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BGH - Entscheidung vom 24.05.2012

IX ZR 212/11

Normen:
GG Art. 103 Abs. 1
BRAO § 43a Abs. 4

BGH, Beschluss vom 24.05.2012 - Aktenzeichen IX ZR 212/11

DRsp Nr. 2012/18567

Entscheidungserheblichkeit eines geltend gemachten Zulassungsgrundes bzgl. Wirksamkeit einer Zahlung bei Vorliegen einer Treuhandvereinbarung im Dreiecksverhältnis

1. Eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist unbegründet, wenn sie keinen Zulassungsgrund aufdeckt. Die Entscheidungserheblichkeit des geltend gemachten Zulassungsgrunds ist mit der Beschwerde vorzutragen 2. Ein Rechtsanwalt, der auf einem Anderkonto Geld erhält, welches von einem Dritten in Erfüllung einer mit dem Mandanten getroffenen Vereinbarung geleistet wird, handelt schon im Blick auf das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen in aller Regel allein als Vertreter seines Auftraggebers. 3. Jedoch ist eine zusätzliche vertragliche Verpflichtung des Rechtsanwalts in Betracht zu ziehen, wenn sich aus den getroffenen Abreden oder aus besonderen Umständen des Falles ausnahmsweise etwas anderes ergibt. Dies kann gelten, wenn einem Sicherungsbedürfnis des Zahlenden durch den Abschluss einer Treuhandvereinbarung mit dem Anwalt genügt werden soll. 4. Das Prozessgrundrecht der Gewährung rechtlichen Gehörs gibt keinen Anspruch darauf, dass sich das Gericht mit dem Vorbringen einer Partei in der Weise auseinandersetzt, die sie selbst für allein richtig hält.

Tenor

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 30. November 2011 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Der Streitwert wird auf 250.000 € festgesetzt.

Normenkette:

GG Art. 103 Abs. 1 ; BRAO § 43a Abs. 4 ;

Gründe

Die Beschwerde deckt keinen Zulassungsgrund auf.

1. Soweit das Berufungsgericht eine Treuhandvereinbarung zwischen der Klägerin und dem Beklagten zugrunde legt, greift der geltend gemachte Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 ZPO ) nicht ein.

a) Zwar handelt ein Rechtsanwalt, der auf einem Anderkonto Geld erhält, welches von einem Dritten in Erfüllung einer mit dem Mandanten getroffenen Vereinbarung geleistet wird, schon im Blick auf das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen (§ 43a Abs. 4 , § 59b Abs. 2 Nr. 1 Buchst. e BRAO ) in aller Regel allein als Vertreter seines Auftraggebers (BGH, Urteil vom 12. Oktober 2006 - IX ZR 108/03, WM 2007, 135 Rn. 8). Jedoch ist eine zusätzliche vertragliche Verpflichtung des Rechtsanwalts in Betracht zu ziehen, wenn sich aus den getroffenen Abreden oder besonderen Umständen des Falles ausnahmsweise etwas anderes ergibt (BGH, aaO Rn. 10). Dies kann etwa gelten, wenn einem Sicherungsbedürfnis des Zahlenden durch den Abschluss einer Treuhandvereinbarung mit dem Anwalt genügt werden soll (BGH, Urteil vom 13. Mai 2004 - III ZR 368/03, WM 2004, 1287 , 1289 f). Im Streitfall konnte das Berufungsgericht von einer solchen Konstellation ausgehen, weil im Interesse der Klägerin eine besondere Vertragsabrede zwischen ihr und dem Beklagten über die Voraussetzungen der Erfüllung der Zahlungspflicht getroffen worden war.

b) Auch ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG liegt nicht vor.

Das Berufungsgericht hat ersichtlich sämtliche auslegungsrelevanten Umstände - insbesondere die Vertretung der Klägerin durch einen anwaltlichen Bevollmächtigten und die Tätigkeit des Beklagten als anwaltlicher Bevollmächtigter der Aufbaugesellschaft -berücksichtigt. Bei dieser Sachlage ist den Anforderungen des Art. 103 Abs. 1 GG genügt. Das Prozessgrundrecht gibt keinen Anspruch darauf, dass sich das Gericht mit Vorbringen einer Partei in der Weise auseinandersetzt, die sie selbst für richtig hält. Aus Art. 103 Abs. 1 GG folgt auch keine Pflicht des Gerichts, der von einer Partei vertretenen Rechtsansicht zu folgen (BGH, Beschluss vom 19. Mai 2011 - IX ZB 214/10, WM 2011, 1087 Rn. 13).

2. Schließlich kann sich der Beklagte, soweit das Berufungsgericht von ihm geltend gemachte Gegenrechte unberücksichtigt gelassen hat, mangels Darlegung der Entscheidungserheblichkeit nicht auf den Gesichtspunkt einer unzulässigen Überraschungsentscheidung berufen.

Die Entscheidungserheblichkeit des geltend gemachten Zulassungsgrundes ist mit der Beschwerde vorzutragen (BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2002 - VII ZR 101/02, WM 2003, 992, 993). Daran fehlt es im Streitfall. Ausweislich Nr. 4.2 der Dreiecksvereinbarung wurde - worauf die Nichtzulassungsbeschwerde selbst hinweist - die Vereinbarung erst mit der Zahlung durch die Klägerin wirksam. Kann die Klägerin nach dem Inhalt der mit dem Beklagten getroffenen Treuhandabrede Erstattung des von ihr an den Beklagten entrichteten Betrages verlangen, fehlt es an einer wirksamkeitsbegründenden Zahlung. Dieser Umstand führt zur Wirkungslosigkeit der Vereinbarung. Bei dieser Sachlage bestünden keine Ansprüche, die nach Treu und Glauben (§ 242 BGB ) oder infolge einer Abtretung an den Beklagten der Klageforderung entgegengesetzt werden können. Vor diesem Hintergrund hätte es eines näheren Vortrags der Beschwerde bedurft, inwieweit der geltend gemachte Zulassungsgrund überhaupt entscheidungserheblich ist.

Vorinstanz: LG München I, vom 19.05.2011 - Vorinstanzaktenzeichen 4 O 14292/10
Vorinstanz: OLG München, vom 30.11.2011 - Vorinstanzaktenzeichen 15 U 2375/11