendruckfedern enthalte und diese den Fußlagerbereich umschließende Rohranordnung lediglich als Zentrier- und Dämpfungseinrichtung für das Fußlager wirksam sei. Die Ausführungsformen nach den Figuren 1 bis 3, die gar keine Dämpfungsfeder kennen, nimmt die NK2a nicht in Blick. Für die Ausführungsformen nach den Figuren 6 und 7 gilt aber, dass im Dämpfungsraum kein (weiteres) Dämpfungsmittel verwendet werden kann, das sich nach seinen Eigenschaften nicht mit den Federelementen verträgt. Danach hatte der Fachmann keinen Anlass, den Ausführungen der 20 Jahre älteren NK13 zu alternativen Dämpfungsmitteln Beachtung zu schenken.

IV. Das angefochtene Urteil erweist sich auch nicht deshalb als im Ergebnis zutreffend, weil der weiterhin geltend gemachte Nichtigkeitsgrund mangelnder Offenbarung durchgriffe. Die Erfindung ist im Streitpatent und der ihm zugrunde liegenden Anmeldung so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann.

Die Klägerin bezweifelt dies, soweit die Streitpatentschrift angibt, dass Fett ein Merkmal 9 entsprechendes Medium sei. Zu dem in Merkmal 9 genannten Medium gibt die Streitpatentschrift jedoch weiter an, dass sich Druckluft und Elastomere hierzu eigneten (Sp. 3 Z. 55 bis 63). Bei diesen handelt es sich um Medien mit einer definierten Schallgeschwindigkeit kleiner als 500 m/s, wie der gerichtliche Sachverständige bestätigt hat und auch die Klägerin nicht in Abrede stellt. Damit sind der Streitpatentschrift Möglichkeiten zur Ausführung der Erfindung auch im Umfang des Merkmals 9 zu entnehmen. Es kann daher dahinstehen, ob, was die Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen jedenfalls nicht sicher ausschließen, auch einem Fett Eigenschaften verliehen werden können, die die Anforderungen des Merkmals 9 erfüllen.

V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG in Verbindung mit § 91 Abs. 1 ZPO .

Von Rechts wegen

Verkündet am: 13. März 2012

Vorinstanz: BPatG, vom 20.11.2008 - Vorinstanzaktenzeichen 2 Ni 35/06