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BGH - Entscheidung vom 19.04.2012

IX ZB 162/10

Normen:
InsO § 64 Abs. 3 Satz 2; ZPO § 567 Abs. 2

Fundstellen:
DZWIR 2012, 382
MDR 2012, 876
NZI 2012, 619
ZIP 2012, 1149
ZInsO 2012, 972
ZVI 2012, 280

BGH, Beschluss vom 19.04.2012 - Aktenzeichen IX ZB 162/10

DRsp Nr. 2012/9712

Bemessung des für die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde maßgeblichen Werts des Beschwerdegegenstandes nach dem durch einen Beschwerdeführer behaupteten Betrag

Der für die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde maßgebliche Wert des Beschwerdegegenstandes bemisst sich nach dem Betrag, um den der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Vergütungsfestsetzungsbeschluss in seinen Rechten verkürzt zu sein behauptet und in dessen Höhe er mit seinem Beschwerdeantrag die Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung begehrt. Eine Erhöhung des Wertes des Beschwerdegegenstandes durch ein erweitertes Festsetzungsbegehren in der Beschwerdeinstanz ist nicht möglich.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der Zivilkammer 85 des Landgerichts Berlin vom 15. Juni 2010 wird insoweit als unzulässig verworfen, als damit die sofortige Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Spandau vom 22. Mai 2009 betreffend die Festsetzung der Vergütung als unzulässig verworfen worden ist.

Im Übrigen wird die Rechtsbeschwerde gegen den genannten Beschluss der Zivilkammer 85 des Landgerichts Berlin als unbegründet zurückgewiesen.

Die weitere Beteiligte zu 2 hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 1.232,05 € festgesetzt.

Normenkette:

InsO § 64 Abs. 3 Satz 2; ZPO § 567 Abs. 2 ;

Gründe

I.

Das Amtsgericht eröffnete mit Beschluss vom 5. März 2007 das Verbraucherinsolvenzverfahren über das Vermögen des D. B. (nachfolgend: Schuldner) und bestellte die weitere Beteiligte zu 2 zur Treuhänderin. Zugleich beauftragte es sie, die in dem Verfahren vorzunehmenden Zustellungen durchzuführen mit Ausnahme derjenigen an den Schuldner.

1. Unter dem 17. Februar 2009 beantragte die weitere Beteiligte zu 2 ihre Vergütung für das Insolvenzverfahren auf insgesamt 1.037,09 € einschließlich Umsatzsteuer festzusetzen, nämlich die Mindestvergütung gemäß § 13 InsVV auf 600 €, für die Zustellung des Eröffnungsbeschlusses an drei Gläubiger jeweils 20 €, die Zustellung über die Anberaumung des Schlusstermins an drei Gläubiger jeweils 10 €, pauschalen Auslagenersatz in Höhe von 172,50 € sowie Auslagen für die Zustellungen in Höhe von zusammen 9 €, alles jeweils zuzüglich 19 v.H. Umsatzsteuer.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 22. Mai 2009 die Vergütung einschließlich Umsatzsteuer auf 938,91 € festgesetzt und die beantragten Zuschläge in Höhe von 90 € für die Zustellungen versagt.

Mit der hiergegen eingelegten sofortigen Beschwerde hat die weitere Beteiligte eine Vergütung einschließlich Umsatzsteuer von 1.170,96 € begehrt, nämlich nunmehr 30 € für jede Zustellung des Eröffnungsbeschlusses (insgesamt 90 €) und 20 € für jede Zustellung über die Anberaumung des Prüfungstermins (insgesamt 60 €).

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss das Rechtsmittel als unzulässig verworfen.

2. Mit weiterem Beschluss vom 22. Mai 2009 hat das Amtsgericht dem Schuldner Restschuldbefreiung angekündigt und die weitere Beteiligte zu 1 als Treuhänderin für die Wohlverhaltensperiode bestellt. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 2 hat das Landgericht als unbegründet zurückgewiesen. Beide Entscheidungen hat das Landgericht in einem Beschluss zusammengefasst.

Mit der Rechtsbeschwerde begehrt die weitere Beteiligte zu 2 die mit der sofortigen Beschwerde beantragte Vergütung und die Aufhebung ihrer Entlassung als Treuhänderin für die Wohlverhaltensperiode.

II.

Die Rechtsbeschwerde bleibt ohne Erfolg.

