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BGH - Entscheidung vom 24.07.2012

II ZR 185/10

Normen:
HGB § 116 Abs. 2

Fundstellen:
ZIP 2013, 366

BGH, Beschluss vom 24.07.2012 - Aktenzeichen II ZR 185/10

DRsp Nr. 2012/21371

Beschränkung der Zulassung der Revision im Zusammenhang mit einem Streit über Beschlüsse einer Gesellschafterversammlung

Tenor

Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Revision des Klägers gegen das Urteil des 14. Zivilsenats des Kammergerichts vom 27. August 2010 gemäß § 552a ZPO auf seine Kosten zurückzuweisen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 50.000 € festgesetzt.

Normenkette:

HGB § 116 Abs. 2 ;

Gründe

Die Revision ist zurückzuweisen, weil die Voraussetzungen für ihre Zulassung nicht vorliegen und sie auch keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 552a ZPO ).

I. Es besteht weder grundsätzlicher Klärungsbedarf noch gibt der Fall Anlass für eine Fortbildung des Rechts. Auch sonstige Zulassungsgründe liegen nicht vor.

Allgemein klärungsbedürftige Fragen stellen sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht. Außer Frage steht, dass der Inhalt eines Gesellschafterbeschlusses, bei dem es sich um ein mehrseitiges Rechtsgeschäft handelt (MünchKommBGB/Ulmer/Schäfer, 5. Aufl., § 709 Rn. 51; vgl. BGH, Beschluss vom 18. September 1975 - II ZB 6/74, BGHZ 65, 93 , 97), bestimmt sein muss. Ob dies der Fall ist, ist nicht allgemein klärungsfähig, sondern eine Frage des Einzelfalls und durch Auslegung des betreffenden Beschlusses festzustellen. Ebenso wenig besteht Klärungsbedarf wegen der vom Berufungsgericht aufgeworfenen Frage, ob und inwieweit es den Gesellschaftern einer Personengesellschaft möglich ist, ihre Entscheidungskompetenz über Maßnahmen, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehen, durch einen Beschluss nach § 116 Abs. 2 HGB an die Geschäftsführung "zurückzugeben". Ob für eine bestimmte Maßnahme ein Gesellschafterbeschluss erforderlich ist und ob und in welchem Umfang die Gesellschafter ihre Entscheidungskompetenz auf die Geschäftsführer "zurückübertragen" können, beurteilt sich in erster Linie nach dem jeweiligen Gesellschaftsvertrag, da § 116 Abs. 2 HGB dispositiv ist (Mayen in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB , 2. Aufl., § 116 Rn. 9). Darum geht es im vorliegenden Fall aber auch nicht. Vielmehr stellt sich allenfalls die Frage, ob mit einem Beschluss der Gesellschafterversammlung dem Zustimmungserfordernis genügt ist, wenn bei Beschlussfassung das beabsichtigte Rechtsgeschäft, dem die Gesellschafterversammlung zustimmt, noch nicht in allen Einzelheiten feststeht, sondern die Geschäftsführung ermächtigt wird, ein Rechtsgeschäft abzuschließen und die Gesellschafterversammlung hierfür lediglich bestimmte Eckpunkte vorgibt.

Auch die Beantwortung dieser Frage hängt vom jeweiligen Einzelfall unter Berücksichtigung des Gesellschaftsvertrags ab und ist keiner generalisierenden Betrachtungsweise zugänglich. Dementsprechend ist auch nicht ersichtlich, dass die Frage in Literatur und Rechtsprechung kontrovers beurteilt wird. Unter Zustimmung, von der §§ 13 und 16 Abs. 1a des Gesellschaftsvertrags (GV) der Beklagten sprechen, ist grundsätzlich nicht nur die (nachträgliche) Genehmigung, sondern auch die (vorherige) Einwilligung zu verstehen. Dafür, dass das Rechtsgeschäft zum Zeitpunkt der vorherigen Zustimmung in allen Einzelheiten feststehen muss, ergeben sich aus § 13 Nr. 1 GV keine Anhaltspunkte. Um dem Zustimmungserfordernis Genüge zu tun, ist es in diesem Fall grundsätzlich ausreichend, dass der wesentliche Inhalt einer Maßnahme, hier des Vergleichs, zu der die Gesellschafterversammlung vorab ihre Einwilligung erteilt, feststeht, und sie die Geschäftsführung ermächtigt, diese Maßnahme durchzuführen.

II. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

1. Soweit die Revision rügt, der Gesellschafterbeschluss sei unwirksam, weil die Voraussetzungen für eine Verkürzung der Ladungsfrist auf zehn Tage nach § 15 Abs. 4 Satz 2 des Gesellschaftsvertrags nicht vorgelegen hätten, der Beschluss nicht mit der erforderlichen Mehrheit gefasst worden sei, die Gesellschafter unzutreffend und unvollständig informiert worden seien und die Beklagte mit ihrer Erklärung, für den Fall des Vergleichsabschlusses ihr Angebot auf Rückkauf von Fondsanteilen zu erneuern, ihre gesellschafterliche Treuepflicht verletzt habe, weil sie damit das Risiko des Vergleichsschlusses auf die in der Gesellschaft verbleibenden Gesellschafter verlagert habe, ist die Revision nicht zugelassen. Die Zulassungsbeschränkung ergibt sich zwar nicht aus dem Tenor. Es ist aber von einer beschränkten Zulassung auszugehen, wenn die Revision wegen einer (Rechts-)Frage zugelassen wird, die nur für die Entscheidung über einen selbständigen, abtrennbaren Teil des Gesamtstreitstoffs erheblich sein kann (BGH, Beschluss vom 27. September 2011 - II ZR 256/09, [...] Rn. 6; Beschluss vom 7. Dezember 2009 - II ZR 63/08, ZIP 2010, 879 Rn. 4). Dies ist hier der Fall. Bei den einzelnen Beschlussmängeln handelt es sich um selbständige, abtrennbare Teile des Gesamtstreitstoffs, auf die der Revisionskläger selbst seine Revision hätte beschränken können (BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2009 - II ZR 63/08, ZIP 2010, 879 Rn. 4 zur AG; Urteil vom 14. März 2005 - II ZR 153/03, ZIP 2005, 706 Rn. 17 zur GmbH). Das Berufungsgericht hat die Revision wegen Fragen zugelassen, die nur für die gerügte mangelnde Bestimmtheit des Beschlusses und die geltend gemachte Unwirksamkeit der mit ihm erteilten Zustimmung, nicht jedoch für die sonstigen, vom Kläger behaupteten Beschlussmängel von Bedeutung sein können.