1. Soweit sich die Rechtsbeschwerde gegen die Festsetzung der Vergütung richtet, ist sie statthaft (§§ 7 , 6 , 64 Abs. 3 Satz 1 InsO i.V.m. Art. 103f EGInsO , § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO ), aber unzulässig, weil sie keinen Zulässigkeitsgrund aufzeigt (§ 574 Abs. 2 ZPO ). Der geltend gemachte Einheitlichkeitssicherungsbedarf wegen Verstoßes gegen das Verfahrensgrundrecht auf effektiven Rechtsschutz liegt nicht vor.

Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde zutreffend als unzulässig verworfen, weil der gemäß § 64 Abs. 3 Satz 2 InsO , § 567 Abs. 2 ZPO erforderliche Wert des Beschwerdegegenstandes von mehr als 200 € nicht erreicht war. Dieser bestimmt sich nach dem Unterschiedsbetrag zwischen dem in der angefochtenen Entscheidung zugebilligten und dem in der Beschwerdeinstanz beantragten Betrag (MünchKomm-ZPO/Lipp, 3. Aufl., § 567 Rn. 33; MünchKomm-InsO/Nowak, 2. Aufl., § 64 Rn. 14). Dies bedeutet allerdings entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht, dass dabei ein in der Beschwerdeinstanz erweitertes Festsetzungsbegehren zu berücksichtigen wäre. Wäre das richtig, könnte die erforderliche Höhe des Wertes des Beschwerdegegenstands jederzeit nach Belieben des Beschwerdeführers erreicht werden. Wie bei der Berufung beurteilt sich der für die Zulässigkeit maßgebliche Wert des Beschwerdegegenstandes nach dem Betrag, um den der Beschwerdeführer durch den Festsetzungsbeschluss in seinem Recht verkürzt zu sein behauptet und in dessen Höhe er mit seinem Beschwerdeantrag die Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung begehrt (vgl. BGH, Beschluss vom 5. April 2011 - VI ZB 61/10, NJW-RR 2011, 1430 Rn. 4; Zöller/Heßler, ZPO , 29. Aufl., § 511 Rn. 13). Der Antrag in der Beschwerde kann deshalb zwar den Wert des Beschwerdegegenstands im Verhältnis zur Beschwer verringern, wenn nur die Beseitigung eines Teils der erlittenen Beschwer verlangt wird (BGH, Beschluss vom 19. März 2009 - IX ZB 152/08, NJW-RR 2009, 853 Rn. 5 ff; Zöller/Heßler, aaO). Eine Erhöhung des Wertes des Beschwerdegegenstands über die Beschwer hinaus ist dagegen nicht möglich. Deshalb ist auch eine Antragserweiterung in der ersten Instanz, die nicht mehr Gegenstand der Ausgangsentscheidung werden konnte, bei der Bestimmung des Wertes des Beschwerdegegenstands außer Betracht zu lassen (BGH, Beschluss vom 9. Juli 1997 - IV ZB 11/97, NJW-RR 1997, 1486 ; vom 19. März 2009, aaO Rn. 9).

Der erforderliche Wert des Beschwerdegegenstands von mehr als 200 € wurde nicht erreicht, weil die weitere Beteiligte zu 2 eine Vergütung von 1.037,09 € beantragt und von 938,91 € erhalten hatte, die Beschwer und der Wert des Beschwerdegegenstands damit lediglich 98,18 € betrug.

Die Beschwer durch den Beschluss des Insolvenzgerichts über die Entlassung der weiteren Beteiligten zu 2 kann entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht hinzugerechnet werden, weil es sich insoweit um eine gesonderte Entscheidung des Eingangsgerichts handelt, die zudem nicht die Vergütung betrifft.

2. Soweit sich die Rechtsbeschwerde gegen die Bestellung der weiteren Beteiligten zu 1 zur Treuhänderin in der Wohlverhaltensperiode wendet, ist sie statthaft (§§ 7 , 6 , 313 Abs. 1 Satz 3, § 59 Abs. 2 Satz 1 InsO i.V.m. Art. 103f EGInsO , § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO ) und auch im Übrigen zulässig (§ 574 Abs. 2 , § 575 ZPO ). Sie hat aber in der Sache keinen Erfolg.

a) Das Beschwerdegericht hat insoweit gemeint, die durch die Bestellung einer neuen Treuhänderin konkludent ausgesprochene Entlassung der weiteren Beteiligten zu 2 sei rechtmäßig. Grundsätzlich müsse das Gericht für die Wohlverhaltensperiode nicht den zuvor bestellten Treuhänder einsetzen. Folglich habe die weitere Beteiligte zu 2 auch vor der Entscheidung nicht angehört werden müssen. Ihre unterbliebene erneute Bestellung sei nicht ermessensfehlerhaft, weil sie ihr Amt nicht immer höchstpersönlich ausgeübt habe. Eine Ermessensfehlerhaftigkeit könne auch im Hinblick auf aufgetretene Unstimmigkeiten bei der Ausschüttung von einem Treuhandkonto nicht angenommen werden. Gegen eine erneute Bestellung spreche die gerichtsbekannte ständige Auseinandersetzung zwischen der Sozietät der weiteren Beteiligten zu 2 und den Insolvenzgerichten betreffend die zusätzliche Vergütung für das Bewirken von Zustellungen durch den Treuhänder. Die jeweiligen Treuhänder aus dieser Sozietät hätten sich geweigert, im Falle der Versagung einer zusätzlichen Vergütung für das Bewirken von Zustellungen diese in Zukunft noch vorzunehmen. Die - allerdings im vorliegenden Verfahren nicht erfolgte - Ankündigung der Nichtzustellung sei eine erhebliche Pflichtverletzung, die die Entlassung des Treuhänders rechtfertige.

b) Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung im Ergebnis stand.

aa) Es ist nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht für seine Entscheidung Gesichtspunkte herangezogen hat, auf die das Insolvenzgericht seinen Beschluss noch nicht gestützt hatte. Das Beschwerdegericht ist nicht auf die rechtliche Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung beschränkt, sondern kann als vollwertige zweite Tatsacheninstanz eine eigene Ermessensentscheidung treffen (BGH, Beschluss vom 9. Oktober 2008 - IX ZB 60/07, [...] Rn. 2; vom 17. September 2009 - IX ZB 62/08, NZI 2009, 864 Rn. 3; vom 19. Januar 2012 - IX ZB 21/11, ZIP 2012, 583 Rn. 5; MünchKomm-InsO/Ganter, 2. Aufl., § 6 Rn. 53a; HK-InsO/Kirchhof, 6. Aufl., § 6 Rn. 33).

bb) Das Beschwerdegericht ist allerdings unzutreffend davon ausgegangen, dass die Bestellung eines anderen Treuhänders für die Wohlverhaltensperiode ohne weiteres möglich und lediglich auf fehlerhafte Ermessensausübung zu überprüfen sei.

Nach gefestigter Rechtsprechung des Senats umfasst die Bestellung zum Treuhänder im vereinfachten Insolvenzverfahren auch das Restschuldbefreiungsverfahren, sofern die Bestellung im Eröffnungsbeschluss -wie hier -keine Einschränkung enthält (BGH, Beschluss vom 24. Juli 2003 - IX ZB 458/02, ZInsO 2003, 750 ; vom 17. Juni 2004 - IX ZB 92/03, ZVI 2004, 544 ; vom 15. November 2007 - IX ZB 237/06, WM 2008, 35 Rn. 8; vom 15. November 2007 - IX ZB 8/07, [...] Rn. 2; vom 19. Januar 2012, aaO Rn. 6). Dies folgt aus der gesetzlichen Regelung in § 313 Abs. 1 InsO , wonach im vereinfachten Insolvenzverfahren der Treuhänder (§ 292 InsO ) auch die Aufgaben des Insolvenzverwalters wahrnimmt und deshalb abweichend von § 291 Abs. 2 InsO bereits bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestimmt wird. Es entspricht auch der Vorstellung des Gesetzgebers, der mit der Regelung in § 313 Abs. 1 InsO erreichen wollte, dass bei Kleininsolvenzen nur eine Person für die Wahrnehmung der Verwalter- und Treuhänderaufgaben bestellt wird, weil dies zu einer Vereinfachung des Verfahrens und damit auch dazu führe, dass kostengünstiger abgewickelt werden könne (BT-Drucks. 12/7302, S. 193 zu § 357j RegE- InsO ).