2. Soweit die Revision zugelassen ist, hat sie keinen Erfolg.

a) Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass der Beschlussinhalt hinreichend bestimmt ist. Zwar nehme der Beschluss auf "in der heutigen Gesellschafterversammlung vorgestellte Eckpunkte" Bezug, ohne diese wiederzugeben. Die Auslegung ergebe aber, dass es sich hierbei um die zu TOP 3 vorgestellten und als Anlage 3 zur Niederschrift genommenen Eckpunkte der Kanzlei T. handele. Diese Ausführungen werden mit Recht von der Revision nicht angegriffen. Hiergegen ist auch nichts zu erinnern.

b) Die Revision meint, der Beschluss sei unwirksam, weil eine Zustimmung nur möglich und wirksam sei, wenn das Rechtsgeschäft konkret umschrieben sei und die Maßnahme feststehe. Gehe es um die Zustimmung zu einem Vertrag, müsse dieser bei Beschlussfassung über die Zustimmung - vorbehaltlich der Zustimmung der Gesellschafter - bindend abgeschlossen sein, weil ansonsten eine Verschiebung der Kompetenzen von der Gesellschafterversammlung auf die Geschäftsführung eintrete, die eine Änderung des Gesellschaftsvertrags voraussetzte.

Damit hat die Revision keinen Erfolg. Entgegen der Auffassung der Revision kann dem Gesellschaftsvertrag nicht entnommen werden, dass die Wirksamkeit der vorherigen Zustimmung zu dem Vergleich voraussetzt, dass dieser bereits geschlossen ist. Ebenso wenig muss der Wortlaut des Vergleichs bekannt sein. Wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, genügt es für die Wirksamkeit der Zustimmung, dass die Gesellschafter Kenntnis vom wesentlichen Inhalt des Vergleichs haben, dem sie zustimmen und zu dessen Abschluss sie die Geschäftsführung ermächtigen. Diese Voraussetzung ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erfüllt. Danach waren den Gesellschaftern nicht nur die Eckdaten des Vergleichs bekannt, zu dessen Abschluss die Geschäftsführung ermächtigt wurde, sondern dessen wesentliche Bestandteile wurden auch in dem Beschluss festgelegt. Eine unzulässige Verlagerung der Kompetenz der Gesellschafterversammlung auf die Geschäftsführung ist damit nicht verbunden.

Gegenteiliges lässt sich auch nicht aus § 124 Abs. 2 Satz 2 AktG herleiten. Es ist bereits zweifelhaft, ob diese Vorschrift auf eine Publikumspersonengesellschaft überhaupt anzuwenden ist. Dies lässt sich nicht allein damit begründen, dass nach § 17 Abs. 7 des Gesellschaftsvertrags die Unwirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses durch Klage gegen die Gesellschaft geltend gemacht werden muss, die innerhalb einer Ausschlussfrist von einem Monat zu erheben ist. Die Frage kann jedoch offen bleiben. Auch im unmittelbaren Anwendungsbereich ordnet die Vorschrift über die Bekanntmachung des wesentlichen Vertragsinhalts hinaus die Vorlage des Vertragstextes zur Einsichtnahme lediglich für Verträge an, die nur mit Zustimmung der Hauptversammlung rechtswirksam geschlossen werden können. Hingegen gelten die gesteigerten Informationspflichten nicht ohne weiteres auch für andere Verträge, die der Hauptversammlung zur Zustimmung unterbreitet werden (BGH, Urteil vom 15. Januar 2001 - II ZR 124/99, BGHZ 146, 288, 295). Vielmehr bedarf es einer Prüfung im Einzelfall.

Hier war die Kenntnis des Vertragstextes nicht erforderlich, damit die Gesellschafterversammlung von ihrem Zustimmungsrecht in vernünftiger Weise Gebrauch machen konnte. Ob die in dem angegriffenen Beschluss erteilte Zustimmung ausreichend ist, was die Revision bezweifelt, hängt von der hier nicht zu beurteilenden Frage ab, ob der von der Geschäftsführung geschlossene Vergleich den Vorgaben des Beschlusses entspricht.

Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Zurückweisungsbeschluss vom 23. Oktober 2012 erledigt worden.

Vorinstanz: LG Berlin, vom 15.10.2009 - Vorinstanzaktenzeichen 95 O 10/09
Vorinstanz: KG Berlin, vom 27.08.2010 - Vorinstanzaktenzeichen 14 U 188/09
Fundstellen
ZIP 2013, 366