Bestellt das Insolvenzgericht für die Wohlverhaltensperiode einen neuen Treuhänder, liegt darin zugleich die schlüssige Entlassung des ursprünglich bestellten Treuhänders; denn es können für die Wohlverhaltensperiode nicht nebeneinander zwei Treuhänder bestellt sein, die unabhängig voneinander dieselben Aufgaben wahrzunehmen haben (BGH, Beschluss vom 15. November 2007 - IX ZB 237/06, aaO Rn. 5; vom 15. November 2007 - IX ZB 8/07, aaO; vom 19. Januar 2012 - IX ZB 21/11, aaO Rn. 7).

cc) Die Entlassung des Treuhänders im vereinfachten Insolvenzverfahren setzt wie die Entlassung eines Insolvenzverwalters einen wichtigen, die Entlassung rechtfertigenden Grund voraus (§ 313 Abs. 1 Satz 3, § 59 Abs. 1 Satz 1 InsO ). Ein solcher Grund liegt hier vor.

(1) Ein die Entlassung rechtfertigender wichtiger Grund ist gegeben, wenn eine Pflichtverletzung des Verwalters feststeht und es in Anbetracht der Erheblichkeit der Pflichtverletzung, insbesondere ihrer Auswirkungen auf den Verfahrensablauf und die berechtigten Belange der Beteiligten, sachlich nicht mehr vertretbar erscheint, den Verwalter oder Treuhänder in seinem Amt zu belassen. Die Beurteilung, ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vom Tatrichter zu treffen (BGH, Beschluss vom 8. Dezember 2005 - IX ZB 308/04, WM 2006, 440 , 441; vom 9. Juli 2009 - IX ZB 35/09, WM 2009, 1662 Rn. 9; vom 17. März 2011 - IX ZB 192/10, WM 2011, 663 Rn. 18; vom 19. Januar 2012 - IX ZB 21/11, aaO Rn. 9).

(2) Ob der Umstand, dass die Rechtsbeschwerdeführerin ihre Tätigkeit als Treuhänderin in erheblichem Umfang nicht persönlich wahrgenommen hat, sondern die Aufgaben von einem Vertreter wahrnehmen ließ, eine Entlassung rechtfertigen könnte, kann dahinstehen. Das Beschwerdegericht hat eine Entlassung hierauf nicht gestützt, sondern insoweit lediglich geprüft, ob eine nicht erneut vorgenommene Bestellung ermessensfehlerhaft sei. Dasselbe gilt für die angeblichen Unstimmigkeiten bei der Ausschüttung von einem Treuhandkonto. Insoweit sind die für eine Entlassung erforderlichen näheren Feststellungen hinsichtlich einer Pflichtverletzung nicht getroffen.

(3) Die Entlassung der weiteren Beteiligten zu 2 ist jedoch allein dadurch gerechtfertigt, dass ein schwerwiegendes pflichtwidriges Verhalten vorlag. Das Beschwerdegericht hat insoweit festgestellt, dass die weitere Beteiligte zu 2 als Partnerin der Kanzlei S. in zahlreichen Insolvenzverfahren - wenn auch nicht im vorliegenden Verfahren - erklärt hat, sie werde die ihr nach § 8 Abs. 3 InsO übertragenen Zustellungen an die Verfahrensbeteiligten künftig nur noch ausführen, wenn ihr für die Vornahme dieser Zustellungen eine zusätzliche Vergütung gewährt werde.

Mit diesem Verhalten hat sie selbst, nicht etwa ein Dritter, die ihr obliegenden Pflichten grob verletzt. Die Vergütung des Treuhänders im vereinfachten Insolvenzverfahren ist in § 13 InsVV geregelt. Nach dessen Absatz 2 findet die Regelung des § 3 InsVV über Zuschläge zur Vergütung im vereinfachten Insolvenzverfahren keine Anwendung. In besonders gelagerten Ausnahmefällen kann die Vergütung des Treuhänders gleichwohl erhöht werden, wenn die tatsächliche Tätigkeit von dem Tätigkeitsbild, wie es typischerweise bei einem Treuhänder gegeben ist und dem Verordnungsgeber vorschwebte, erheblich abweicht (BGH, Beschluss vom 24. Mai 2005 - IX ZB 6/03, WM 2005, 1663 , 1664). Ob diese Voraussetzungen vorliegen, hat das Insolvenzgericht im Verfahren über den Vergütungsantrag des Treuhänders zu entscheiden (zu möglichen Zuschlägen beim Insolvenzverwalter vgl. nunmehr BGH, Beschluss vom 8. März 2012 - IX ZB 162/11, WM 2012, 666 Rn. 20 ff). Lehnt es eine zusätzliche Vergütung ab, ist der Treuhänder darauf verwiesen, die gesetzlich vorgesehenen Rechtsbehelfe zu ergreifen. Bleiben sie ohne Erfolg, berührt dies nicht seine Pflicht, die ihm nach dem Gesetz obliegenden oder vom Insolvenzgericht auf gesetzlicher Grundlage übertragenen Aufgaben zu erfüllen. Diese Pflicht entfällt nur, wenn das Insolvenzgericht ihn entweder von einzelnen Aufgaben entbindet oder ihn aus seinem Amt als Treuhänder ganz entlässt. Macht der Treuhänder die Erledigung einer ihm übertragenen Aufgabe von der Gewährung einer erhöhten Vergütung abhängig, missachtet er bewusst diese gesetzliche Regelung.

(4) Die in einem solchen Verhalten liegende Pflichtverletzung ist objektiv geeignet, das Vertrauensverhältnis zum Insolvenzgericht schwer und nachhaltig zu stören, weil sie den Versuch beinhaltet, die Entscheidung des Insolvenzgerichts über die Vergütung des Treuhänders in unzulässiger Weise zu beeinflussen, und dazu führt, dass sich das Insolvenzgericht auf eine von der Vergütungsentscheidung unabhängige Aufgabenerfüllung nicht mehr verlassen kann. Eine ordnungsgemäße Verfahrensführung wäre in höchstem Maße gefährdet, wenn der Insolvenzverwalter ihm obliegende Mitwirkungshandlungen von der Gewährung dem Gesetz fremder Sondervorteile abhängig machen dürfte. Dies gilt auch dann, wenn der Treuhänder - wie hier - derartige Pflichtverletzungen nicht gerade im vorliegenden Verfahren, aber in zahlreichen anderen Verfahren begangen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 17. März 2011, aaO Rn. 20).

(5) Die Entscheidung des Beschwerdegerichts unterliegt auch nicht deshalb der Aufhebung, weil das Insolvenzgericht das rechtliche Gehör der weiteren Beteiligten zu 2 verletzt hat. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts hätte diese vor ihrer Entlassung gemäß § 59 Abs. 1 Satz 3 InsO gehört werden müssen (BGH, Beschluss vom 17. März 2011, aaO Rn. 8). Wird die gebotene Anhörung der Treuhänderin vom Erstgericht versäumt, scheidet allerdings ein durchgreifender Verfahrensfehler aus, wenn ihr -wie hier geschehen -im Beschwerdeverfahren das rechtliche Gehör gewährt wurde.

Lediglich vereinzelt war - wie von der Rechtsbeschwerde - die Auffassung vertreten worden, dass die Entscheidung über die Entlassung des Verwalters im Falle einer unterbliebenen Anhörung ohne die Möglichkeit der Heilung des Verfahrensmangels aufzuheben sei. Dem ist der Senat jedoch nicht gefolgt. Er hat entsprechend der allgemeinen Auffassung zwischenzeitlich entschieden, dass ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör im Rechtsmittelverfahren geheilt werden kann (BGH, Beschluss vom 17. März 2011, aaO Rn. 10). Das Landgericht war hier als Beschwerdeinstanz nicht nur zur Prüfung von Verfahrensmängeln der ersten Instanz, sondern auch zur Nachholung des rechtlichen Gehörs und zur Sachentscheidung berufen. Mithin beruht, weil dem Beschwerdeführer nachträglich rechtliches Gehör eröffnet wurde, die hier angegriffene Beschwerdeentscheidung nicht auf der Versagung rechtlichen Gehörs (BVerfGE 5, 9, 10; 5, 22, 24; 22, 282, 286 f; 62, 392, 397; 76, 363, 394). Dieses Verständnis entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats (BGH, Beschluss vom 9. Juli 2009, aaO Rn. 11; vom 17. März 2011, aaO Rn. 10).

Vorinstanz: AG Berlin-Spandau, vom 22.05.2009 - Vorinstanzaktenzeichen 38 IK 64/07
Vorinstanz: LG Berlin, vom 15.06.2010 - Vorinstanzaktenzeichen 85 T 100/09
Fundstellen
DZWIR 2012, 382
MDR 2012, 876
NZI 2012, 619
ZIP 2012, 1149
ZInsO 2012, 972
ZVI 2012, 280